Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Juli 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13154 18. Wahlperiode 18.07.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Dr. Konstantin von Notz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/12873 – Bargeldversorgung – Status quo und Entwicklung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r „Nur Bares ist Wahres.“ – So sieht das nach wie vor die Mehrheit der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher. Mehr als 75 Prozent aller Einkäufe werden bar bezahlt (EHI Retail-Institut (2017): www.ehi.org/de/pressemitteilungen/ kartenzahlung-waechst-bargeld-bleibt/). Jede dritte Verbraucherin bzw. jeder dritte Verbraucher zahlt ausschließlich mit Bargeld (Bundesbank (2015): www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Studien/ zahlungsverhalten_in_deutschland_2014.pdf?__blob=publicationFile). Rund 84 Prozent können sich laut einer Studie nicht vorstellen, ohne Bargeld zu leben bzw. wollen niemals auf Bargeld verzichten müssen (www.handelsblatt.com/ finanzen/anlagestrategie/trends/bargeld-nur-bares-ist-wahres/19748606.html). Obwohl vor allem kleinere Beträge mit Bargeld bezahlt werden, liegt der Umsatzanteil von Bargeld im Handel nach wie vor über 50 Prozent. Bei Beträgen unter 20 Euro liegt der Bargeldanteil bei 89 Prozent, bei Beträgen unter 5 Euro sogar bei 96 Prozent (Paysol (2017): www.bezahlen.de/wie-deutsche-bezahlen. php). Bargeld ist vor allem deshalb so beliebt, weil es aus Sicht vieler Verbraucherinnen und Verbraucher Anonymität, Datenschutz, mehr Sicherheit und Kontrollierbarkeit gegenüber bargeldlosen Transaktionsformen bietet. Diese Wahrnehmung scheint etwa durch Berichte über vermehrte Straftaten rund um das Onlinebanking bestätigt zu werden (www.zeit.de/digital/datenschutz/2017- 05/onlinebanking-hacker-konten-mtan-ss7/seite-2). Verschiedene Entwicklungen deuten gleichwohl darauf hin, dass sich die Rolle des Bargeldes in Zukunft grundlegend verändern wird. Der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, hat vorgeschlagen, eine „Bargeld-Obergrenze“ in Höhe von 5 000 Euro einzuführen, um Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu erschweren (www.welt.de/wirtschaft/article 152042791/Schaeuble-beharrt-auf-Bargeld-Obergrenze.html). Aufbauend auf einer bereits bestehenden Roadmap wird auf EU-Ebene derzeit an genaueren Vorgaben diesbezüglich gearbeitet (Europäische Kommission (2017): http://ec. europa.eu/smart-regulation/roadmaps/docs/plan_2016_028_cash_restrictions_ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13154 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode en.pdf). Ab dem Jahr 2018 wird die Europäische Zentralbank keine neuen 500-Euro-Scheine mehr ausgeben (www.tagesschau.de/wirtschaft/500euro-abschaffung -101.html). Der wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat dagegen ein Gutachten vorgelegt, in dem von Bargeldobergrenzen zum Ziele der Bekämpfung von Schattenwirtschaft und Terrorismus abgeratenwird (BMWi (2017): www.bmwi.de/Redaktion/ DE/Publikationen/Ministerium/Veroeffentlichung-Wissenschaftlicher-Beirat/ gutachten-wissenschaftlicher-beirat-gutachten-diskussion-um-bargeld.pdf?__ blob=publicationFile&v=8). Auch aus geldpolitischen Gründen wird über den Umgang mit Bargeld diskutiert . Denn bei niedrigen Zinsen oder Negativzinsen ist es für Sparerinnen und Sparer nicht mehr attraktiv, ihr Geld in der Bank zu belassen. Doch wenn Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Spareinlagen als physisches Bargeld zu Hause oder andernorts deponieren, dann ist eine geldpolitische Steuerung des Finanzmarktes zumindest teilweise nur noch eingeschränkt möglich. Jenseits politischer Erwägungen zur möglichen Einschränkung des Bargeldes deuten die Gebühren- und Service-Politik vieler Banken und Sparkassen sowie der veränderte Umgang mit Bargeld im Handel in eine ähnliche Richtung. