Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 21. Juli 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13176 18. Wahlperiode 25.07.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13049 – Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Altenpflege V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Einsatz „freiheitsentziehender Maßnahmen“ (FEM) in der stationären wie ambulanten Altenpflege ist ein noch immer viel zu wenig diskutiertes Thema. FEM werden definiert als „alle Maßnahmen, die an oder in der Nähe des Körpers angebracht werden und die eine Person daran hindern, sich an einen Ort ihrer Wahl zu bewegen oder ungehindert Zugang zum eigenen Körper zu haben “ (Meyer, G.; Köpke, S.; Möhler R., 2016; www.slaek.de/media/dokumente/ 04presse/aerzteblatt/archiv/2011-2020/2016/02/0216_070.pdf). Zu FEM zählen aus pflegerischer Sicht mechanische Fixierungen (Gurte, Stecktische etc.), bauliche (z. B. verborgene Ausgänge), medikamentöse (Psychopharmaka) und sog. körperferne Maßnahmen (z. B. Überwachungssender, Sensormatten), aber auch psychischer Druck und „Bestrafung“ (z. B. Entzug des Nachtisches o. Ä.) können freiheitsbeschränkend wirken (www.pflege-gewalt.de/professionell_ Pflegende_Artikel/freiheitsentziehende-massnahmen-und-alternativen.html). Entsprechend sind FEM Eingriffe in die Freiheitsrechte der Betroffenen, die nur dann erlaubt sind, wenn eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit des bzw. der Betroffenen besteht und auch nur als absolute Ultima Ratio. Zudem ist eine richterliche Genehmigung bei Anwendung einer FEM zwingend notwendig, wenn sie länger oder regelmäßig angewandt wird. Quantitative Daten zur Anwendung von FEM in der Altenpflege zeigen auffällige Schwankungen zwischen den stationären Einrichtungen. Laut einer Hamburger Studie aus dem Jahr 2009, an der 30 Pflegeheime teilnahmen, lag die FEM-Rate zwischen weniger als 5 Prozent und 60 Prozent. Angesichts dieser breiten Streuung kann von einem einheitlichen Umgang mit FEM in stationären Pflegeeinrichtungen also nicht die Rede sein (vgl. Meyer, G.; Köpke, S.; Möhler R., 2016, www.slaek.de/media/dokumente/04presse/aerzteblatt/archiv/2011- 2020/2016/02/0216_070.pdf). Der Einsatz von FEM in der Altenpflege wird häufig begründet als „Sturzprävention “ und als Mittel bei sog. herausforderndem Verhalten. Ursachen für Stürze sind meist jedoch mangelnde Beweglichkeit, unzureichende Muskelkraft oder eingeschränkte Sehfähigkeit, Medikamente u. Ä. Tatsächlich werden FEM Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode in der Fachwelt sogar als Risikofaktor für Stürze ausgewiesen (vgl. „Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege“ des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung [DNQP], 2013). Bei dementen Menschen gibt es deutliche Indizien , dass aggressives Verhalten und Unruhe durch FEM nicht gemindert, sondern noch verstärkt werden (vgl. Doris Bredthauer (2002): Bewegungseinschränkende Maßnahmen bei dementen alten Menschen in der Psychiatrie; Berzlanovich et al. [2012]: Todesfälle bei Gurtfixierungen, abrufbar unter: www.aerzteblatt.de/archiv/118941). Aggressives und unruhiges Verhalten führt häufig zu einer verstärkten Gabe von beruhigenden Medikamenten und Psychopharmaka – der Beginn einer Abwärtsspirale (Projektgruppe ReduFix: Alternativen zu Fixierungsmaßnahmen oder: Mit Recht fixiert? [2013]). Dieses Problemfeld rückt aktuell mehr ins öffentliche Bewusstsein. Der im April 2017 veröffentlichte „Pflegereport 2017“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) stellt dazu fest, dass in Deutschland überdurchschnittlich viele Neuroleptika bei Pflegebedürftigen in stationären Pflegeeinrichtungen als Dauermedikation eingesetzt werden. Von Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohnern mit Demenz würden 43 Prozent mit Neuroleptika, jedoch nur 24 Prozent mit Antidementiva versorgt (vgl. Jacobs, K. u. a.: Pflegereport 2017. Schwerpunkt: Die Versorgung der Pflegebedürftigen . S. 119 ff.). Neuroleptika haben eine sedierende und antipsychotische Wirkung und sind vorrangig zur Behandlung psychischer Erkrankungen indiziert, etwa Schizophrenie. In der Altenpflege kommen sie aber verstärkt als Beruhigungsmittel zum Einsatz, etwa bei Unruhe oder Erregungszuständen, obwohl auch „nicht-medikamentöse Therapien bekannt und wirksam“ seien (vgl. ebd., S. 128; ferner: Laux und Dietmaier 2009: Psychopharmaka: ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige; Schwabe und Pfaffrath 2011: Arzneiverordnungs -Report 2011; Schröder 2006: Psychopathologie der Demenz und Landespräventionsamt Nordrhein-Westfalen 2005: Alter – Ein Risiko?). Es gibt mittlerweile durchaus ein Bewusstsein dafür, dass FEM die Ultima ratio sein müssen, und entsprechend auch Maßnahmen zu deren Vermeidung angewendet werden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang beispielsweise auf das im Jahr 2004 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderte Projekt „ReduFix – Reduzierung von Fixierung“, das die Reduzierung von FEM zum Ziel hat und Schulungen von Altenpflegeeinrichtungen anbietet. In der Folge konnten die teilnehmenden Einrichtungen deutlich häufiger auf den Einsatz von FEM verzichten oder ihre Dauer deutlich reduzieren (vgl. www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/presse/pressemitteilungen/ schulung-zeigt-erfolg--pflegekraefte-verzichten-bei-demenzkranken-auffixierung /102146?view=DEFAULT). Weiterhin ist die evidenzbasierte Praxisleitlinie zur Reduzierung von freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Altenpflege zu nennen (www.leitlinie-fem.de/download/LL_FEM_2015_Internet _gesamt.pdf). Bei beiden Ansätzen hat sich gezeigt, dass die Schulung der Fachkräfte, das Benennen eines hausinternen FEM-Beauftragten und die Durchführung eines Entscheidungsprozesses in Form von Fallbesprechungen ganz wesentlich zur Reduzierung von freiheitsentziehenden Maßnahmen beiträgt. Außerdem wurde ein verfahrensrechtlicher Ansatz im Rahmen des Betreuungsrechts entwickelt, mit dem Ziel, die Anwendung FEM in Pflegeeinrichtungen zu reduzieren, der sogenannte Werdenfelser Weg. Kernpunkt des Werdenfelser Weges ist die Ausbildung von spezialisierten Verfahrenspflegern, welche auf dem Gebiet der freiheitsentziehenden Maßnahmen nicht nur über rechtliche, sondern auch über pflegerische Fachkenntnisse verfügen (http://werdenfelserweg -original.de/). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13176 V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung stimmt mit den Fragestellern darin überein, dass es sich bei dem Themenkomplex der freiheitseinschränkenden Maßnahmen (FEM) um ein wichtiges und weiter zu diskutierendes Thema handelt. Die persönliche Freiheit, insbesondere die Freiheit zur Fortbewegung, ist geschützt durch Artikel 2 Absatz 2 Grundgesetz. FEM als Einschränkung von Freiheits- und Menschenrechten stellen einen substantiellen Eingriff in die Selbstbestimmung der betroffenen Personen sowohl in der stationären als auch in der häuslichen Pflege dar. FEM können in Ausnahmefällen notwendig sein, wenn eine Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt und Alternativmaßnahmen nicht zur Verfügung stehen. In jedem Fall sind FEM möglichst zu vermeiden bzw. auf ein Minimum zu reduzieren und dürfen nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Während der Dauer einer FEM ist eine kontinuierliche Beobachtung durch dafür qualifizierte Personen sicherzustellen , um potentiellen gesundheitlichen Gefahren vorzubeugen oder diesen rechtzeitig begegnen zu können. Zudem ist regelmäßig zu überprüfen, ob die Maßnahme noch erforderlich bzw. gerechtfertigt ist. Die vorgenannten Maßgaben finden sich in der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen wieder, die auf die Arbeiten des vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und damaligen Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) einberufenen „Runden Tisches Pflege“ zurückgeht und im Herbst 2006 veröffentlicht wurde. Mit der Pflege-Charta sollen die Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen gestärkt und ihre Lebenssituation verbessert werden. Die Pflege-Charta bietet den betroffenen Menschen und ihren Angehörigen ein Maß für die Beurteilung der Pflege, und die in der Pflege tätigen Menschen sollen ihre Arbeit an der Pflege- Charta bemessen. 