Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 14. September 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13601 18. Wahlperiode 18.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Caren Lay, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/13461 – Umgang mit radioaktiven Abfällen der Siemens AG und anderer (ehemaliger) nuklearer Versorgungsbetriebe V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Siemens AG hat als Betreiber u. a. der ehemaligen Brennelementeanlagen in Hanau Atommüll erzeugt, für dessen Entsorgung das Unternehmen nach dem Wissen der Fragestellerinnen und Fragesteller bis heute zuständig ist. Auch in Karlstein hatte die Siemens AG nach Information der Fragestellerinnen und Fragesteller Anlagen im Bereich der Nukleartechnik betrieben. Nach der Neuregelung der Verantwortung im Entsorgungsbereich, bei der die AKW-betreibenden (AKW: Atomkraftwerk) Unternehmen gegen eine Einmalzahlung in einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsfonds von der künftigen Verantwortung für die Kostenrisiken der Atommülllagerung dauerhaft befreit wurden, sollen nach Medienberichten künftig gegebenenfalls auch andere Atommüllerzeuger in die geschaffene Fondsregelung aufgenommen werden (vgl. http://bizzenergytoday.com/siemens_draengt_in_den_atommuell_fonds). Die Entlassung der Energiekonzerne aus der Haftung wurde vor allem damit begründet , dass diese aufgrund ihrer Geschäftspolitik der vergangenen Jahre finanziell angeschlagen seien und durch den Entsorgungsfonds wenigstens ein Teil der Gelder für die späteren Entsorgungslasten sichergestellt werden konnte (vgl. www.zeit.de/politik/deutschland/2016-12/endlagerung-atommuell-bundes tag-entsorgungspakt-atomkonzerne, www.n-tv.de/wirtschaft/Kabinett-erlaesst- Atom-Konzernen-Haftung-article18888341.html). Bizz energy.today berichtet dazu u. a.: „Die Bundesregierung prüft derzeit, ob und wie das Entsorgungsfonds-Gesetz auf andere Inhaber radioaktiver Abfälle erweitert wird, bestätigte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage von bizz energy. Der Bund werde Gespräche mit den Betreibern anderer Anlagen aufnehmen, in denen ebenfalls Abfälle entstehen. Eine Entscheidung werde ,spätestens Ende 2018‘ fallen“ (http://bizzenergytoday.com/ siemens_draengt_in_den_atommuell_fonds). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13601 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche Mengen (Volumen, Gewicht) radioaktiver Abfälle welcher Art (LAW, MAW, HAW) und aus jeweils welchen Anlagen sind der Siemens AG insgesamt bis heute nach Kenntnis der Bundesregierung zuzuordnen, und wo werden diese Abfallmengen derzeit jeweils zwischengelagert? Bei konditionierten radioaktiven Abfällen wird üblicherweise nur das Volumen in Kubikmetern (m3) angegeben. Nach Angaben der Firma Siemens AG (Stand Juni 2017) wird ein Gesamtvolumen von 10 170 m3 endlagerfähigen Abfallgebinden erwartet. Davon entfallen 7 049 m3 auf das Siemens-Brennelementewerk Hanau und der Rest auf das Werk Karlstein. Es handelt sich ausschließlich um Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung (schwach- und mittelradioaktive Abfälle − LAW/MAW). Die Abfälle werden derzeit an folgenden Orten bzw. bei folgenden Unternehmen zwischengelagert oder konditioniert und verpackt: – Karlstein, – Hanau, – Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE), – GRB Sammelstelle Bayern für radioaktive Stoffe GmbH, – Siempelkamp. 