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge könnten in den nächsten zehn Jahren 10 000 bis 15 000 Filialen geschlossen werden, auch wenn dies nicht in jedem Fall bedeutet, dass auch die Automaten abgebaut werden. Allerdings sind darüber hinaus Pläne bekannt, sog. SB-Stellen, also Automatenräume, zu reduzieren (beispielsweise www.ruhrnachrichten.de/staedte/luenen/Reaktion-auf- Kritik-Sparkasse-rechtfertigt-Schliessung-der-Geldautomaten;art928,2456 818). Dabei sind ländliche, siedlungsärmere Regionen deutlich stärker betroffen als urbane Räume. Im April 2017 wurde öffentlich, dass bereits viele Sparkassen sowie Volksund Raiffeisenbanken am eigenen Bankautomaten Gebühren ab einer bestimmten Anzahl von Bargeldabhebungen pro Monat verlangen (www.biallo.de/geld anlage/news/ueber-150-volks-und-raiffeisenbanken-kassieren-bei-eigenenkunden -ab/). Die Gebührenhöhe sowie die Anzahl kostenloser Abhebungen variierte dabei je nach Kontomodell. Mitunter fallen die Gebühren auch zu unterschiedlichen Tageszeiten anders aus (www.huffingtonpost.de/2017/06/09/ versteckte-gebuhren-warum-ihr-bargeld-kunftig-nur-noch-zu-bestimmten-uhrzeiten -abheben-solltet_n_17016722.html). Zudem zeigten die Untersuchungsergebnisse , dass es bereits etliche Kontomodelle verschiedener Institute gibt, die bereits ab der ersten Abhebung Gebühren verlangen. Auch der Umgang mit Münzgeld verändert sich. Vermehrt nehmen Banken das Hartgeld nur noch in wenigen Filialen an, verlangen hohe Gebühren oder beschränken die einzahlbare Menge (www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/ hannover_weser-leinegebiet/Viele-Banken-nehmen-keine Muenzen-mehr-an, hartgeld100.html). Gebühren von bis zu 10 Euro sind möglich (www.welt.de/ finanzen/article135783784/Banken-wollen-Muenzen-ihrer-Kunden-nicht-mehr. html). Auch die Versorgung des Einzelhandels mit Münzgeld hat sich in den letzten Jahren erheblich verteuert (www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/ geld-ausgeben/dank-eu-voschrift-muenzen-kosten-mehr-als-ihr-wert-13756 893.html). Entsprechend ändert sich auch im Einzelhandel zunehmend die Bezahlpraxis. So gibt es hier bereits erste Fälle, in denen für Bargeldzahlungen zusätzliche Gebühren verlangt werden (www.spiegel.de/wirtschaft/service/wenn-barzahlenextra -kostet-a-1146037.html). Seit einiger Zeit testen erste Einzelhändler die Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen (www.welt.de/wirtschaft/article15131 2842/Erste-Stadt-schafft-Ein-und-Zwei-Cent-Muenzen-ab.html). Gleichzeitig führen sie neue Bezahlmethoden, z. B. kontaktloses Bezahlen ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13154 Um das kostenintensive Zählen und Transportieren des Bargeldes zu minimieren und Kundinnen und Kunden einen zusätzlichen Service zur Verfügung zu stellen, bieten Einzelhändler zunehmend Cash-back-Funktionen, also Bargeldauszahlungen beim Einkauf an (www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/ geld-ausgeben/cash-back-service-bargeld-aus-dem-supermarkt-13150250-p2. html). Oft ist Cash-back jedoch an einen Minimal-Einkaufsbetrag von zum Beispiel 20 Euro gekoppelt und in einigen Fällen ist die Abhebung auch nur für Kundinnen und Kunden bestimmter Banken kostenlos. 