Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 4. September 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13538 18. Wahlperiode 06.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Annette Groth, Heike Hänsel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/13261 – Die humanitäre und asylpolitische Lage von Asylsuchenden in italienischen Hotspots V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die zentrale Mittelmeerroute stellt aktuell den quantitativen Schwerpunkt der Fluchtbewegungen über das Mittelmeer dar. So kamen im ersten Quartal 2017 mit 37 200 Personen 33 Prozent mehr Schutzsuchende in Italien über die zentrale Mittelmeerroute an als im gleichen Vorjahreszeitraum (http://frontex. europa.eu/news/arrival-of-migrants-in-april-italy-higher-than-year-ago-numbersin -greece-drop-4MeK0Z). Das System der Registrierung und Aufnahme insbesondere in so genannten Hotspots in Italien weist nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen erhebliche Mängel auf. Am 2. November 2016 berichtete „Amnesty International“ von Misshandlungen und Übergriffen in italienischen Hotspots und „rechtswidrigen Abschiebungen“ nach unzureichender Befragung . Berichtet wurde insbesondere von schweren Misshandlungen bis hin zu Elektroschocks, um die Abgabe von Fingerabdrücken zu erzwingen. So berichtet ein 19-jähiger sudanesischer Flüchtling davon, dass er, als er sich weigerte, seine Fingerabdrücke abzugeben, 15 Minuten geschlagen worden sei, dann hätten sie ihm mit einem Elektroschlagstock Schocks in die Brust gegeben und, als die Lähmung einsetzte, seine Fingerabdrücke abgenommen. Auch die Ärzte Amelia Chiara Trombetta und Antonio Curotto, die Flüchtlinge auf dem Transit in Italien zwischen Mai und August 2016 betreut hatten, berichten von hunderten Geflüchteten, die verschiedenen Formen von Gewalt in Italien ausgesetzt gewesen seien, insbesondere auf Polizeistationen und in „Hotspots“, da sie sich geweigert hätten, ihre Fingerabdrücke abzugeben (www.amnesty.org/en/ documents/eur30/5004/2016/en/, S. 13 f.). In den „Standard Operating Procedures “ für italienische „Hotspots“ heißt es, dass die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex insbesondere im Bereich Identifikation, Aufnahme und Fingerabdruckabnahme von ankommenden Drittstaatsangehörigen gemeinsam mit ihren italienischen Kollegen arbeiten würde (www. libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/sites/default/files/allegati/hotspots_ sops_-_english_version.pdf). Entsprechend den Vorschlägen der Europäischen Kommission (http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/communication_- _progress_report_on_the_implementation_of_the_hotspots_in_italy_en.pdf) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13538 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode erlauben die zitierten Richtlinien für das Betreiben von Hotspots explizit die Anwendung von unmittelbarem Zwang, um den Widerstand bei der Abnahme der Fingerabdrücke zu brechen. Gerade in diesem Kontext werfen die geschilderten schweren Menschenrechtsverletzungen Fragen auf. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Ein Teil der Fragen betrifft Vorgänge, Verfahren und Zahlen, die in die nationale Zuständigkeit Italiens fallen. In der Folge können die entsprechenden Fragen nur insoweit beantwortet werden, wie entsprechende Informationen der Bundesregierung zugänglich sind. 1. Wie viele Asylsuchende kamen nach Kenntnis der Bundesregierung 2017 in Italien an (bitte nach Monaten aufschlüsseln und Vergleichswerte für alle Monate des Jahres 2016 nennen)? Die der Bundesregierung bekannten Zahlen beziehen sich nicht auf den Begriff „Asylsuchende“, sondern auf nachstehende Definition von Eurostat: Ein Asylbewerber ist eine Person, die während des Berichtszeitraums einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat oder als Familienangehöriger in einen solchen Antrag einbezogen ist. 2016 2017 Quelle: Eurostat Quelle: Eurostat Januar 7.495 11.715 Februar 7.680 12.020 März 7.395 13.700 April 7.980 9.560 Mai 9.220 12.120 Juni 9.910 13.010 Juli 11.060 --- August 11.455 September 12.460 Oktober 13.495 November 13.615 Dezember 11.195 2. Wie viele Asylsuchende halten sich nach Kenntnis der Bundesregierung in Italien auf (bitte quartalsweise ab Anfang 2016 nennen und nach den fünf Hauptherkunftsländern aufschlüsseln)? Die Bundesregierung hat hierzu keine Erkenntnisse und verweist auf ihre Vorbemerkung . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13538 3. Wie viele Asylsuchende befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung in italienischen Hotspots, und wie haben sich die Belegungszahlen in den verschiedenen italienischen Hotspots seit März 2016 entwickelt (bitte nach Monaten und Hotspots aufschlüsseln)? Die Europäische Kommission gibt für die italienischen Hotspots folgende Belegungszahlen an: Monat Personen in Hotspots/Belegungszahlen August 2017 (Stichtag 6. August 2017) 438 Juli 2017 (Stichtag 30. Juli 2017) 545 Juni 2017 (Stichtag 25. Juni 2017) 853 Weitere Erkenntnisse zu Belegungszahlen vor Juni 2017 sowie den Belegungszahlen der einzelnen Hotspots liegen der Bundesregierung nicht vor. 4. Wie viele Kinder und Jugendliche befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung in italienischen Hotspots, und wie viele von ihnen sind unbegleitet ? Zum Stichtag 30. Juni 2017 befanden sich laut dem italienischen Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik 17 864 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Migranten in Italien. Die Statistik des italienischen Ministeriums für Arbeit und Sozialpolitik erfasst die Aspekte Alter, Geschlecht, Herkunft und die Region des Aufenthalts, unterteilt jedoch nicht zwischen Hotspots und anderen Aufenthaltsorten. 5. Wie viel Personal, in welcher Funktion ist nach Kenntnis der Bundesregierung in welchen Hotspots in Italien eingesetzt? Zum Einsatz von italienischem Personal in den Hotspots liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Die Europäische Kommission macht folgende Angaben über den Einsatz von EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen – „European Asylum Support Office“) (Stand: 14. August 2017) Zahl der Bediensteten Funktion Aufteilung in Hotspots 13 Experten aus den Mitgliedstaaten Lampedusa: 3, Pozzallo: 3, Taranto: 3, Trapani: 4 12 Kulturmediatoren (Arabisch, Tigrinya) Lampedusa: 3, Pozzallo: 4, Taranto: 3, Trapani: 2 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13538 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Darüber hinaus ist nachfolgend aufgeführtes (Frontex) Personal in den italienischen Hotspots mit Stand 31. Juli 2017 eingesetzt: Zahl der Bediensteten Funktion 37 Fingerprinting and Registration Officers 19 Debriefing experts 25 Screening experts 3 Advanced Level Document Officers 7 Frontex Support Officers 30 Interpreters 44 Coordinating Staff Über die Verteilung dieses (Frontex) Personals nach Spezialisierung und Einsatzgebiet auf die vier Hotspots in Italien liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 6. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche und die maximale Verweildauer in den verschiedenen Hotspots? Nach Angaben der italienischen Behörden beträgt die Verweildauer in den Hotspots bis zu 72 Stunden. Im Fall von sehr hohen Ankunftszahlen innerhalb eines kurzen Zeitraums kann sich der Aufenthalt aus organisatorischen Gründen verlängern . Zur durchschnittlichen Verweildauer von Asylsuchenden in den italienischen Hotspots liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 7. Wie viele Überstellungen von Italien nach Deutschland im Rahmen der Dublin -Verordnung und von Deutschland nach Italien gab es seit Januar 2016 (bitte nach Monaten aufschlüsseln und Überstellungen im Rahmen der Familienzusammenführung getrennt aufführen), und wie viele Zustimmungen Deutschlands zur Übernahme von Familienangehörigen im Rahmen des Dublin-Verfahrens liegen bereits vor? Details sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. 2016 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Überstellungen von Deutschland nach Italien 81 84 98 102 81 71 70 56 70 66 50 47 Davon Familienzusammenführungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2016 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Überstellungen von Italien nach Deutschland 1 1 0 0 1 0 2 1 3 6 4 5 Davon Familienzusammenführungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 0 2017 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Überstellungen von Deutschland nach Italien 106 125 124 132 222 171 216 Davon Familienzusammenführungen 0 0 0 0 0 0 0 2017 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Überstellungen von Italien nach Deutschland 11 6 7 9 8 1 2 Davon Familienzusammenführungen 7 1 0 2 3 0 0 (Hinweis: Familienzusammenführungen nach Artikel 8-11, Artikel 16 und Artikel 17 Absatz 2 der Dublin-Verordnung.) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13538 Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Juli 2017 hat Deutschland neun Zustimmungen zur Übernahme von Familienangehörigen nach der Dublin-Verordnung erteilt. Im Jahr 2016 hat Deutschland insgesamt 23 Zustimmungen zur Übernahme von Familienangehörigen an Italien erteilt. 8. Hält es die Bundesregierung für zulässig und verhältnismäßig, dass Fingerabdrücke von Asylsuchenden im Registrierungsverfahren auch unter Hinzuziehung von Zwangsmitteln bzw. unmittelbarem Zwang abgenommen werden (bitte begründen), und wie bewertet sie in diesem Zusammenhang Berichte über Foltermaßnahmen zur Erlangung von Fingerabdrücken (siehe Vorbemerkung)? Die Bundesregierung hält die Anwendung von Zwangsmaßnahmen zur Abnahme von Fingerabdrücken nach Maßgabe des nationalen und internationalen Rechts unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für zulässig. Auch in Deutschland haben Asylsuchende nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 AsylG die vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen (§ 16 AsylG) zu dulden . Die entsprechende Verpflichtung kann auch mittels Verwaltungszwang durchgesetzt werden, der Einsatz von unmittelbarem Zwang ist grundsätzlich zulässig . 9. Wie hat sich die Bundesregierung zur Frage, inwieweit Zwangsmaßnahmen zur Erlangung von Fingerabdruck- oder Gesichtsdaten von Asylsuchenden oder unerlaubt eingereisten Personen eingesetzt werden dürfen oder sollen und welche Sanktionsmaßnahmen dabei vorzusehen sind, und insbesondere bei den entsprechenden Verhandlungen auf EU-Ebene hierzu positioniert (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 22 der Abgeordneten Ulla Jelpke, Plenarprotokoll 18/198, S. 19751, Anlage 20; bitte so ausführlich wie möglich ausführen), und was ist der aktuelle Stand auf EU-Ebene zu dieser Frage? Die Bundesregierung hält es für unerlässlich, eine lückenlose Registrierung der irregulär Einreisenden und der Asylantragsteller sicherzustellen. Daher werden Regelungen für eine verpflichtende Abnahme von biometrischen Daten wie auch verhältnismäßige Sanktionen bei Nichtmitwirkung für erforderlich gehalten. Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der EURODAC- Verordnung (Verordnung zum europäischen daktyloskopischen System) sieht insoweit in Artikel 2 Absatz 3 vor, dass die Mitgliedstaaten im jeweiligen nationalen Recht Verwaltungssanktionen einschließlich der Möglichkeit der Anwendung von Zwangsmitteln vorsehen sollen. Die Sanktionen müssen in jedem Fall verhältnismäßig sein. Gemäß Artikel 2 Absatz 5 des Verordnungsvorschlags wird das Verfahren zur Erfassung biometrischer Daten gemäß der nationalen Praxis des betreffenden Mitgliedstaats und unter Beachtung der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes verankerten Schutzklauseln festgelegt und angewandt . Der Entwurf der EURODAC-Verordnung wurde zuletzt im Ausschuss der Ständigen Vertreter der (EU-)Mitgliedstaaten (AStV) am 15. Juni 2017 erörtert . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13538 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die quantitative und qualitative Entwicklung der Anwendung von Zwangsmitteln zur Abnahme von Fingerabdrücken in italienischen Hotspots, insbesondere nachdem Italien im Dezember 2015 durch die Europäische Kommission dazu aufgefordert wurde, eine 100-Prozent-Registrierungsquote bei Asylsuchenden im Rahmen von EURODAC (Fingerabdruck-Identifizierungssystem) „ohne Verzögerung “ zu erreichen und dabei auch eine Gesetzgebung, welche insbesondere die Anwendung von Zwang und Sanktionen erlaube, in Hotspots umzusetzen (http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/communication_- _progress_report_on_the_implementation_of_the_hotspots_in_italy_en.pdf)? a) Hat die Bundesregierung Kenntnis über Klagen und Beschwerden in Italien wegen Gewaltanwendung bei der Abnahme von Fingerabdrücken (falls ja, Fälle und Zahlen bitte angeben)? b) Welche Bemühungen hat die Bundesregierung zur Untersuchung von unzulässigen Übergriffen in Hotspots in Italien bei der gewaltsamen Abnahme von Fingerabdrücken unternommen, oder von welchen diesbezüglichen Untersuchungen hat die Bundesregierung Kenntnis? c) Auf welche Weise hat Italien nach Kenntnis der Bundesregierung