2006 wurde von BMFSFJ und Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine gemeinsame Strategie zur Umsetzung der Pflege-Charta vereinbart und verabschiedet. Durch die Bundesregierung wurde seit der Veröffentlichung der Pflege-Charta viel für deren Verbreitung und Umsetzung getan. Das BMFSFJ hat in der Vergangenheit vor allem Praxis- und Modellprojekte zum Zwecke der Verbreitung der Pflege-Charta gefördert und begleitet. In Zusammenarbeit mit Praktikerinnen und Praktikern aus der Pflege wurden in Zusammenarbeit mit der von 2007 bis 2012 existierenden „Servicestelle Pflege-Charta“ Arbeits- und Schulungsmaterialien zur praktischen Anwendung der Charta in der professionellen Pflege entwickelt und veröffentlicht. Über die folgende Internetseite können aktuelle Informationen sowie die vorliegenden Schulungsmaterialien zum Umgang und zur Implementierung der Pflege-Charta abgerufen werden: www.pflege-charta.de/de/ startseite.html. Seitens des BMG wurden die Inhalte der Charta zusammen mit den Handlungsempfehlungen des „Runden Tisches Pflege“ in den seit 2008 erfolgten Pflegereformen (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz, Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz, Erstes , Zweites und Drittes Pflegestärkungsgesetz) sowie mit dem Präventionsgesetz (2015) und dem Hospiz- und Palliativgesetz (2015) gesetzgeberisch umgesetzt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Langzeitpflege sind dabei stärker als zuvor an den Inhalten der Charta ausgerichtet worden. Insoweit sind insbesondere die Vorschriften des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI), die die Pflegeselbstverwaltung betreffen, zu nennen, hier vor allem die Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität (§ 113 SGB XI), die Expertenstandards zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege (§ 113a SGB XI) und die Qualitätsprüfungen nach §§ 114, 114a und 115 SGB XI. In diesen Vorschriften und Instrumenten wurden wesentliche Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Rechte Pflegebedürftiger, die in der Charta aufgeführt werden, zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität operationalisiert. Zudem wurde die Selbstverwaltung damit beauftragt, die Entwicklung von Instrumenten für die Prüfung der Qualität der Leistungen, die von den stationären Pflegeeinrichtungen erbracht werden, zu beauftragen (§ 113b SGB XI). Einbezogen werden sollen hier insbesondere die 2011 vorgelegten Ergebnisse des vom BMG und BMFSFJ geförderten Projektes „Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe" und die Ergebnisse der dazu durchgeführten Umsetzungsprojekte. Neben weiteren Aspekten der Lebensqualität steht dabei vor allem die Selbständigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner im Fokus. Auch der seit Januar 2017 geltende neue Pflegebedürftigkeitsbegriff stellt auf den Grad der Selbstständigkeit bei der Durchführung von Aktivitäten und bei der Gestaltung von Lebensbereichen ab. Darüber hinaus fördert das BMG mehrere Projekte, die mittelbar eine Umsetzung der Pflege-Charta zum Ziel haben. Zu nennen ist hier insbesondere das derzeit in der Abschlussphase befindliche Projekt: „Gewaltfreie Pflege – Prävention von Gewalt gegen Ältere in der pflegerischen Langzeitversorgung“ des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) und der Universität zu Köln. Verschiedene Projekte und die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass, um FEM zu vermeiden bzw. auf ein Minimum reduzieren zu können , es insbesondere zielführend ist, die an der Versorgung der Betroffenen beteiligten Akteurinnen und Akteure zu schulen und regelmäßig fortzubilden. Ein entsprechender Kenntnis- und Wissensstand sowie eine die Ziele der Pflege- Charta umsetzende innere Haltung sind unerlässlich. Dies gilt auch für das Management in den Einrichtungen. Ebenfalls notwendig ist eine gute Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Akteurinnen und Akteuren. Unterstützt wird die Pflegepraxis durch eine Vielzahl bereits auf Bundes- und Landesebene entwickelter Instrumente, beispielsweise der „Leitlinie FEM“, Handlungsleitlinien , Schulungsmaterialien sowie angemessenen Konzepten in den Einrichtungen (z.B. Redufix). Auch der verfahrensrechtliche Ansatz im Rahmen des geltenden Betreuungs- und Verfahrensrechts, bei dem Verfahrenspflegerinnen und -pfleger in eigenen Schulungen fachlich fortgebildet werden, wird genutzt , um die Anwendung von FEM zu reduzieren bzw. zu vermeiden (sog. Werdenfelser Weg). Die seitens des Bundesamts für Justiz jährlich veröffentlichten Daten zu den Betreuungsverfahren zeigen, dass zwischen den Jahren 2010 bis 2015 sowohl die Anträge auf FEM als auch die Genehmigungen für FEM rückläufig sind. Bei den Ablehnungen ist zugleich ein Anstieg zu verzeichnen. Der vierte Qualitätsbericht des MDS belegt ebenfalls einen Rückgang von FEM auf 12,5 Prozent der in die Prüfung einbezogenen Bewohnerinnen und Bewohner; im vorangegangenen Berichtszeitraum waren es noch 20 Prozent. Die genannten Zahlen zeigen eine Entwicklung in die richtige Richtung. Ungeachtet dessen besteht auch aus Sicht der Bundesregierung die Notwendigkeit, den Einsatz von FEM in der Pflege weiter zu verringern sowie die Anwendung FEM-vermeidender Strategien zu erhöhen. 1. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung grundsätzlich ergreifen, um den Einsatz von FEM in der Altenpflege zu reduzieren und die Anwendung FEM-vermeidender Strategien zu erhöhen? Die Bundesregierung hat im Rahmen der Reformen des SGB XI wiederholt umsetzbare und nachhaltige Maßnahmen zur Verbesserung und Weiterentwicklung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13176 der Pflege und Pflegequalität ergriffen. Dies zeigt sich nicht zuletzt in den drei Pflegestärkungsgesetzen dieser Legislaturperiode. Der Umgang mit FEM ist dabei neben anderen Qualitätskriterien ein prinzipieller Bestandteil, wenn Qualität und qualitätssichernde Maßnahmen in der Pflege thematisiert und diskutiert werden . Durch die Bundesregierung wurden Projekte und Studien zu FEM vielfach gefördert. Dabei sind das Projekt zur Entwicklung und Evaluation einer Evidenzbasierten Praxisleitlinie zur Vermeidung von FEM in stationären Pflegeeinrichtungen („Leitlinie FEM“) oder das Projekt „Redufix“ zur Reduktion körpernaher Fixierung bei demenzerkrankten Heimbewohnern beispielgebend. Insoweit wird auch auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. Die Bundesregierung wird sich auch zukünftig für Maßnahmen einsetzen, die dazu beitragen, die Pflegequalität weiterzuentwickeln . Die – auch auf Initiative der Bundesregierung gegründete – Allianz für Menschen mit Demenz ist als Arbeitsgruppe C.2 in der Demografiestrategie der Bundesregierung verankert und hat in ihrer Agenda „Gemeinsam für Menschen mit Demenz “ im Handlungsfeld II „Gesellschaftliche Verantwortung“ unter 5.4 „Zwangsmaßnahmen“ sowie im Handlungsfeld III „Unterstützung von Menschen mit Demenz und deren Familien“ unter 7.4 „Bewegungsfreiheit und Schutz für demenzkranke Menschen“ Vereinbarungen zur Reduzierung von FEM formuliert und mit jeweils sieben bzw. sechs konkreten Maßnahmen hinterlegt. Die Agenda der Allianz wird seit Unterzeichnung durch die Gestaltungspartner kontinuierlich umgesetzt. Ein Zwischenbericht liegt seit September 2016 vor, der Abschlussbericht wird im September 2018 veröffentlicht. 