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Zeitplan und den derzeitigen Arbeitsstand auf EU-Ebene zur Einführung einer Bargeldobergrenze ? Im Januar 2017 hat die Europäische Kommission dazu ein Inception Impact Assessment (vorläufige Folgenabschätzung) veröffentlicht. In den letzten Wochen führte die Europäische Kommission zudem eine öffentliche Konsultation zu diesem Thema durch und plant, auf Basis der Rückmeldungen der Mitgliedstaaten, Ermittlungsbehörden und des Privatsektors eine umfassende Folgenabschätzung durchzuführen, um die Kosten und Vorteile einer etwaigen europaweit einheitlichen Regelung einschätzen zu können. Die Rohergebnisse der öffentlichen Konsultation sind auf der Homepage der Europäischen Kommission abrufbar. 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Zeitplan und den derzeitigen Arbeitsstand zu anderen bargeldrelevanten Überlegungen auf EU- Ebene? Im Bereich der europäischen Gesetzgebungsvorschläge ist der von der Europäischen Kommission am 23. Dezember 2016 vorgelegte Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überwachung von Barmitteln, die in die Union oder aus der Union verbracht werden, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 zu nennen, der unter der maltesischen Ratspräsidentschaft verabschiedet wurde. Unter der seit dem 1. Juli laufenden estnischen Ratspräsidentschaft werden die nun beginnenden Trilogverhandlungen geführt werden. Der Vollständigkeit halber erwähnt seien hier auch die jüngsten Maßnahmen der EZB zu den Euro-Banknoten, die sie im Rahmen des sogenannten Notenprivilegs nach Art. 128 Absatz 1 AEUV getroffen hat. Die EZB plant nach eigener Aussage für Anfang 2019 die Einführung neuer 100- und 200-Euro-Banknoten (Europa- Serie). Neue Banknoten der kleineren Stückelungen wurden bereits eingeführt. Nach Beschluss des EZB-Rates vom Mai 2016 soll die Herstellung und Ausgabe der 500-Euro-Banknote dauerhaft eingestellt und diese Stückelung nicht mehr in die Europa-Serie aufgenommen werden. Die alten Euro-Banknoten behalten laut EZB ihren Wert. 3. Welche anderen bargeldrelevanten Überlegungen hat die Bundesregierung? Andere bargeldrelevante gesetzgeberische Überlegungen hat die Bundesregierung nicht. Die o. g. Konsultation der Europäischen Kommission sieht die Bundesregierung als Teil eines Europäischen Prüfauftrages, der nicht abgeschlossen ist. Die Bundesregierung wird nur eine sinnvolle und verhältnismäßige Lösung in Europa mittragen . Die persönlichen Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte der Bürger auch im Bereich des Zahlungsverkehrs sind für die Bundesregierung ein hohes Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13154 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Gut, die es zu schützen gilt. Jeglicher Idee, das Bargeld abzuschaffen werden wir entschieden entgegentreten. 4. Über welche Erkenntnisse und Zahlen (bitte nach Jahren gesondert aufschlüsseln ) verfügt die Bundesregierung hinsichtlich des Anstiegs von Straftaten im Bereich des digitalen Zahlungsverkehrs (Phishing-Betrug; Hacking- Angriffe etc.)? Statistische Informationen zu bestimmten Straftaten enthält die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalamtes. Die PKS beruht auf dem Erkenntnisstand bei Abschluss der polizeilichen Ermittlungen . Bezogen auf die Fragestellung könnte am ehesten der PKS-Schlüssel 516000 (Betrug bzw. Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter unbarer Zahlungsmittel) belastbares Zahlenmaterial liefern. Im Jahr 2015 wurden unter diesem Schlüssel insgesamt 68 783 Fälle erfasst. 