Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 6. September 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13542 18. Wahlperiode 08.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Harald Ebner, Matthias Gastel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13371 – Europäische Atompolitik V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Deutschland ist an seinen Grenzen von alten und maroden Atomkraftwerken umgeben. In den belgischen Atomkraftwerken (AKW) Doel 3 und Tihange 2 wurden im Jahr 2012 eine Unzahl an Rissen festgestellt, der Brandschutz ist aus Sicht der Fragesteller desaströs (vgl. „Sûreté nucléaire : Deux lettres accablantes et alarmantes destinées à Electrabel“ vom 19. November 2016; online unter URL: www.lalibre.be/actu/belgique/surete-nucleaire-deux-lettres-accablantes-etalarmantes -destinees-a-electrabel-582f70d6cd70735194a3ed84). In den französischen Atomkraftwerken Fessenheim und Cattenom herrschen Mängel wie unzureichender Überflutungsschutz und ungenügende Erdbebensicherheit und im schweizerischen Beznau läuft das älteste Atomkraftwerk der Welt, bei dem ebenfalls Risse gefunden wurden. Im Falle eines Super-GAUs wäre auch das deutsche Bundesgebiet vermutlich stark betroffen. Das Betreiben von Atomkraftwerken ist zwar die souveräne Entscheidung eines jeden Landes, aber kein Land lebt unter einer Glasglocke. Die radioaktive Wolke macht nicht vor der Landesgrenze halt. Betroffene Anrainerstaaten brauchen deswegen aus Sicht der Fragesteller mehr Mitspracherecht bei den Sicherheitsanforderungen angrenzender Atomkraftwerke. 1. Welche aktuellen Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob der belgische AKW-Betreiber Electrabel mittlerweile alle Verstöße im Bereich des Brandschutzes behoben hat, die von der belgischen Atomaufsicht FANC im Juli und September 2016 nach den verheerenden Ergebnissen der Brandschutz -Studie für die belgischen AKW kritisiert worden sind (vgl. „Sûreté nucléaire : Deux lettres accablantes et alarmantes destinées à Electrabel“ vom 19. November 2016; online unter URL: www.lalibre.be/actu/belgique/suretenucleaire -deux-lettres-accablantes-et-alarmantes-destinees-a-electrabel-582 f70d6cd70735194a3ed84)? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13542 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Was hat die Bundesregierung hinsichtlich der besorgniserregenden Erkenntnisse rund um den Brandschutz sowie der umfassenden Kritik an der Sicherheitskultur in den belgischen AKW (ebenda) konkret unternommen? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Es liegt in der alleinigen Verantwortung der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde Federaal Agentschap voor Nucleaire Controle (FANC), belgische Atomkraftwerke (AKW) sicherheitstechnisch zu bewerten und ggf. atomaufsichtliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Auf Bitte der Bundesregierung hat FANC im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit zu Fragen der nuklearen Sicherheit zwischen Belgien und Deutschland die Hintergründe der beiden Schreiben aus dem Jahr 2016 erläutert. Seit dem Jahr 2011 ist für belgische Atomkraftwerke eine Brand-Risikoanalyse (Brand-PSA) gesetzlich vorgeschrieben. Die im Jahr 2016 vom Betreiber vorgelegten ersten Ergebnisse der Brand-PSA seien für FANC inakzeptabel gewesen. Der Betreiber sei schriftlich aufgefordert worden, die Brand- PSA zu überarbeiten und bis Ende des Jahres 2017 einen daraus resultierenden Maßnahmenkatalog vorzulegen. Aufgrund von zunehmenden Hinweisen auf eine geringere Sicherheitskultur am AKW-Standort Tihange sei der Betreiber in einem weiteren Schreiben aufgefordert worden, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen . Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine weiteren Erkenntnisse vor. 3. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung zu der Aussage der belgischen Atomaufsicht vom September 2016 (ebenda), dass insbesondere die Arbeitsbedingungen der Betriebsmannschaft von Block 2 des AKW Tihange wegen Personalmangel schwierig geworden seien? FANC hat die Bundesregierung darüber informiert, dass im AKW Tihange die Anzahl des für den Block-2 zuständigen Betriebspersonals im Jahre 2016 zwischenzeitlich geringer war als vom Betreiber vorgesehen. FANC wies darauf hin, dass sich die Betriebsstärke stets im Rahmen des Erlaubten befand. 4. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Ermittlungen zum mutmaßlichen Sabotageakt am Reaktor 4 des belgischen Atomkraftwerks Doel vom 5. August 2014 (vgl. Aachener Zeitung „Ermittlungen wegen Sabotage: Belgischer Reaktor vorerst außer Betrieb“ vom 14. August 2014)? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind die Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen. 5. Auf welchem Stand steht nach Kenntnis der Bundesregierung die nachzuholende grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das britische AKW-Neubauvorhaben Hinkley Point C (www.bmub.bund.de/ index.php?id=4708)? Das britische Ministerium für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie hat der Bundesregierung über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) mit dem Schreiben vom 28. Juli 2017 mitgeteilt, dass noch nachträglich Stellungnahmen zu potentiellen grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen des Neubauvorhabens Hinkley Point C bis zum 20. Oktober 2017 abgegeben werden können. Die Landesbehörden, die nach § 58 Absatz 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) für die Durchführung einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) auf deutscher Seite zuständig sind, wurden hierüber unterrichtet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13542 Die relevanten Unterlagen sowie weitere Informationen über das Beteiligungsverfahren sind über die Internetseiten des BMUB (www.bmub.bund.de/themen/ atomenergie-strahlenschutz/nukleare-sicherheit/internationales/uvpsup/akwhinkley -point-c-grossbritannien/) erhältlich. 6. Hat die Bundesregierung gegenüber der britischen Regierung bereits deutlich thematisiert, dass die Bauarbeiten vor Ort bis zum Ende des UVP-Verfahrens ruhen müssen, um das Verfahren nicht ad absurdum zu führen (wenn nein, bitte erläutern)? Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks hat in einem Schreiben vom 7. Juni 2017 den britischen Minister für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie gebeten, die Bauarbeiten bis zum Abschluss des grenzüberschreitenden UVP- Verfahrens zu unterbrechen. 7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über weitere britische AKW- Neubauprojekte und insbesondere deren grenzüberschreitende UVP-Verfahren ? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist im Vereinigten Königreich die Errichtung weiterer Atomkraftwerke an den Standorten Bradwell, Moorside, Oldbury, Sizewell und Wylfa geplant. Diese befinden sich in unterschiedlichen Planungsstadien . Zum Neubauvorhaben am Standort Wylfa wurde die Bundesregierung über das BMUB von der zuständigen britischen Behörde auf Basis der Espoo-Konvention über die Planungen und den Stand des Verfahrens informiert und auf die Möglichkeit der Beteiligung hingewiesen. Entsprechend den Regelungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) wurden die zuständigen Landesbehörden informiert. Das Verfahren einer grenzüberschreitenden UVP hat noch nicht begonnen. 8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über UVP-Verfahren für die Laufzeitverlängerung mehrerer ukrainischer Atommeiler? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat sich die Ukraine offen gezeigt, bei Laufzeitverlängerungen von Rivne-1 und -2 sowie der Atomkraftwerke Südukraine und Saporishshja grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen . 9. Wird sich die Bundesregierung mit eigenen Fachstellungnahmen an diesen Verfahren beteiligen (wenn nein, bitte erläutern)? Im Rahmen der grenzüberschreitenden Verfahren steht die Bundesregierung regelmäßig im Kontakt mit den in Deutschland für diese Verfahren zuständigen Landesbehörden. Über die Notwendigkeit einer eigenen Fachstellungnahme des Bundes wird jeweils fallbezogen entschieden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13542 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Hat die Bundesregierung mit der polnischen Regierung in den vergangenen zwölf Monaten Gespräche über einen möglichen Einstieg Polens in die Atomkraft geführt (bitte erläutern, wann, in welchem Kontext, und mit welchem konkreten Inhalt)? Gespräche zwischen der Bundesregierung und der polnischen Regierung zu energiepolitischen Themen finden im Kontext der bilateralen und der EU-Abstimmung regelmäßig statt. Konkrete Gespräche über einen möglichen Einstieg Polens in die Atomkraft haben nicht stattgefunden. 11. Hat die Bundesregierung gegenüber der polnischen Regierung in den letzten zwölf Monaten über die Möglichkeit, erneuerbare Energien als Form der Energieerzeugung zu wählen gesprochen und Hilfe bei der Ausgestaltung einer Erneuerbaren-Strategie angeboten? Falls ja, bitte erläutern, wann, in welchem Kontext, und mit welchem konkreten Inhalt? Falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung steht sowohl bilateral als auch auf europäischer Ebene in regelmäßigem Kontakt zur polnischen Regierung, um Fragen der Klima- und Energiepolitik zu erörtern. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat auf Abteilungsleiter- und Staatssekretärsebene insgesamt drei Gespräche mit polnischen Vertretern zu Energiethemen geführt. Im Fokus dieser Gespräche standen im Wesentlichen Aspekte aus dem Legislativpaket „Clean Energy for all Europeans“ der EU-Kommission . Bei einem Gesprächstermin am 24. April 2017 wurden auch Themen der jeweiligen nationalen Energiepolitik angesprochen. Die Bundesregierung hat dabei ihr Interesse an einer weiteren Kooperation zur Förderung erneuerbarer Energien bekundet. Polnische Regierungsvertreter nahmen zudem am dritten „Berlin Energy Transition Dialogue“ im März des Jahres 2017 teil. Am Rande der Veranstaltung fanden auch Gespräche auf Staatssekretärsebene mit dem polnischen Energieministerium statt. Das BMUB hat auf Ebene der Parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter am 25. Oktober 2016 am Deutsch-Polnischen Umweltrat in Warschau teilgenommen. Dort wurden Fragen der Klimaschutz- und Energiepolitik erörtert. Das BMUB fördert zudem zwei Beratungshilfeprojekte zur Unterstützung der polnischen Regionen und Kommunen bei der Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz sowie bei der Nutzung von erneuerbaren Energien. Vom Oktober des Jahres 2016 bis zum April des Jahres 2017 wurde zudem eine parlamentarische Veranstaltungsreihe in Polen zum Erfahrungsaustausch über gute Rahmenbedingungen zur Verbreitung von Klimaschutztechnologien gefördert. Die Integration von erneuerbaren Energien in den Stromsektor stand hierbei im Vordergrund . Weitere Informationen zu den einzelnen Projekten können über die Datenbank des Beratungshilfeprogramms (www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeitstrategien -internationales/kooperation-in-mittel-osteuropa-dem-kaukasus/ projektdatenbank-des-beratungshilfeprogramms) abgerufen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13542 Im Rahmen der im Jahr 2017 ins Leben gerufenen Europäischen Klimaschutzinitiative wird die bilaterale Kooperation auf der Projektebene weiter intensiviert . Die polnische Regierung wurde von Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks eingeladen, eigene Projektvorschläge einzubringen. Dieses Angebot wurde auch in bilateralen Gesprächen auf Abteilungs- und Staatssekretärsebene bekräftigt. 