2. In welchen Fällen muss nach Auffassung der Bundesregierung im ambulanten Bereich, in Wohngruppen oder in der eigenen Häuslichkeit eine Maßnahme zum Freiheitsentzug richterlich genehmigt werden? Die Anwendung von FEM nach § 1906 Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unterliegt wegen des mit ihnen verbundenen erheblichen Grundrechtseingriffs strengen Voraussetzungen und ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Das Genehmigungserfordernis gilt gemäß § 1906 Absatz 4 BGB, wenn der Betroffene „sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält“. Der Begriff der „sonstigen Einrichtung“ wird im Interesse des Schutzes der Betroffenen weit ausgelegt. Hierzu zählen neben Krankenhäusern und allen Arten von Alters- und Pflegeheimen auch betreute Wohngruppen und ähnliche Einrichtungen. Zudem wird von einem Aufenthalt in einer „sonstigen Einrichtung“ auch dann ausgegangen, wenn der Betroffene im eigenen Haushalt ausschließlich von Nichtangehörigen professionell versorgt und gepflegt wird und der institutionelle Rahmen vergleichbar einer Einrichtung gestaltet ist, d. h. die Wohnung selbst „nur noch eine Hülle“ ist (vgl. LG München, Beschluss vom 7. Juli 1999, FamRZ 2000, 1123). In diesem Fall sind FEM vom Betreuungsgericht zu genehmigen. Lebt die betroffene Person zusammen mit ihren Angehörigen in einem Haushalt und übernehmen diese im Rahmen der Familienpflege jedenfalls zu einem erheblichen Teil die Versorgung, so sind FEM nach ständiger Rechtsprechung betreuungsgerichtlich nicht genehmigungsbedürftig und damit auch nicht genehmigungsfähig. Dass eine FEM vom Gericht nicht zu genehmigen ist, bedeutet aber nicht, dass diese Maßnahme generell erlaubt ist. Ist ein Betreuer für die Aufgabenkreise „Aufenthaltsbestimmung“ oder „FEM“ bestellt oder hat der Betroffene eine andere Person für die Einwilligung in FEM schriftlich ausdrücklich bevollmächtigt, so kommt es auf die Einwilligung des Betreuers oder Bevollmächtigten an. Deren Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Entscheidung hat sich am Wohl des Betroffenen auszurichten; dessen früher geäußerte Vorstellungen und Wünsche sind dabei zu berücksichtigen. In jedem Fall sind FEM auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken. Dabei ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob zum Schutz des Betroffenen auch andere Maßnahmen in Betracht kommen, welche die körperliche Bewegungsfreiheit des Betroffenen nicht oder weniger einschränken (z.B. Niedrigflurbetten, sog. Pflegenester , Hüftprotektoren, Sensormatten, Bewegungsmelder etc.). 3. a) Wie häufig wurden richterliche Genehmigungen für FEM in der stationären und ambulanten Altenpflege nach Kenntnis der Bundesregierung im Zeitraum von 2005 bis heute beantragt, und wie häufig erteilt (bitte nach Jahren, Bundesländern und Versorgungssektoren aufschlüsseln)? Statistische Daten über die gerichtlichen Genehmigungen von FEM, die gemäß § 1906 Absatz 4 BGB im Rahmen einer Betreuung erfolgen, werden jährlich in der vom Bundesamt für Justiz erstellten Statistik zu Betreuungsverfahren erfasst. Diese weisen die Anzahl der Anordnungen oder Genehmigungen sowie der Ablehnungen pro Land und bundesweit aus. Die entsprechende Statistik für die Jahre 2005 bis 2015 mit einer Aufschlüsselung nach Ländern ist den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen. Bundesweite Daten für das Jahr 2016 liegen aktuell noch nicht vor. Eine weitere Differenzierung der Genehmigungen wird nicht erhoben; insbesondere wird nicht erfasst, auf welche Einrichtungen im Sinne des § 1906 Absatz 4 BGB sich die gerichtlichen Entscheidungen beziehen. Die Zahlen belegen, dass die bundesweite Anzahl der gerichtlichen Genehmigungen dieser Maßnahmen seit 2011 um über ein Drittel zurückgegangen ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13176 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Welche Arten von FEM wurden nach Kenntnis der Bundesregierung beantragt und bewilligt (bitte nach Arten der Fixierung und Sedierung aufschlüsseln )? Statistische Daten zur Art der beantragten und gerichtlich genehmigten FEM liegen der Bundesregierung nicht vor. c) Was sind dabei nach Kenntnis der Bundesregierung die häufigsten Begründungen der Anträge auf FEM? Statistische Daten zu den Begründungen der Anträge auf FEM werden nicht erhoben . d) In wie vielen Fällen wurden von Gerichten FEM aus Gründen der Verhältnismäßigkeit , insbesondere dem Vorhandensein von Alternativen, abgelehnt ? Auch hierzu liegen der Bundesregierung keine statistischen Daten vor. 4. Wie viele der FEM wiesen dabei im Zeitraum von 2005 bis heute eine Dauer von bis zu 2 Wochen, 2 bis 6 Wochen, 6 bis 12 Wochen, 12 bis 26 Wochen, 12 bis 52 Wochen, 1 bis 2 Jahre, 2 bis 5 Jahre, 5 bis 10 Jahre und über 10 Jahre auf (bitte nach Dauer und Sektoren aufschlüsseln)? Die Dauer gerichtlich genehmigter oder angeordneter FEM wird statistisch nicht erfasst. 5. Welche Daten zu FEM in stationären Pflegeeinrichtungen und bei ambulanten Pflegediensten werden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Ländern von wem erhoben, und zu welchem Zweck an wen weitergeleitet? Im Rahmen der jährlichen Qualitätsprüfungen nach §§ 114 ff. SGB XI werden in stationären Pflegeeinrichtungen bei den in der Stichprobe einbezogenen Pflegebedürftigen u. a. Daten zu FEM, jedoch keine Prävalenzzahlen, erhoben. Die Daten werden von den Medizinischen Diensten der Krankenversicherung (MDK) der Länder ausgewertet und an den MDS weitergegeben. Der MDS ist nach § 114a Absatz 6 SGB XI verpflichtet, die Erfahrungen der MDK sowie des PKV- Prüfdienstes aus den Qualitätsprüfungen in ambulanten Pflegediensten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie die eigenen Erkenntnisse im Abstand von drei Jahren in einem Bericht zusammenzustellen. Im vierten Qualitätsbericht des MDS aus 2015, dessen Basis die Prüfergebnisse aus dem Jahr 2013 sind, wird ausgeführt, dass in der stationären Pflege der Anteil der in die Prüfung einbezogenen Bewohnerinnen und Bewohner mit FEM bei 12,5 Prozent lag. Davon lagen bei 91,9 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner die erforderlichen Einwilligungen oder Genehmigungen vor. Der Vollständigkeit halber wird hier auch auf die Antwort zu Frage 3a verwiesen. In einzelnen Bundesländern werden nach dem jeweiligen „Landesheimgesetz“ (d. h. dem jeweiligen Nachfolgegesetz zum Heimgesetz des Bundes; die Nachfolgegesetze der Länder haben unterschiedliche Bezeichnungen) in stationären Pflegeeinrichtungen und vereinzelt auch bei ambulanten Pflegediensten durch die jeweils zuständigen „Heimaufsichten“ (auch hier variieren die Bezeichnungen) beispielsweise Daten über die Anzahl und Art der FEM erhoben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13176 Einzelne Länder haben zu dieser Frage Folgendes rückgemeldet: Bayern: Die Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht – (FQA; früher: Heimaufsicht) prüfen Pflegeheime, Kurzzeitpflegeeinrichtungen , Einrichtungen für volljährige Menschen mit Behinderung, stationäre Hospize, ambulant betreute Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige und – anlassbezogen – betreute Wohngruppen für Menschen mit Behinderung. Gegenstand der Prüfungen sind u. a. wie der Träger und die Leitung einer stationären Einrichtung sicherstellen, dass freiheitseinschränkende Maßnahmen nur dann angewendet werden, wenn sie zum Schutz gegen eine dringende Gefahr für Leib und Leben unerlässlich sind. Seitens der FQA wird ausschließlich die Anzahl der festgestellten Mängel erhoben und alle zwei Jahre dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) mitgeteilt. Die ausgewerteten Daten sind Grundlage für die Veranlassung weiterer Erhebungen (z.B. praxisbezogener Studien) sowie die Inhalte der Fortbildungsprogramme für die FQA. Ferner sind FEM Gegenstand einer Fachveröffentlichung des Bayerischen Landespflegeausschusses (www. bestellen.bayern.de/application/applstarter?APPL=eshop&DIR=eshop&ACTION xSETVAL(artdtl.htm,APGxNODENR:332959,AARTxNR:stmgp_pflege_002, AARTxNODENR:338604,USERxBODYURL:artdtl.htm,KATALOG:StMGP,AK ATxNAME:StMGP,ALLE:x)=X) sowie der Kampagne „Eure Sorge fesselt mich!