2016 konnte ein Anstieg der hier erfassten Fälle auf 74 351 festgestellt werden. Zuvor war die Anzahl der erfassten Fälle schwankend. Statistisches Material, inwieweit durch Hacking-Angriffe Straftaten im Bereich des digitalen Zahlungsverkehrs begangen werden, liegt dem Bundeskriminalamt nicht vor. Jahrgänge 2003 bis 2015: 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 130.467 129.619 103.706 85.523 72.191 66.842 70.918 2010 2011 2012 2013 2014 2015 68.528 66.521 69.720 72.523 69.368 68.783 Die vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Statistiken zu den Staatsanwaltschaften , den Strafgerichten und der Strafverfolgung lassen eine Aussage über einen etwaigen Anstieg von Straftaten im Bereich des digitalen Zahlungsverkehrs nicht zu. Die Statistiken der Staatsanwaltschaften und Strafgerichte sind lediglich nach Sachgebietsgruppen eingeteilt und differenzieren nicht anhand der einzelnen Delikte. Die Strafverfolgungsstatistik erhebt Daten zwar differenziert nach einzelnen Straftatbeständen. Bei den darin ausgewiesenen Straftatbeständen – beispielsweise Betrug, Computerbetrug oder Fälschung beweiserheblicher Daten – wird jedoch nicht nach Begehungsvarianten differenziert (z. B. „Phishing-Betrug“ oder „Hacking-Angriff“). Darüber hinaus wird in der Strafverfolgungsstatistik eine Ab- und Verurteilung lediglich bei dem schwersten Delikt erfasst, das der Entscheidung zu Grunde liegt, weshalb sich die erfragten Daten aus der Strafverfolgungsstatistik nicht entnehmen lassen. 5. Wie groß ist nach Ansicht der Bundesregierung die Gefahr, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Ersparnisse zunehmend als Bargeld zu Hause oder andernorts deponieren, und somit zins- und geldpolitische Maßnahmen nur noch eingeschränkt wirksam sind? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass ein wachsendes Vorhalten von Bargeld die Wirksamkeit geldpolitischer Maßnahmen einschränke. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13154 a) Welche Erkenntnisse, Studien und konkrete Zahlen zur Bargelddeponierung von Verbraucherinnen und Verbrauchern liegen der Bundesregierung vor? Laut der Deutschen Bundesbank gibt es über die Nutzung bzw. Deponierung von Bargeld keine exakten Zahlen. Die Deutsche Bundesbank geht aber davon aus, dass knapp zehn Prozent am Point of Sale genutzt werden, etwa 20 Prozent im Inland gehalten werden, weitere 20 Prozent in anderen Euroländern genutzt und gut 50 Prozent außerhalb des Euro-Raums gehalten werden. Eine genaue Bestimmung , wieviel Bargeld von privaten Haushalten gehalten wird, ist schwierig, auch da Fragen zur persönlichen Aufbewahrung zu Hause oder im Schließfach nicht immer beantwortet werden. b) Welche Konsequenzen folgen daraus? Die Bundesregierung wird die Lage weiterhin beobachten. 6. Teilt die Bundesregierung die insbesondere von Vertretern der Datenschutzbehörden hervorgehobene Bedeutung des Bargeldverkehr als eines wichtigen und alltäglichen Schutzraums für die Gewährleistung von Persönlichkeitsrechten und Datenschutz angesichts einer immer umfassenderen Erfassung und Auswertung von persönlichen Daten und Informationen für kommerzielle Zwecke und staatliche Sicherheitsinteressen? Die erhebliche Bedeutung des Bargelds für die Bürgerinnen und Bürger insbesondere als anonymes und damit ihre Privatsphäre schützendes Zahlungsmittel ist der Bundesregierung bewusst. Die persönlichen Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte der Bürger auch im Bereich des Zahlungsverkehrs sind für die Bundesregierung ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Siehe auch Antwort zu Frage 3. 7. a) Wie kann nach Ansicht der Bundesregierung eine angemessene Bargeldversorgung der Bevölkerung insbesondere auf dem Land sichergestellt werden, wenn die Befürchtung eintritt, dass in den kommenden Jahren eine große Anzahl von Bank- oder Sparkassenfilialen verschwindet und die Zahl der Selbstbedienungsstellen reduziert wird? b) Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um deutschlandweit eine dauerhaft flächendeckende, preiswerte und unabhängige Bargeldversorgung sicherzustellen (bitte begründen, falls keine Maßnahmen geplant sind)? Die Fragen 7a und 7b werden zusammen beantwortet. Bisher gibt es