Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 30. August 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13477 18. Wahlperiode 04.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13334 – Fipronil in Eiern – Konsequenzen für Lebensmittelüberwachung und -sicherheit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Spätestens am 22. Juli 2017 wurde Fipronil erstmals in Eiern in den Niederlanden entdeckt, wenige Tage später, am 30. Juli 2017, tauchten auch erstmals belastete Eier in Deutschland auf – in Nordrhein-Westfalen. Nachdem die dortigen Behörden zunächst keine Gesundheitsgefahren sahen und auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zunächst beschwichtigte, wurde in den folgenden Tagen deutlich, dass sich insbesondere für Kinder beim Konsum fipronilbelasteter Eier Gesundheitsrisiken ergeben (www.zeit.de/news/2017-08/07/ gesundheit-der-fipronil-eier-skandal-07125002). Im Lauf der Geschehnisse wurden Vorwürfe laut, dass sowohl belgische (www.deutschlandfunk.de/ belgien-und-der-eierskandal-viele-fragen-um-den-fipronil.1773.de.html?dram: article_id=393040) als auch niederländische Behörden (www.tagesschau.de/ wirtschaft/fipronil-eier-skandal-109.html) und die Europäische Kommission (www.sueddeutsche.de/panorama/lebensmittelskandal-eu-wusste-offenbarschon -anfang-juli-von-belasteten-eiern-1.3622171) schon früher von den Belastungen wussten. 1. Wie viele mit Fipronil belastete Eier gab es nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt (bitte gesondert für belastete Eier aus deutscher Produktion ausweisen)? a) Wie viele Eier kamen nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland in den Handel (bitte gesondert für belastete Eier aus deutscher Produktion ausweisen)? Die Bundesregierung ging anfänglich aufgrund der seinerzeit vorliegenden Informationen (Stand: 8. August 2017) davon aus, dass rd. 10,7 Millionen möglicherweise mit Fipronil belastete Eier aus den Niederlanden nach Deutschland geliefert worden sein könnten. In der Zwischenzeit ist aufgrund einer Vielfalt von im EU- Schnellwarnsystem kommunizierten weiteren Informationen zu Warenströmen und Untersuchungsergebnissen festzustellen, dass eine definitive und verlässliche Einschätzung der Zahl der in den Handel gelangten Eier nicht möglich sein dürfte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13477 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die zuständigen Behörden in Niedersachsen informierten am 21. August 2017 darüber, dass der Einsatz fipronilhaltiger Mittel in Legehennenställen bis zum 9. Februar 2017 zurückreiche. Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahl der belasteten Eier größer ist als ursprünglich angenommen . b) Wie viele Eier wurden davon vernichtet? Über die Zahl der vernichteten Eier liegen dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) keine Informationen vor. c) Wie viele belastete Eier aus Deutschland kamen in den Handel (einschließlich Export)? Über die Zahl in den Handel gelangter Eier (Import plus Export) liegen dem BMEL keine Informationen vor. d) Wie viele landwirtschaftliche Betriebe und Vertriebsstätten waren nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland betroffen (bitte für die Bundesländer gesondert ausweisen)? Nach Kenntnis des BMEL sind mit Stand vom 24. August 2017 in Deutschland 119 Betriebe (Erzeuger/Verpacker/Zwischenhändler) betroffen: Baden-Württemberg: 6 Bayern: 9 Brandenburg: 4 Hamburg: 3 Hessen: 6 Mecklenburg-Vorpommern: 4 Niedersachsen: 28 Nordrhein-Westfalen: 37 Rheinland-Pfalz: 7 Saarland: 3 Sachsen: 2 Sachsen-Anhalt: 3 Schleswig-Holstein: 64 Thüringen: 1 e) Wann und wo kamen nach Kenntnis der Bundesregierung erstmals belastete Eier in Umlauf? Am Freitag, 28. Juli 2017, informierte die Niederlande die deutschen Behörden mit der Folgemeldung (fup-07) zur RASFF-Meldung 2017.1065 über einen Vertrieb von potenziell mit Fipronil belasteten Eiern nach Deutschland. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13477 2. Inwieweit ist die Tötung mit anschließender Entsorgung der betroffenen Tiere nach Auffassung der Bundesregierung ein vernünftiger Grund entsprechend des Tierschutzgesetzes – vor dem Hintergrund, dass die Tiere nach einer Übergangszeit ohne Fipronil-Belastung wieder für die Lebensmittelherstellung eingesetzt werden können (Antwort bitte detailliert begründen)? Wie viele Tiere wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des Skandals getötet? Wie wurden sie getötet, und zu welchem Zweck bzw. welcher Verwendung? Gemäß § 1 des Tierschutzgesetzes darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Ob ein vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes vorliegt, ist in jedem Einzelfall anhand der konkreten Gegebenheiten zu beurteilen. Ein vernünftiger Grund kann nur dann vorliegen , wenn einzelfallbezogen und unter Zugrundelegung strenger Maßstäbe alle in Frage kommenden Alternativen ausscheiden und dem Tierhalter keine zumutbare Handlungsalternative zur Verfügung steht. Die Bewertung, ob in einem konkreten Einzelfall ein vernünftiger Grund für die Tötung von Tieren vorliegt, obliegt den für den Vollzug des Tierschutzgesetzes zuständigen Behörden der Länder. Zu den konkreten Fragen in Bezug auf erfolgte Tötungen liegen dem BMEL keine Informationen vor. 3. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zu welchem Zeitpunkt im Zuge des Skandals ergriffen? Die Bundesregierung hat die folgenden Maßnahmen ergriffen: Aktivierung und Betrieb des Lagezentrums im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Nachdem die Niederlande am 28. Juli 2017 über das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) über den Vertrieb von potenziell mit Fipronil belasteten Eiern nach Deutschland (2017.1065-fup07) informiert hatten, wurde im BVL noch am gleichen Tag das Lagezentrum gemäß dem vorgesehenen Verfahren eingerichtet. Am Sonntag, dem 30. Juli 2017, wurde den Ländern mitgeteilt, dass das BVL die Kommunikationskanäle und Prozesse seines Lagezentrums aktiviert, um die Informationen BVL-intern optimal strukturieren und schneller bearbeiten zu können. Zeitnah mit der Eröffnung des Lagezentrums wurde im behördeninternen Fachinformationssystem für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (FIS-VL) ein gesonderter Bereich zum Austausch von Daten und Informationen von Stellen der Länder und des Bundes zum vorliegenden Ereignis eingerichtet . In einer von Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt einberufenen Telefonkonferenz mit seinen Amtskollegen in den Ländern am 7. August 2017 wurde die Situation umfassend erörtert. Ferner wurde vereinbart, das Thema Fipronil auf der Agrarministerkonferenz vom 27. bis zum 29. September 2017 in Lüneburg zu beraten und das Thema ebenfalls auf die Tagesordnung der Verbraucherschutzministerkonferenz im Frühjahr 2018 zu setzen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13477 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bereits am 29. Juli gab es einen ersten telefonischen Kontakt von Bundesminister Christian Schmidt mit seinem niederländischen Amtskollegen, dem am 30. Juli ein ausführliches Telefonat folgte. Nach weiterem Informationsaustausch zwischen den Ministerien fanden am 7. August ebenfalls auf Veranlassung von Bundesminister Schmidt Gespräche mit seinen Amtskollegen aus Belgien und den Niederlanden statt. Die Forderung Deutschlands nach besserem Informationsaustausch wurde von Belgien und den Niederlanden geteilt und durch Entsendung einer deutschen Verbindungsbeamtin nach Belgien und den Niederlanden umgesetzt. Ebenfalls am 7. August 2017 hat sich Bundesminister Christian Schmidt mit Gesundheitskommissar Vytenis Povilas Andriukaitis darüber verständigt, dass das gemeinsame Europäische Vorgehen effizienter werden muss. Inzwischen hat der Kommissar angekündigt, dass er nach Vorliegen der Fakten kurzfristig die Ministerinnen und Minister sowie nationale Experten zu einem Spitzengespräch einladen werden, um über Verbesserungen zu beraten. Auf Initiative von Bundesminister Christian Schmidt soll das Fipronil-Geschehen bereits auf dem informellen Agrarministerrat vom 3. bis 5. September 2017 in