“ (www.stmgp.bayern.de/meine-themen/fuer-fach-und-pflegekraefte/eure-sorgefesselt -mich). Betreffend die häusliche Pflege und hier insbesondere die ambulanten Pflegeeinrichtungen werden keine Daten erhoben. Berlin: Die Berliner Heimaufsicht prüft nach dem Berliner Wohnteilhabegesetz (WTG) im Rahmen von Regel- und Anlassprüfungen, ob und welche freiheitsentziehenden bzw. -einschränkenden Maßnahmen von einem Leistungserbringer durchgeführt werden, ob und inwieweit dafür die notwendigen rechtlichen Grundlagen vorliegen (persönliche Einwilligungen bei einwilligungsfähigen Personen bzw. richterliche Beschlüsse bei nicht mehr einwilligungsfähigen Personen) sowie ob und inwieweit freiheitsentziehende bzw. -einschränkende Maßnahmen nach Möglichkeit vermieden werden können. Brandenburg: In stationären Pflegeeinrichtungen werden durch das Landesamt für Soziales und Versorgung im Rahmen der Aufsicht über Einrichtungen und Wohnformen nach dem Brandenburgischen Pflege- und Betreuungswohngesetz Anzahl und Art der FEM erhoben. Entsprechendes gilt bei Wohnformen, in denen ambulante Pflegeleistungen erbracht werden, die aber heimrechtlich als den Einrichtungen gleichgestellte Wohnformen gelten. Bremen: Der Prüfauftrag der Bremischen Wohn- und Betreuungsaufsicht umfasst nicht die ambulanten Pflegedienste, so dass nur zu den stationären Pflegeeinrichtungen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Auskunft gegeben werden kann. Die Bremische Wohn- und Betreuungsaufsicht prüft laut Prüfleitfaden folgende Punkte: Freiheitsbeschränkende Maßnahmen/Schutzmaßnahmen werden nach Art, Zeitpunkt, Dauer und Grund dokumentiert. Es ist eine Person benannt, die über alle freiheitsbeschränkenden Maßnahmen informiert ist und die fachliche sowie rechtmäßige Angemessenheit intern prüft. Bei allen vorgenommenen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen werden alle Alternativen geprüft. Die Durchführung freiheitsbeschränkender Maßnahmen und die Prüfung der Alternativen werden mit allen Beteiligten abgestimmt. Das Ergebnis der Abstimmung wird mit Unterschriften der Beteiligten in der Bewohnerakte dokumentiert . Alle freiheitsbeschränkenden Maßnahmen werden in regelmäßigen und angemessenen Zeitabständen überprüft. Mecklenburg-Vorpommern: In stationären Pflegeeinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern sind die angewandten FEM zu dokumentieren. Nach einem mit allen Beteiligten (Aufsichtsbehörden = Heimaufsichten der Landkreise und kreisfreien Städte, Ministerium als Fachaufsicht, Landesverbände der Pflegekassen, Prüfdienste MDK/PKV, Trägerverbände ) vereinbarten Prüfprotokoll werden gemäß § 8 Einrichtungenqualitätsgesetz (EQG M-V) Angaben und Nachweise zu FEM durch die Heimaufsichten geprüft. Dazu gehören folgende Angaben: Anzahl der jeweiligen freiheitseinschränkenden/FEM, Vorlage der richterlichen Beschlüsse; Anzahl der Maßnahmen bei einwilligungsfähigen Bewohnerinnen/Bewohnern , Vorlage der Einwilligungen; Anzahl und Maßnahmen bei vollständig immobilen Bewohnerinnen/Bewohnern oder Personen, die keine kognitiv gesteuerten Bewegungen ausführen können und die dem Grunde nach zur Freiheitsentziehung eingesetzt werden könnten, Vorlage schriftlicher Nachweise von Arzt/Gericht zur Entbehrlichkeit eines richterlichen Beschlusses; Vorlage von Nachweisen darüber, dass die Anwendung von FEM regelmäßig und zeitnah evaluiert wird. Die Daten werden im Rahmen der mindestens einmal jährlich zu erfolgenden Qualitätsprüfungen durch die jeweils zuständigen Heimaufsichten in ihrem Zuständigkeitsbereich erhoben. Eine übergreifende statistische Erfassung erfolgt nicht. Die ambulanten Pflegedienste sind vom Anwendungsbereich des EQG M-V nicht erfasst. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/13176 Niedersachsen: Im niedersächsischen Heimrecht gibt es für die systematische Datenerfassung zu FEM sowie den mit FEM verbundenen Verletzungen oder gar Todesfällen keine Rechtsgrundlage. Daher beziehen sich die bei den Heimaufsichtsbehörden vorhandenen Daten lediglich auf stichprobenhafte Einzelfälle. Auch zu freiheitsentziehenden Maßnahmen bei ambulanten Pflegediensten liegt keine entsprechende Datengrundlage vor. Rheinland-Pfalz: Zu freiheitsentziehenden oder freiheitsbeschränkenden Maßnahmen (FEM) werden regelhaft keine Daten von Seiten der Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (BP-LWTG) erhoben. Schwerpunktaufgabe der BP-LWTG ist es, Träger und Leitungen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Einrichtungen zu unterschiedlichen Themen zu beraten. Dabei geht es auch um die Frage, ob und wie FEM vermieden werden können und welche Alternativen es dazu gibt. Sachsen: Die Heimaufsicht erfragt im stationären Bereich folgende Angaben im Zusammenhang mit FEM: Anzahl der Anwendungen von FEM mit gültigem Beschluss, Zustimmung der/des einwilligungsfähigen Bewohnerin/Bewohners sowie Daten zur Aufzeichnungspflicht von FEM. Allerdings werden diese Daten nicht statistisch verarbeitet. Schleswig-Holstein: Das Sozialministerium erhebt im Rahmen der Fachaufsicht Kontaktdaten und Kapazität von stationären Einrichtungen der Pflege, die über geschlossene Abteilungen verfügen und in denen Bewohnerinnen und Bewohner durch FEM eingeschränkt werden, und leitet diese an das BMFSFJ für den europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung weiter. 6. Auf welche Weise wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Daten zu Häufigkeit, Art und Durchführung von FEM in stationären Pflegeeinrichtungen und bei ambulanten Pflegediensten einheitlich dokumentiert, gemeldet und ausgewertet werden? Der Bundesgesetzgeber hat die Pflegeselbstverwaltung verpflichtet, neue Instrumente für die Qualität der Leistungen, die von den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen erbracht werden, und für die Qualitätsberichterstattung zu entwickeln. Bei den für die stationäre Pflege zu entwickelnden Instrumente sind insbesondere die 2011 vorgelegten Ergebnisse des von BMG und BMFSFJ geförderten Projektes „Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe“ und die Ergebnisse der dazu durchgeführten Umsetzungsprojekte zu berücksichtigen. In diesen Projekten wurden u. a. FEM als mögliche Indikatoren zur Beurteilung der Ergebnisqualität in den Pflegeeinrichtungen einbezogen. Die Verfahren zur Bewertung der Quali- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tät der in den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und für die Qualitätsberichterstattung werden derzeit unter Verantwortung der Pflegeselbstverwaltung wissenschaftlich fundiert erarbeitet. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Über bereits umgesetzte Beiträge gibt der Zwischenbericht der Agenda „Gemeinsam für Menschen mit Demenz“ vom September 2016 Auskunft (www.bmfsfj.de/blob/jump/111188/ zwischenbericht-agenda-demenz-data.pdf). 7. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, inwiefern der Einsatz von mehr Personal, insbesondere mehr Fachpersonal (mindestens dreijährige pflegerische Ausbildung), Auswirkungen auf die Häufigkeit von FEM hat? Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Ein einfacher kausaler Zusammenhang zwischen Personalausstattung und der Häufigkeit angewendeter FEM besteht nicht, da eine Pflegesituation komplex ist und die Gründe für die Anwendung von FEM sehr unterschiedlich sind. Der Bundesgesetzgeber hat auf Initiative der Bundesregierung die Vertragsparteien nach § 113 SGB XI auf Bundesebene verpflichtet, bis zum 30. Juni 2020 unter Berücksichtigung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen zu entwickeln und zu erproben. Das Personalbemessungsverfahren soll sowohl die Zeitbedarfe für die Pflege als auch die fachliche Angemessenheit der Maßnahmen berücksichtigen. Damit werden mittelfristig einheitliche fachliche Grundlagen für ein Personalbemessungsverfahren zur Verfügung stehen, aus dem sich Maßstäbe für die Personalausstattung der Pflegeeinrichtungen ableiten lassen. 8. a) Wird nach Kenntnis der Bundesregierung eine kontinuierliche Überwachung und unmittelbare Begleitung der Personen, bei denen FEM angewendet werden, gewährleistet, und wird auch für die Beendigung von FEM gesorgt, wenn für diese keine Notwendigkeit mehr besteht? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? b) Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um diese Überwachung und Begleitung zu optimieren? c) Inwieweit und durch wen werden Einrichtungen dabei auch über die Möglichkeiten FEM-vermeidender Strategien aufgeklärt und zu deren Anwendung aufgefordert, und wie gedenkt die Bundesregierung die Anwendung solcher Strategie zu fördern? Wegen des engen Sachzusammenhangs erfolgt eine gemeinsame Antwort zu den Fragen 8a bis 8c. Die Achtung der Willens- und Fortbewegungsfreiheit ist eine wesentliche Aufgabe in der professionellen Pflege in Deutschland. Jede FEM muss das letzte Mittel der Wahl sein. Eine Überwachung, Kontrolle und Begleitung der Pflegebedürftigen , bei denen FEM angewendet werden, erfolgt durch Pflegefachkräfte in den stationären Pflegeeinrichtungen oder durch die ambulanten Pflegedienste und ist grundlegend für eine gute und qualitätsgerechte Pflege. Darüber hinaus muss die Erforderlichkeit einer Fixierung durch die Pflegeeinrichtungen immer neu überprüft werden und die Pflegekräfte der Einrichtung müssen alle Maßnahmen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/13176 und Möglichkeiten ausschöpfen, auf diese zu verzichten. Einrichtungsinterne Standards zum Umgang mit Fixierung und entsprechende Schulungsmaßnahmen sind Ausdruck davon, dass viele Einrichtungen dieses Thema ernst nehmen. Bei den jährlichen Qualitätsprüfungen nach §§ 114 ff. SGB XI wird in stationären Pflegeeinrichtungen u. a. kontrolliert, ob die Notwendigkeit der FEM regelmäßig durch die Pflegeeinrichtung überprüft wird. Auf die Ergebnisse des vierten MDS- Qualitätsberichts, der einen Rückgang von FEM feststellt, und insoweit auf die Antwort zu Frage 5 wird Bezug genommen. Auch über die Gestaltungs- und Kooperationspartner der Allianz für Menschen mit Demenz werden Ergebnisse und gute Beispiele kommuniziert und verbreitet. Mit Fördermitteln des BMFSFJ hat das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) einen Themenreport zur Gewaltprävention in der Pflege erarbeitet, der auch Empfehlungen zur Vermeidung von FEM enthält. 9. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Erkenntnis, dass Bewohnerinnen und Bewohner stationärer Pflegeeinrichtungen in Deutschland überdurchschnittlich häufig Psychopharmaka erhalten (vgl. Jacobs , K. u. a.: Pflegereport 2017. Schwerpunkt: Die Versorgung der Pflegebedürftigen . S. 119 ff.), und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung , diese Entwicklung dahingehend zu beeinflussen, den nichtindizierten Einsatz von Psychopharmaka in der Pflege zu reduzieren? Der zitierte Pflegereport 2017 hat mit der Frage nach dem Einsatz von Psychopharmaka bei Pflegebedürftigen in vollstationären Pflegeeinrichtungen, insbesondere für demenziell erkrankte Pflegebedürftige ein Thema aufgegriffen, das auch für die Bundesregierung große Bedeutung hat. Die dort vorgestellten Studienergebnisse resultieren aus einer im Auftrag des BMG erfolgten Untersuchung . Das BMG hat im Rahmen des Aktionsplans zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit zwei aufeinander aufbauende Forschungsprojekte gefördert, die zum Ziel hatten, Maßnahmen zur Verhinderung von Medikationsfehlern in Alten- und Pflegeheimen zu erarbeiten und sie in der Praxis zu evaluieren. Der aktuelle Aktionsplan 2016 bis 2019 des BMG zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit sieht vor, dass in einem Workshop die Umsetzung der in den beiden o. g. Forschungsprojekten gewonnenen Erkenntnisse beraten werden soll. Ferner ist eine Entwicklung von Qualitätsindikatoren für die Arzneimitteltherapie von Patientinnen und Patienten in Pflegeheimen vorgesehen. Darüber hinaus sollen inhaltliche Empfehlungen zum Management von Patientinnen und Patienten mit Multimedikation entwickelt werden. In den vergangenen Jahren hat der Gesetzgeber Regelungen getroffen und weitere Initiativen gestartet, die insbesondere auch eine bessere ärztliche Versorgung und einen fachlich angemessenen Umgang mit der Problematik der Freiheitseinschränkung zum Ziel hatten. Z.B. wurden im Rahmen der Forschungsprogramme des BMG (Leuchtturmprojekt Demenz von 2008 bis 2010 und Zukunftswerkstatt Demenz von 2012 bis 2015) Projekte zum nichtmedikamentösen Umgang mit Demenz aufgenommen. Nicht zuletzt zeigen die Ergebnisse der qualitätssichernden Maßnahmen in den Qualitätsprüfungen der Pflegeheime Verbesserungen. Im letzten Qualitätsbericht des MDS von 2015 ist dargelegt, dass sich der Anteil der in die Prüfung einbezogenen Bewohnerinnen und Bewohner im stationären Bereich, bei denen der Umgang mit Medikamenten sachgerecht erfolgte, von 81,8 Prozent auf 86,2 Prozent erhöht hat. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Sind der Bundesregierung Daten bekannt, in wie vielen Fällen es zu Verletzungen oder gar Todesfällen aufgrund der Anwendung von FEM kam (im Zeitraum von 2005 bis heute, bitte nach Jahren, Bundesländern und Sektoren aufschlüsseln), oder ist ihr bekannt, ob und bei welcher Stelle diese Daten vorhanden sind und abgefragt werden können? Dazu liegen der Bundesregierung keine Daten vor. Der Bundesregierung ist auch keine Stelle bekannt, die solche Daten systematisch erhebt bzw. bei der diese abgefragt werden können. 11. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, wie sich FEM in der Altenpflege kurz- und langfristig auf die Betroffenen auswirken, etwa in Hinblick auf die Entwicklung der Eigenständigkeit , des Grades der Pflegebedürftigkeit, die Mobilität und die kognitiven Fähigkeiten? Der Bundesregierung liegen keine repräsentativen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den kurz- und langfristigen Auswirkungen von FEM auf die Betroffenen vor. Einzelne wissenschaftliche Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass FEM sich nachteilig auf die Gesundheit der betroffenen Personen auswirken. So führen z.B. der Abschlussbericht zum Projekt „Reduktion von körpernaher Fixierung bei demenzerkrankten Heimbewohnern“, das vom 1. Mai 2004 bis zum 30. April 2006 von der Robert Bosch Gesellschaft für medizinische Forschung mbH durchgeführt und vom BMFSFJ gefördert wurde (www.winkertec.de/ Downloads/Safesystem/Abschlussbericht_Entfixierung.pdf) sowie die Evidenzbasierte Praxisleitlinie „Vermeidung von freiheitsentziehenden Maßnahmen in der beruflichen Altenpflege“ aus dem Jahr 2015, erstellt unter der Leitung von Prof. Dr. phil. S. Köpke und Prof. Dr. phil. G. Meyer (www.leitlinie-fem.de/ download/LL_FEM_2015_Auflage-2.pdf), erhebliche negative Auswirkungen bei Fixierungsmaßnahmen auf. Psychosozial können Fixierungsmaßnahmen mit dem Verlust von Kontrolle, Freiheit, Autonomie und sozialen Bezügen einhergehen und zu erhöhtem Stress sowie zunehmender Unruhe und Verwirrung führen. Als direkte mechanische Verletzungen wurden Gelenkversteifungen, Quetschungen , Nervenverletzungen, Ischämien und Hautabschürfungen beobachtet. Darüber hinaus sind auch einzelne Todesfälle durch Herzversagen oder Ersticken bekannt (vgl. auch www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizin produkte/DE/bauchgurte_2012.html). Medizinische Komplikationen wie Pneumonie , Dekubitus, Infektionen oder Thrombosen, Zunahme von Stuhl- und Urininkontinenz, Muskelatrophie, ein beeinträchtigter Gang und Verlust der Balance werden ebenfalls berichtet, wobei unklar ist, inwieweit diese Beeinträchtigungen , die Teil eines komplexen Beschwerdebildes sind, durch FEM hervorgerufen sind oder sogar FEM bedingen. Nach Erkenntnissen des MDS werden im Zusammenhang mit der Ergebnisqualität als Folge von Fixierungen unter anderem gesehen: ein Abbau der Körperfunktionen , Durchblutungsstörungen, Inkontinenz, Muskelabbau, psychiatrische Erkrankungen sowie ein erhöhter Assistenzbedarf bei den Aktivitäten des täglichen Lebens (http://pflege-gewalt.de/upload/pdfs/Folien_Brucker.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/13176 12. a) Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, ob und wie sich die Anwendung von FEM auf die Personen in den Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten auswirkt, die die FEM durchführen , etwa im Hinblick auf die selbst empfundene Vereinbarkeit mit dem Berufsverständnis, auf eine emotionale „Abstumpfung“ oder zunehmende innere Distanz zum eigenen Handeln oder auch hinsichtlich einer erhöhten Fluktuations- oder Berufsausstiegsrate? Der Bundesregierung liegen hierzu keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. b) Sind der Bundesregierung konkrete Fälle aus der Praxis bekannt, in denen sich die Anwendung von FEM auf diejenigen Personen in Pflegeeinrichtungen , die FEM durchführen, ausgewirkt haben, und wenn ja, welche Auswirkungen haben sich gezeigt? Konkrete Fälle, in denen sich die Anwendung von FEM auf Pflegepersonen, die diese durchführen, ausgewirkt haben, sind der Bundesregierung nicht bekannt. 