keinen Anlass zu der Sorge, dass künftig eine angemessene Bargeldversorgung im ländlichen Raum nicht sichergestellt werden kann. Nach Auskunft der Deutschen Bundesbank besteht ein gleichbleibend hohes Niveau der Anzahl an Geldausgabeautomaten in Höhe von rund 58 000 Geräten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13154 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Gebührenpolitik der Banken und Sparkassen bzgl. des Geldabhebens ? a) Kann die zunehmende Verteuerung von Bargeld nach Ansicht der Bundesregierung zu einer Bargeldabschaffung durch die Hintertür führen? b) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie dementsprechend aus der Praxis von Banken, die bereits ab der ersten Bargeldabhebung Gebühren verlangen? Die Fragen 8 bis 8b werden zusammen beantwortet. Die Gebührenpolitik eines Kreditinstitutes wird wesentlich durch Wettbewerbsaspekte und Kundenbindung bestimmt. Eine flächendeckende Verteuerung von Bargeld ist derzeit nicht erkennbar. Nach Kenntnis der Bundesregierung existiert keine allgemeine Praxis der Banken, bereits ab der ersten Bargeldabhebung Gebühren zu verlangen. 9. Inwieweit ist die Bundesregierung der Ansicht, dass Gebühren für die Bargeldversorgung über die Kostendeckung hinaus vertretbar sind? Nach allgemeinen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sollten Kosten grundsätzlich dort gedeckt werden, wo sie entstehen. Die Vergütung kann einen angemessenen Gewinnanteil enthalten. a) Sollten Gebühren für die Bargeldversorgung begrenzt werden? Die Bundesregierung ist grundsätzlich der Auffassung, dass die Preisbildung durch den Wettbewerb erfolgen soll. b) Was kann und sollte aus Sicht der Bundesregierung gegen zunehmend steigende Gebühren für die Bargeldabhebung getan werden? Die Bundesregierung unterstützt den Wettbewerb durch Transparenzregelungen. Zu den Einzelheiten wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 10. Teilt die Bundesregierung Einschätzungen, wonach Transaktionen des Bargeldverkehrs für die Verbraucherinnen und Verbraucher nach wie vor deutlich günstiger sind als Transaktionen im bargeldlosen Zahlungsverkehr, und wenn nein, warum nicht? Eine pauschale Kostenrechnung für Transaktionen in Bargeld ist nicht möglich, da die Beschaffung von Bargeld mit Wege- und Zeitkosten verbunden sind, die in jedem Einzelfall unterschiedlich ausfallen können und die von unterschiedlichen Verbrauchern unterschiedlich gewichtet werden. Darüber hinaus sind für Händler bestimmte Kosten sowohl mit Bar- als auch mit elektronischen Zahlungen verbunden. Sofern es die konkrete Wettbewerbssituation zulässt, werden die Händler versuchen, diese Kosten auf den Verbraucher umzulegen. Vor diesem Hintergrund sind mögliche Kostenvorteile für die Verbraucher stark einzelfallabhängig . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13154 11. Was kann aus Sicht der Bundesregierung getan werden, damit Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts einer steigenden Anzahl von Kontomodellen und Zusatzentgelten nicht den Überblick verlieren, welche Kosten mit einem Girokonto und Bargeld-Abhebungen auf sie zukommen? Die Preisgestaltung bei Kreditinstituten unterliegt einem sehr intensiven Wettbewerb , auch im Hinblick auf unterschiedliche Konten- und Gebührenmodelle. Diesen Wettbewerb unterstützt die Bundesregierung mit Transparenzregelungen im Zahlungskontengesetz (ZKG), um Verbraucherinnen und Verbrauchern objektive Vergleichsmöglichkeiten zu bieten. So werden neben der vorvertraglichen Entgeltinformation in Zukunft zertifizierte Vergleichswebsites zur Erhöhung der Transparenz der Kontoführungsentgelte beitragen und es Verbrauchern ermöglichen , das für sie am besten geeignete Zahlungskonto am Markt zu finden. Die entsprechenden Vorschriften in den §§ 17 ff. ZKG sind noch nicht in Kraft getreten , da diese noch vom Erlass delegierter Rechtsakte der Europäischen Union abhängen . 12. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang das im Bundestagsantrag auf Bundestagsdrucksache 18/12367 genannte Ziel, gesetzlich festzulegen, dass Leistungen, die normalerweise bei der üblichen Führung eines Kontos in Anspruch genommen werden, d. h. auch das Bargeldabheben , bereits durch die Zahlung der Kontoführungsgebühr abgedeckt sind? Die bestehenden Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sehen bereits Vorschriften zur Begrenzung bestimmter Entgelte vor. Nach § 675f Absatz 4 BGB sind Entgelte nur geschuldet, wenn sie vereinbart sind. Für die Erfüllung gesetzlicher Nebenpflichten nach den §§ 675c bis 676c BGB hat der Zahlungsdienstleister weiter nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies gesetzlich zugelassen ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein. Das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie nimmt weitere Einschränkungen vor. Darüber hinausgehende Regelungen zur Einschränkung der im Rahmen der Privatautonomie frei vereinbarten Kontoentgelte sind nicht vorgesehen. Die Vorgabe eines bestimmten Entgeltmodells für Konten wird von der Bundesregierung nicht befürwortet. Verbraucher haben die Auswahl unter verschiedenen Entgeltmodellen je nach beabsichtigter Nutzung des Kontos. 13. Ist es aus Sicht der Bundesregierung ein Problem, wenn selbst die Stiftung Warentest bei der Aufstellung günstiger Kontomodelle (Finanztest 10/2016) einschränkend hinzufügen muss, dass sich diese Modelle gravierend ändern könnten? Wie kann sichergestellt werden, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher auf eine ausreichende Beständigkeit des Angebotes und der Gebührenstrukturen ihrer jeweils gewählten Kontomodelle verlassen können? Das Marktumfeld ist ständigen Änderungen unterworfen. Zugleich beruht die Preisgestaltung bei Kreditinstituten auf unterschiedlichen Erwägungen der jeweiligen Geschäftspolitik. Insofern ist es aus Sicht der Bundesregierung auch ein Zeichen für einen funktionierenden Wettbewerb, wenn Kontomodelle angepasst werden. Gesetzliche Vorgaben, ein einmal eingeführtes günstiges Kontomodell beibehalten zu müssen, sind nicht vorgesehen. Beständigkeit und Verlässlichkeit von bestimmten Kontomodellen kann am ehesten durch einen funktionierenden Wettbewerb unter den Kontoanbietern hergestellt werden, der dazu führt, dass Kontoanbieter ihre Kunden an sich binden wollen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13154 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Ist nach Einschätzung der Bundesregierung der ausreichenden Versorgung mit Münzgeld der Bevölkerung durch die Umtauschmöglichkeit in den 35 Filialen der Bundesbank bereits ausreichend genüge getan? Gemäß § 3 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (BBankG) trägt die Bundesbank für die bankmäßige Abwicklung des inländischen Zahlungsverkehrs Sorge. Sie erfüllt diese Aufgabe im Bargeldbereich durch Dienstleistungsangebote für die professionellen Bargeldakteure. Darüber hinaus bietet sie auch Bürgerinnen und Bürgern bestimmte Dienstleistungen an, wie den Wechsel von Euro-Münzen in Euro-Banknoten oder in Euro-Münzen anderer Stückelung. Die darüber hinausgehende direkte Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld erfolgt durch die Kreditwirtschaft, zu deren Dienstleistungsangeboten die Bundesbank aufgrund ihres hoheitlichen Auftrages nicht in Konkurrenz tritt. Aus Sicht der Bundesregierung sichert dieses Zusammenspiel die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Münzgeld. 