Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 14. Juli 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13153 18. Wahlperiode 20.07.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/12704 – Verfolgung von Straftaten der libyschen Küstenwache außerhalb libyscher Hoheitsgewässer V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Abermals hatten Marineangehörige aus Libyen am 10. und am 23. Mai 2017 Schusswaffen gegen Geflüchtete und Helfende eingesetzt (http://gleft.de/1IX). Angehörige der Organisationen Jugend Rettet und SOS Mediterranee gerieten dabei mit ihren Schiffen „Iuventa“ und „Aquarius“ bei der Rettung von rund 100 Geflüchteten ins Kreuzfeuer der libyschen Küstenwache. Die Hilfsorganisationen konnten die Bergung der Menschen an Bord zweier Boote im zentralen Mittelmeer nicht fortsetzen. Der Vorfall ereignete sich außerhalb libyscher Hoheitsgewässer . Auf Bildern, die von der Besatzung der „Iuventa“ präsentiert wurden, sind die Männer der Küstenwache zu erkennen, wie sie das Schlauchboot der Geflüchteten entern und die Insassen mit Waffen bedrohen. Schon vorher sollen sie zuerst in Richtung eines Fischerbootes und dann in Richtung der Boote in Seenot gefeuert haben. Zwei Boote wurden schließlich zurück in libysches Hoheitsgebiet gezwungen. Die gefährliche Zuspitzung von Rettungseinsätzen hatte sich bereits Tage zuvor angekündigt. Ein großes Patroullienboot der libyschen Küstenwache hatte das Rettungsschiff „Sea-Watch 2“ beinahe gerammt (Pressemitteilung des Vereins Sea-Watch vom 10. Mai 2017, „Libysche Marine bringt bei illegaler Rückführungsaktion Sea-Watch Crew und Flüchtende in akute Lebensgefahr“). Anschließend mischten sich die Uniformträger in den Rettungseinsatz der Sea- Watch-Crew ein und zwangen das Flüchtlingsboot mit vorgehaltener Waffe zur Umkehr nach Libyen. Seit einem Jahr häufen sich entsprechende Vorfälle gegenüber den Hilfsorganisationen (Bundestagsdrucksachen 18/10617, 18/9965 und 18/11329). Bewaffnete stürmten am 24. April 2016 ein Schiff der Sea-Watch außerhalb libyscher Hoheitsgewässer und schüchterten die Besatzung mit Schüssen ein. Das eingesetzte Schnellboot trug libysche Hoheitszeichen. Am 7. August 2016 wurden zwei Helfer der Rettungsmission Sea-Eye festgenommen, angeblich weil sie mit ihrem Schnellboot aus tunesischen Gewässern kommend in libysches Hoheitsgebiet eingedrungen waren. Nach drei Tagen wurden die Crew-Mitglieder freigelassen und an ein deutsches Marineschiff übergeben, ihr Speed-Boat bleibt in Libyen beschlagnahmt. Am 17. August 2016 schoss die Küstenwache während Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13153 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode eines Such- und Rettungseinsatzes auf ein Schiff von „Ärzte ohne Grenzen“. Ein zunächst nicht identifiziertes Schnellboot näherte sich nach Schilderungen der Organisation mit hoher Geschwindigkeit ihrem Schiff „Bourbon Argos“ und gab mindestens 13 Schüsse ab. Einige Geschosse beschädigten die Brücke des Rettungsschiffes, die Besatzung flüchtete in einen Sicherheitsraum. Der bislang schwerwiegendste Zwischenfall ereignete sich am 21. Oktober 2016, nachdem ein Patrouillenschiff der libyschen Küstenwache mit der Kennung „267“ einen Rettungseinsatz behinderte und ein Schlauchboot mit Geflüchteten beschädigte. Wie auf den Bildern des mitfahrenden Fotografen Christian Ditsch gut zu erkennen ist, schob sich die Küstenwache zwischen ein Schnellboot der „Sea-Watch 2“ und das zu rettende Schlauchboot (http://gleft. de/1Jn). Die Crew wurde dadurch gehindert, die Geflüchteten mit Rettungswesten zu versorgen. Ein Uniformierter enterte schließlich das Schlauchboot und schlug auf die Geflüchteten ein. Bei dem Manöver riss die libysche Einheit mit dem Heck ihres Schiffes eine Kammer des Schlauchbootes auf, fast alle der etwa 150 Insassen rutschten ins Wasser. Bis zu 30 Personen ertranken dabei. Zwar wäre Libyen als Küstenanrainer laut dem Seevölkerrecht für Einsätze zur Seenotrettung bzw. entsprechende Maßnahmen verantwortlich (Bundestagsdrucksache 18/8659, Antwort auf die Schriftliche Frage 12). Diese Zuständigkeit für die einzelnen Seenotrettungsgebiete („Maritime Search and Rescue Regions “) ist in dem internationalen Übereinkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See von 1979 („Search And Rescue Convention 79“) geregelt. Libyen ist dem Abkommen beigetreten, kommt den Verpflichtungen aber seit Jahren nicht nach. Auch