Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 7. September 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13591 18. Wahlperiode 19.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Keul, Volker Beck (Köln), Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13381 – Stand der Überarbeitung der Protokolle zum EU-Marokko-Assoziationsabkommen in Bezug auf die Westsahara V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 21. Dezember 2016 deutlich gemacht, dass das Handelsabkommen der EU mit Marokko nicht automatisch auf das Gebiet der Westsahara angewendet werden darf (vgl. beck-aktuell NACHRICHTEN vom 21. Dezember 2016, https://rsw.beck. de/aktuell/meldung/eugh-liberalisierungsabkommen-zwischen-eu-undmarokko -nicht-auf-westsahara-anwendbar). Nach Information der Fragesteller hat die Europäische Kommission am 19. April 2017 den 28 EU-Mitgliedstaaten den Entwurf eines Beschlusses des Rates über eine Verhandlungsrichtlinie übermittelt. Diese Verhandlungsrichtlinie würde die Europäische Kommission dazu ermächtigen, eine Anpassung der Protokolle des Assoziationsabkommens zwischen der EU und dem Königreich Marokko auszuhandeln, um dem Urteil des EuGH in Bezug auf die Westsahara nachzukommen. Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Matthias Machnig betonte noch im April 2017, dass die Bundesregierung die Europäische Kommission aktiv bei der Erarbeitung der sich aus dem EuGH-Urteil ergebenden Konsequenzen begleite (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 24 der Abgeordneten Katja Keul, Bundestagsdrucksache 18/12021). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13591 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. a) Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig das jährliche Handelsvolumen, das aus der Westsahara stammt? b) Inwiefern kann die Bundesregierung versichern, dass seit dem EuGH-Urteil vom 21. Dezember 2016 in dem Fall Polisario vs. Council alle Produkte aus der Westsahara unter dem ISO-Code EH (d. h. nicht MA, als marokkanische Produkte) nach Deutschland eingeführt werden und nicht vom EU-Marokko-Vorzugszoll profitieren (wenn zutreffend, zum Beispiel für Lebensmittelprodukte)? Die Fragen 1a und 1b werden gemeinsam beantwortet. Die Außenhandelsstatistik für 2016 weist keine Importe aus der Westsahara in die Bundesrepublik aus, deutsche Exporte hatten ein Volumen von 84 000 Euro. Dort produzierte Lebensmittel (v. a. Datteln und Tomaten) sowie von dort stammende Fischereierzeugnisse haben keine Relevanz für den deutschen Markt. 2. Warum schlägt die Europäische Kommission nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung vor, mit Marokko über ein Gebiet zu verhandeln, das auch laut EuGH außerhalb der international anerkannten Grenzen Marokkos liegt? Der völkerrechtliche Status der Westsahara ist ungeklärt. Bilaterale wie EU-Abkommen dürfen den zukünftigen Status der Westsahara nicht präjudizieren. Der von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union um Stellungnahme gebetene Juristische Dienst des Rates hat festgestellt, dass der vorgelegte Mandatsentwurf für die Verhandlungen über die Anpassung von Protokollen zum Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko im Einklang mit dem Urteil des EuGH vom 21. Dezember 2016 (C-104/16P) steht. 3. Inwiefern kann die Bundesregierung bestätigen, dass sich die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag auf das „Volk“ der Westsahara und nicht auf die „Bevölkerung“ bezieht? Die englische Sprachfassung des Mandats zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Königreich Marokko bezieht sich auf „the people of the Western Sahara“ und damit auf das „Volk“. Das Mandat verweist zudem bei der Frage nach der Beteiligung an Verhandlungen explizit auf Resolutionen der Vereinten Nationen 2152 (2014) und 2218 (2015) und somit das Volk der Westsahara. Schließlich soll das Mandat ausweislich seiner Begründung die Anforderungen des EuGH aus der Rechtssache C-104/16 P umsetzen, welche sich ebenfalls durchgängig auf das „Volk“ der Westsahara bezieht. 4. Wie beabsichtigt die Europäische Kommission nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung, die laut EuGH-Urteil erforderliche Zustimmung des Volkes der Westsahara (also insbesondere auch der Sahrauis) zu wirtschaftlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Gebiet der Westsahara zu erhalten? Das Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Königreich Marokko sieht eine angemessene Einbindung der Interessensträger gemäß dem EuGH-Urteil vom 21. Dezember 2016 vor, die Modalitäten dieses Prozesses sind Gegenstand laufender Verhandlungen. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13591 5. Wie kann es nach Auffassung der Bundesregierung möglich bzw. gerechtfertigt sein, dass öffentliche Körperschaften nach marokkanischem innerstaatlichem Recht eingerichtet werden, um die Zustimmung des Volkes der Westsahara auszudrücken, während die EU und ihre Mitgliedstaaten die Souveränitätsansprüche Marokkos über die Westsahara nicht anerkennen? Auf die Antworten zu Fragen 2, 3 und 4 wird verwiesen. 6. Ist der Bundesregierung bekannt, wie die Europäische Kommission beabsichtigt , die Zustimmung des Teils des Volkes der Westsahara zu erlangen, der in der befreiten Zone und in den Flüchtlingslagern in Algerien lebt? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 7. a) Inwiefern beabsichtigt die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung, ein Mandat zu verlangen, welches direkte Verhandlungen mit der Frente-Polisario-Vertreterin der Westsahara ermöglicht, um die erforderliche Zustimmung zu erhalten? b) Inwiefern hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass die Europäische Kommission nur um ein Mandat bittet, mit Marokko zu verhandeln? Die Fragen 7a und 7b werden gemeinsam beantwortet. Das Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen zur Anpassung von Protokollen zum Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko wurde am 19. Mai 2017 erteilt. Bezüglich der Verhandlungen der Europäischen Kommission wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 8. a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass wegen der lokalen Vorteile des Handels mit der EU die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten über den derzeitigen Bevölkerungsanteil der in der Westsahara lebenden marokkanischen Siedler und Sahrauis informiert hat? b) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil des Volkes der Westsahara (d. h. nicht marokkanische Siedler), das in den von dieser Vereinbarung betroffenen Sektoren beschäftigt ist (z. B. Phosphate, Fischerei und Landwirtschaft)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. 9. Wie stellt die Bundesregierung bzw. nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Kommission sicher, dass die Herkunftsbezeichnungen für Produkte aus dem Gebiet der Westsahara für den Verbraucher erkennbar machen , dass es sich nicht um marokkanische Produkte handelt, und welche Regelungen stellen das sicher? Auf die Antwort der Europäischen Kommission vor dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments zu Petition Nr. 0698/2016 wird verwiesen. Das Dokument CM\1118819DE ist öffentlich zugänglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13591 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. a) Welche Fischerei-, Rohstoff-, Wirtschafts- und Handelsabkommen, -vereinbarungen und -verträge zwischen Deutschland und Marokko bzw. der EU und Marokko gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung mit welchem Regelungsinhalt? Mit dem Königreich Marokko hat die Bundesrepublik Deutschland folgende bilateralen Abkommen auf den von der Fragestellung umfassten Gebieten geschlossen : Abkommen vom 12. Oktober 1961 über den Luftverkehr, Abkommen vom 24. November 1966 über die Seeschifffahrtsbeziehungen, Abkommen vom 25. Juni 1985 über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Straße, Abkommen vom 7. Juni 1972 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, Vertrag vom 6. August 2001 über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen, Vertrag vom 29. Oktober 1985 über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil - und Handelssachen, Vereinbarung vom 18. November/17. Dezember 1996 über die Errichtung der deutschen Industrie- und Handelskammer in Marokko, Abkommen vom 25. März 1981 über Soziale Sicherheit. Es gelten darüber hinaus die folgenden Abkommen der Europäischen Union mit dem Königreich Marokko: Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 26. Februar 1996 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits, Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen vom 12. Dezember 2006 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits und Protokoll vom 18. Juni 2012 zur Änderung des Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommens vom 12. Dezember 2006 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union, Kooperationsabkommen vom 12. Dezember 2006 über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten sowie dem Königreich Marokko, Partnerschaftliches Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Marokko (29. Mai 2006); Verlängerung um jeweils vier Jahre bei Nichtkündigung. Das Abkommen wird durch zeitlich befristete Protokolle zur Festlegung von Fangmengen und die finanziellen Gegenleistungen konkretisiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13591 Abkommen in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko mit Maßnahmen zur gegenseitigen Liberalisierung des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen, Fisch und Fischereierzeugnissen, zur Ersetzung der Protokolle Nrn. 1, 2 und 3 und ihrer Anhänge sowie zur Änderung des Europa -Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits („Liberalisierungsabkommen“, 7. September 2012). b) Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung sichergestellt, dass diese keine Anwendung auf Waren, Güter und Dienstleistungen aus der Westsahara haben? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. c) Welche Regelungen sind für diese anwendbar oder werden auf diese angewendet ? Bezug zur Westsahara haben nur die beiden unter Antwort 10a letztgenannten Abkommen. Das Liberalisierungsabkommen war Gegenstand des Verfahrens vor dem EuGH (C-104/16P). Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Das Partnerschaftliche Fischereiabkommen bezieht sich auf das Gebiet Marokkos und die Gebiete unter der Jurisdiktion Marokkos. Das Fischereipartnerschaftsabkommen enthält keine Äußerung zum völkerrechtlichen Status der Meeresgewässer der Westsahara und präjudiziert den zukünftigen Status der Westsahara nicht. Ein Teil der finanziellen Gegenleistung ist für die Entwicklung der marokkanischen Fischereipolitik bestimmt. Für die Verwendung und Verwaltung dieses Beitrags durch Marokko werden durch die EU und Marokko die Ziele und die jährliche und mehrjährliche Planung einvernehmlich festgelegt. Marokko ist zu regelmäßiger und detaillierter Berichterstattung darüber verpflichtet , wie die Umsetzung des Abkommens der gesamten örtlichen Bevölkerung in den einzelnen Regionen zu Gute kommt. 11. a) Welche Zollbehörde wird nach Einschätzung der Bundesregierung für Produkte aus der Westsahara verantwortlich sein, nachdem das Assoziationsabkommen zwischen der EU und Marokko vorsieht, dass die Bescheinigungen , die für die Feststellung des Ursprungsortes erforderlich sind (Warenverkehrsbescheinigung EUR.1), von den Zollbehörden des Ausfuhrlandes ausgestellt werden müssen? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. b) Auf welcher Grundlage kann Marokko, das in seiner souveränen Funktion handelt, nach Auffassung der Bundesregierung Herkunftszeugnisse in Bezug auf Produkte mit Ursprung außerhalb seiner internationalen Grenzen ausstellen? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13591 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. a) Wie wird die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung die Umsetzung der überarbeiteten Vereinbarung überwachen? b) Inwiefern wird sie sich nach Einschätzung der Bundesregierung nur auf Informationen der marokkanischen Regierung verlassen, und inwiefern kann nach Einschätzung der Bundesregierung diesen Informationen vertraut werden, insbesondere unter dem Aspekt, dass die Westsahara für unabhängige , internationale Beobachter (z. B. für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, aber auch für das UNO-Amt des Hohen Kommissars für Menschenrechte und internationale Nichtregierungsorganisationen ) und für Journalisten nicht zugänglich ist? Die Fragen 12a und 12b werden gemeinsam beantwortet. Die Anpassung des Abkommens , sowie daraus resultierende Umsetzungsmodalitäten sind Gegenstand laufender Verhandlungen. 13. Was sind die konkreten Garantien, die die Bundesregierung von der Europäischen Kommission verlangt, um sicherzustellen, dass die Verhandlungen in vollem Einklang mit dem EuGH-Urteil stehen, insbesondere im Hinblick auf eine Zustimmung der Frente Polisario, die sicherstellen soll, dass kostspielige und langwierige Gerichtsverfahren vermieden werden, die die Frente Polisario gegen das Ergebnis der Verhandlungen einleiten könnte? Auf die Antworten zu Frage 4 und 7 wird verwiesen. 14. a) Inwiefern plant die Bundesregierung, eine Diskussion über diese Angelegenheit im Deutschen Bundestag vor dem Verfahren im Rat der Europäischen Union durchzuführen, wie es nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 123, 267 nötig ist? b) Inwiefern beabsichtigt die Bundesregierung eine Veröffentlichung der Abstimmung der Bundesrepublik Deutschland im Rat der Europäischen Union über das Verhandlungsmandat und über das endgültige Ergebnis der Verhandlungen? Die Fragen 14a und 14b werden gemeinsam beantwortet. Eine Befassung des Deutschen Bundestags in der laufenden Legislaturperiode ist nicht vorgesehen. Aussagen zu den Planungen einer künftigen Bundesregierung können nicht getroffen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333