im März 2016 eine Quote der Registrierung von Fingerabdrücken von nahezu 100 Prozent erreicht, wie hat sich diese Quote seitdem entwickelt, und inwiefern spielte nach Kenntnis der Bundesregierung dabei die konsequente Anwendung unmittelbaren Zwangs eine Rolle (www.amnesty.org/ en/documents/eur30/5004/2016/en/)? d) Wie erklärt die Bundesregierung den im Amnesty-International-Bericht dargelegten Anstieg von Übergriffen auf Asylsuchende bei deren Registrierung in Italien (www.amnesty.org/en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 15)? Die Frage 10 bis 10d werden zusammen beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Es liegen auch keine Informationen von Frontex zu Problemen, Erfahrungen oder Zwischenfällen aus der Tätigkeit von Frontex-Bediensteten in italienischen Hotspots vor. 11. Inwiefern sind nach Kenntnis der Bundesregierung Frontex-Bedienstete aus welchen Ländern in welchen Hotspots an der Abnahme von Fingerabdrücken ankommender Drittstaatsangehöriger beteiligt, und sind in diesem Kontext auch deutsche Bedienstete eingesetzt (www.libertaciviliimmigrazione.dlci. interno.gov.it/sites/default/files/allegati/hotspots_sops_-_english_version. pdf, und wenn ja, bitte die genaue Zahl im Zeitverlauf der Jahre 2016 und 2017, den jeweiligen Einsatzort und die von den Bediensteten in diesem Zusammenhang gemeldeten Probleme, Erfahrungen und Zwischenfälle darlegen )? Wie in der Antwort zu Frage 5 angegeben waren zum 31. Juli 2017 insgesamt 37 „Fingerprinting and registration officers“ über Frontex im Einsatz. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, in welcher genauen Stärke und Aufteilung sich andere Mitgliedstaaten an der Abnahme von Fingerabdrücken ankommender Drittstaatenangehöriger in den Hotspots beteiligen. Mit Stand 21. August 2017 hat die Bundespolizei (BPOL) 17 Polizeibeamte im Rahmen der Frontex Operation Triton in Italien eingesetzt. Einsatzorte für diese deutschen Beamten sind die Hotspots Lampedusa, Trapani, Pozzallo und Taranto. Der Beteiligungsumfang der deutschen Einsatzkräfte mit den Aufgabenprofilen „Fingerprinting“ und „Registration Experts“ in den Jahren 2016 und 2017 gliedert sich wie folgt: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13538 Kalenderjahr BPOL Zoll Landespolizei Einsatzort 2016 0 0 2 Crotone 2016 2 0 5 Lampedusa 2016 0 0 2 Messina 2016 2 0 4 Pozzallo 2016 0 0 4 Syrakus 2016 0 2 8 Taranto 2016 0 0 8 Trapani 2017 0 1 3 Syrakus 2017 1 0 3 Trapani Es liegen keine Informationen von Frontex zu Problemen, Erfahrungen oder Zwischenfällen aus der Tätigkeit von Frontex Bediensteten in den oben angegebenen italienischen Hotspots vor. 12. Mit wie vielen Personen ist nach Kenntnis der Bundesregierung Frontex bei der Unterstützung der Identifikation, Aufnahme und Abnahme von Fingerabdrücken bei ankommenden Drittstaatsangehörigen in Italien beteiligt? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die bei der Registrierung von Asylsuchenden durch italienische Behörden zur Verfügung stehenden und angewandten Zwangsmittel? a) Verfügen diese Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung über Taser oder ähnliche Elektroschockgeräte, und falls ja, woher stammen diese? b) Hält die Bundesregierung die Benutzung von Elektroschockgeräten zur Durchsetzung der Abnahme von Fingerabdrücken, wie in dem von Amnesty International geschilderten Fall Castro, für verhältnismäßig (www. amnesty.org/en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 14 f.)? c) Sind der Bundesregierung weitere Einsätze von Elektroschockern als Zwangsmittel im Kontext mit der Abnahme von Fingerabdrücken bekannt ? Die Fragen 13 und 13a, 13b und 13c werden zusammen beantwortet. Nach Erkenntnissen der Bundesregierung hat Italien rechtliche Möglichkeiten zur Anwendung von Zwang für die Durchsetzung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen geschaffen. Über Art und Umfang bzw. die Anwendung dieser rechtlichen Möglichkeiten bei der Registrierung von Asylsuchenden durch italienische Behörden sowie der Ausstattung der italienischen Behörden mit Elektroschockgeräten und deren Beschaffung liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13538 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zum von Amnesty International geschilderten Übergriff auf Flüchtlinge im Hotspot Taranto mit Elektroschockern und Prügeln, und welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung hieraus gezogen (www.amnesty.org/en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 14 ff.)