hat bislang keine der wechselnden Regierungen Informationen zu den Grenzen seiner Seenotrettungszone bekannt gegeben. Eine zuständige und verantwortliche Rettungsleitstelle („Rescue Coordination Centre“) wurde ebenfalls nicht benannt. Auch die Bundesregierung spricht angesichts dieser fehlenden Zuständigkeiten von einer „sogenannten libyschen Küstenwache “ (Bundestagsdrucksache 18/8659, Antwort auf die Schriftliche Frage 13). In diesem Vakuum erfolgten Rettungseinsätze im zentralen Mittelmeer nach Kenntnis der Fragesteller häufig durch Hilfsorganisationen oder durch eines der rund 100 Handelsschiffe, die stets in dem Gebiet unterwegs sind und die nach dem Seerecht ebenfalls zu Rettungseinsätzen verpflichtet werden können. Weitere Einsätze (oder die Übernahme bereits geretteter Personen) erfolgen mit Schiffen der EU-Militärmission EUNAVFOR MED oder der Mission TRITON, die von der Grenzagentur Frontex verantwortet wird. Die Seenotrettungsorganisationen machen nach Kenntnis der Fragesteller auf eine zunehmende Präsenz der sogenannten libyschen Küstenwache aufmerksam. Gleichzeitig würden sich die europäischen Missionen zusehends aus der Region weit vor der libyschen 24-Meilen-Zone zurückziehen. 1. Inwiefern ist es wie von der Bundesregierung beabsichtigt gelungen, mit der Ausbildung der libyschen Küstenwache durch die Bundeswehr die „Search and Rescue“ (SAR)-Kapazitäten der Truppe zu erhöhen (Bundestagsdrucksache 18/9198, Antwort zu Frage 17; bitte begründen)? Im ersten Ausbildungspaket auf Hoher See konnten Angehörigen der libyschen Küstenwache unter Beteiligung von fünf Ausbildern der Deutschen Marine erfolgreich Kenntnisse in den Bereichen Navigation, Seemannschaft, Funk, Sprachausbildung Englisch, Logistik, Schifffahrtsleitung, Erste Hilfe, Leck- und Brandabwehr , Materialerhaltung für Antriebs- und elektrische Anlagen, Boardingtechniken sowie humanitäres Völkerrecht, Menschenrechte, Seerecht und insbesondere zu Such- und Rettungsdiensten vermittelt werden. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 1b verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13153 a) Wie viele Besatzungen wurden dabei im Ausbildungspaket 2 ausgebildet, und auf welchen Schiffen operieren diese? Im Ausbildungspaket 2 wurden bisher keine Besatzungen, sondern Einzelpersonen auf der Ebene Stabsoffizier ausgebildet. b) Welche konkreten Inhalte hatten die Ausbildungsmaßnahmen für die libysche Küstenwache, deren „zentrale Bestandteile“ von der Bundesregierung mit „Menschenrechte, humanitäres Völkerrecht, internationales Seerecht und die professionelle Durchführung von Seenotrettungsmaßnahmen “ angegeben werden (Bundestagsdrucksache 18/10617, Antwort zu Frage 9)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 21 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 7. März 2017 auf Bundestagsdrucksache 18/11458 wird verwiesen. Im ersten Ausbildungspaket wurden Angehörige der libyschen Küstenwache durch das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zu „Menschenrechten für Flüchtlinge“, von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zu „Menschenrechten für Migranten“, von der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen (UNSMIL) zu geschlechterspezifischen Fragen und von Frontex zu Fragen der Strafverfolgung geschult. Darüber hinaus wurden Angehörige der libyschen Küstenwache im zweiten Ausbildungspaket in zwei separaten Kursen auf Malta im Zeitraum vom 6. bis 17. März 2017 und 27. März bis 7. April 2017 zu den Themenfeldern „Boarding, maritimes Recht und Such- und Rettungsdienst“ geschult. Im Kurs vom 27. März bis 7. April 2017 zu „Such- und Rettungsdienst”, in dem Offiziere der libyschen Küstenwache als „on-scene coordinator” darin geschult wurden, die Seenotrettung durch mehrere Akteure zu koordinieren, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung folgende Inhalte vermittelt: Such- und Rettungsdienst-System und -organisation Beobachtung und Feststellung von Seenotfällen und Einleitung erster Maßnahmen Grundlagen Drift-Theorie Maritime Unterstützungsprinzipien Planung und Durchführung von Suchdiensten Suchgebiete und Suchverfahren Aufeinanderfolgende Suchdienste Aufgaben des „on-scene coordinator“ Medizinische Notfallevakuierungen Fürsorge für Überlebende/Gerettete Humanitäres Völkerrecht Geschlechterspezifische Aspekte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13153 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Inwiefern