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den weiter andauernden Untersuchungen im Schweizer AKW Beznau 1, und welche konkreten Erkenntnisse sind ihr bezüglich der Materialfehler bekannt (vgl. „Betriebsunterbruch in Beznau kommt Axpo teuer zu stehen“ vom 17. Juni 2017; online unter URL: www.srf.ch/news/schweiz/betriebsunterbruch-in-beznau-kommt-axpoteuer -zu-stehen)? Konkrete Erkenntnisse zu den Materialbefunden liegen der Bundesregierung nicht vor. Der Betreiber des AKW Beznau 1 geht nach Kenntnis der Bundesregierung davon aus, dass es sich bei den Befunden um Aluminiumoxideinschlüsse handelt. Die für den Sicherheitsnachweis des Reaktordruckbehälters notwendigen Unterlagen wurden bei der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde der Schweiz, dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI), eingereicht. Die Bewertung dieser Unterlagen durch das ENSI ist nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Der Bundesregierung liegen keine Informationen zu aktuell durchgeführten Untersuchungen des Betreibers vor. 13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die weitere Ursachenanalyse im Schweizer AKW Leibstadt, und welche Auflagen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung für den weiteren Betrieb angeordnet (vgl. Bundestagsdrucksache 18/10320)? 14. Hat die Bundesregierung die Erkenntnisse aus den Untersuchungen an den oxidierten Brennstäben des AKW Brokdorf mit den Schweizer Behörden besprochen, die ein ähnliches Problem im AKW Leibstadt haben (www. tagesspiegel.de/politik/atomkraft-strenge-auflagen-fuer-das-atomkraftwerkbrokdorf /20072342.html)? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, bitte begründen. 15. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung belastbare Unterschiede zwischen den Oxidationen und ihrem Ursprung im AKW Brokdorf und im AKW Leibstadt? Die Fragen 13, 14 und 15 werden gemeinsam beantwortet. Das BMUB führt einen fachlichen Dialog mit dem ENSI sowohl zu den Befunden im Atomkraftwerk Leibstadt als auch zu den erhöhten Oxidationen an Brennelementhüllrohren im Atomkraftwerk Brokdorf. Bei den betroffenen Brennelementen im Atomkraftwerk Leibstadt wurde aufgrund lokaler Verfärbungen mit charakteristischer Fahnen-Form an den Hüllrohren auf eine ungewöhnliche Oxidation des Hüllrohrmaterials infolge von Dryout geschlossen. Diese Art der Oxidation liegt im Atomkraftwerk Brokdorf nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13542 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Laut Aussage des ENSI wurden die relevanten Einflussgrößen für Dryoutbefunde identifiziert und seitens des Betreibers Maßnahmen ergriffen, die ein erneutes Auftreten verhindern sollen. Laut ENSI sind diese Maßnahmen geprüft und als anforderungsgerecht beurteilt worden. Für die Detailanalyse der beteiligten Mechanismen werden weitere Untersuchungen durchgeführt, die nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen sind. Als Auflage für die Freigabe zum Leistungsbetrieb wurde laut ENSI festgelegt, dass das Kraftwerk bei einem Hinweis auf einen Brennstabschaden unverzüglich abgefahren werden muss. Hinzu kommt eine erweiterte Überwachung und Dokumentationspflicht. 16. Welchen aktuellen Kenntnisstand hat die Bundesregierung bezüglich der Untersuchungen zu Dokumentationsunregelmäßigkeiten, Fälschungen und Qualitätsproblemen bei Herstellern im Atomkraftbereich, konkret bei Creusot Forge, Japan Casting and Forging Cooperation, Mangiarotti und SBS Forge (vgl. Bundestagsdrucksache 18/10366)? Gegenüber dem in der Bundestagsdrucksache 18/10366 dargestellten Stand liegen der Bundesregierung keine weiteren Erkenntnisse über konkrete Dokumentationsunregelmäßigkeiten , Fälschungen und Qualitätsprobleme bei Creusot Forge, Mangiarotti, SBS Forge oder anderen Herstellern vor. Die Mitglieder des europäischen Netzwerkes der Aufsichtsbehörden „Western European Nuclear Regulators Association“ (WENRA) haben sich am 26. April 2017 in der WENRA-Frühjahrsitzung auf einen gemeinsamen Austausch der atomrechtlichen Aufsichtsbehörden zu Fragen der Herstellung von großen Schmiedeteilen verständigt. Hierzu findet in Kürze ein Arbeitstreffen der WENRA mit deutscher Beteiligung statt. 