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Erkenntnisse vor. 15. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der im Amnesty-International -Bericht beschriebenen Vielzahl von Übergriffen durch italienische Sicherheitskräfte insbesondere auf minderjährige Asylsuchende, und was hat die Bundesregierung bisher zur Aufklärung dieser und ähnlicher Fälle in Italien unternommen (www.amnesty.org/en/documents/eur30/5004/ 2016/en/, S. 14 ff.)? 16. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den von Amnesty International vorgebrachten Berichten von sexualisierten Übergriffen, Erniedrigungen und Misshandlungen von Asylsuchenden im Rahmen der Registrierung der Fingerabdrücke, inwiefern geht die Bundesregierung diesen Vorwürfen nach, und welche Schlussfolgerungen zieht sie hieraus in Bezug auf ihre Positionierung zur Frage des Einsatzes von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Abnahme von Fingerabdrücken bei Asylsuchenden (www.amnesty.org/en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 14 ff.)? Die Fragen 15 und 16 werden zusammengefasst beantwortet. Die Bundesregierung nimmt die Berichte zur Kenntnis und beobachtet die Situation weiterhin aufmerksam. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen . 17. Hat die Bundesregierung die italienische Regierung oder verantwortliche Behörden oder die Europäische Kommission auf Übergriffe im Kontext mit der Registrierung angesprochen, oder hat die Bundesregierung Kenntnisse über eine Thematisierung dieser Zustände auf binationaler oder auf EU- Ebene (bitte ausführen)? Die Bundesregierung steht mit Italien und der EU-Kommission zu Flucht- und Migrationsfragen in engem Austausch. Zu einer darüber hinausgehenden Thematisierung durch Dritte liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 18. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob Frontex-Angehörige an den Übergriffen beteiligt oder bei diesen Übergriffen präsent waren oder Beobachtungen gemacht haben (wenn ja, bitte darstellen)? Falls ja, aus welchen Ländern kamen die Frontex-Angehörigen, und hat die Bundesregierung Kenntnis über Beschwerden oder Berichte von Frontex- Angehörigen oder Angehörigen von EASO (Europäische Asylunterstützungsbüro ) oder des UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) über die im Amnesty-International-Bericht geschilderten oder ähnliche Übergriffe oder Misshandlungen (bitte ausführen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13538 19. Wie bewertet die Bundesregierung die humanitäre Lage in italienischen Aufnahmestellen und Hotspots (bitte insbesondere auch auf Aspekte wie Versorgung , Unterbringung, Betreuung, Sicherheit, Brandschutz, Heizung und Hygiene eingehen)? Die Bundesregierung geht davon aus, dass Italien in seinen Aufnahmestellen die Verpflichtungen aus der Aufnahmerichtlinie einhält. Neben dem Einsatz staatlicher , internationaler und privater Akteure erhält Italien personelle, fachliche und finanzielle Unterstützung durch die Europäische Union, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache sowie das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen. Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. In den Hotspots arbeiten Kulturmediatoren (Arabisch, Englisch). Zur Zahl der Kulturmediatoren wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 20. Sind der Bundesregierung Berichte über Todesfälle und Verletzungen durch Umweltfaktoren wie Kälte oder Hitze oder Unfälle in italienischen Hotspots bekannt, und wenn ja, welche? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 21. Wie viele Plätze für unbegleitete minderjährige Geflüchtete gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Italien in speziellen Einrichtungen, und wie ist die Auslastung dieser Einrichtungen? Das italienische Innenministerium veröffentlichte im Mai 2017 die Zahl von ca. 15 000 Plätzen für unbegleitete minderjährige Migranten in Italien. Die Auslastung ist nicht bekannt. 22. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über Maßnahmen, die bei der Registrierung von ankommenden Schutzsuchenden durch italienische Polizisten durchgeführt werden, insbesondere über die Erstellung eines „foglio-notizie “, bei der auch Fragen nach Fluchtgründen direkt nach der Ankunft gestellt würden, und welche Auswirkungen haben diese Aussagen auf das weitere Asylverfahren (www.amnesty.org/en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 35 ff.)