Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 7. August 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13283 18. Wahlperiode 09.08.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Eva Bulling-Schröter, Kerstin Kassner und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/13171 – Offensichtlicher Portobetrug durch sogenannte Reichsbürger V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Reichsbürger sind eine rechtsextrem beeinflusste Strömung, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und die Gültigkeit ihrer Gesetze leugnet und von einer Fortexistenz des Deutschen Reiches ausgeht. Seit einigen Jahren häufen sich Medienberichte, wonach Personen aus dem Reichsbürgermilieu mit nur vier Cent unterfrankierte oder gar nicht frankierte Briefe mit dem Vermerk „Gebührenfreie Kriegsgefangenenpost“ verschicken. Reichsbürger sehen sich als Kriegsgefangene der Alliierten und beanspruchen von daher unter Berufung auf die Haager Landkriegsordnung, dass ihre Briefe gebührenfrei zugestellt werden. Zwar sieht die Haager Landkriegsordnung tatsächlich die gebührenfreie Zustellung von Kriegsgefangenenpost an Kriegsgefangene vor, allerdings nur, wenn diese über autorisierte Verbände wie das Deutsche Rote Kreuz e. V. oder den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. abgewickelt wird (www.mdr.de/nachrichten/podcast/beste/audio-403410.html). Reichsbürger berufen sich zudem auf ein Abkommen zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Weltpostverein aus dem Jahre 1875 sowie das Reichspostgesetz von 1871. Ihrer Auffassung nach haben die dort festgelegten Tarife weiterhin Gültigkeit. Um diesen Bezug deutlich zu machen, vermerken die Absender auf dem Kuvert „Non domestic F.R.G.“ (Nicht innerstaatlich BRD) und schreiben die Postleitzahlen in eckigen Klammern. In den Medien gab es in den letzten Jahren mehrfach Berichte, wonach unterfrankierte und als Kriegsgefangenenpost gekennzeichnete Briefe tatsächlich zugestellt wurden, ohne dass Nachporto gezahlt werden musste. Die Deutsche Post AG erklärte dies damit, dass ihr bei Millionen Postsendungen auch einzelne falsch frankierte Stücke „durchrutschen“ könnten (www.bild.de/geld/ wirtschaft/portokosten/das-briefgeheimnis-um-das-4-cent-porto-36793066.bild. html; www.noz.de/lokales/bramsche/artikel/777726/bramscher-erhaelt-4-centpost -wie-kann-das-denn#gallery&0&0&777726; www.solinger-tageblatt.de/ solingen/reichsbuerger-klagt-gegen-polizei-7313646.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13283 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Im Internet können Anleitungen zum Portobetrug und Kriegsgefangenenpost- Aufkleber heruntergeladen oder entsprechende Stempel bestellt werden, die auch bei Polizeirazzien bei Reichsbürgern sichergestellt wurden (http:// beitragsservice-stoppen.blogspot.de/2015/09/stempel-gebuhrenfrei.html; www. merkur.de/lokales/erding/razzia-bei-erdinger-reichsbuergern-7372480.html). 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte Phänomen des Portobetrugs insbesondere durch sogenannte Reichsbürger unter Berufung auf die Haager Landkriegsordnung , ein Abkommen zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Weltpostverein aus dem Jahre 1875 sowie das Reichspostgesetz von 1871, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Die Bundesregierung führt keine Erhebungen zu Fällen von Portobetrug durch und hat daher keine Kenntnisse dazu. 2. Wie erklärt sich die Bundesregierung Pressemeldungen, wonach von der Deutschen Post AG immer wieder unter Berufung auf ein Abkommen zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Weltpostverein aus dem Jahre 1875 sowie das Reichspostgesetz von 1871 bzw. unter Berufung auf die Haager Landkriegsordnung als Kriegsgefangenenpost gekennzeichnete, gegebenenfalls mit dem Zusatz „Non domestic F.R.G.“ und eckigen Klammern um die Postleitzahlen versehene, deutlich unter- oder gar nicht frankierte Briefe ohne Nachporto zugestellt werden? Die Bundesregierung hat keinen Einfluss auf den Inhalt von Pressemeldungen. Darüber hinaus wird hierzu auch auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 3. Inwieweit werden nach Kenntnis der Bundesregierung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Post AG insbesondere in den Briefzentren auf den Umgang mit tatsächlicher oder fälschlich als solcher deklarierter Kriegsgefangenenpost gesondert hingewiesen, bzw. inwieweit liegen für die Mitarbeiter einsehbare Regularien für diese Fälle vor? Nach Auskunft der Deutschen Post AG sei der Umgang mit nicht ausreichend frankierten oder in unzulässiger Weise als Kriegsgefangenenpost deklarierten Briefsendungen in entsprechenden Arbeitsanweisungen geregelt. Diese seien den Beschäftigten bekannt. 4. Welcher geschätzte Schaden entsteht der Deutschen Post AG nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich durch fälschlicherweise als Kriegsgefangenenpost gekennzeichnete oder unter Berufung auf ein Abkommen zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Weltpostverein aus dem Jahre 1875 sowie das Reichspostgesetz von 1871 unter- oder nichtfrankierte aber dennoch ohne Nachporto zugestellte Briefe? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über den bei der Deutschen Post AG durch entsprechende Sendungen verursachten Schaden vor. 5. Aufgrund welcher Gesetze, Regelungen und Abkommen und unter welchen genauen Bedingungen ist die unentgeltliche oder im Porto reduzierte Beförderung und Zustellung von Kriegsgefangenenpost nach Kenntnis der Bundesregierung geregelt? Entsprechend Artikel 74, 124 Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen vom 12. August 1949 sollen sämtliche Postsendungen an oder Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13283 von Kriegsgefangenen im Ursprungs- und Bestimmungsland als auch im Durchgangsland von sämtlichen Postgebühren befreit sein. Ebenso genießen nach diesem Abkommen Auskunftsstellen für Kriegsgefangene Portofreiheit (hierzu wird auch auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen). Der aktuelle Weltpostvertrag aus dem Jahr 2016 enthält in Artikel 16 u. a. Befreiungen von Postgebühren für Sendungen von oder an Kriegsgefangene. Der Weltpostvertrag bezieht sich nur auf Entgelte, die nationale Postdienstleister gegenseitig im internationalen Postverkehr für die Zustellung ihrer Sendungen im Ausland zahlen. 6. Inwieweit hat das Abkommen zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Weltpostverein aus dem Jahre 1875 noch Gültigkeit, bzw. welche Nachfolgeabkommen sind an seine Stelle getreten? Vertreter des Deutschen Kaiserreichs und 19 anderer Staaten haben zum 1. Januar 1875 die heute unter der Bezeichnung Weltpostverein bekannte Organisation gegründet . Der erste Weltpostvertrag wurde 1878 verabschiedet. Der Weltpostvertrag wird in regelmäßigen Abständen auf dem Weltpostkongress erneuert und ergänzt und gilt jeweils bis zum Inkrafttreten der Verträge des nächsten Kongresses. Der letzte Weltpostvertrag wurde 2016 in Istanbul verabschiedet und tritt 2018 in Kraft. 7. Welche und wie viele Internetseiten (inklusive soziale Medien) sind der Bundesregierung bekannt, die zum Portobetrug durch fälschlicherweise als Kriegsgefangenenpost gekennzeichnete nicht- oder unterfrankierte Briefe aufrufen? Die Bundesregierung führt keine Erhebungen zu entsprechenden Inhalten von Internetseiten durch. 8. Inwieweit und nach welchen Straftatbeständen im Einzelnen machen sich Personen strafbar, die fälschlicherweise als Kriegsgefangenenpost gekennzeichnete nicht- oder unterfrankierte Briefe aufgeben? 9. Inwieweit machen sich Betreiber von Internetseiten nach Kenntnis der Bundesregierung strafbar, die Ratschläge zum Portobetrug durch fälschlicherweise als Kriegsgefangenenpost gekennzeichnete nicht- oder unterfrankierte Briefe geben bzw. dazu aufrufen, seine Post auf diese Weise zu kennzeichnen , um kein oder ein stark reduziertes Porto zu zahlen? Die Fragen 8 und 9 werden gemeinsam beantwortet. Die Beurteilung, ob ein konkretes Verhalten strafrechtlich relevant ist, obliegt nach der im Grundgesetz geregelten Aufgabenverteilung – von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen – den Strafverfolgungsbehörden der Länder und den unabhängigen Gerichten. Erkenntnisse zur Behandlung des Sachverhalts , auf den in der Frage Bezug genommen wird, durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden liegen der Bundesregierung nicht vor. 10. In wie vielen und welchen Fällen mussten sich nach Kenntnis der Bundesregierung Personen strafrechtlich verantworten, weil sie fälschlicherweise als Kriegsgefangenenpost gekennzeichnete nicht- oder unterfrankierte Briefe aufgaben oder andere dazu aufgefordert hatten, dies zu tun? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13283 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei Razzien im Reichsbürgermilieu Stempel oder Aufkleber mit der Aufschrift „Kriegsgefangenenpost “ sichergestellt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 12. Inwieweit und in welcher Form sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf gegen Portobetrug durch sogenannte Reichsbürger? Hierzu wird auf die Antwort zu den Fragen 1, 4, 10 und 11 verwiesen. 13. Welche Praxis gibt es gegenwärtig nach Kenntnis der Bundesregierung hinsichtlich der Beförderung von Kriegsgefangenenpost durch die Deutsche Post AG? Sendungen mit dem Vermerk „Kriegsgefangenenpost“ werden von der Deutschen Post AG ohne Erhebung eines Entgelts befördert. Der Vermerk „Kriegsgefangenenpost “ darf nur von berechtigten Organisationen verwendet werden, wie z. B. dem Internationalen Roten Kreuz, dem DRK Suchdienst, dem Internationalen Suchdienst Arolsen, dem Kirchlichen Suchdienst, der Deutschen Dienststelle (WASt) in Berlin und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge. 14. In welchen Staaten gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig Personen, die als Kriegsgefangene im Sinne der Haager Landkriegsordnung gelten, und inwieweit ist mit diesen ein unentgeltlicher Briefverkehr möglich ? Die Bundesregierung führt zu diesen Fragen keine Aufstellungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333