ist die Bundesregierung als Teilnehmerin von EUNAVFOR MED gehalten oder verpflichtet, die geleistete Ausbildungshilfe für die libysche Küstenwache dahingehend zu überprüfen, ob die vermittelten Kenntnisse oder die überlassenen Sachmittel nicht bestimmungsgemäß und rechtsstaatlichen Maßstäben zuwiderlaufend genutzt worden sein könnten? a) Von wem wird eine solche Überprüfung seitens der Bundeswehr bzw. seitens EUNAVFOR MED vorgenommen, und wie läuft diese ab? b) Welche Verdachtsfälle für eine missbräuchliche Verwendung von Kenntnissen oder Sachmitteln haben die Überprüfungen bislang ergeben? Die Fragen 2 bis 2b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen der Europäischen Union für die systematische Erfassung und Überprüfung der Ausbildungsergebnisse im Hinblick auf die politische Bewertung der Maßnahmen ein. Die Entwicklung eines möglichen Mechanismus hierfür ist derzeit Gegenstand der Beratungen innerhalb der Brüsseler Gremien. Auf den Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an EUNAVFOR MED Operation SOPHIA auf Bundestagsdrucksache 18/12491 vom 24. Mai 2017 wird verwiesen. c) Was ist der Bundesregierung zu Überlegungen bekannt, dass Verbindungsbeamte aus EU-Mitgliedstaaten oder von EU-Missionen auf den Schiffen der libyschen Küstenwache mitfahren könnten? Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen 4 und 5 der Bundestagsabgeordneten Christine Buchholz auf Bundestagsdrucksache 18/12750 vom 16. Juni 2017 wird verwiesen. 3. Inwiefern und aus welchem Grund verwendet die Bundesregierung immer noch (bzw. nicht mehr) die Bezeichnung einer „sogenannten libyschen Küstenwache “ (Bundestagsdrucksache 18/8659, Antwort auf die Schriftliche Frage 13)? Seit EUNAVFOR MED Operation SOPHIA mit der Technischen Expertenkommission der libyschen Einheitsregierung die Ausbildung von Angehörigen der libyschen Einheitsregierung unterstehenden libyschen Küstenwache vorbereitet hat und durchführt, spricht die Bundesregierung im konkreten Fall von der libyschen Küstenwache. Auf die Antwort der Bunderegierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/9965 vom 13. Oktober 2016 wird verwiesen. 4. Welche Berichte der Internationalen Organisationen und der Medien sind der Bundesregierung zur Zusammenarbeit der libyschen Abteilung zur Bekämpfung von Migration (DCIM) „mit der Organisierten Kriminalität“ bekannt (Bundestagsdrucksache 18/12555, Antwort auf die Schriftliche Frage 9c)? Der Bundesregierung liegen verschiedene Medienberichte im Sinne der Fragestellung vor. Der gemeinsame Bericht der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen (UNSMIL) und des Hochkommissariats für Menschenrechte der Vereinten Nationen (OHCHR) vom 13. Dezember 2016 (www.ohchr.org/ Documents/Countries/LY/DetainedAndDehumanised_en.pdf) beschreibt, wie die „libysche Abteilung zur Bekämpfung von Migration“ (DCIM) und die libysche Küstenwache durch bewaffnete Gruppierungen unter Druck gesetzt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13153 5. In welchen Fällen sind das Auswärtige Amt und die Botschaft Tripolis in Bezug auf Rettungsmissionen zur Aufklärung und Verfolgung des Übergriffs auf deutsche Staatsangehörige in den vergangenen zwei Jahren tätig geworden? Die Deutsche Botschaft Tripolis, die seit ihrer Evakuierung im Juli 2014 von Tunis aus arbeitet, hat im September 2016 innerhalb weniger Tage die Freilassung zweier deutscher Staatsangehöriger bewirken können, die als Besatzungsmitglieder der Nichtregierungsorganisation Sea Eye unter dem Vorwurf unerlaubten Eindringens in libysche Hoheitsgewässer von libyschen Stellen festgesetzt worden waren. Darüber hinaus wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 4b und 4c der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/10617 vom 9. Dezember 2016 verwiesen. 6. Was ist der Bundesregierung über einen Vorfall vom Mai 2017 bekannt, bei dem ein Schiff mit libyschem Hoheitsabzeichen auf ein Schiff der italienischen Küstenwache geschossen hat (grent.it vom 26. Mai 2017, „Difesa: unità navale libica spara contro motovedetta della Guardia Costiera italiana. Nessun ferito“; bitte den Ablauf und die Beteiligten darstellen)? a) Inwiefern ereignete sich der Vorfall im Rahmen einer EU-Mission? b) Auf welche Weise sind EU-Missionen in die Aufklärung des Vorfalls eingebunden oder erwägen Konsequenzen daraus? Die Fragen 6 bis 6b werden zusammengefasst beantwortet. Die Beantwortung der Frage ist gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) als „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und wird als separater Anhang verschickt.