13. a) Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die zentralen Maßnahmen zur Vermeidung von FEM im Bereich der Altenpflege, wie sie beispielsweise vom Projekt „ReduFix“ empfohlen werden? Als zentrale Maßnahmen zur Vermeidung von FEM im Bereich der Altenpflege wurden im Projekt ReduFix der wiederholte Einsatz von Schulungsprogrammen nicht nur für das Pflegepersonal, sondern auch für rechtliche Betreuer, behandelnde Ärzte und Angehörige sowie die Aufklärung über und Bereitstellung von alternativen Möglichkeiten empfohlen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. b) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, in wie vielen Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten FEM-vermeidende Strategien aktiv und gezielt zur Anwendung kommen und ggf. auch darüber, wie viele FEM dadurch im Vergleich zu den vorhergehenden Zeiträumen in den Einrichtungen vermieden werden konnten bzw. können (möglichst für den Zeitraum von 2005 bis heute, bitte nach Jahren, Bundesländern und Sektoren aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über die Zahl von Pflegeeinrichtungen vor, die FEM-vermeidende Strategien aktiv und gezielt einsetzen. Allerdings ist anhand der veröffentlichten Daten des Bundesamts für Justiz erkennbar , dass zwischen den Jahren 2010 bis 2015 sowohl die Anträge auf FEM als auch die Genehmigungen für FEM rückläufig sind. Bei den Ablehnungen ist zugleich ein Anstieg zu verzeichnen. Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen . c) In welcher Form unterstützt die Bundesregierung aktuell die bundesweite Implementierung der Maßnahmen nach dem Projekt „ReduFix“? Im Rahmen der zeitlich begrenzten Projektförderung hat das BMFSFJ die Implementierung der Ergebnisse aus ReduFix im Folgeprojekt „ReduFix Praxis“ unterstützt . Weitere Unterstützung erfolgt durch die Umsetzung der Agenda „Gemeinsam für Menschen mit Demenz“ und durch die Förderung von Veranstaltungen. Zudem ist das Projekt eingebettet in bereits bestehende Aktivitäten der Bundesländer zur Sensibilisierung für und Minimierung von FEM. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Eine weitere systematische Implementierung kann nur durch die Länder geleistet werden, die für die Heimgesetzgebung zuständig sind. 14. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse und Daten zur Reduzierung von FEM in der Altenpflege durch Anwendung des so genannten Werdenfelser Weges vor? Wenn ja, welche sind dies? Wenn nein, welche Bestrebungen seitens der Bundesregierung gibt es, die Anwendung des „Werdenfelser Weges“ zu evaluieren? Der Bundesregierung liegen keine systematischen Erkenntnisse zu Reduzierung von FEM in der Altenpflege durch Anwendung des so genannten Werdenfelser Weges vor. Allerdings hat die Initiative „Werdenfelser Weg“ nach den von den Initiatoren veröffentlichten Informationen zu einer erheblichen Reduzierung von FEM in vielen Regionen geführt. Etwa 190 Landkreise bzw. Städte bundesweit (Stand: Januar 2016) haben danach seit Sommer 2010 ihre Arbeitsweise dem Modell angeglichen oder den Entschluss gefasst, die Arbeitsweise entsprechend dem „Werdenfelser Weg“ anzupassen. Aus ca. 120 weiteren Regionen ist ein aktuelles Informationsinteresse bekannt (http://werdenfelser-weg-original.de/idee/regionaleverbreitung /). Am 6. November 2014 hat sich die 85. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder nach einer ersten Befassung im Herbst 2011 auf Initiative des seinerzeitigen nordrhein-westfälischen Justizministers erneut mit dem „Werdenfelser Weg“ befasst und folgenden Beschluss gefasst: „1. Die Justizministerinnen und Justizminister begrüßen den Bericht des nordrhein -westfälischen Justizministers zur zwischenzeitlichen Verbreitung und Wirkung fixierungsvermeidender Strategien, die in der Fachöffentlichkeit anhand der Projekte „Werdenfelser Weg“ und „ReduFix“ diskutiert werden. 2. Sie unterstützen den sich in der Pflege und Justiz zunehmend abzeichnenden Bewusstseinswandel und treten dafür ein, freiheitsbeschränkende Maßnahmen gemäß § 1906 Absatz 4 BGB zum Wohle und zur Erhaltung der Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen auf ein unumgängliches Maß zu reduzieren. 3. Zur Förderung dieser Entwicklung sprechen sich die Justizministerinnen und Justizminister dafür aus, spezifische, erforderlichenfalls auch länderübergreifende Fortbildungsangebote für die Richterschaft bereitzustellen sowie Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches zu bieten. 4. Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister beauftragt ihre Vorsitzende , den Beschluss und Bericht an die Konferenz der Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister zu übermitteln.“ Die in der Antwort zu Frage 3 wiedergegebenen statistischen Daten belegen einen Rückgang der gerichtlichen Genehmigungen seit 2011 um gut ein Drittel, was nach Einschätzung der Bundesregierung auch auf den zunehmenden Einsatz des „Werdenfelser Wegs“ sowie weiterer Ansätze zur Vermeidung von FEM durch die Betreuungsgerichte zurückzuführen sein dürfte. Im Übrigen wird auf die Angaben im Zwischenbericht der Agenda „Gemeinsam für Menschen mit Demenz“ und auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/13176 15. Wie viele Verfahrenspflegerinnen und Verfahrenspfleger im Sinne des „Werdenfelser Wegs“ sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in Deutschland eingesetzt? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis darüber, wie viele Verfahrenspfleger und Verfahrenspflegerinnen im Sinne des „Werdenfelser Wegs“ derzeit in Deutschland eingesetzt sind. 16. Inwiefern kommt es, wie vereinzelt von Betreuungsvereinen und auch Richterinnen und Richtern beschrieben, nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Anwendung des „Werdenfelser Wegs“ zu einer Senkung der mechanischen freiheitsentziehenden Maßnahmen, aber zu einer Erhöhung der chemischen Fixierungen? Eigene Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hierzu nicht vor. Die beteiligten Landesjustizverwaltungen haben überwiegend mitgeteilt, dass ihnen hierzu eine umfassende Befragung der gerichtlichen Praxis innerhalb der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich gewesen sei. 17. Welche öffentlich geförderten Forschungs- und bzw. oder Praxisprojekte auf Bundes- und Landesebene sind der Bundesregierung bekannt, mit denen wissenschaftliche Erkenntnisse zur Anwendung von Maßnahmen formellen und informellen Zwangs in der Altenpflege sowie zur Vermeidung solcher Maßnahmen generiert werden sollen? Das BMFSFJ fördert aktuell (11/2016 bis 10/2019) ein Projekt zu Gewalt und Aggression unter Heimbewohnerinnen und -bewohnern. Es wird durchgeführt von der Deutschen Hochschule der Polizei in Kooperation mit dem ZQP und soll Ansatzpunkte für Prävention und Intervention gewinnen sowie die gewonnenen Erkenntnisse für die pflegerische Aus- und Fortbildung nutzbar machen. Basierend auf einer multimethodalen Analyse des Problemfeldes sollen im Rahmen des Projekts Konzepte und Materialien für die pflegerische Aus- und Fortbildung zu dieser Thematik entwickelt werden. Das Projekt soll zu einem souveränen Umgang mit Gewalt unter Heimbewohnerinnen und -bewohnern durch das Pflegepersonal beitragen. Das BMG hat zudem in den Jahren 2013 bis 2015 die Studie „Prävention von Gewalt gegen Ältere in der pflegerischen Langzeitversorgung – Gewalt in der Pflege“ gefördert. In dem Projekt ist in vier Modellkommunen ein systematischer Ansatz zur Prävention von Gewalt in der ambulanten und stationären pflegerischen Langzeitversorgung älterer Menschen unter wissenschaftlicher Begleitung implementiert und erprobt worden. Es wurden die bereits entwickelten europäischen Rahmenempfehlungen zur Gewaltprävention von kommunalen Steuerungskreisen konkretisiert und auf kommunaler Ebene implementiert. Dabei wurden städtische und ländliche Bedürfnisse berücksichtigt. In der Studie wurden auch die Themen Fixierungen und der Einsatz von Bettgittern angesprochen. Durch das Projekt sollte auch eine Sensibilisierung für das Thema und eine Grundlage für eine systematische Prävention von Gewalt gegen ältere Menschen in der ambulanten und stationären pflegerischen Langzeitpflege erreicht werden. Aufgrund