Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 17. August 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13352 18. Wahlperiode 18.08.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Katja Dörner, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13236 – Cannabis als Medizin – Probleme und Hürden der Umsetzung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem 10. März 2017 ist das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften in Kraft, das die Verordnung von Cannabis als Medizin sowie eine Kostenerstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen ermöglicht . Für viele Patientinnen und Patienten, aber auch Ärztinnen und Ärzte, war damit die Erwartung verbunden, dass der Zugang und die Versorgung mit Cannabis als Medizin nun erleichtert werden würde, nachdem Patientinnen und Patienten zuvor ihre Ansprüche im Rahmen von langwierigen Verfahren vor Gericht durchsetzen mussten. Rückmeldungen von betroffenen Patientinnen und Patienten sowie Presseberichte zeigen jedoch, dass es vielfältige Probleme bei der Umsetzung des Gesetzes gibt (vgl. Frankfurter Rundschau vom 21. Juni 2017: „Kritik an Cannabis-Gesetz“). Das Antragsverfahren für die Kostenerstattung bei den gesetzlichen Krankenkassen ist weiterhin aufwändig. Viele Patientinnen und Patienten berichten, dass ihre Krankenkasse die Kostenerstattung nicht genehmigt, obwohl die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt die Notwendigkeit der Therapie mit Cannabis bestätigt. Auch in Fällen, in denen bereits eine Ausnahmegenehmigung nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) vorliegt, wird die Kostenerstattung mitunter nicht genehmigt. Hinzu kommen gestiegene Kosten für Medizinalhanf, die für Patientinnen und Patienten ohne Kostenerstattung die finanzielle Belastung weiter erhöhen. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Mit dem Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften , das am 10. März 2017 in Kraft getreten ist, wurde die Verschreibungsfähigkeit für weitere Cannabisarzneimittel hergestellt und die Erstattungsfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erweitert, die bislang grundsätzlich auf zugelassene Fertigarzneimittel im jeweils zugelassenen Anwen- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13352 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode dungsgebiet begrenzt war. Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sieht bestimmte Voraussetzungen für die Versorgung vor. Die Leistung erfolgt im Rahmen des Sachleistungsprinzips. Wählt ein Versicherter die Kostenerstattung, gilt § 13 SGB V. Gemäß § 31 Absatz 6 Satz 1 SGB V hat die verschreibende Vertragsärztin oder der verschreibende Vertragsarzt im Rahmen ihrer oder seiner Therapiehoheit darüber zu entscheiden, ob aus medizinischer Sicht die Notwendigkeit einer Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität oder auf Versorgung mit Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Dronabinol oder Nabilon besteht. Die Ärztin oder der Arzt prüft, ob im Einzelfall die in § 31 Absatz 6 Satz 1 SGB V aufgeführten Voraussetzungen für eine solche Therapie vorliegen. Die erstmalige Leistungsgewährung erfolgt auf Grundlage eines vorherigen Antrags der oder des Versicherten zur Genehmigung bei der Krankenkasse. Damit wird dem Ausnahmecharakter der Regelung Rechnung getragen, die die Erstattung von Arzneimitteln auf Cannabisbasis ermöglicht, obwohl keine arzneimittelrechtliche Zulassung vorliegt, die grundsätzlich Voraussetzung für die Erstattung von Arzneimitteln durch die GKV ist. Die Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit gelten unabhängig davon, ob Patientinnen und Patienten über eine betäubungsmittelrechtliche Ausnahmeerlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verfügten. Kostenerstattung für eine Cannabistherapie 1. Wie viele Patientinnen und Patienten haben nach Kenntnis der Bundesregierung seit Inkrafttreten des Gesetzes bis einschließlich heute einen Antrag auf Kostenerstattung für eine Cannabistherapie bei der gesetzlichen Krankenkasse gestellt? 