Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 14. August 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13331 18. Wahlperiode 16.08.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/13214 – Beteiligung von Rechtsextremisten an Auseinandersetzungen während des G20-Gipfels V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Vorfeld des G20-Gipfels mobilisierten auch verschiedene rechte und rechtsextreme Gruppierungen nach Hamburg, um „den notwendigen und richtigen Protest […] nicht den Kommunisten und Antideutschen“ zu überlassen. Entsprechende Aufrufe gab es von der NPD-Hamburg, der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten sowie aus dem Spektrum der Autonomen Nationalisten (www.heise.de/tp/news/Und-wer-war-noch-so-im-Schwarzen- Block-in-Hamburg-3770308.html). So rief die aus der Tradition der Autonomen Nationalisten kommende rechtsextreme Gruppierung „Antikapitalistisches Kollektiv “ auf ihrer Facebookseite dazu auf, „Kapitalismus angreifen, G20 stoppen !“ (www.facebook.com/antikapkollektiv). Ob es diesen Gruppierungen gelungen ist, sich unter die G20-Proteste zu mischen, oder gar – wie die NPD vorher angekündigt hatte – einen eigenen Block auf einer Demonstration zu bilden , ist indessen nicht bekannt (www.endstation-rechts.de/news/kategorie/ kameradschaften/artikel/g20-missglueckte-neonazi-interventionen.html). Dagegen beteiligten sich offenbar Neonazis und rechte Hooligans an Gewalttaten im Schanzenviertel. So hatten die gewalttätigen „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) online dazu aufgerufen, sich am Sonnabend, dem 8. Juli 2017, am Hauptbahnhof Hannover zu treffen, um gemeinsam nach Hamburg zu reisen. Man plane Aktionen unter dem Motto „Unsere Heimat wieder unter Kontrolle bringen“, hieß es. Die Polizei kontrollierte am Abreisebahnhof 25 Verdächtige, von denen vier auf richterliche Anordnung in Polizeigewahrsam genommen wurden. Diese sollen der rechtsextremen Szene angehört und verdächtige Gegenstände mitgeführt haben (www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/ Hooligans-wollen-aus-Hannover-zum-G20-Gipfel-nach-Hamburg-fahren). Nach Informationen der „Hamburger Morgenpost“ sollen sich am Sonnabend ein gutes Dutzend Neonazis am Hamburger Hauptbahnhof getroffen haben, das abends ins Schanzenviertel gezogen sei und randaliert habe. „Ein Mopo-Reporter wurde dort mit rechten Parolen angesprochen, die Rechten warfen dann Flaschen auf Polizisten“, heißt es in der Zeitung (www.mopo.de/hamburg/ g20/bei-krawallen-in-der-schanze-auch-rechte-randalierten-mit-27941982). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13331 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Rechten griffen nach Informationen des Internetportals Endstation Rechts im Schanzenviertel linke Kneipen und Treffpunkte mit Flaschen an, wurden aber schnell von Passanten verjagt. Die Polizei nahm demnach mehrere Rechtsextreme fest und brachte diese in die Gefangenensammelstelle, wo sie bis zum folgenden Tag festgehalten wurden (www.endstation-rechts.de/news/kategorie/ kameradschaften/artikel/g20-missglueckte-neonazi-interventionen.html). In der Nacht auf Sonntag sollen Rechtsextreme zudem eine Gruppe Linker in der Hafenstrafe angegriffen haben (www.mopo.de/hamburg/g20/bei-krawallenin -der-schanze-auch-rechte-randalierten-mit-27941982). Auch während der antikapitalistischen Demonstration am 6. Juli 2017 wurden von einzelnen Demonstrationsteilnehmern rechte Parolen wie „Deutschland gehört uns“ vernommen. Gegenüber der Tageszeitung „junge Welt“ schildert ein Demonstrationsteilnehmer, er habe einen „Schwarzgekleideten“ aus dem Schanzenviertel gesehen, der offenbar mit randaliert habe. Unter seinem Kapuzenpullover habe dieser ein T-Shirt mit einer Deutschlandfahne und einschlägigen rechten Schriftzügen getragen (www.jungewelt.de/artikel/314287.attacke-vonrechts .html). 1. Wie positionierte sich die rechtsextreme Szene nach Kenntnis der Bundesregierung politisch zum G20-Gipfel und den Protesten dagegen, und welche unterschiedlichen Reaktionen erfolgten dort im Nachhinein auf die gewaltsamen Auseinandersetzungen während der Gipfeltage? 