einer notwendig gewordenen Nacherhebung in den vier Modellkommunen im Frühjahr 2017 liegt das Endergebnis des Vorhabens derzeit noch nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte das Verbundvorhaben „Implementierung einer komplexen Intervention zur Vermeidung von freiheitseinschränkenden Maßnahmen in Alten- und Pflegeheimen (IM- PRINT)“ an den Universitäten Lübeck und Halle von Januar 2014 bis März 2017 mit rund 800 000 Euro. Die Ergebnisse dieser Studie sollen dazu dienen, freiheitseinschränkende Maßnahmen zu reduzieren und so die Pflegesituation der Betroffenen zu verbessern. Durch die Patientenbeauftragte und Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung wird das noch bis Anfang 2018 laufende Forschungsprojekt „Interdisziplinäre Untersuchung zu Rechtsschutzdefiziten und Rechtsschutzpotenzialen bei Versorgungsmängeln in der häuslichen Pflege alter Menschen (VERA)“ gefördert. In dieser Studie soll überprüft werden, ob Unterstützung, Hilfen, Kontrollen und Interventionsmöglichkeiten im Rahmen der familialen Versorgung hochaltriger Menschen ausreichend entwickelt sind. Dazu soll die aktuelle Gesetzgebung, Rechtsprechung und rechtswissenschaftliche Literatur analysiert werden. Zudem sollen rechtswissenschaftliche und rechtspolitische Überlegungen in engem Bezug zu den gerontologischen Befunden und unter Einbeziehung einschlägiger Praxiserfahrung aus Wohlfahrtsverbänden und Verwaltung einfließen. Das Ergebnis soll aufzeigen, ob und inwieweit gesetzgeberische und verwaltungsrechtliche Maßnahmen – ausgehend von festgestellten Defiziten – sinnvoll wären. 18. a) Inwieweit sind die Themen „Zwang“ und bzw. oder „freiheitsentziehende Maßnahmen“ Bestandteil der Ausbildungscurricula in den Pflegeberufen, Pflegehilfsberufen wie auch des ärztlichen Studiums? Die Approbationsordnung für Ärzte ermöglicht es grundsätzlich, dass die Themen „Zwang“ und „FEM“ während des Medizinstudiums gelehrt werden. Die konkrete Ausgestaltung der Curricula ist jedoch Sache der Länder bzw. der Hochschulen . Der Bund hat hierauf keinen Einfluss. Hinsichtlich der Ausbildungen nach dem Krankenpflegegesetz sieht die Ausbildungs - und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege als Inhalte der Ausbildung unter anderem vor, dass die Schülerinnen und Schüler am Ende ihrer Ausbildung fähig sind, Pflegesituationen bei Menschen aller Altersgruppen zu erkennen, zu erfassen und zu bewerten, ihre Pflegemaßnahmen entsprechend ihrer pflegerischen Diagnose auszuwählen und durchzuführen und dabei personenbezogene Aspekte in ihre Entscheidung sowie ihr Handeln einzubeziehen. In diesem Kontext besteht Gelegenheit, die Themen „Zwang“ und „FEM“ zu berücksichtigen . In welchem Umfang das geschieht, ist auch hier Sache der Curricula der Länder oder Schulen. Die Ausbildung in der Altenpflege soll die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die zur selbständigen und eigenverantwortlichen Pflege einschließlich der Beratung, Begleitung und Betreuung alter Menschen erforderlich sind. Dies umfasst insbesondere die sach- und fachkundige, den allgemein anerkannten pflegewissenschaftlichen, insbesondere den medizinisch-pflegerischen Erkenntnissen entsprechende, umfassende und geplante Pflege. Entsprechend wird in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung geregelt, dass die Auszubildenden lernen, alte Menschen personen- und situationsbezogen zu pflegen, institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen beim altenpflegerischen Handeln zu berücksichtigen, die eigene berufliche Rolle und das eigene Handeln zu berücksichtigen und mit schwierigen sozialen Situationen umzugehen. In diesem Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/13176 Kontext besteht Gelegenheit, die Themen „Zwang“ und „FEM“ zu berücksichtigen . Auch hier ist es Sache der Curricula der Länder oder Schulen, in welchem Umfang das geschieht. Die Zuständigkeit für Ausbildungen in der Pflegehilfe und Pflegeassistenz liegt bei den Ländern. b) Inwieweit werden dabei Kenntnisse über die gesundheitlichen, pflegerischen , medizinischen und rechtlichen Voraussetzungen zur Anwendung von FEM vermittelt sowie auch Strategien zur Vermeidung von FEM gelehrt ? Der vom medizinischen Fakultätentag (MFT) gemeinsam mit der Gesellschaft für medizinische Ausbildung (GMA) unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern aus medizinischen Fachgesellschaften und der Medizinstudierenden, Organisationen der Selbstverwaltung, zuständigen Ministerien und Behörden sowie Wissenschaftsorganisationen erarbeitete Nationale Kompetenzorientierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) enthält Lernziele, die sich u. a. auf die ethischen und rechtlichen Voraussetzungen für ärztliche Zwangsmaßnahmen und Freiheitsbeschränkungen beziehen (Nr. 18.3.1.7 und 18.3.8.4). Der NKLM dient aktuell als Orientierung für die Medizinischen Fakultäten. Kenntnisse über die spezifischen Inhalte der Ausbildungscurricula hinsichtlich der gesundheitlichen, pflegerischen, medizinischen und rechtlichen Voraussetzungen zur Anwendung von FEM sowie von Strategien zur Vermeidung von FEM für die Ausbildungen nach dem Altenpflegegesetz sowie dem Krankenpflegegesetz liegen der Bundesregierung nicht vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 18a verwiesen. c) Welche Strategien verfolgt die Bundesregierung, um diese Themen in den Ausbildungscurricula zu verankern bzw. zu stärken? Der „Masterplan Medizinstudium 2020“, der von den Gesundheits- und Wissenschaftsministerinnen und –ministern des Bundes und der Länder am 31. März 2017 beschlossen worden ist, sieht vor, dass die ärztliche Ausbildung kompetenzorientiert ausgestaltet wird. Dazu wird der NKLM weiterentwickelt. Der weiterentwickelte NKLM wird verbindlicher Bestandteil der Approbationsordnung für Ärzte. Damit können auch die Lernziele, die sich auf die Themen „Zwang“ und „FEM“ beziehen, verbindlicher Bestandteil der Approbationsordnung für Ärzte werden. Hinsichtlich der pflegerischen Ausbildungen wird auf die Zuständigkeit der Länder für die Gestaltung der Ausbildungscurricula verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Welche – ggf. verpflichtenden – Schulungsmaßnahmen für bereits ausgebildete Pflegekräfte, Pflegehilfskräfte sowie Ärztinnen und Ärzte zur Vermittlung von Kenntnissen über die gesundheitlichen, pflegerischen und rechtlichen Voraussetzungen zur Anwendung von FEM sowie zum Erlernen von Strategien zur Vermeidung von FEM gibt es? 20. In welchem Umfang werden diese nach Kenntnis der Bundesregierung in Anspruch genommen, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um solche Schulungsangebote zu stärken und ihre Inanspruchnahme zu fördern ? Die Fragen 19 und 20 werden gemeinsam beantwortet. Das Recht, Fort- und Weiterbildungen in den Heilberufen (und damit der Ärztinnen - und Ärzte sowie der Pflegefachkräfte) zu regeln, fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder. Im Falle der ärztlichen Ausbildung haben die Länder diese Zuständigkeit auf die Ärztekammern übertragen. Diese regeln die Inhalte der ärztlichen Weiterbildung in Weiterbildungsordnungen, die sich an der Muster -Weiterbildungsordnung (MWBO) der Bundesärztekammer orientieren. Der Bund hat auf den Inhalt und die Durchführung der ärztlichen Weiterbildung keinen Einfluss. Ebenso wenig verfügt der Bund über Kenntnisse, in welchem Umfang mögliche Fortbildungen im Bereich von FEM durch Ärzte, Pflegefach- oder Pflegehilfskräfte angeboten bzw. in Anspruch genommen werden. 21. Inwieweit werden nach Kenntnis der Bundesregierung Betreuungsrichterinnen und Betreuungsrichter über die Reduzierung von FEM geschult bzw. fortgebildet? Die Deutsche Richterakademie – eine von Bund und Ländern gemeinsam getragene , überregionale Fortbildungseinrichtung für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte aus ganz Deutschland – bietet regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zum Betreuungsrecht an, die auch die Problematik von Zwangsmaßnahmen, einschließlich FEM und deren Vermeidung, zum Gegenstand haben. 