2. a) In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung der Antrag auf Kostenerstattung für eine Cannabistherapie bei den gesetzlichen Krankenkassen nach Kenntnis der Bundesregierung genehmigt? b) An welchen Erkrankungen leiden die Patientinnen und Patienten nach Kenntnis der Bundesregierung, die eine Kostenerstattung für eine Cannabistherapie durch die gesetzlichen Krankenkassen erhalten? c) In wie vielen Fällen findet nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils eine entsprechende Kostenerstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen für die Versorgung mit Cannabisblüten, Cannabisextrakten, Dronabinol oder Nabilon statt? 3. a) In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung der Antrag auf Kostenerstattung für eine Cannabistherapie bei den gesetzlichen Krankenkassen abgelehnt? b) Aus welchen Gründen wurden die Anträge ablehnt? c) An welchen Erkrankungen leiden die Patientinnen und Patienten, die keine Kostenerstattung erhalten? d) Für die Versorgung mit welcher Cannabistherapie wurde der Antrag, der abgelehnt wurde, gestellt (Cannabisblüten, Cannabisextrakte, Dronabinol , Nabilon)? 4. Wie viele Anträge auf Kostenerstattung für eine Cannabistherapie bei den gesetzlichen Krankenkassen befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung noch in der Bearbeitung? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13352 5. a) Wie viele Patientinnen und Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung nach § 3 Absatz 2 BtMG haben nach Kenntnis der Bundesregierung einen Antrag auf Kostenerstattung für eine Cannabistherapie bei den gesetzlichen Krankenkassen gestellt, und in wie vielen Fällen wurde der entsprechende Antrag abgelehnt? b) Aus welchen Gründen wurden die entsprechenden Anträge abgelehnt? c) An welchen Erkrankungen leiden die Patientinnen und Patienten mit Ausnahmegenehmigung , die einen ablehnenden Bescheid erhalten haben? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 5 gemeinsam beantwortet . Die Antragsstellung erfolgt bei den Krankenkassen. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Angaben vor. Auch dem GKV-Spitzenverband liegen hierzu keine Zahlen vor. Diese Angaben liegen nur der jeweiligen Krankenkasse vor, bei der die Patientinnen und Patienten versichert sind. 6. Wie viele Patientinnen und Patienten, die einen ablehnenden Bescheid für die Kostenerstattung einer Cannabistherapie durch die gesetzlichen Krankenkassen erhalten haben, haben nach Kenntnis der Bundesregierung Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid eingelegt? Die Bescheide werden durch die jeweilige Krankenkasse der Versicherten erstellt . Der Bundesregierung liegen hierzu keine Angaben vor. Auch dem GKV- Spitzenverband liegen hierzu keine Zahlen vor. 7. Wie viele Patientinnen und Patienten haben nach Kenntnis der Bundesregierung Klage gegen den ablehnenden Bescheid für die Kostenerstattung einer Cannabistherapie durch die gesetzlichen Krankenkassen eingereicht? 8. In wie vielen Fällen sind die Betroffenen nach Kenntnis der Bundesregierung gegen die Ablehnungsbescheide im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gerichtlich vorgegangen, und in wie vielen Fällen wurde ihrem Antrag gerichtlich vorerst stattgegeben? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 7 und 8 gemeinsam beantwortet . Die Bescheide werden durch die jeweilige Krankenkasse der Versicherten erstellt . Der Bundesregierung liegen zur Zahl von Ablehnungsbescheiden, Klagen und Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz keine Angaben vor. Auch dem GKV-Spitzenverband liegen hierzu keine weiteren Informationen und Zahlen vor. 9. a) Wie viele Patientinnen und Patienten haben nach Kenntnis der Bundesregierung bis heute einen Antrag auf Erlaubnis des Eigenanbaus von Cannabis gestellt? Seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2005 (BVerwG 3 C 17.04) zur medizinischen Verwendung von Cannabis haben circa 320 Patientinnen und Patienten eine Erlaubnis nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) zum Anbau von Cannabis gestellt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13352 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Wie viele Anträge auf Erlaubnis des Eigenanbaus von Cannabis sind davon nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften gestellt worden? Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften am 10. März 2017 wurden insgesamt 19 Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 3 Absatz 2 BtMG zum Anbau von Cannabis beantragt . c) In wie vielen Fällen wurde der Antrag auf Erlaubnis des Eigenanbaus von Cannabis genehmigt oder abgelehnt? In zwei Fällen wurde eine befristete Erlaubnis nach § 3 Absatz 2 BtMG zum Anbau von Cannabis zum Zweck der ärztlich begleiteten Selbsttherapie erteilt. 