2. Welche Aufrufe welcher rechtsextremen oder rechtsextrem beeinflussten Gruppierungen, sich an Protesten gegen den G20-Gipfel zu beteiligen, sind der Bundesregierung bekannt? a) Welche Reaktionen aus der rechtsextremen Szene auf diese Aufrufe sind der Bundesregierung bekannt? b) Inwieweit wurden diese Aufrufe befolgt? Die Fragen 1, 2, 2a und 2b werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Im Vorfeld des G20-Gipfels konnten vereinzelt Mobilisierungsaufrufe und Versammlungsankündigungen der rechtsextremistischen Szene im Internet festgestellt werden. Die Gruppierung „Nordlichter“ verbreitete auf ihrer Facebook-Präsenz Fotos von Plakatierungen und „Spray-Aktionen“ im Hamburger Stadtgebiet. Mit dieser im Vorfeld des Gipfels durchgeführten Aktion positionierte sich die Gruppe gegen das Großereignis. Das „Antikapitalistische Kollektiv“ (AKK) thematisierte bereits früh den G20- Gipfel in Hamburg und teilte Beiträge auf der eigenen Facebook-Seite. Aktivisten des AKK trugen bei einer Spontandemonstration am 1. Mai 2017 in Apolda/Thüringen Transparente mit der Aufschrift „G20 verhindern“. Direkte Mobilisierungsaufrufe waren nicht enthalten, gefordert waren lediglich z. B. eine „laute Stimme und eine solidarische Bewegung, welche diese Zustände beendet“. Auf seiner Internetseite vermeldete der NPD-Landesverband Hamburg, er habe auf seiner Landesvorstandssitzung am 25. Juni 2017 beschlossen, sich „an geeigneten Demonstrationen erkennbar zu beteiligen“. Geplant sei ein „eigener Block des NPD-Landesverbandes mit NPD-Plakaten und den deutschen Farben“. So könne man den Protesten die nötige nationale Grundeinstellung geben, welche der Politik der G20 tatsächlich entgegenstehe. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13331 In den Tagen nach dem G20-Gipfel in Hamburg nahm die rechtsextremistische Szene in diversen Kommentaren Stellung zu Art und Ausmaß der Ausschreitungen in Hamburg. Einige Autoren sahen die Krawalle als von „den Herrschenden“ geduldet, andere sprachen „linkem“ Anti-G20-Protest die Legitimität ab. Etliche Kommentatoren forderten angesichts der Ereignisse ein härteres staatliches Vorgehen gegen gewaltorientierte Linksextremisten. Weitere Stimmen kritisierten die vermeintliche ungleiche staatliche Behandlung linksextremistischer und „nationaler“ Aktivitäten. Die neonazistische Partei „Der III. Weg“ bezeichnete in einem längeren, auf ihrer Homepage eingestellten Beitrag die linksextremistischen Gewalttäter als „Kettenhunde des Systems“. Zwar sei das Entsetzen in Medien, Politik und beim „normale [n] Bürger“ über die Gewalttätigkeiten groß; jedoch seien für Beobachter der „linken Szene“ die Ausschreitungen auch keineswegs überraschend. Sowohl das Motto der Demonstration „Welcome to hell“ als auch die angekündigte Beteiligung bekannter Gruppen und die europaweite Mobilisierung von „Militanten“ sei Wochen und Monate vorher bekannt gewesen. Die NPD behauptete, dass „der linke Gewaltpöbel“ Hamburg in eine „rechtsfreie Terrorzone“ verwandelt habe, und wirft die Frage auf, wann der Staat „endlich den Kampf gegen den Linksextremismus“ aufnehme. Insgesamt fand in der rechtsextremistischen Szene selbst keine nennenswerte Befassung mit dem G20-Gipfel und der sich daran entzündenden Globalisierungskritik statt. Eine tatsächliche Mobilisierung zu Aktionen, über Facebook- und Twitter-Einträge im Internet hinaus, wurde ebenfalls nicht festgestellt. Es liegen lediglich Informationen zu einer Versammlung aus der rechtsextremistischen Szene im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel im Bundesgebiet vor. Diese verlief am 1. Juli 2017 in Heidenau/Niedersachsen mit vier Teilnehmern störungsfrei. c) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine tatsächliche Beteiligung von Rechtsextremisten und Neonazis an den angemeldeten Protesten gegen den G20-Gipfel, insbesondere an der antikapitalistischen Demonstration am 6. Juli 2017 und der Großdemonstration für „Grenzenlose Solidarität“ am 8. Juli 2017? Konkrete Erkenntnisse zu organisierten Teilnahmen von Rechtsextremisten und Neonazis an den Protesten gegen den G20-Gipfel liegen nicht vor. Am 7. Juli bzw. am 8. Juli 2017 wurden drei Personen mit personenbezogenem Hinweis „Politisch rechts motivierter“ Straftäter (PMK-rechts) in Gewahrsam bzw. festgenommen . Welche Gründe zur Festnahme führten und in welchem konkreten Kontext diese mit den in der Fragestellung benannten Veranstaltungen stehen, ist der Bundesregierung nicht bekannt. 3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine Beteiligung von rechtsgerichteten Hooligans insbesondere des Zusammenschlusses HoGeSa an den Ereignissen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel, den Gegenprotesten und den gewaltsamen Auseinandersetzungen u. a. im Schanzenviertel ? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wonach Mitglieder von Hooligan-Gruppierungen, so auch des rechtsextremistischen „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa)-Zusammenschlusses, an Ereignissen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel beteiligt waren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13331 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Welche Aufrufe von HoGeSa und anderen rechtsgerichteten Hooligan- Zusammenschlüssen, anlässlich des G20-Gipfels und der Gegenproteste nach Hamburg zu kommen, sind der Bundesregierung bekannt? In einem im Vorfeld bekannt gewordenen Flyer mit dem Wappen der Bewegung HoGeSa und im Internet wurde durch die Gruppierung HoGeSa aufgerufen, sich am 8. Juli 2017 um 14:00 Uhr auf dem Raschplatz in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof in Hannover/Niedersachsen zu sammeln. Als Ziel wurde angegeben , dass man gemeinsam um 15:00 Uhr nach Hamburg reisen wolle, um dort „Unsere Heimat wieder unter Kontrolle [zu] bringen“ [sic!]. b) Inwieweit wurden diese Aufrufe nach Kenntnis der Bundesregierung befolgt ? c) Wie viele HoGeSa-Anhänger und andere rechtsgerichtete Hooligans und Neonazis, die mutmaßlich nach Hamburg fahren wollten, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung an welchen Orten von der Polizei kontrolliert , mit Platzverweisen oder Auflagen belegt oder fest- bzw. in Gewahrsam genommen? Die Fragen 3b und 3c werden gemeinsam beantwortet. Im Rahmen des Informationsaustausches mit der Polizei Niedersachsen wurde der Bundespolizei (BPOL) bekannt, dass am 8. Juli 2017 25 Personen, die der Gruppierung HoGeSa zugeordnet wurden, im Bereich Raschplatz Hannover/Niedersachsen angetroffen und kontrolliert wurden. In diesem Zusammenhang wurden 25 Identitätsfeststellungen sowie 15 Durchsuchungen der verdächtigen Personen durchgeführt. Ferner wurden neun Platzverweise ausgesprochen und vier Ingewahrsamnahmen vorgenommen. Die Ingewahrsamnahmen wurden richterlich bestätigt und bis zum 9. Juli 2017, 06:00 Uhr, angeordnet und umgesetzt. Im originären Zuständigkeitsbereich der BPOL wurden keine Personen festgestellt. Weiterhin wurde im Rahmen des Informationsaustausches mit der Polizei Hamburg bekannt, dass zehn Personen, die der Gruppierung HoGeSa zuzuordnen waren , im Bereich des Hamburger „Kiezes“ angetroffen und kontrolliert wurden. d) Wie viele HoGeSa-Anhänger und andere rechtsgerichtete Hooligans und Neonazis wurden in den Tagen vom 6. bis 8. Juli 2017 nach Kenntnis der Bundesregierung von der Polizei vor ihrer möglichen Beteiligung an Gewalttaten kontrolliert, mit Platzverweisen oder Auflagen belegt oder festbzw . in Gewahrsam genommen? e) Wie viele HoGeSa-Anhänger und andere rechtsgerichtete Hooligans und Neonazis wurden in den Tagen vom 6. bis 8. Juli 2017 nach Kenntnis der Bundesregierung von der Polizei im Zusammenhang mit ihrer mutmaßlichen Beteiligung an Gewalttaten kontrolliert, mit Platzverweisen oder Auflagen belegt oder fest- bzw. in Gewahrsam genommen? Die Fragen 3d und 3e werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13331 4. Welche genauen Kenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, dass mutmaßliche Rechtsextremisten oder rechte Hooligans in der Zeit vom 6. bis 8. Juli 2017 an Ausschreitungen in Hamburg beteiligt waren und Polizisten, Autonome, linke Treffpunkte und Kneipen angriffen? Auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 wird verwiesen. Weiterführende Erkenntnisse liegen nicht vor. 5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Mobilisierung von Rechtsextremisten aus dem Ausland anlässlich des G20-Gipfels nach Hamburg (bitte angeben, welche Gruppierungen aus welchen Ländern)? a) Inwieweit wurden Rechtsextremisten aus dem Ausland, die anlässlich des G20-Gipfels nach Hamburg kommen wollten, an der Einreise nach Deutschland gehindert (bitte angeben, wie viele und welche Rechtsextremisten aus welchen Ländern an welcher Grenze aufgehalten wurden)? b) Inwieweit waren welche ausländische Rechtsextremisten aus welchen Ländern und von welchen Gruppierungen nach Kenntnis der Bundesregierung an gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Zeit vom 6. bis 8. Juli 2017 in Hamburg beteiligt? c) Inwieweit und in welchem Zusammenhang wurden welche ausländische Rechtsextremisten aus welchen Ländern in der Zeit vom 6. bis 8. Juli 2017 in Hamburg nach Kenntnis der Bundesregierung von der Polizei kontrolliert , mit Platzverweisen oder Auflagen belegt, in Gewahrsam oder festgenommen ? Die Fragen 5 und 5a bis 5c werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen bislang keine Erkenntnisse darüber vor, dass im Ausland für eine Beteiligung von Rechtsextremisten an den Ausschreitungen in Hamburg mobilisiert wurde oder dass Rechtsextremisten aus dem Ausland an den Gewalttaten beteiligt waren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333