Tallinn zur Sprache kommen. Initiierung eines außerplanmäßigen Untersuchungsprogramms im Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplans 2017 (BÜp) Auf Initiative von Bundesminister Christian Schmidt wurde noch für das Jahr 2017 ein Monitoringprogramm auf Fipronil in Ei-Verarbeitungsprodukten und eihaltigen Tiefkühlprodukten mit den Ländern vereinbart. In diesem koordinierten Programm untersuchen die Länder im laufenden Jahr noch ca. 800 Proben auf die Anwesenheit von Fipronil. Darüber hinaus wurden die Länder um Prüfung gebeten, ob die Möglichkeit besteht, bereits in 2017 entnommene bzw. noch vorgesehene Proben von Eiern und Geflügelfleisch im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP) 2017 auch auf Fipronil zu untersuchen . 4. Warum fehlte es an einer bundesweit einheitlichen Information der Verbraucherinnen und Verbraucher, die zudem der Gesundheitsgefahr durch die Eier, insbesondere für Kinder, frühzeitig gerecht wurde? Eine wissenschaftsbasierte Bewertung des gesundheitlichen Risikos von Fipronil -haltigen Eiern durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erfolgte umgehend auf Basis der ersten, von den zuständigen Behörden vorgelegten Analysedaten . Diese erste vorläufige Bewertung wurde bereits am Sonntag, den 30. Juli 2017 um 18.30 Uhr in einer Mitteilung auf den Internetseiten des BfR veröffentlicht und somit Verbraucherinnen und Verbrauchern kommuniziert. Diese Mitteilung enthält auch eine Bewertung des gesundheitlichen Risikos für Kinder. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13477 5. Warum fehlte es an einer bundesweit gültigen Liste von öffentlicher Seite mit den Codes der betroffenen Eier (vgl. www.gruene-bundestag.de/agrar/ verbraucherinnen-und-verbraucher-schuetzen-07-08-2017.html)? Es ist Aufgabe der zuständigen Behörden der Länder öffentliche Warnungen und Informationen im Sinne des § 40 Absatz 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) vorzunehmen. Hierzu stellen die Länder ihre Informationen auf der Internetseite www.lebensmittelwarnung.de ein. Informationen über betroffene Betriebe/betroffene Eiercodes können jeweils nur von zuständigen Behörden in den Ländern ermittelt und im zuvor genannten Portal veröffentlicht werden. 6. Warum stuft das BfR eine Gefährdung von Kindern durch die belasteten Eier als „unwahrscheinlich“ ein, wenn bei Kleinkindern schon zwei Eier für eine Überschreitung des Grenzwertes sorgen (www.bfr.bund.de/cm/343/gesund heitliche-bewertung-von-ersten-analysenergebnissen-zu-fipronilgehalten-inlebensmitteln -in-deutschland.pdf bzw. www.bfr.bund.de/de/fragen_und_ antworten_zu_fipronilgehalten_in_lebensmitteln_tierischen_ursprungs-201 459.html)? Das BfR hat bereits in seiner Stellungnahme Nr. 016/2017 vom 30. Juli 2017 auf Basis der bis dahin höchsten gemessenen Fipronil-Gehalten in Eiern (1,2 mg/kg aus Belgien (BE) und Hühnerfleisch (0,0156 mg/kg aus Deutschland (DE)) die Verbraucherinnen und Verbraucher bundesweit über folgendes Ergebnis informiert : Basierend auf dem deutschen Verzehrsmodell (NVS II-Modell) ergab sich in einer ersten akuten Risikobewertung für Verbraucher nach international harmonisierten Standards für keine der betrachteten deutschen Verbrauchergruppen eine Überschreitung der Akuten Referenzdosis (ARfD) durch den Verzehr von Fipronil-haltigen Hühnereiern oder -fleisch. Unter zusätzlicher Berücksichtigung aller europäischen Verzehrdaten ergab sich nur für Kleinkinder im Vereinigten Königreich (UK) eine Überschreitung der ARfD um das 1,6-fache durch Hühnereier, wenn die Verzehrdaten aus UK (1,5 Eier pro Tag bei 70 g/Ei) und der höchste Fipronilwert in Eiern aus BE zugrunde gelegt werden. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig eine konkrete Gesundheitsgefährdung. Ein gesundheitliches Risiko ist unter o. g. Modellannahmen bei Kindern nach Verzehr von Hühnereiern mit dem bislang höchsten gemessenen Fipronil-Gehalt (1,2 mg/kg) per se möglich. Der Verzehr von zwei Eiern an einem Tag stellt für Kleinkinder bereits einen Extremverzehr dar und wird durch die zugrunde gelegten Verzehrstudien nicht bestätigt. Es wird darauf hingewiesen, dass von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ein Verzehr von maximal 3 Eiern pro Woche für Erwachsene empfohlen wird. 7. Wieso befanden sich bis zum 5. August 2017 keinerlei Informationen zu mit Fipronil belasteten Eiern auf der Website des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)? Aufgrund der grundgesetzlichen Vorgaben sind die Länder für die amtliche Lebens - und Futtermittelüberwachung zuständig. Öffentliche Warnungen und die Kommunikation zu Vorkommnissen im Bereich der Lebensmittelüberwachung fallen somit ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Der Bund darf hier nur informieren, soweit die Informationen von den zuständigen Landesbehörden bereits öffentlich kommuniziert wurden oder gemäß § 40 Absatz 5 LFGB Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13477 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode soweit kein Land zuständig ist. Für die Warnungen der Länder stellt das BVL den Ländern die technische Plattform www.lebenmittelwarnung.de zur Verfügung (s. auch Antwort zu Frage 5). Alle Informationen aus dem EU-Schnellwarnsystem RASFF, die dem BVL als nationaler Kontaktstelle zugehen, sind gemäß Artikel 52 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vertraulich. Ab dem 2. August 2017 erfolgten die Meldungen der Bundesländer auf www. lebensmittelwarnung.de. Die Bundesregierung wird mit den Bundesländern die im Rahmen des Fipronil- Geschehens gemachten Erfahrungen im Hinblick auf eine Optimierung der Schnelligkeit, Verlässlichkeit und allgemeinen Verständlichkeit von Verbraucherinformationsplattformen erörtern. 8. Inwiefern wurde das BVL nach Einschätzung der Bundesregierung seiner Aufgabe gerecht, „im gesundheitlichen Verbraucherschutz die Koordination zwischen Bund und Bundesländern zu verbessern, und Risiken zu managen, bevor aus ihnen Krisen entstehen“ (www.bvl.bund.de/DE/07_ DasBundesamt/dasBundesamt_node.html)? Die Aufgaben des BVL ergeben sich aus dem BVL-Gesetz (BVLG) und den dazugehörigen Übertragungsverordnungen. Im Rahmen seiner Zuständigkeiten ist das BVL seinen Aufgaben zu jedem Zeitpunkt gerecht geworden. Für die Bearbeitung des Ereignisses „Fipronil in Eiern“ im BVL sind insbesondere folgende Aufgaben des BVL relevant: Gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 2 BVLG ist es Aufgabe des BVL, an der Vorbereitung und Begleitung von Überwachungsprogrammen und -plänen der Länder im Bereich der Lebensmittelsicherheit mitzuwirken: Gemäß § 11 Absatz 3 AVV RÜb erstellt das BVL in Zusammenarbeit mit den Bundesländern den gültigen jährlichen Arbeitsplan für den bundesweiten Überwachsungsplan (BÜp). Im Rahmen des Bundesweiten Überwachsungsplans (BÜp) hat das BVL kurzfristig zusammen mit den Ländern ein Projekt zu Kontrolle von Eierprodukten auf Fipronil entwickelt. Die zuständigen Referenzlabore (gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 8 BVLG) des BVL haben den Ländern geeignete Untersuchungsmethoden empfohlen (s. auch Antwort zu Frage 3). Gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 9 BVLG ist das BVL mit der Wahrnehmung der Funktion einer koordinierenden Stelle für die Datensammlung und die Berichterstattung sowie der Mitwirkung daran, insbesondere im Bereich Lebensmittel, beauftragt. Zur Sicherstellung dieser Aufgabe unterhält das BVL ein Datenmeldeportal , in welchem die Länder ihre Untersuchungsdaten aus den o. g. Überwachungsprogrammen eingeben können. Diese werden im Anschluss zentral durch das BVL ausgewertet und zu nationalen Berichten zusammengestellt . Das Datenmeldeprotal wird auch während des Fipronilgeschehens von den Ländern als Meldeplattform genutzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13477 Das BVL ist gemäß § 1 Nummer 1 Buchstabe a) der BVL Übertragungsverordnung (BVLÜV) die nationale Kontaktstelle für das europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel, Futtermittel und Lebensmittelbedarfsgegenständen (RASFF). Im Rahmen dieser Aufgabe stellt das BVL einen schnellen Austausch von Informationen