17. Sind die Untersuchungen aller mutmaßlich betroffenen Komponenten abgeschlossen , und wenn ja, welche AKW sind in welcher Form betroffen? Der Bundesregierung liegen zu Untersuchungen an betroffenen Komponenten gegenüber dem auf Bundestagsdrucksache 18/10366 dargestellten Sachstand folgende Erkenntnisse vor: Hinsichtlich der Untersuchungen zu den Eigenschaften der Deckel- und Bodenkalotten für den Reaktordruckbehälter vom AKW Flamanville 3 hat die zuständige atomrechtliche Aufsichtsbehörde ASN („Autorité de Sûreté Nucléaire“) Stellung genommen (www.asn.fr/Informer/Actualites/L-ASN-presente-sa-positionsur -l-anomalie-de-la-cuve-du-reacteur-EPR-de-Flamanville). Die ASN stimmt, auf Basis der ihr vorgelegten Nachweise, dem Einsatz dieser Komponenten unter der Voraussetzung zu, dass während der Betriebszeit wiederkehrende Prüfungen an beiden Kalotten durchgeführt werden. Die ASN vertritt die Auffassung, dass die Prüfbarkeit des Deckels im Gegensatz zu der Bodenkalotte eingeschränkt sei. Nach Kenntnis der Bundesregierung dauern die Untersuchungen am Dampferzeuger des AKW Fessenheim 2, dessen Prüfzertifikat von der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde ASN im Juli des Jahres 2016 zurückgezogen wurde, noch an. An den Dampferzeugerkalotten des Herstellers Japan Casting and Forging Cooperation (JCFC) haben die Untersuchungen des Betreibers Electricité de France (EdF) an den betroffenen Atomkraftwerken (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Frage 5 auf Bundestagsdrucksache 18/10366) lokal erhöhte Kohlenstoffgehalte an der äußeren Oberfläche festgestellt. Nach einer sicherheitstechnischen Bewertung hat die zuständige atomrechtliche Aufsichtsbehörde ASN Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13542 dem Wiederanfahren der betroffenen Anlagen mit Auflagen zugestimmt (www. asn.fr/Informer/Actualites/Anomalie-de-la-concentration-en-carbone-de-l-acierredemarrage -des-reacteurs). Nach Auskunft der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ist die technische Bewertung der Unregelmäßigkeiten in der Herstellungsdokumentation bei den Behältern, die in Deutschland als Transport- und Lagerbehälter im Einsatz sind, abgeschlossen. Beim Brennelementbehälter TN24 E liegen keine Abweichungen zu zulassungsrelevanten Spezifikationen vor. Bei fünf Behältermänteln des Glaskokillenbehälters TN85 liegen Auffälligkeiten dergestalt vor, dass der finale Schmiede-/Wärmebehandlungsschritt nur intern dokumentiert wurde. Sicherheitstechnisch relevante mechanisch-technologische Kennwerte sind davon nicht betroffen. Entsprechende Prüfungen bei fünf Behälterböden des Behälters TN85 haben keine Abweichung von der Spezifikation ergeben . Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 18. Gibt es nach Ansicht der Bundesregierung noch offene Fragen? 19. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung noch Probleme bei weiteren Schmieden/Herstellern oder Zulieferern im Atomkraftbereich? Die Fragen 18 und 19 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 16 wird verwiesen. 20. Welche europäischen AKW haben nach Kenntnis der Bundesregierung a) die geringsten Reserven hinsichtlich Hochwasser-/Überflutungsschutz, oder b) sogar Defizite beim Hochwasser-/Überflutungsschutz? Unmittelbar nach den Reaktorunfällen in Fukushima Dai-ichi wurde die Sicherheit aller kerntechnischen Anlagen der EU-Mitgliedsstaaten einschließlich der Schweiz und der Ukraine mittels einer umfassenden Sicherheitsbewertung („Stresstest“) vor dem Hintergrund des Ereignisses in Fukushima überprüft und von den nationalen atomrechtlichen Aufsichtsbehörden bewertet. Als Schwerpunkt der Überprüfung standen u. a. auch naturbedingte Einwirkungen wie Hochwasser im Mittelpunkt. Allen Atomkraftwerken konnte attestiert werden, den länderspezifischen Anforderungen zu entsprechen. 21. Welche am Meer stehenden AKW in Europa sind nach Kenntnis der Bundesregierung schon heute auf welchen (Klimakrisen-bedingten) Anstieg des Meeresspiegels vorbereitet bzw. ausgelegt? 