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 23. Trifft die im Amnesty-International-Bericht enthaltene Darstellung eines italienischen Polizisten zu, dass ankommende Geflüchtete einer nach dem anderen an einen Tisch gebeten und dort gefragt würden, warum sie ihr Herkunftsland verlassen hätten, um dann entweder als Asylsuchende in die Zentren weitergeleitet zu werden oder ein Schreiben zu erhalten, dass sie das Land zu verlassen hätten und ihre Ausweisung bzw. Abschiebung vorbereitet würde (www.amnesty.org/en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 35 ff.), und entspricht dies nach Auffassung der Bundesregierung der in den Standard Operating Procedures dargestellten Vorgehensweise bzw. EU-Recht (www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/sites/default/files/allegati/ hotspots_sops_-_english_version.pdf)? a) Falls ja, hält die Bundesregierung dieses Verfahren für ausreichend? Die Fragen 23 und 23a werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ihre Asylverfahren konform mit den Regelungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ausgestalten und anwenden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13538 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bei den im Rahmen der Frontex Operation „Triton 2017“ durchgeführten Maßnahmen handelt es sich um grenzpolizeiliche Einreisebefragungen. Die Durchführung des Asylverfahrens obliegt den zuständigen italienischen Behörden mit Unterstützung von EASO. Gemäß der Standard Operating Procedures des Einsatzplans für die von Frontex koordinierte Maßnahme „JO Triton 2017“ werden neu ankommende Personen in den Hotspots erkennungsdienstlich behandelt sowie auch nach den Gründen befragt , die sie zum Verlassen ihres Heimatslandes bewegt haben. Anschließend erfolgt die Übergabe in die Zentren. Eine Bewertung der angeführten Gründe erfolgt nicht durch Angehörige der Frontex Operation „JO Triton 2017“. Die weitere Prüfung der Asylanträge erfolgt durch die zuständigen italienischen Asylbehörden in Verbindung mit EASO. b) Wie viele Personen wurden im Rahmen des im Bericht beschriebenen Verfahrens ohne weitere Anhörung in welche Länder abgeschoben (bitte ab Januar 2016 quartalsweise aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. c) Inwiefern sind Vertreter deutscher Behörden im Rahmen von EASO oder Frontex an diesen Screeningprozeduren beteiligt? Aktuell sind neun deutsche Bedienstete in den italienischen Hotspots im Rahmen der Frontex Operation in der Funktion „Screener“ eingesetzt. Diese Maßnahme dient lediglich der Ermittlung der möglichen Staatsangehörigkeit. d) Inwiefern werden diese Screeningprozeduren durch Frontex, EASO oder unabhängige Beobachter kontrolliert? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. e) Sind solche Standard Operating Procedures in Zusammenarbeit mit Frontex auch für andere EU-Länder in Kraft bzw. in Vorbereitung (www. libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/sites/default/files/allegati/ hotspots_sops_-_english_version.pdf)? Der Einsatzplan für den durch Frontex koordinierten Einsatz „Poseidon 2017“ in Griechenland enthält vergleichbare Regelungen hinsichtlich der grenzpolizeilichen Einreisebefragung von Flüchtlingen und Migranten. 24. Auf welche Weise werden in Italien ankommende Drittstaatsangehörige nach Kenntnis der Bundesregierung darüber informiert, dass es die Möglichkeit gibt, ein Asylersuchen zu stellen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/13538 a) Werden alle Ankommenden informiert (bitte angeben, auf welche Weise, etwa schriftlich oder mündlich, und in welcher Sprache)? b) Werden Ankommende nur informiert, wenn Anzeichen für ein Asylersuchen vorliegen (www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/sites/ default/files/allegati/hotspots_sops_-_english_version.pdf), und falls ja, welche Anzeichen sind das, und wie wird diesbezüglich mit Sprachbarrieren umgegangen, d. h. gibt es entsprechende Übersetzungen oder Dolmetschungen usw.? Die Fragen 24a und 24b werden zusammen beantwortet. Der Bundesregierung liegen außer dem Einsatz der in den Fragen 5 und 19 erwähnten arabisch und tigrinisch sprechenden Kulturmediatoren keine weiteren Erkenntnisse vor. c) Wie wird