* 7. Was ist der Bundesregierung über die Vorfälle vom 10. und 23. Mai 2017 bekannt, bei denen Angehörige der libyschen Küstenwache Schusswaffen gegen Geflüchtete und Helfende eingesetzt hat (http://gleft.de/1IX)? Nach Kenntnis der Bundesregierung war bei dem Vorfall am 10. Mai 2017 ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache beteiligt. Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass es dabei zum Einsatz von Waffengewalt gegen Geflüchtete oder Helfer kam. Zum Vorfall am 23. Mai 2017 (Berichterstattung „Jugend Rettet“ vom 25. Mai 2017) liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. a) Welche Einheiten der libyschen Küstenwache waren daran beteiligt? Nach Kenntnis der Bundesregierung war bei dem Vorfall vom 10. Mai 2017 das Patrouillenboot AL-KIFAH der libyschen Küstenwache beteiligt. b) Welche Positionsdaten haben die Schiffe von EUNAVFOR MED oder der NATO aufgezeichnet? Der Vorfall vom 10. Mai 2017 ereignete sich gemäß Berichterstattung des Operationshauptquartiers von EUNAVFOR MED Operation SOPHIA um die Position 33°08’51.76“N, 012°28’29.27“E. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13153 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zum Vorfall vom 23. Mai 2017 liegen der Bundesregierung keine Positionsdaten vor. c) Welche Gründe gibt die libysche Küstenwache für das Ziehen und Einsetzen der Schusswaffen an? EUNAVFOR MED Operation SOPHIA gegenüber begründete die libysche Küstenwache einen Schusswaffeneinsatz am 23. Mai 2017 mit Warnschüssen gegen kriminelle Schleuser. Eigene Erkenntnisse zur Bestätigung der Angaben der libyschen Küstenwache liegen der Bundesregierung nicht vor. d) Inwiefern kann die Bundesregierung bestätigen, dass sich die Vorfälle außerhalb libyscher Hoheitsgewässer ereigneten? Gemäß Berichterstattung EUNAVFOR MED Operation SOPHIA begann der Vorfall vom 10. Mai 2017 mit einem Notruf um 07:25 Uhr (MESZ) innerhalb der libyschen Hoheitsgewässer. Zum Zeitpunkt der Rettung befand sich das Boot mit den in Not geratenen Personen außerhalb der libyschen Hoheitsgewässer. Zum Vorfall vom 23. Mai 2017 liegen keine Positionsdaten vor. e) Auf welche Weise verfolgt das Auswärtige Amt die Vorfälle, von denen auch deutsche Staatsangehörige betroffen sind, und welche Stelle ist hierzu mit Ermittlungen befasst? Das Auswärtige Amt leistet Deutschen im Ausland konsularische Hilfe gemäß Konsulargesetz. Art, Form und Maß der Hilfe richten sich nach dem Einzelfall und den besonderen Verhältnissen im Empfangsstaat. Hierzu kann auch die Unterstützung bei der Erlangung von Rechtsschutz gehören. 8. Welche Fälle aus den Jahren 2015, 2016 und 2017 sind der Bundesregierung bekannt, bei denen sich Angehörige der libyschen Küstenwache in unzulässiger Weise in einen Rettungseinsatz eingemischt haben? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von Vorfällen im Jahr 2015. Für das Jahr 2016 sind der Bundesregierung fünf Einzelfälle bekannt, in denen der Vorwurf erhoben wurde. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11739 vom 29. März 2017 wird verwiesen. Für das Jahr 2017 sind der Bundesregierung zwei Vorwürfe bekannt. Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. a) In welchen Fällen wurden dabei Schusswaffen eingesetzt? Bei den Vorfällen am 24. April 2016, am 17. August 2016, am 10. Mai 2017 und am 23. Mai 2017 soll es zu Schusswaffengebrauch oder der Androhung des Schusswaffengebrauches gekommen sein. b) In welchen Fällen wurden dabei Geflüchtete durch die libysche Küstenwache aufgebracht und nach Libyen zurückgebracht? Nach Kenntnis der Bundesregierung soll die libysche Küstenwache bei den Vorfällen am 10. und 23. Mai 2017 Menschen aus Seenot gerettet und nach Libyen gebracht haben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13153 9. Was ist der Bundesregierung über die Aufnahme, den Fortgang oder Abschluss von Untersuchungen der libyschen Küstenwache bekannt, die Schusswaffeneinsätze der Jahre 2016 und 2017, die auch deutsche Helfer betrafen, aufzuklären und zu verfolgen (Bundestagsdrucksachen 18/10617, 18/9965 und 18/11329)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine über die bisherige Beantwortung hinausgehenden Erkenntnisse vor. 10. Inwiefern (und sofern erfolgreich, mit welchem Ergebnis) hat die Bundesregierung versucht, in Erfahrung zu bringen, in welchem Hafen das Patrouillenschiff der libyschen Küstenwache mit der Kennung „267“ stationiert ist, das am 21. Oktober 2016 einen Rettungseinsatz deutscher Helfer behinderte und für den Tod von bis zu 30 Bootsinsassen verantwortlich ist (http://gleft. de/1Jn)? Es ist Aufgabe der zuständigen Strafverfolgungsbehörden, etwaige Ermittlungen zu dem Vorfall aufzunehmen. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, in welchem Heimathafen das Patrouillenschiff der libyschen Küstenwache mit der Kennung 267 liegt. Darüber hinaus wird auf die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 7 und 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/10617 vom 9. Dezember 2016, auf die Antworten der Bundesregierung zu Frage 11a der Kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11329 vom 22. Februar 2017 sowie auf die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 4, 4a und 4b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11739 vom 29. März 2017 verwiesen. 11. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Projekte mit welcher Fördersumme das EUTF-Operational Committee für Libyen im Regionalfenster Nordafrika im April und Mai 2017 im schriftlichen Verfahren bewilligte ? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. 12. Sofern auch die Bereitstellung von Haftanstalten, Lagern oder anderen Unterkünften für Migranten gefördert werden, welche Details sind der Bundesregierung hierzu bekannt? Auf die Antwort zu Frage 13b wird verwiesen. 13. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Projekte mit welcher Fördersumme das EUTF-Operational Committee für Libyen im Regionalfenster Nordafrika im April und Mai 2017 im schriftlichen Verfahren bewilligte ? Am 12. April 2017 wurde das Projekt „Bewältigung gemischter Migrationsströme in Libyen durch die Ausweitung von Schutzangeboten und Unterstützung der lokalen sozio-ökonomischen Entwicklung“ (Managing mixed migration flows in Libya through expanding protection space and supporting local socioeconomic development) in Höhe von 90 Mio. Euro aus Mitteln der Europäischen Union im schriftlichen Verfahren bewilligt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13153 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Welche der jüngsten EUTF-Projekte in Libyen wurden bereits abgeschlossen ? Das Ende 2016 bewilligte und aus dem EU Trust Fund finanzierte Regionalvorhaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zur Verbesserung des Migrationsmanagement, das Maßnahmen in 14 Ländern entlang der Hauptmigrationsrouten (Sahel- und Tschadsee Region sowie Libyen) umfasst sowie das Vorhaben „Stärkung des Schutzes und der Resilienz der vertriebenen Bevölkerung in Libyen“ (Strengthening protection and resilience of displaced populations in Libya) befinden sich noch in der Umsetzung. b) Sofern auch die Bereitstellung von Haftanstalten, Lagern oder anderen Unterkünften für Migranten im EUTF gefördert werden, welche Details sind der Bundesregierung hierzu bekannt? Schwerpunkte des Regionalvorhabens der Internationalen Organisation für Migration sind Maßnahmen zum Schutz von Migranten und Flüchtlingen, die Betreuung und Unterstützung freiwillig rückkehrender Migranten einschließlich der Reintegration in den Herkunftsländern, Aufklärungs- und Kommunikationskampagnen sowie Unterstützung und Stärkung aufnehmender Kommunen. Im Rahmen des eingeschränkten Zugangs wird auch die Verbesserung der Lebensbedingungen in „Detention Centers“ angestrebt. Im Rahmen von humanitären Maßnahmen wird die Bereitstellung von sogenannten „Safe Spaces“ für eine begrenzte Anzahl von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen und Migranten als mögliche Maßnahme im Vorhaben „Bewältigung gemischter Migrationsströme in Libyen durch die Ausweitung von Schutzangeboten und Unterstützung der lokalen sozio-ökonomischen Entwicklung“ (Managing mixed migration flows in Libya through expanding protection space and supporting local socio-economic development) genannt. 