über das Schnellwarnsystem RASFF sicher, in dem es nach einem festgelegten Verfahren Meldungen aus den Ländern an die Europäische Kommission weiterleitet und die zuständigen Kontaktstellen der Landesbehörden über Meldungen, die von Mitgliedstaaten in das Schnellwarnsystem eingestellt wurden, unterrichtet. Dem RASFF kommt für den schnellen Informationsaustausch im Fipronil-Geschehen eine Schlüsselrolle zu. Darüber hinaus unterhält das BVL gemäß § 19 Absatz 1 AVV RÜb die Plattform Fachinformationssystem Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (FIS-VL), die insbesondere auch im Krisen- und Ereignisfall als Austauschplattform genutzt wird. Wie zu Frage 3.1 dargelegt, wurde zur Unterstützung des behördlichen Informationsaustausches im Fipronil-Geschehen am 31. Juli 2017 ein entsprechender Bereich im FIS-VL freigeschaltet. Im Rahmen der Ereignisbearbeitung unterstützt das BVL das BMEL. Wird im BMEL zur Bewältigung eines Ereignisses ein Ereigniskernteam gebildet, so aktiviert das BVL das Lagezentrum. Aufgabe des Lagezentrums des BVL ist es, alle relevanten Informationen strukturiert zu sammeln, ggf. gezielt Daten bei den Ländern oder anderen Mitgliedstaaten der EU abzufragen und daraus regelmäßig einen aktuellen Lagebericht für das EKT zu erstellen, der auch den Ländern zur Verfügung gestellt wird und die Grundlage für weitere Entscheidungen darstellt. Hierbei bearbeitet das Lagezentrum alle lagerelevanten Meldungen u. a. aus dem RASFF und stellt die Datenmeldungen aus den Ländern zusammen. Anhand der ihm vorliegenden Daten visualisiert das Lagezentrum die Warenströme für eine bessere Rückverfolgbarkeit von Lieferwegen und integriert dies in den Lagebericht. Darüber hinaus stellt das Lagezentrum die Kommunikation mit der Europäischen Kommission, den EU-Mitgliedstaaten und ggf. Drittländer über die Schnellwarnsysteme und Behördennetzwerke sicher (s. auch Frage 3.1). 9. Welche Informationen liegen der Bundesregierung darüber vor, inwieweit belgische oder niederländische Behörden oder die Europäische Kommission schon früher von der Belastungen wussten? Bundesminister Christian Schmidt hat in einem Gespräch mit seinen belgischen und niederländischen Amtskollegen am 7. August darauf gedrungen, dass fehlende Informationen unverzüglich und vollständig an die deutschen Behörden gelangen müssen. Während des Besuchs der auf Initiative von Bundesminister Christian Schmidt entsandten deutschen Verbindungsbeamtin in den Niederlanden bei der Nederlandse Voedsel- en Warenautoriteit (NVWA) am 9. August 2017 wurde dieser mitgeteilt, dass es im November 2016 einen anonymen Hinweis gab. Er soll sich aber nur auf den Einsatz von Fipronil in der Blutlausbekämpfung bei Hühnern bezogen haben und nicht, wie in der Presse dargestellt, in Zusammenhang mit dem Nachweis von Fipronil in Hühnereiern gestanden haben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13477 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Beim Besuch der Verbindungsbeamtin in Belgien bei der Agence fédérale pour la sécurité de la chaîne alimentaire (AFSCA) am 10. August 2017 wurde dieser Sachverhalt bestätigt. Ergänzend wurde ein Dokument der NVWA vom 22. Juli 2017 ausgehändigt, aus dem hervorgeht, dass der Hinweis auf Grundlage der vorliegenden Information ausgewertet wurde und dass kein unmittelbares Erscheinen der NVWA notwendig war, da keine akute Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier bestand. Der betreffende Geflügelservicebetrieb ist noch Gegenstand strafrechtlicher Untersuchungen. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung daraus für eine bessere Abstimmung auf EU-Ebene in Zukunft? Es hat ganz offensichtlich Mängel beim Informationsaustausch gegeben. Die Bundesregierung wird auf Ebene des Ministerrats und mit der Kommission Vorschläge zur Verbesserung der Schnelligkeit und Verlässlichkeit des Frühwarnsystems erörtern. Auf Initiative von Bundesminister Schmidt wird das Thema bereits beim Informellen Agrarministertreffen in Tallin am 3 bis 5. September 2017 Gegenstand des Meinungsaustausches sein. Lagen auch der Bundesregierung bzw. ihren Behörden schon früher Informationen zu Fipronil in Eiern vor? Nein. 10. Geht die Bundesregierung davon aus, dass schon vor dem 30. Juli 2017 belastete Eier in Umlauf kamen? Wenn ja, wann, und wie viele? Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bereits vor dem 30. Juli 2017 belastete Eier in Umlauf kamen. Ermittlungsergebnisse von den zuständigen Behörden der Länder liegen der Bundesregierung nicht vor. 11. Inwieweit zieht die Bundesregierung Konsequenzen aus dem Skandal hinsichtlich der Lebensmittelüberwachung? Soll beispielsweise in Zukunft bei Kontrollen auch standardmäßig auf Fipronil getestet werden (Antwort bitte begründen)? Aus aktuellem Anlass ist im Rahmen des NRKP 2018 vorgesehen, Eier und Geflügelfleisch systematisch auf Rückstände von Fipronil zu untersuchen. Die Details werden zwischen den Ländern und dem koordinierenden BVL im Rahmen der Jahresarbeitstagung NRKP am 12. und 13. September 2017 abgestimmt werden . Darüber hinaus können die für den Vollzug zuständigen Überwachungsbehörden der Länder im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung oder Überwachung des Verkehrs mit Tierarzneimitteln jederzeit Untersuchungen auf das Vorhandensein von Rückständen in Lebensmitteln oder Anwendung von Stoffen bei lebensmittelliefernden Tieren durchführen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13477 12. Inwieweit zieht die Bundesregierung Konsequenzen aus dem Skandal hinsichtlich der besseren Aufklärung und Information von Verbraucherinnen und Verbrauchern (bessere Information auf www.lebensmittelwarnung.de etc.)? Der Bund wird das Fipronil-Geschehen auf nationaler und auf europäischer Ebene zum Anlass nehmen, um gemeinsam mit allen Beteiligten sowohl den Informationsaustausch , die einzuhaltenden Meldewege als auch die Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher intensiv zu erörtern und zu verbessern. 13. Wie will die Bundesregierung in Zukunft für eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln sorgen? Inwiefern setzt sich die Bundesregierung dabei für die Ausweitung der Eier- Kennzeichnung auf verarbeitete Produkte, die Ei enthalten, ein? Die EU-weit geltende Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (sog. Lebensmittel-Informationsverordnung , LMIV) regelt umfassend die für Verbraucherinnen und Verbraucher wichtigen Informationen, um eine fundierte Auswahl beim Lebenskauf treffen zu können. Mit der LMIV wurde das bis dahin geltende allgemeine Lebensmittelkennzeichnungsrecht und das Nährwertkennzeichnungsrecht zusammengeführt und an neue Entwicklungen angepasst. Im Rahmen der schwierigen Verhandlungen in den Jahren 2008 bis 2011 wurde vom Unionsgesetzgeber während der gesamten Verhandlungsdauer keine Notwendigkeit der Einführung weiterer Pflichtkennzeichnungen für vorverpackte Lebensmittel, die Eier oder Eiprodukte als Zutaten enthalten, gesehen. Auf freiwilliger Basis ist es aber grundsätzlich möglich, Verbraucherinnen und Verbrauchern weitere Informationen, z. B. auch im Hinblick auf verarbeitete Eier, zu geben. Entsprechende Produkte sind auf dem Markt auch erhältlich. 14. Plant die Bundesregierung ein allgemeines Verbot von Fipronil (was dann bspw. auch alle tierärztlichen Behandlungen umfasst) oder zumindest ein Verbot in der Landwirtschaft? Wenn nein, warum jeweils nicht? Der Wirkstoff Fipronil unterliegt im Hinblick auf seine zulässige Verwendung in Tierarzneimitteln und in Bioziden weitreichenden und strikten Nutzungsbeschränkungen , die den gesundheitlichen Verbraucherschutz und die Lebensmittelsicherheit gewährleisten. Pflanzenschutzmittel mit Fipronil sind in Deutschland nicht zugelassen. Das aktuelle Geschehen im Zusammenhang mit Fipronilrückständen in Eiern ist auf illegale Praktiken, bei denen geltendes Recht verletzt wurde, zurückzuführen. Aus diesen Gründen beabsichtigt die Bundesregierung kein allgemeines Verbot von Fipronil, weil kein zusätzlicher Nutzen einer solchen Verbotsregelung erkennbar ist. 15. Warum sind zahlreiche Medikamente, die Fipronil enthalten, sogar mit