109 Anträge wurden versagt. In circa 120 Fällen haben die Patientinnen und Patienten den Antrag zurückgenommen. 89 Anträge sind derzeit noch in Bearbeitung . 10. Aus welchen Gründen haben Patientinnen und Patienten nach Kenntnis der Bundesregierung einen Antrag auf Erlaubnis des Eigenanbaus von Cannabis gestellt? Vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften am 10. März 2017 hat die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Anbau von Cannabis gestellt , weil die Kosten für die Selbsttherapie mit Cannabis, das auf Grundlage einer Erlaubnis zum Erwerb von Cannabis in Apotheken erworben werden konnte, selbst getragen werden mussten und dies im Einzelfall aufgrund der finanziellen Verhältnisse nicht möglich war. Nach Inkrafttreten des Gesetzes nannten die Patientinnen und Patienten bei Antragstellung eine fehlende Bereitschaft von Ärztinnen und Ärzten, Cannabis zu verschreiben, und eine fehlende Kostenerstattung durch die zuständige Krankenkasse als Gründe. 11. a) Wie viele Patientinnen und Patienten, die Cannabis als Medizin von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt verordnet bekommen haben, haben nach Kenntnis der Bundesregierung keine Kostenerstattung genehmigt bekommen und müssen die Kosten weiter selbst tragen, da sie die ärztlich empfohlene Therapie fortführen wollen? b) Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die monatlichen Kosten für betroffene Patientinnen und Patienten für ihre Therapie mit Cannabisblüten , Cannabisextrakten oder Fertigarzneimitteln (bitte jeweils minimale und maximale Kostenbelastung pro Monat angeben)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Angaben vor. Die Genehmigung erfolgt durch die Krankenkassen. Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) 12. Wie viele Anträge auf Kostenerstattung für eine Cannabistherapie bei den gesetzlichen Krankenkassen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch den MDK seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften geprüft? § 31 Absatz 6 SGB V sieht vor, dass eine Leistungsgewährung nur auf Grundlage eines vorherigen Antrags der oder des Versicherten bei der Krankenkasse erfolgt. Gemäß § 13 Absatz 3a Satz 1 SGB V beträgt die Frist zur Entscheidung drei bzw. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13352 fünf Wochen bei Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme, insbesondere der Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Gemäß § 31 Absatz 6 Satz 3 SGB V verkürzt sich die Frist auf einen Zeitraum von bis zu drei Tagen für Versicherte, denen die Leistung im Rahmen einer Versorgung nach § 37b SGB V verordnet wird. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Die Genehmigung erfolgt durch die Krankenkassen. 13. a) In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung von einer Prüfung durch den MDK abgesehen? b) Aus welchen Gründen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung von einer Prüfung durch den MDK abgesehen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Angaben vor. Die Genehmigung erfolgt durch die Krankenkassen. 14. In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung bei Vorliegen einer Ausnahmegenehmigung nach § 3 Absatz 2 BtMG der Fall zur Prüfung an den MDK weitergeleitet, und in wie vielen Fällen wurde auf eine Prüfung durch den MDK verzichtet? Es ist Angelegenheit der Versicherten, ob sie das Vorliegen einer früheren Ausnahmegenehmigung der Krankenkasse mitteilen. Es gibt keine Verpflichtung der Krankenkassen, diese Information zu dokumentieren. Zu einem etwaigen Verzicht auf Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. 