14. Was ist der Bundesregierung über eine zu- oder abnehmende Präsenz der europäischen Missionen EUNAVFOR MED und TRITON vor den libyschen Hoheitsgewässern (nicht im gesamten Mittelmeer) bekannt, und welche Gründe sind hierfür maßgeblich? Nach Kenntnis der Bundesregierung bleibt sowohl bei EUNAVFOR MED Operation SOPHIA wie auch bei der Frontex-Operation TRITON die Präsenz vor den libyschen Hoheitsgewässern unverändert. a) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Milizen, Regierungstruppen oder sonstigen Verbände sich derzeit an der Wahrnehmung von Aufgaben der libyschen Marine und Küstenwache beteiligen (sofern abweichend, bitte auch die Loyalitäten benennen)? b) In welchen Häfen üben welche Milizen Einfluss aus (Antwort auf die Schriftliche Fragen 12 und 13 der Abgeordneten Inge Höger auf Bundestagsdrucksachen 18/8659 und 18/9198, Antwort zu Frage 10)? Die Antwort zu den Fragen 10a und 10b ist gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) als „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und wird als separater Anhang verschickt.* * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13153 15. Da die Bundesregierung aus ihrer Mitarbeit in den EU-Missionen EUNAVFORMED oder TRITON bzw. aus der NATO-Mission SEA GUARDIAN über keinerlei Aufklärungserkenntnisse darüber verfügt, ob die libysche Küstenwache um den 26. Mai 2017 mindestens 20 Boote mit Geflüchteten aufbrachte und die Insassen nach Libyen zurückbrachte (Antwort auf die Schriftliche Frage 46 des Abgeordneten Jan van Aken vom 29. Mai 2017 auf Bundestagsdrucksache 18/12640), inwiefern ist es den genannten Missionen überhaupt möglich, Schiffsbewegungen vor der libyschen Küste zu erkennen und gegenüber den Beteiligten (also der Bundespolizei und der Bundeswehr) zu dokumentieren, und, sofern dies grundsätzlich praktiziert wird, warum ist dies an besagtem Wochenende nicht erfolgt? Informationen zu Schiffsbewegungen im Einsatzgebiet der Frontex-Operation TRITON werden von der italienischen Seenotrettungsleitstelle (MRCC) in Rom an das Internationale Koordinierungszentrum (ICC) der Frontex-Operation TRITON in Rom weitergegeben. Aufgrund der Größe des zu überwachenden Seegebietes kann eine lückenlose Abdeckung durch EUNAVFOR MED Operation SOPHIA nicht gewährleistet werden. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 16. Auf welche Weise soll die Zusammenarbeit der der EU-Militärmission EUNAVFOR MED und der NATO ausgebaut werden (http://gleft.de/1JK), und was ist der Bundesregierung über Planungen und Inhalte eines Abkommens von EUNAVFOR MED mit dem maritimen Kommando der NATO in Northwood bekannt? Das NATO Maritime Command Northwood und das Operational Headquarter EUNAVFOR MED Operation SOPHIA haben am 30. Mai 2017 eine Verwaltungsvereinbarung zur Kooperation und gegenseitigen Unterstützung der NATO Operation SEA GUARDIAN und EUNAVFOR MED Operation SOPHIA unterzeichnet . Die Vereinbarung umfasst den Austausch von Informationen, die Möglichkeit zur Einrichtung von Verbindungselementen sowie logistische Unterstützung auf See und an Land. 17. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, in welchem Umfang tunesische Behörden im Jahr 2017 Geflüchtete in ihren Hoheitsgewässern und auf hoher See aufgegriffen und nach Tunesien zurückgebracht haben (news24.com vom 28. Mai 2017, „Tunisia rescues 126 migrants who set off from Libya“)? Der Bundesregierung sind über die in der Presseberichterstattung genannte Seenotrettung von 126 schiffbrüchigen Flüchtlingen und Migranten durch tunesische Behörden hinausgehend für das Jahr 2017 keine weiteren Seenotfälle, derer sich tunesische Behörden angenommen hätten, bekannt. 18. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern Rettungseinsätze im Mittelmeer eine Zeitlang erschwert wurden, da wegen des G7-Treffens keine Schiffe mit Geflüchteten in Sizilien anlegen durften und deshalb mehrtägige Reisen zu anderen Häfen unternehmen mussten, wodurch womöglich auch Todesfälle eingetreten sind (ilfattoquotidiano.it vom 28. Mai 2017, „Migranti, nave Msf salva 1500 persone ma naviga 3 giorni senza cibo perché i porti in Sicilia sono chiusi per il G7“)? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass Schiffe, die Menschen aus Seenot gerettet haben, in Sizilien wegen des G7-Treffens nicht anlegen durften. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13153 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung für die libysche Küstenwache, die dem internationalen Übereinkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See von 1979 („Search And Rescue Convention 79“) zwar beigetreten ist, den Verpflichtungen aber nicht nachkommt , in Bezug auf Rettungseinsätze außerhalb der 24-Meilen-Zone? Die nach dem Anhang des „Search and Rescue“-Übereinkommens von 1979 (SAR-Übereinkommen) und nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen bestehenden Rechte und Pflichten über Seenotrettung, insbesondere die Pflichten über die Schaffung nationaler Such- und Rettungsdienste, die Koordinierung von Such- und Rettungseinsätzen und über die Gewährleistung von Hilfe in Seenotfällen, gelten zur See räumlich unbeschränkt. Sie richten sich nicht ausschließlich auf die hohe See oder auf andere Meereszonen im Sinne des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen. Libyen ist Vertragsstaat des SAR-Übereinkommens, die Regelungen über Seenotrettung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen stellen kodifiziertes Völkergewohnheitsrecht dar und gelten als solches auch für Libyen. Auch wenn Libyen den genannten Pflichten bisher nicht nachkommt, berührt dies die völkergewohnheitsrechtliche Verbindlichkeit der Verpflichtungen Libyens nicht. Insbesondere gilt die grundsätzliche Pflicht zur Gewährleistung von Hilfe gegenüber jeder in Seenot befindlichen Person auch für Kapitäne von die libysche Flagge führenden Schiffen bzw. Kommandanten libyscher Staatsschiffe. a) Welche Änderungen würden sich ergeben, wenn Libyen wie derzeit geplant eine Seenotrettungsleitstelle einrichtet und offiziell benennt? Die Einrichtung einer Seenotrettungsleitstelle nach dem SAR-Übereinkommen dient der wirksamen Bereitstellung von Such- und Rettungseinsatzmitteln zur Gewährleistung von Seenotrettung im Einzelfall, einschließlich der Koordinierung der in der betreffenden SAR-Zone verfügbaren Schiffe zu diesem Zweck. Die zugrundeliegende Pflicht zur Gewährleistung von Hilfe gegenüber jeder in Seenot befindlichen Person ändert sich hierdurch nicht. b) Auf welche Weise üben die Bundesregierung oder die Europäische Union nach Kenntnis der Bundesregierung Druck auf die libysche Einheitsregierung aus, den Verpflichtungen des internationalen Übereinkommens über den Such- und Rettungsdienst auf See nachzukommen? Nach Kenntnis der Bundesregierung unterstützt Italien die libysche Regierung bei den rechtlichen und organisatorischen Vorbereitungen zum Aufbau und Benennung einer eigenen libyschen Seenotrettungsleitstelle sowie der Ausweisung einer eigenen libyschen SAR-Zone, damit Libyen seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen kann. Bei seinem Gespräch mit dem libyschen Premierminister Sarraj hat der Bundesminister des Auswärtigen, Sigmar Gabriel, die Notwendigkeit der Einhaltung internationaler Standards durch die libysche Küstenwache nachdrücklich betont. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/13153 20. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Stelle zur Meeresüberwachung oder Seenotrettung in Libyen derzeit als Ansprechpartner für die Frontex-Mission TRITON, Kräfte von EUNAVFOR MED oder auch die in Rom befindliche Leitstelle zur Seenotrettung (MRCC) fungiert? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist das Lagezentrum der libyschen Küstenwache in Tripolis Ansprechpartner für die italienische Seenotrettungsleitstelle in Rom. 21. Da die libysche Regierung keine SAR-Zone benannte, inwiefern erweitern sich dadurch aus Sicht der Bundesregierung die Rechte der übrigen Anrainer in Bezug auf die Durchführung von Maßnahmen? Die Pflicht zur Gewährleistung von Hilfe gegenüber jeder in Seenot befindlichen Person nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen und dem SAR-Übereinkommen besteht unabhängig von der Schaffung nationaler Suchund Rettungsdienste und der Einrichtung von Seenotrettungsleitstellen. Im Übrigen setzt das SAR-Übereinkommen eine Abstimmung unter den betreffenden Küstenstaaten über die Einrichtung und räumliche Abgrenzung der jeweiligen SAR-Zonen und damit den Zuständigkeitsbereich der nationalen Seenotrettungsleitstellen voraus. Fehlt es wie im Fall Libyens bislang an der Einrichtung einer eigenen SAR-Zone, so bewirkt dies keine Erweiterung entsprechender Koordinierungs - und sonstigen Rechte und Pflichten der benachbarten Küstenstaaten. Mit Zustimmung des betreffenden Küstenstaates oder im Fall seiner staatlichen Handlungsunfähigkeit kann nach Sinn und Zweck des SAR-Übereinkommens und des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen gegebenenfalls eine Wahrnehmung von Koordinierungsaufgaben durch die Seenotrettungsleitstelle eines anderen, benachbarten Küstenstaates erfolgen. a) Welche Änderungen würden sich ergeben, wenn Libyen wie derzeit geplant eine Seenotrettungsleitstelle einrichtet und offiziell benennt (Antwort der Europäischen Kommission