Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 14. September 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13602 18. Wahlperiode 18.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Hänsel, Sevim Dağdelen, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/13464 – Auswirkungen des Nicaraguan Investment Conditionality Act („Nica Act“) der USA V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Abgeordnetenhaus der USA ist Ende Juli dieses Jahres der Nicaraguan Investment Conditionality Act (www.congress.gov/bill/115th-congress/house-bill/ 1918/all-actions-without-amendments) verabschiedet worden, eine Gesetzinitiative , die darauf abzielt, die US-Regierung bis auf weiteres zum Veto gegen internationale Finanzhilfen für das mittelamerikanische Nicaragua zu verpflichten. Der „Nica Act“, wie der Gesetzentwurf gemeinhin genannt wird, geht auf eine Initiative der Abgeordneten der Republikanischen Partei, Ileana Ros-Lehtinen, und ihres Parlamentskollegen von den Demokraten, Albio Sires, zurück (https://twitter.com/RosLehtinen/status/890623418688778240/photo/1). Erstmals wurde die Gesetzesinitiative im September 2016 in das US-Abgeordnetenhaus eingebracht (www.congress.gov/bill/114th-congress/house-bill/5708/ text), musste nach der Präsidentschaftswahl Anfang April 2017 jedoch neu aufgelegt werden. Damit der „Nica Act“ Rechtskraft erlangt, muss er beide Kammern des US-Senats durchlaufen. Nach Angaben lateinamerikanischer Medien sind der Einbringung des Gesetzentwurfs Treffen zwischen Ileana Ros-Lehtinen und Vertretern der oppositionellen Parteien Movimiento Renovador Sandinista (MRS) und Movimiento por Nicaragua (MpN) vorangegangen (www.resumenlatinoamericano.org/2016/11/ 03/elecciones-de-nicaragua-3-3-los-renovados-sandinistas-proyankies-del-mrsquieren -que-la-oea-aplique-la-carta-democratica-contra-el-gobierno-sandinista/). Begründet wird der Gesetzentwurf unter anderem mit Kritik am Ablauf der Präsidentschaftswahl im November 2016, aus der der bisherige Amtsinhaber Daniel Ortega erneut als Sieger hervorging. Nicht beachtet wird dabei, dass selbst die US-nahe Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die Vorwürfe einer Beeinflussung der Wahlen nicht bestätigte (www.oas.org/en/media_center/ press_release.asp?sCodigo=E-111/16, www.oas.org/documents/spa/press/ NICARAGUA-OEA.pdf), mit Wahlbeobachtern präsent war (http://wtop.com/ latin-america/2016/10/nicaragua-to-accept-oas-election-observers/) und auf einen Dialog mit den verschiedenen politischen Kräften setzt. Der „Nica Act“ baut im politischen Konflikt zwischen Washington und Managua nach Ansicht der fragestellenden Fraktion eine erhebliche Drohkulisse auf. Bei einer Verabschiedung durch den US-Kongress wären die Konsequenzen für Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13602 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode das mittelamerikanische Land nicht in Gänze abzusehen. Dies gilt vor allem angesichts des Umstandes, dass die Regierung des US-Präsidenten Donald Trump die bilateralen Finanzhilfen für Nicaragua ohnehin massiv abbauen will, von rund 10 Mio. US-Dollar im Vorjahr auf 200 000 US-Dollar (www. laprensa.com.ni/2017/05/23/internacionales/2234389-presupuesto-trump-recortaayuda -latinoamerica). Der Direktor der Nicaraguanischen Stiftung für wirtschaftliche und soziale Entwicklung (FUNIDES), Juan Sebastián Chamorro Garcia, prognostiziert im Falle des Inkrafttretens des „Nica Act“ schwere Probleme für das Programm öffentlicher Investitionen in Nicaragua. Weltbank und Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (BID) hätten in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt ein Viertel der öffentlichen Investitionen finanziert (www.lap rensa.com.ni/2016/09/25/economia/2105883-funides-advierte-nica-act-danariainversiones ). Wirtschaftsexperten gehen daher davon aus, dass eine Blockade anderweitiger Zahlungen und/oder Kredite an Nicaragua massive soziale Probleme mit sich bringen würde. Angesichts dieser finanzpolitischen Auswirkungen hat die Regierung des Präsidenten Daniel Ortega rechtliche Schritte angekündigt (www.nodal.am/2017/07/nicaragua-reclama-indemnizacion-multi millonaria-eeuu-iniciativa-ley-nica-act-injerencia-imperial/), um Entschädigungszahlungen einzufordern, zu denen die USA im Jahr 1986 durch ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs aufgrund der Folgen des von den USA unterstützen Contra-Krieges zwischen 1981 und 1990 verurteilt wurden. Die US-Regierungen haben sich seither geweigert, die Entschädigungszahlung in Höhe von ursprünglich 2,4 Mrd. US-Dollar zu begleichen. 1. Wie bewertet die Bundesregierung den Nicaraguan Investment Conditionality Act vor dem Hintergrund des Völkerrechtes? Der Bundesregierung ist das geplante Gesetzesvorhaben bekannt, sie äußert sich jedoch nicht zu hypothetischen Szenarien. 2. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Bundesrepublik Deutschland durch den geplanten „Nica Act“ der USA angesichts des Umstandes , dass Sec. 4a „den Gebrauch von Stimmrechten und Einfluss der Vereinigten Staaten“ mit dem Ziel vorsieht, „jedweden Kredit zugunsten der Regierung von Nicaragua“ zu unterbinden? Weisungen einer Regierung an die eigenen Vertreter in den internationalen Finanzinstitutionen binden Vertreter anderer Staaten und somit auch die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Wie hat sich die Bundesregierung auf eine mögliche Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs durch den US-Kongress vorbereitet? Die Bundesregierung sieht gegenwärtig keinen Anlass, sich auf die Verabschiedung des US-Gesetzes in besonderer Weise vorzubereiten. 