15. Ist aus Sicht der Bundesregierung eine erneute Prüfung durch den MDK in Fällen, in denen eine Ausnahmegenehmigung nach § 3 Absatz 2 BtMG vorliegt , notwendig, und wenn ja, warum? Eine Genehmigung nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) hat grundlegend andere Erfordernisse als die Verordnung nach § 31 Absatz 6 SGB V zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung. 16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Ziele und Inhalte des derzeit in Erarbeitung befindlichen Begutachtungsleitfadens des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) zum Einsatz von Cannabis als Medizin? Nach § 282 SGB V koordiniert und fördert der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) in medizinischen und organisatorischen Fragen. Ein Instrument zur Sicherstellung einer einheitlichen Begutachtung ist die Erarbeitung und Anwendung einer Begutachtungsanleitung . Die Bundesregierung ist darüber informiert, dass eine solche Begutachtungsanleitung zum medizinischen Einsatz von Cannabis erarbeitet wird. 17. Inwiefern begleitet die Bundesregierung die Erstellung des Begutachtungsleitfadens zum Einsatz von Cannabis als Medizin? Die Bundesregierung ist an der Erarbeitung der Begutachtungsanleitung nicht beteiligt . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13352 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Welche Auswirkungen wird nach Kenntnis der Bundesregierung der derzeit in Erarbeitung befindliche Begutachtungsleitfaden vom MDS zum Einsatz von Cannabis als Medizin auf das Prüfungs- und Genehmigungsverhalten der Krankenkassen und der MDK haben? Die Begutachtungsanleitung verfolgt den Zweck, die jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten auf der Grundlage der gesetzlichen Vorgaben konkret zu regeln, damit die Zusammenarbeit der Krankenkassen mit dem MDK effektiv und effizient strukturiert wird. Sie benennt Qualitätskriterien für die zu erstellenden Gutachten und gewährleistet die sozialmedizinische Beratung und Begutachtung nach einheitlichen Kriterien. 19. Welche Auswirkungen wird nach Kenntnis der Bundesregierung der derzeit in Erarbeitung befindliche Begutachtungsleitfaden vom MDS zum Einsatz von Cannabis als Medizin auf den Umfang der ärztlichen Dokumentationsund Begründungspflichten haben? Auf die Antworten zu den Fragen 16 und 18 wird verwiesen. 20. Plant die Bundesregierung eine gesetzliche Neuregelung, die den Genehmigungsvorbehalt der gesetzlichen Krankenkassen bei der Kostenerstattung für eine Cannabistherapie abschafft? Wenn nein, warum nicht? Mit dem Genehmigungsvorbehalt wird dem Ausnahmecharakter der Regelung Rechnung getragen. Die Erstattung von weiteren Arzneimitteln auf Cannabisbasis wird ermöglicht, obwohl für sie kein Wirksamkeitsnachweis vorliegt, wie er ansonsten nach dem Arzneimittelgesetz für zugelassene Fertigarzneimittel erforderlich ist, sodass eine Änderung nicht angezeigt ist. 21. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Entscheidung über den Einsatz von Cannabis als Medizin allein eine ärztliche sein sollte? Wenn nein, warum nicht? Die Ärztin oder der Arzt entscheidet im Rahmen ihrer oder seiner Therapiehoheit, ob im Einzelfall die in § 31 Absatz 6 Satz 1 SGB V aufgeführten Voraussetzungen für eine solche Therapie vorliegen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 22. Welche Position nimmt die Bundesregierung dazu ein, dass verschreibende Ärztinnen und Ärzte bei der Antragstellung auf Kostenerstattung Literaturangaben machen müssen, um die Verordnung zu begründen? Die Ärztinnen und Ärzte müssen bei der Antragstellung bei Erstverordnung darlegen , dass die Voraussetzungen des § 31 Absatz 6 SGB V erfüllt sind. Mit der Antragstellung wird dem Ausnahmecharakter der Regelung Rechnung getragen, die die Erstattung von Arzneimitteln auf Cannabisbasis ermöglicht, obwohl nicht das Evidenzlevel vorliegt, das üblicherweise für die Erstattung in der GKV verlangt wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13352 23. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die Praxis, dass dem Antrag auf Kostenerstattung für eine Cannabistherapie eine Kopie des Personalausweises der Patientin oder des Patienten beigelegt werden muss? Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Maßnahme, und aus welchen Gründen ist diese Maßnahme nach Ansicht der Bundesregierung erforderlich ? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis einer solchen Praxis. 24. Hat die Bundesregierung Kenntnis oder Hinweise erhalten, dass im Rahmen des Antrags auf Kostenerstattung für eine Cannabistherapie auch eine Familienanamnese erhoben werden soll? Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung dies? Der Inhalt der Begutachtungsanleitung des MDK bleibt abzuwarten. 