an die EU-Abgeordnete Sabine Lösing, E-000223/2017 vom 30. März 2017? Es wird verwiesen auf die Antwort zu den Fragen 19a und 21. b) Inwiefern macht es dabei einen Unterschied, ob die libysche Küstenwache in der (nicht offiziell benannten) libyschen SAR-Zone mit einem Mandat der Seenotrettungsleitstelle in Rom als „On Scene Coordinator“ ausgestattet wurde, was gemäß Seerecht das zuerst eingetroffene, das am besten ausgerüstete Schiff oder das von der Rettungsleitstelle angewiesene Schiff bezeichnet? Die Pflicht zur Gewährleistung von Hilfe gegenüber jeder in Seenot befindlichen Person nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen und dem SAR-Übereinkommen besteht unabhängig von der Bestimmung eines „on-scene coordinator“ im Einzelfall durch die betreffende Seenotrettungsleitstelle oder hilfsweise durch die an der Seenotrettung vor Ort beteiligten Schiffe. Soweit Schiffe der libyschen Küstenwache als „on-scene coordinator“ im Sinne des SAR-Übereinkommens bestimmt werden, tritt die Aufgabe einer wirksamen Koordinierung des Such- und Rettungseinsatzes vor Ort unter Berücksichtigung der jeweils vorhandenen Einsatzmittel und -bedürfnisse hinzu. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13153 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 22. Da Libyen keine SAR-Zone benannte, inwiefern könnte es sich nach Einschätzung der Bundesregierung um einen Verstoß gegen das Refoulment- Verbot handeln, wenn die Küstenwache Geflüchtete in der (nicht offiziell benannten) libyschen SAR-Zone aufbringt und nach Libyen zurückbringt? Das völkerrechtliche Zurückweisungsverbot besagt, dass ein Staat Flüchtlinge nicht in einen (anderen) Staat zurückweisen darf, wenn ihm dort bestimmte Gefahren drohen. Danach fällt der genannte Sachverhalt, bei dem aus Libyen kommende Personen auf See durch die libysche Küstenwache aufgenommen und zur Ausschiffung zurück nach Libyen gebracht werden, nicht unter das völkerrechtliche Zurückweisungsverbot. 23. Handelt es sich aus Sicht der Bundesregierung um einen Verstoß gegen das Refoulment-Verbot, wenn die libysche Küstenwache von der Seenotrettungsleitstelle in Rom als „On Scene Coordinator“ mandatiert ist und Angebote ebenfalls beteiligter Schiffe zur Übernahme der dabei aufgebrachten Geflüchteten ausschlägt? Das völkerrechtliche Gebot des Non-refoulement gilt für Staaten gegenüber Personen , die sich an der eigenen Grenze oder im eigenen Staatsgebiet befinden oder in bestimmten Konstellationen auf Hoher See von einem staatlichen Schiff aufgegriffen werden. Die Bestimmung eines „on-scene coordinator“ im Sinne des SAR-Übereinkommens durch eine Seenotrettungsleitstelle allein bedeutet für den Staat des „on-scene coordinators“ noch nicht, dass dadurch die aus Seenot zu rettenden Personen seiner staatlichen Hoheitsgewalt und damit entsprechenden völkerrechtlichen Vorgaben unterfallen würden. Insofern kann die Bundesregierung in dieser Konstellation keinen Verstoß gegen das Refoulement-Verbot erkennen. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 22 und 21b verwiesen. 24. Handelt es sich aus Sicht der Bundesregierung um einen Verstoß gegen das Refoulment-Verbot, wenn die libysche Küstenwache Geflüchtete von Rettungsinseln aufnimmt, die von den Rettungsorganisationen zurückgelassen wurden, da die Schiffe einen Hafen ansteuern müssen oder weitere Rettungseinsätze übernehmen müssen? Auf die Antwort zu Frage 22 wird verwiesen. 25. Auf welche Weise wollen die deutschen Teilnehmer an den EU-Missionen EUNAVFOR MED (Bundeswehr) und TRITON (Bundespolizei) bzw. deren verantwortlichen Bundesministerien dem Internationalen Strafgerichtshof bei etwaigen Ermittlungen gegen Straftaten der libyschen Küstenwache zuarbeiten (Al Jazeera vom 9. Mai 2017, „ICC mulls investigation into Libya’s abuse of refugees“)? Die im Rahmen der Frontex-Operation TRITON gewonnenen Informationen werden an die örtlich und fachlich zuständigen Behörden des jeweiligen Einsatzlandes übermittelt. Die im Rahmen von EUNAVFOR MED Operation SOPHIA gewonnen Informationen werden an die zuständigen italienischen Behörden übermittelt . Die Bundesregierung und ihr nachgeordnete Behörden werden darüber hinaus dem Internationalen Strafgerichtshof auf der Grundlage des geltenden Zusammenarbeitsrechts Rechtshilfe leisten, wenn dieser ein Rechtshilfeersuchen stellt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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