22. Bei welchen am Meer stehenden AKW in Europa gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Defizite oder weiteren Bedarf hinsichtlich der Auslegung bzw. Vorbereitung auf einen (Klimakrisen-bedingten) Anstieg des Meeresspiegels ? Die Fragen 21 und 22 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung verweist auf die alleinige Zuständigkeit der jeweiligen europäischen Staaten für deren kerntechnische Anlagen. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind alle am Meer stehenden Atomkraftwerke in der Europäischen Union gegen seltene Hochwasserereignisse ausgelegt. Gemäß der Richtlinie Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13542 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2014/87/EURATOM ist die Einhaltung der Auslegung von AKW in der Europäischen Union in regelmäßigen Abständen – mindestens alle zehn Jahre – neu zu bewerten. Dabei sind ggf. veränderte Standortgegebenheiten und neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. 23. Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeit einer gegenseitigen Beteiligung von Beamten in der jeweiligen zuständigen Atomaufsicht des Nachbarstaates und die Erarbeitung eines Leitfadens zur grenzüberschreitenden Beteiligung der Aufsichtsbehörden bei Fragen der Sicherheit? Im Rahmen der bestehenden bilateralen Zusammenarbeit besteht ein regelmäßiger Austausch zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutscher Aufsichtsbehörden und der Aufsichtsbehörden angrenzender Staaten. Diese Zusammenarbeit wird von der Bundesregierung unterstützt und gefördert. Darüber hinaus erfolgt im Rahmen des Netzwerkes der europäischen Aufsichtsbehörden WENRA und der „European Nuclear Safety Regulators Group“ (ENSREG) eine enge Kooperation zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der jeweiligen europäischen Aufsichtsbehörden zur gemeinsamen Weiterentwicklung der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen. Von besonderer Bedeutung ist die Zusammenarbeit zur Harmonisierung der nationalen kerntechnischen Regelwerke in den europäischen Staaten. Im Rahmen dieser Arbeiten werden WENRA-Referenzlevels mit grundlegenden Sicherheitsanforderungen an Atomkraftwerke erarbeitet, an deren Weiterentwicklung die Bundesregierung sich maßgeblich beteiligt. 24. Inwiefern hat sich die Bundesregierung in dieser Wahlperiode dafür eingesetzt , dass bei allen Atomkommissionen mit Nachbarstaaten ein systematischer Unterlagenaustausch eingeführt wird (bitte erläutern, ggf. Datum angeben )? Der Informationsaustausch ist durch bilaterale Abkommen mit den Nachbarstaaten geregelt. In dieser Wahlperiode wurde mit Belgien ein neues Abkommen geschlossen , auf dessen Grundlage die Deutsch-Belgische Nuklearkommission eingerichtet wurde und der Informationsaustausch mit Belgien erfolgt. 25. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass in Europa eine AKW-Laufzeitbeschränkung von maximal 40 Jahren eingeführt werden sollte (falls nein, bitte erläutern)? Die Bundesregierung steht Laufzeitverlängerungen von AKW kritisch gegenüber . Es liegt jedoch in der souveränen Entscheidung eines jeweiligen Staates, ob und wann AKW betrieben oder abgeschaltet werden. Auch obliegt die Bewertung der Sicherheit einer Anlage der jeweils zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde . 26. Hat die Bundesregierung im Zuge der Brexit-Verhandlungen auch eine Revision des Euratom-Vertrags thematisiert (bitte erläutern)? Der Euratom-Vertrag hat sich insbesondere beim Gesundheits- und Strahlenschutz , der grenzüberschreitenden nuklearen Sicherheit sowie der Kernmaterialüberwachung bewährt. Die laufenden Brexit-Verhandlungen sind kein Anlass, eine Revision des Vertrages zu thematisieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13542 27. Wird die Bundesregierung federführend die Initiative für die Organisation einer Intergovernmental Conference der Euratom-Vertragsstaaten aufgreifen , um eine umfassende Reform von Euratom voranzutreiben? Wenn ja, welche Reformvorschläge wird sie vorbringen? Wenn nein, bitte erläutern. Auf die Antwort zu Frage 26 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333