25. a) Warum müssen Patientinnen und Patienten eine Erklärung unterzeichnen, um zu versichern, dass die Cannabistherapie für Dritte unzugänglich ist und dass sie dies mit geeigneten Maßnahmen sicherstellen? b) Wie bewertet die Bundesregierung diese Maßnahme? c) Bei welchen anderen verschriebenen Betäubungsmitteln (wie beispielsweise Fentanylpflastern, Morphintropfen oder -tabletten o. Ä.) müssen Patientinnen und Patienten eine derartige Erklärung unterzeichnen und versichern, dass der Zugang für Dritte durch geeignete Maßnahmen unterbunden wird? Der Bundesregierung sind solche Erklärungen weder für die Verschreibung von Cannabisarzneimitteln noch für die Verschreibung anderer Betäubungsmittel bekannt . § 31 Absatz 6 SGB V sieht keine solche Erklärungspflicht vor. Patientinnen und Patienten, die Betäubungsmittel aufgrund einer Verschreibung in einer Apotheke erworben haben, unterliegen keinen betäubungsmittelrechtlichen Überwachungsmaßnahmen. Betäubungsmittel sollten – wie andere Arzneimittel auch – stets so aufbewahrt werden, dass sie von Dritten nicht einfach in Besitz genommen werden können, z. B. in einem abschließbaren Medizinschrank . Dies dient auch dem Schutz von Kindern, für die Arzneimittel nie eigenständig erreichbar sein sollten. Cannabis als Medizin in der Vertragsarztpraxis 26. Wie wirken sich Verordnungsänderungen oder Verordnungswechsel auf das ärztliche Richtgrößenvolumen aus, und inwiefern kann dies Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach sich ziehen? 27. a) Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung auf Landesebene zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den gesetzlichen Krankenkassen Gespräche oder Beschlüsse, dass Cannabis als Medizin zukünftig nicht in die Richtgrößenvolumina fällt? Wenn ja, in welchen Bundesländern und zu welchem Datum? b) Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass Cannabis als Medizin nicht in das Richtgrößenvolumen einbezogen wird, und wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13352 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 28. a) Steht nach Kenntnis der Bundesregierung der Einbezug von Cannabis als Medizin in das Richtgrößenvolumen der Vertragsärztinnen und -ärzte einer ärztlichen Spezialisierung auf die Behandlung mit Cannabistherapien im Wege? b) Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Hürden abzubauen, so dass Spezialisierung möglich ist? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 26 bis 28 gemeinsam beantwortet . Wie für andere Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gilt auch für die Versorgung mit Cannabisarzneimitteln das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V). Mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) wurden die Regelungen zu den Wirtschaftlichkeitsprüfungen neu strukturiert, damit regionale Gegebenheiten stärker als bisher berücksichtigt werden können. Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit ärztlich verordneten Leistungen wird grundsätzlich anhand von Vereinbarungen der Selbstverwaltungspartner auf Landesebene geprüft. Die gesetzlich zwingende Vereinbarung von Richtgrößenprüfungen durch die Vertragspartner auf Bundesebene ist zum 1. Januar 2017 entfallen. Weiterhin gilt der Grundsatz „Beratung vor Regress“. 29. Wie wird die Dokumentation von Ärztinnen und Ärzten im Rahmen der zu leistenden Begleiterhebung vergütet? 30. Wie wird der Aufwand für die Dokumentation von Ärztinnen und Ärzten für den Antrag auf Kostenerstattung bei der gesetzlichen Krankenkasse vergütet ? Die Fragen 29 und 30 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Es ist Aufgabe des Bewertungsausschusses zu überprüfen, inwieweit die ggf. entstehende zusätzliche Dokumentation der Vertragsärzte in den Gebührenordnungspositionen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM) berücksichtigt werden muss. Cannabis als Medizin in Apotheken 31. In wie vielen Apotheken können nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit Cannabisarzneien, Fertigarzneimittel, Cannabisextrakte und Cannabisblüten bezogen werden (bitte nach Anzahl der Apotheken und Cannabisarzneiart je Bundesland auflisten)? Sowohl unter betäubungsmittel- als auch unter apothekenrechtlichen Gesichtspunkten können grundsätzlich alle Apotheken in Deutschland Cannabisarzneimittel beschaffen, gegebenenfalls bearbeiten und abgeben. 