zunehmender Tendenz, rezeptfrei erhältlich (www.noz.de/deutschland-welt/ wirtschaft/artikel/935855/bund-will-rezeptpflicht-fuer-fipronil-medikamentestreichen )? Zur Zulassungssituation von Tierarzneimitteln mit dem Wirkstoff Fipronil: Tierarzneimittel mit dem Wirkstoff Fipronil sind ausschließlich zur Behandlung und Vorbeugung eines Befalles mit Ektoparasiten wie Zecken, Flöhen, Haarlingen oder Milben bei Hunden, Katzen und Frettchen zugelassen. Für diese zur äußerlichen Anwendung zugelassenen Tierarzneimittel mit Fipronil sind in Deutschland Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13477 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode entsprechende arzneimittelrechtlich begründete Verkaufsabgrenzungen (Verschreibungspflicht oder Apothekenpflicht) getroffen und Anwendungshinweise in die Packungsbeilagen der Präparaten aufgenommen worden, um den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Wirkstoffes sicherzustellen. Bei Einhaltung dieser Bestimmungen ist ein nicht-bestimmungsgemäßer Gebrauch des Wirkstoffes praktisch ausgeschlossen. Bei lebensmittelliefernden Tieren ist die Anwendung von Fipronil als Wirkstoff in Tierarzneimittel EU-weit nicht zulässig. Zur Verschreibungspflicht: Bei der Erstzulassung von Tierarzneimitteln werden die darin enthaltenen neuen Wirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen aufgrund der Bestimmungen des Arzneimittelgesetz (AMG) zunächst immer der Verschreibungspflicht unterstellt. Nach den arzneimittelrechtlichen Regelungen kann das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Verschreibungspflicht für Tierarzneimittel aufheben, wenn auf Grund der bei der Anwendung des Arzneimittels gemachten Erfahrungen die Voraussetzungen für eine Verschreibungspflicht nicht mehr vorliegen. Vor der Entlassung aus der Verschreibungspflicht ist der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht anzuhören. Fipronil ist übereinstimmend mit den vorgenannten arzneimittelrechtlichen Regelungen als Einzelwirkstoff in Tierarzneimitteln für Hunde, Katzen oder Frettchen bereits seit 2001 aus der Verschreibungspflicht entlassen worden. Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gingen seither keine Hinweise auf eine missbräuchliche Anwendung der ausschließlich zur Anwendung bei Hunden, Katzen und Frettchen bestimmten und apothekenpflichtigen Fertigarzneimittel mit Fipronil ein. 16. Wurde Hühnerfleisch aus den betroffenen Betrieben auf Fipronil-Rückstände untersucht? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Daten zur Untersuchung von Fipronil in Hühnerfleisch wurden von den zuständigen Behörden der Länder erhoben. Die Ergebnisse wurden vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bewertet. Das BfR kommt zu dem Schluss, dass bei Verzehr von Hühnerfleisch nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand eine akute gesundheitliche Gefährdung der betrachteten Verbrauchergruppen , einschließlich Kinder, unwahrscheinlich ist. 17. Wurde Hühnerkot aus den betroffenen Betrieben auf Fipronil-Rückstände untersucht? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Für den Vollzug tierseuchen- und düngerechtlicher Vorschriften sind die Bundesländer zuständig. Der Bundesregierung liegt die Information vor, dass ein Land die Untersuchung von Hühnerkot veranlasst hat. Ergebnisse liegen hierzu noch nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/13477 18. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass mit Fipronil belasteter Hühnerkot auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht wurde und so ins Grundwasser gelangt? Die Bunderegierung kann nicht ausschließen, dass Fipronil-haltiger Hühnerkot auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht wurde, es liegen ihr jedoch keine Hinweise darauf vor. Das Potenzial für eine signifikante Verlagerung des Wirkstoffs Fipronil durch Versickerung in das Grundwasser nach Ausbringung von Fipronil-haltigem Hühnerkot auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand als gering anzusehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333