15. Ist nach Auffassung der Bundesregierung derzeit eine flächendeckende und bezahlbare Versorgung mit und Rücknahme von Münzgeld für Gewerbetreibende in Deutschland gewährleistet? Aufgrund des ausgeprägten Filial- und Außenstellennetzes der Kreditwirtschaft innerhalb der Bundesrepublik und der sich etablierenden zusätzlichen Leistungsanbieter im Münzbereich, ist die flächendeckende Versorgung mit Münzgeld gewährleistet . Die von den Kreditinstituten verlangten Entgelte für diese Dienstleistungen sind – soweit sie der Bundesregierung aus Beschwerden bekannt geworden sind – nicht unverhältnismäßig. Über die Rechtmäßigkeit der Entgelthöhe entscheiden im Einzelfall die Zivilgerichte. 16. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass es eine flächendeckende und bezahlbare Versorgung mit und Rücknahme von Münzgeld gibt, angesichts dessen, dass immer mehr Banken Gebühren für solche Dienstleistungen nehmen oder diese gar nicht mehr anbieten? Wie in der Antwort zu Frage 15 dargelegt, hält die Bundesregierung eine flächendeckende und grundsätzlich bezahlbare Versorgung mit und Rücknahme von Münzgeld derzeit für gegeben. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank wird die Bundesregierung die Lage der Bargeldversorgung auch künftig laufend beobachten und einen etwaigen Interventionsbedarf prüfen. 17. Wäre es nach Auffassung der Bundesregierung sinnvoll, 1- und 2-Cent-Münzen abzuschaffen? Die Nominalstruktur der Euro-Umlaufmünzen wurde am 3. Mai 1998 mit Erlass der Verordnung (EG) Nr. 975/98 des Rates über die Stückelungen und technischen Merkmale der für den Umlauf bestimmten Euro-Münzen beschlossen. Die acht Münzen (1 Cent bis 2 Euro) sind damit in allen Euro-Teilnehmerländern gleichermaßen gesetzliches Zahlungsmittel. Eine Änderung der Stückelung, also z. B. die Abschaffung bestimmter Nominale, könnte deshalb nur auf europäischer Ebene entschieden werden. Die Bundesregierung setzt sich nicht für die Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen oder für Rundungsregeln ein. Als Ergebnis der Folgenabschätzung der Europäischen Kommission zur fortgesetzten Ausgabe der 1- und 2-Cent-Münzen werden aktuell Maßnahmen zur Kostenreduktion bei der Herstellung der Münzen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13154 eingeführt. Die Auswirkungen der Maßnahmen werden in eine neue Folgenabschätzung der Europäischen Kommission einfließen. 18. Sieht die Bundesregierung im zunehmenden Angebot von Cash-back-Funktionen im Einzelhandel und bei Tankstellen einen gleichwertigen Ersatz für Bankautomaten? Die Bundesregierung sieht in dem Angebot von Cash-Back-Funktionen im Einzelhandel und bei Tankstellen eine Ergänzung der Bargeldversorgung über klassische Bankkanäle, wie z. B. Barabhebungen an Geldautomaten bzw. am Bankschalter . a) Welche Konsequenzen gehen nach Ansicht der Bundesregierung mit der Tatsache einher, dass viele Einzelhändler einen Minimal-Einkaufsbetrag (oft in Höhe von 20 Euro) als Bedingung für die Auszahlung voraussetzen , oft nur eine begrenzte Höhe von Bargeld (oft 200 Euro) ausgezahlt wird und die Bedingungen für die Auszahlung teilweise nach Bankzugehörigkeit unterschiedlich sind? Etwaige Konsequenzen lassen sich bislang nicht erkennen. Die beschriebene Funktionalität beruht auf europarechtlichen Vorgaben (Artikel 3 Buchstabe e der Richtlinie 2007/64/EG, umgesetzt in § 1 Absatz 10 Nummer 4 ZAG). b) Welche Zahlen liegen der Bundesregierung zur Verbreitung und Nutzung von Cash-back-Funktionen im Einzelhandel und bei Tankstellen vor? Der Bundesregierung liegen keine aktuellen Erkenntnisse vor. Siehe im Übrigen zu Bargeldabhebungen am Point-of-Sale den Monatsbericht der Deutschen Bundesbank von Juni 2014 Seite 71, 75. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333