32. Welche Cannabissorten können nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in Deutschland über Apotheken bezogen werden? Für die folgenden Cannabissorten liegen nach Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) derzeit gültige Importgenehmigungen zur Lieferung an Großhändler und Apotheken in Deutschland vor: Argyle, Bedica, Bediol, Bedrobinol, Bedrocan, Bedrolite, Houndstooth, Pedanios 14/1, Pedanios 16/1, Pedanios 18/1, Pedanios 22/1, Penelope, Princeton. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13352 33. a) Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen bestimmte Cannabissorten nicht geliefert oder nicht in der gewünschten Menge geliefert werden können, so dass es zu Versorgungsproblemen kommt? Wenn ja, in welchen und wie vielen Fällen? b) Was unternimmt die Bundesregierung kurzfristig gegen derartige Lieferengpässe ? Das BfArM erteilt die für den Import von Cannabisblüten erforderlichen Genehmigungen bei Vorliegen der Antragsvoraussetzungen prioritär. Das BfArM selbst hat keine weiteren Möglichkeiten, kurzfristig auf die Importmengen Einfluss zu nehmen. Es liegen derzeit Meldungen vor, dass einige Sorten an Medizinal-Cannabisblüten im Einzelfall nicht lieferbar sind. Für diesen Fall können Ärztinnen und Ärzte alternative Rezepturarzneimittel oder Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis verschreiben. In Betracht kommen Dronabinol (Rezepturarzneimittel mit dem Wirkstoff THC, das bei der Rezepturzubereitung auch in verschiedenen Stärken mit Cannabidiol gemischt werden kann), Cannabisextrakte als Rezepturarzneimittel , Sativex® (zugelassenes Fertigarzneimittel aus Cannabisextrakten) und Canemes® (zugelassenes Fertigarzneimittelmit mit dem vollsynthetisch hergestellten Cannabis-Inhaltsstoff THC). Die Patientinnen und Patienten sollten sich mit ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten besprechen, ob eine Behandlung mit Dronabinol, Sativex®, Canemes® oder Cannabisextrakten in Frage kommt. Hinweise auf eine mögliche Unterversorgung bzw. fehlende Marktverfügbarkeit bei diesen Cannabisarzneimitteln liegen der Bundesregierung nicht vor. 34. a) Inwiefern stellen die Importbestimmungen für Cannabis als Medizin nach Kenntnis der Bundesregierung Hürden dar, die eine kontinuierliche Versorgung mit Cannabis als Medizin erschweren? b) Plant die Bundesregierung, Hürden beim Import von Cannabis als Medizin abzubauen, und wenn ja, welche konkreten Maßnahmen plant sie? Die Anforderungen an den Import von Cannabis unterscheiden sich nicht von denen für andere Arzneimittel oder Betäubungsmittel. Die Regelungen sind angemessen und notwendig, um die vorgeschriebene Qualität sicherzustellen. Aus Sicht der Bundesregierung stellen die Importbestimmungen keine Hürde dar, die eine kontinuierliche Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Cannabisarzneimitteln erschwert. 35. Ist es aus Sicht der Bundesregierung erforderlich, dass die Kosten für Cannabisblüten sinken, und wenn nein, warum nicht? 36. a) Falls ja, wie setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die Kosten für Cannabisblüten sinken? b) Plant die Bundesregierung eine gesetzliche Änderung, die Cannabisblüten aus der Arzneimittelpreisverordnung herausnimmt oder dass Cannabisblüten nicht länger als Stoff im Sinne des Arzneimittelrechts gelten? c) Welche weiteren gesetzgeberischen Optionen diskutiert die Bundesregierung , wie die Kosten für Cannabisblüten gesenkt werden können? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13352 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 37. Wird es nach Kenntnis der Bundesregierung zeitnah eine Einigung zwischen GKV-Spitzenverband und Apothekerverband geben, die einen niedrigeren Ausgangspreis für Cannabisblüten festsetzt als den derzeitigen? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 35 bis 37 gemeinsam beantwortet . Abhängig von der ärztlichen Verschreibung ergibt sich der Apothekenabgabepreis nach den Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Das Bundesministerium für Gesundheit hat den Deutschen Apothekerverband und den GKV-Spitzenverband als Vertragspartner der Hilfstaxe aufgefordert, kurzfristig von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, abweichend von den Zuschlägen nach der AMPreisV, wie auch bei anderen Rezepturen vorgesehen, eine Vereinbarung zu treffen. Derzeit laufend hierzu Verhandlungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333