22. a) Welche Aufklärungs- und Schulungsangebote gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für pflegende Angehörige zur Vermittlung von Kenntnissen über die gesundheitlichen, pflegerischen und rechtlichen Voraussetzungen zur Anwendung von FEM sowie zur Erlernung von Strategien zur Vermeidung von FEM? b) In welchem Umfang werden diese nach Kenntnis der Bundesregierung in Anspruch genommen, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung , um solche Angebote zu stärken und ihre Inanspruchnahme zu fördern ? Die Pflegekassen haben gemäß § 45 SGB XI für Angehörige und sonstige an einer ehrenamtlichen Pflegetätigkeit interessierte Personen unentgeltlich Schulungskurse durchzuführen, um soziales Engagement im Bereich der Pflege zu fördern und zu stärken, Pflege und Betreuung zu erleichtern und zu verbessern sowie pflegebedingte körperliche und seelische Belastungen zu mindern und ihrer Entstehung vorzubeugen. Die Kurse sollen Fertigkeiten für eine eigenständige Durchführung der Pflege vermitteln. Auf Wunsch der Pflegeperson und der pflegebedürftigen Person findet die Schulung auch in der häuslichen Umgebung des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/13176 Pflegebedürftigen statt. Durch diese Pflegekurse sollen die ehrenamtlich Pflegenden fachlich qualifizierte Hilfestellungen erhalten, die sie in ihrem individuellen Pflegealltag anwenden können. Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz wurde die bisherige Sollvorschrift des § 45 SGB XI zum 1. Januar 2016 zu einer Verpflichtung der Pflegekassen weiterentwickelt , entsprechende Schulungskurse durchzuführen. Hierdurch wurde unterstrichen, wie wichtig das Angebot solcher Kurse ist. Zudem wurde der Zugang zu Einzelschulungen in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen erleichtert , damit auf Wunsch noch besser auf die individuelle Pflegesituation auch im alltäglichen Wohnumfeld eingegangen und nach Verbesserungsmöglichkeiten für alle Beteiligten gesucht werden kann. Mit dem Präventionsgesetz wurde 2015 außerdem in § 45 SGB XI ausdrücklich verankert, dass nicht nur bestehende pflegebedingte körperliche und seelische Belastungen gemindert werden sollen, sondern die Pflegekurse auch darauf ausgerichtet sein sollen, der Entstehung solcher Belastungen bereits von vorneherein vorzubeugen. Die Regelung ermöglicht auch das Angebot von Aufklärungs- und Schulungsmaßnahmen über die gesundheitlichen , pflegerischen und rechtlichen Voraussetzungen zur Anwendung von FEM sowie zur Erlernung von Strategien zur Vermeidung von FEM. Gelingt es, die Belastung der Pflegepersonen insgesamt abzusenken, kann dies auch einen Beitrag zur Vermeidung von FEM leisten. Darüber, ob und in welchem Umfang entsprechende Schulungen konkret zu FEM angeboten werden, hat die Bundesregierung keine Kenntnis. Es obliegt den Pflegekassen , die Aufklärungs- und Schulungsmaßnahmen auszugestalten. Es ist davon auszugehen, dass sich die inhaltliche Ausgestaltung am Bedarf der pflegenden Angehörigen ausrichtet. Vor dem Hintergrund, dass die Ausgaben der Pflegeversicherung für Pflegekurse nach § 45 SGB XI in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind, kann grundsätzlich auch von einer kontinuierlich ansteigenden Inanspruchnahme ausgegangen werden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Fragen von FEM im Rahmen der Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI erörtert werden können. Empfänger von Pflegegeld sind gemäß § 37 Absatz 3 SGB XI verpflichtet, regelmäßig eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen. Diese Beratung dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Darüber hinaus haben Bezieher von Pflegesachleistungen und Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 das Recht, in bestimmten zeitlichen Abständen einen Beratungsbesuch abzurufen. Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung außerdem über die Möglichkeit der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI sowie ggf. über die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunkts zu informieren. 23. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, in wie vielen Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten in Deutschland die „Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen“ offiziell handlungsleitend ist? Der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen kommt eine hohe Bedeutung in der Pflegepraxis zu. Viele Unternehmen und Dienste haben die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13176 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Pflege-Charta in ihr eigenes Leitbild aufgenommen. Wie viele Pflegeeinrichtungen die Charta bislang als handlungsleitend übernommen haben, wird allerdings nicht statistisch erfasst. In dem gemeinsamen Projekt „10 Jahre Pflege-Charta“ des BMFSFJ und ZQP (04/16 bis 08/19) werden mit gezielten Maßnahmen neue Anstöße für die weitere Verbreitung, Umsetzung und Weiterentwicklung der Pflege-Charta gesetzt. So werden beispielsweise mittels repräsentativer Datenerhebungen Erkenntnisse über den aktuellen Stand der Verbreitung und der Praxisrelevanz der Pflege Charta gewonnen. Die Veröffentlichung des Ergebnis-Reports ist für Herbst 2017 vorgesehen (www.zqp.de/portfolio/studie-10-jahre-pflege-charta/). Die deutsche Charta war Vorbild für die „Europäische Charta der Rechte und Pflichten älterer hilfe- und pflegebedürftiger Menschen“ (www.biva.de/2005- charta-der-rechte-hilfe-und-pflegebeduerftiger-menschen-pflege-charta/). Der Europäische Qualitätsrahmen für Langzeitpflege als Ergebnis des EU-Projekts WeDo (For the Wellbeing and Dignity of Older People) orientiert sich ebenfalls an der in Deutschland erarbeiteten Pflege-Charta. Das inzwischen abgeschlossene WeDo-Projekt mündete in ein informelles Netzwerk zur Förderung von Qualität in der Pflege (http://wedo.tttp.eu/). 24. a) Was sind aus Sicht der Bundesregierung die zentralen Inhalte und Erkenntnisse der Berichte der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter bezüglich der Situation in Pflegeeinrichtungen? b) Welche konkreten Handlungsbedarfe in den Einrichtungen beschreibt die Nationale Stelle in den Berichten? c) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Berichten und Empfehlungen der Nationalen Stelle, und welche Maßnahmen gedenkt sie zur Umsetzung dessen zu ergreifen? Es erfolgt eine gemeinsame Antwort zu den Fragen 24a bis 24c. Die Besuche der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter bzw. der Länderkommission in Pflegeheimen stellen eine wichtige Ergänzung der bestehenden Qualitätssicherungsinstrumente in der Pflege (Qualitätsprüfungen nach § 114 SGB XI, heimaufsichtsrechtliche Prüfungen) dar. Die Jahresberichte der Nationalen Stelle werden dem Deutschen Bundestag übersandt und in den zuständigen Ausschüssen behandelt. So wurde der Jahresbericht 2016, Bundestagsdrucksache 18/12444, am 28. Juni 2017 im Rechtsausschuss und im Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zur Kenntnis genommen . Die Empfehlungen der Nationalen Stelle, die gegenüber den jeweils besuchten Einrichtungen ausgesprochen werden, sind in diesen Berichten enthalten . An die Bundesregierung hat die Nationale Stelle keine Empfehlungen gerichtet. 25. Plant die Bundesregierung Maßnahmen, z. B. in Form von Schulungen, damit Verfahrenspfleger im Rahmen von FEM-Verfahren auch pflegerische Grundkenntnisse erlangen, um die Notwendigkeit von FEM bzw. Alternativen besser einschätzen zu können, und wenn nein, warum nicht? Das Betreuungsgericht hat dem Betroffenen in Unterbringungsverfahren einen Verfahrenspfleger zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist (§ 317 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/13176 Der Verfahrenspfleger hat das Interesse der betroffenen Person festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Aufgrund der unterschiedlichen Unterbringungssachen (neben der Genehmigung einer FEM gehören dazu auch die Genehmigung/Anordnung einer Unterbringung oder ärztlichen Zwangsmaßnahme ) muss dem Gericht die Möglichkeit gegeben sein, unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls eine geeignete Person als Verfahrenspfleger auszuwählen. Qualifikationsvorgaben bzw. die Erlangung bestimmter Grundkenntnisse sieht das Gesetz daher nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333