4. Wie hoch beziffert die Bundesregierung etwaige Mehrbelastungen für Deutschland im Falle einer Verabschiedung des „Nica Act“ in den USA und einer daraus folgenden Budget- und Wirtschaftskrise in Nicaragua? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13602 5. Hat die Bundesregierung die etwaige Verabschiedung des „Nica Act“ in bilateralen Gesprächen mit den USA, Nicaragua, anderen Staaten oder Organisationen – auch Finanzinstitutionen – thematisiert, und falls ja, mit welchem Ziel? Falls nein, weshalb nicht? Die Deutsche Botschaft in Managua hat das Thema vor Ort zur allgemeinen Informationsgewinnung angesprochen. 6. Welche bilateralen Programme mit Nicaragua führt die Bundesregierung derzeit durch, welche entwicklungspolitischen Vorhaben sind geplant, und sieht die Bundesregierung diese durch den „Nica Act“ gefährdet? Die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Nicaragua konzentriert sich auf den Schwerpunkt Wasser. Folgende bilaterale Maßnahmen werden derzeit durchgeführt : Trinkwasser- und Abwasserentsorgung Granada (im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit, Zuschuss 12 Mio. Euro, Darlehen 14,5 Mio. Euro) Sanierung des Managua Sees (im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit, Zuschuss 12,78 Mio. Euro, Darlehen 15,17 Mio. Euro) Kläranlage Managua: Biogas und solare Schlammtrocknung (im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit, Darlehen 6 Mio. Euro) Programm zur Effizienzverbesserung der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung (im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit) Förderung der qualitätssichernden Dienstleistungen für den Trink- und Abwassersektor in Nicaragua (im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit) Folgende Maßnahme befindet sich in Planung: Schutz des Managua-Sees entlang des Südufers (im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit, Darlehen 18 Mio. Euro) Bezüglich eventueller Auswirkungen auf die genannten Projekte nach einer eventuellen zukünftigen Verabschiedung des „NICA-Act“ wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 7. Welche Finanzhilfen und/oder Kredite gewährt die Bundesregierung Nicaragua , welche entsprechenden Hilfen oder Kredite sind geplant, und sieht die Bundesregierung diese durch den „Nica Act“ gefährdet? Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 6 wird verwiesen. 8. Gewährt die Bundesregierung im Fall von Nicaragua Exportbürgschaften, und wären diese im Fall der Verabschiedung des „Nica Act“ betroffen? Die Bundesregierung stellt für deutsche Exportgeschäfte nach Nicaragua Exportkreditgarantien für Geschäfte mit dem privaten Sektor zur Verfügung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13602 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Welche Auswirkungen hätte eine Verabschiedung des „Nica Act“ der USA nach Einschätzung der Bundesregierung auf die Beteiligung Nicaraguas im Rahmen des Kooperationsabkommens zwischen der EU und Zentralamerika ? Bezüglich möglicher Auswirkungen auf das Kooperationsabkommen zwischen der EU und Zentralamerika, an dem die USA nicht beteiligt sind, wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 10. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Organisation Amerikanischer Staaten, nach der bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2016 in Nicaragua „das Recht auf (politische) Repräsentation in den (rechtlichen ) Normen vorgesehen und von der Verfassung garantiert“ war? Der Bundesregierung ist keine Quelle für diese Einschätzung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bekannt. Die Wahlen in Nicaragua am 6. November 2016 fanden ohne offizielle internationale Wahlbeobachtung seitens der OAS statt. 11. Hat der Europäische Auswärtige Dienst nach Kenntnis der Bundesregierung Störungen am Tag der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen konstatiert? Die Wahlen in Nicaragua am 6. November 2016 fanden ohne internationale Wahlbeobachtung seitens der EU statt. 12. Hat die Bundesregierung über die Einschätzung der OAS hinaus eigene Erkenntnisse über eine angebliche Beeinflussung der genannten Wahlgänge, und hat die nicaraguanische Opposition ihrer Meinung nach belastbare Angaben für ihre Kritik an den Wahlen vorgelegt? Mangels einer offiziellen Wahlbeobachtung waren die Ergebnisse nicht überprüfbar . Opposition und Menschenrechtsverbände kritisieren das Ergebnis und vor allem die Höhe der angegebenen Wahlbeteiligung. Auch diese Vorwürfe können nicht abschließend überprüft werden. 13. Wie beurteilt der Botschafter der Europäischen Union in Managua nach Kenntnis der Bundesregierung die jüngste Entwicklung in Nicaragua vor dem Hintergrund der im „Nica Act“ formulierten schweren Vorwürfe? Der Bundesregierung sind keine offiziellen Äußerungen des Botschafters der Europäischen Union in Managua bekannt. 14. Ist die Bundesregierung bereit, die Entschädigungsforderungen Nicaraguas an die USA zu unterstützen, auch eingedenk des Umstandes, dass der von den USA unterstützte Contra-Krieg westdeutsche Opfer gefordert hat, unter ihnen die Entwicklungshelfer Berndt Koberstein (1956-1986) und Albrecht Pflaum (1947-1983) (www.badische-zeitung.de/freiburg/vor-25-jahren-wurdeberndt -koberstein-in-nicaragua-ermordet--47965659.html)? Die Bundesregierung beabsichtigt gegenwärtig nicht, Nicaragua bei etwaigen Forderungen gegen die US-Regierung zu unterstützen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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