der besonderen Traumatisierung schiffbrüchiger Drittstaatsangehöriger im Rahmen des Screeningverfahrens Rechnung getragen, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Feststellung des Leiters der Abteilung für Immigration des italienischen Innenministeriums, Prefect Mario Morcone, dass es klar sei, dass ein Migrant, der müde und verängstigt sei, das Vorgehen wohl gar nicht verstehen könnte (www.amnesty.org/ en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 35)? d) Wie lange dauert es nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnittlich von der Ankunft bis zur Zuweisung eines Status als „asylsuchend“ oder „nicht auf der Suche nach internationalem Schutz“? e) Welchen Zugang zu Rechtsberatung haben in Hotspots in Italien ankommende Drittstaatsangehörige, und inwiefern wird ihnen die Möglichkeit gegeben, nach dem Screeningverfahren Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen, und welches Verfahren ist dann vorgesehen? Hält die Bundesregierung diese Maßnahmen für ausreichend? Die Fragen 24c bis 24e werden zusammen beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 25. Wie viele Drittstaatsangehörige wurden nach Kenntnis der Bundesregierung aus italienischen Hotspots in welche Länder abgeschoben (bitte nach Quartalen ab Januar 2016 aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass aus Hotspots Abschiebungen stattfinden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13538 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 26. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Sammelabschiebung von 40 sudanesischen Staatsbürgern am 24. August 2016 vom Flughafen Turin, die nach ihrer Ankunft nach einem von Amnesty International veröffentlichten Bericht durch sudanesische Behörden misshandelt worden seien (www.amnesty.org/en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 43 ff.)? a) War an dem Flug Frontex oder eine andere EU-Behörde bzw. Agentur beteiligt, und falls ja, in welcher Form? b) Hatten nach Kenntnis der Bundesregierung die Teilnehmer an diesem Abschiebeflug die Möglichkeit, Rechtsgehör zu finden, und eine ausreichende Aufklärung über Widerspruchsmöglichkeiten erhalten, und trifft es zu, dass Festnahme, Gerichtsentscheidung und Abschiebung in einigen Fällen binnen 48 Stunden vollzogen worden waren? c) Gab es weitere solche Flüge, oder sind weitere geplant? Die Fragen 26 bis 26c werden zusammen beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine Informationen zu der genannten Sammelrückführung vor. 27. Teilt die Bundesregierung die vom UNHCR geäußerte Besorgnis bezüglich des bilateralen Abkommens zwischen Italien und dem Sudan und der in Frage 26 dargestellten Sammelabschiebung in den Sudan (www.amnesty. org/en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 46), und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Die Bundesregierung äußert sich nicht zu bilateralen Abkommen anderer EU- Mitgliedstaaten. 28. Wie bewertet die Bundesregierung die schriftliche Darlegung des italienischen Zentralen Direktors für Migration und Grenzpolizei beim italienischen Innenministerium, Präfekt Giovanni Pinto, dass der Sudan nicht als ein Land zu betrachten sei, für das Artikel 19.1 der Verordnung 286/1998 anzuwenden sei, welcher das Non-Refoulement-Prinzip in der italienischen Gesetzgebung verankern soll, und welche Konsequenzen zieht sie daraus, insbesondere vor dem Hintergrund der Dublin-Überstellungen nach Italien (www. amnesty.org/en/documents/eur30/5004/2016/en/, S. 48 f.) und der Universalität des Non-Refoulement Prinzips? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Mitgliedstaaten ihre Asylverfahren konform mit den Regelungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ausgestalten und anwenden. Das bereits aus der Genfer Flüchtlingskonvention folgende Non-Refoulement Prinzip (Grundsatz der Nichtzurückweisung) ist Teil dieses europäischen Regelungssystems. 29. Sind der Bundesregierung weitere bilaterale Rückführungsabkommen mit dem Sudan mit anderen EU-Staaten bekannt, oder ist auf nationaler oder EU- Ebene ein solches Abkommen in Planung, und wie positioniert sich die Bundesregierung dazu? Der Bundesregierung sind keine weiteren bilateralen Rückführungsabkommen mit Sudan bekannt. Die Bundesregierung plant ebenso wie die Europäische Union aktuell kein solches Abkommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333