2. Welche Mengen radioaktiver Abfälle welcher Art lagern nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in wessen Verantwortung in Hanau? In Hanau lagern nach Angaben der Firma Siemens AG derzeit 6 050 m3 radioaktive Abfälle (Stand Juni 2017). Es handelt sich ausschließlich um Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung (schwach- und mittelradioaktive Abfälle LAW/MAW). Das Lager wird von der Firma DAHER Nuclear Technologies GmbH betrieben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Welche Mengen radioaktiver Abfälle welcher Art lagern derzeit in wessen Verantwortung nach Kenntnis der Bundesregierung am Standort Karlstein? In Karlstein lagern nach Angaben der Firma Siemens AG 2 610 m3 radioaktive Abfälle sowie 25 836 kg radioaktive Rohabfälle (Stand Juni 2017). Es handelt sich ausschließlich um Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung (schwach- und mittelradioaktive Abfälle − LAW/MAW). Das Lager wird von der Firma Siemens AG betrieben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen . 4. Befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung unter den der Siemens AG zuzurechnenden radioaktiven Abfällen auch noch Kernbrennstoffe? Wenn ja, um welchen Kernbrennstoff handelt es sich jeweils, in welcher Menge liegt dieser vor, wo ist er jeweils gelagert, und was soll mit ihm jeweils geschehen? Bei den in Rede stehenden radioaktiven Abfällen der Firma Siemens AG handelt es sich nicht um Kernbrennstoffe im genehmigungsrechtlichen Sinne. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13601 5. Wann hat nach Kenntnis der Bundesregierung in den Zwischenlagern in Hanau und Karlstein die letzte Untersuchung aller Fässer stattgefunden, und sind dabei alle Fässer auf Mängel (Roststellen und Ähnliches) untersucht worden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, aus welchen Gründen wurde eine vollständige Untersuchung aller Fässer nicht vorgenommen? In Hanau lagern nach Angaben der Firma Siemens AG (Stand Juni 2017) keine Fässer, sondern ausschließlich Konrad-Container. Die zugänglichen Seitenflächen der Container werden halbjährlich visuell auf Korrosion inspiziert. Es wurden bisher keine Mängel festgestellt. Eine Prüfung der in den Containern aufbewahrten Gebinde ist aus Strahlenschutzgründen nicht zu vertreten. Die Container sind für eine 30-jährige wartungsfreie Zwischenlagerung zugelassen. In Karlstein lagern ebenfalls Konrad-Container sowie einige wenige Gussbehälter und temporär Rohabfall in Fässern bzw. Containern. Jährlich werden zehn Prozent der Gebinde visuell geprüft. Es wurden bisher keine Mängel festgestellt. 6. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die bis heute bei der Siemens AG gebildeten Rückstellungen für die angefallenen radioaktiven Abfälle ? Die Höhe der Rückstellungen für die Stilllegung von Anlagen in Hanau und Karlstein sowie Zwischen- und Endlagerung des radioaktiven Abfalls ist im Geschäftsbericht 2016 des Siemens-Konzerns (S. 91) mit 1 551 Mio. Euro ausgewiesen . 7. Hat es zwischen der Siemens AG und der Bundesregierung Gespräche mit dem Inhalt gegeben, dass die Siemens AG künftig möglicherweise ebenfalls mit einer Zahlung an den öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsfonds dauerhaft von der Haftung befreit werden könnte? Wenn ja, wann ist darüber mit welchem Inhalt gesprochen worden? Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung zu Ziffer 18 der Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung mitgeteilt, dass sie Gespräche mit Betreibern anderer Anlagen aufnehmen werde, in denen radioaktive Abfälle anfallen oder angefallen sind (vgl. Bundestagsdrucksache 18/10482 vom 30. November 2016). Solche Gespräche dienen im Rahmen einer ergebnisoffenen Prüfung durch die Bundesregierung der Klärung von Fragen und Sachverhalten. Vor diesem Hintergrund fand mit der Siemens AG am 17. Mai 2017 ein Gespräch zwischen dem Chief Financial Officer und dem fachlich zuständigen Abteilungsleiter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie statt, und am 30. Mai 2017 ein Gespräch mit den gleichen Beteiligten sowie den beteiligten Ressorts Bundesministerium der Finanzen und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit, vertreten auf Fachebene, und fachlichen Experten der Siemens AG. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es am Rande von Veranstaltungen oder sonstigen Terminen zu Kontakten mit Unternehmensvertretern gekommen ist, bei denen dieses Thema angesprochen wurde. Eine lückenlose Aufstellung von sämtlichen Kommunikationsvorgängen einschließlich der tatsächlichen Gesprächsinhalte kann grundsätzlich nicht gewährleistet werden, da die Bundesre- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13601 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode gierung aufgabenbedingt Kontakte zu einer Vielzahl von Unternehmen pflegt. Zu einer systematischen Erfassung dieser Kontakte ist die Bundesregierung nicht verpflichtet und hält diese auch nicht vor. 8. Welche Unternehmen der Ver- und Entsorgung, bei deren Betrieb radioaktive Abfälle angefallen sind bzw. anfallen, sind nach Kenntnis der Bundesregierung bislang nicht von der Neuregelung der Entsorgung betroffen? Das Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung trifft Regelungen für die entstandenen und noch anfallenden Abfälle aus zur gewerblichen Stromerzeugung genutzten Kernkraftwerken. Von diesem Gesetz nicht erfasst sind radioaktive Abfälle der öffentlichen Hand (z. B. der Kernkraftwerke der ehemaligen DDR, in Forschungseinrichtungen, bei früheren Einrichtungen zur Wiederaufarbeitung oder Landessammelstellen), der Nuklearmedizin sowie von Unternehmen der kerntechnischen Industrie. Dabei handelt es sich ganz überwiegend um radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung (LAW/MAW). Weitere Einzelheiten sind dem Bericht der Bundesrepublik Deutschland für die sechste Überprüfungskonferenz zum Gemeinsamen Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle, den das Bundeskabinett am 30. August 2017 beschlossen hat, zu entnehmen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 9. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Menge (Volumen, Tonnen ) welcher radioaktiven Abfälle (LAW, MAW, HAW) der in Frage 8 angeführten Unternehmen der Ver- und Entsorgung? Unternehmen der kerntechnischen Industrie waren zum 31. Dezember 2016 Abfallverursacher von insgesamt 10 827 m3 an konditionierten radioaktiven Abfällen mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung (LAW/MAW). Unternehmen der kerntechnischen Industrie waren nicht Abfallverursacher für wärmeentwickelnde Abfälle (HAW). 10. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die bei den in Frage 8 genannten Unternehmen jeweils gebildeten Rückstellungen für die Entsorgung ? Die Unternehmen weisen die entsprechenden Rückstellungen in ihren Jahresabschlüssen oder Geschäftsberichten aus. Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen . 11. Treffen Presseberichte zu, wonach das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eine Prüfung vornimmt, ob weitere Unternehmen künftig in den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsfonds einbezogen werden sollen, was genau ist damit ggf. gemeint, und welche Kriterien spielen aus Sicht der Bundesregierung eine Rolle bei der Entscheidungsvorbereitung? Wie in der Gegenäußerung der Bundesregierung dargelegt (Bundestagsdrucksache 18/10482 vom 30. November 2016, vgl. Antwort zu Frage 7) prüft die Bundesregierung derzeit ergebnisoffen, ob und inwieweit die Regelungen des Entsorgungsfondsgesetzes auf andere Entsorgungsverpflichtete übertragen werden können . Dieser Prozess soll bis spätestens Ende 2018 abgeschlossen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13601 12. Sieht die Bundesregierung die Siemens AG in einer ähnlich schlechten finanziellen Lage wie die Energiekonzerne, oder womit begründet sie, dass die Siemens AG und gegebenenfalls andere Unternehmen der Ver- und Entsorgung ebenfalls aus ihrer Finanzierungsverantwortung entlassen werden sollten? Die Bundesregierung äußert sich grundsätzlich nicht zur finanziellen Lage von Unternehmen. Die in der Antwort zu Frage 11 genannte ergebnisoffene Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333