Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 18. September 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13604 18. Wahlperiode 20.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Omid Nouripour, Agnieszka Brugger, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13392 – Bekämpfung von Schleusern vor der libyschen Küste und die Rolle der libyschen Küstenwache V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Europäische Union versucht mit der Mission EUNAVFOR MED, die Tätigkeit von Schleusern zu bekämpfen, die von Libyen aus operieren. Dennoch steigt die Zahl der Menschen, die mit Schleppern das Mittelmeer überqueren stetig an, um 14 Prozent in der ersten Jahreshälfte 2017 im Vergleich zum Vorjahr (vgl. Report von Amnesty International „A perfect storm“). Nur im Juli 2017 war ein Rückgang zu verzeichnen. Um die Arbeit der Operation EUNAVFOR MED zu effektivieren, wurde deren Operationsgebiet nunmehr auch auf die libyschen Küstengewässer ausgeweitet. Ergänzend dazu hat Italien nunmehr eine eigenständige Unterstützungsmission, die nicht nur in libyschen Territorialgewässern, sondern auch bereits an Land operieren soll (www.faz.net/aktuell/politik/ausland/italiens-marine-kaempft-inlibyen -gegen-schleuser-15134024.html). Richtig ist: Insgesamt wurden durch Einheiten der Operation EUNAVFOR MED in über 250 Einsätzen mehr als 39 000 Menschen aus Seenot gerettet – davon mehr als die Hälfte (nämlich über 21 000 Menschen) durch Schiffe der Bundeswehr (www.einsatz.bundeswehr.de/portal/a/einsatzbw/start/aktuelle_einsaetze/ eunavformed/dereinsatzimmittelmeer/!ut/p/z1/). Richtig ist aber auch, dass aktuell nur noch 15 Prozent der Bootsflüchtlinge von Schiffen der Operation EUNAVFOR MED bzw. von Frontex aufgenommen werden – genauso viele, wie von privaten Handelsschiffen – während der Großteil (70 Prozent) – zu gleichen Teilen – inzwischen von der italienische Küstenwache und Marine bzw. von humanitären Organisationen gerettet werden (Die Welt, 3. Juli 2017). Der Ausbau von zivilen Kapazitäten der Seenotrettung ist daher dringend erforderlich . Die weitgehend unwirksame und riskante militärische Schlepperbekämpfung ist jedoch der Kernauftrag von EUNAVFOR MED. Dem Problem Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13604 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der Schlepperkriminalität, die nach Angaben der Bundesregierung „schwerpunktmäßig an Land“ operiert (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11102, Antwort zu Frage 1), ist dadurch nicht beizukommen. Zudem gelingt die Strafverfolgung von Schleppern – aufgrund mangelnder Kenntnisse und Ausrüstung der Strafverfolger – nur selten, wie jüngst der Fall eines vermeintlichen eritreischen Schleppers in Italien zeigt (vgl. „How not to solve the refugee crisis“, The New Yorker vom 31. Juli 2017). Ein weiterer Teil der Militärmission EUNAVFOR MED ist auch die Ausbildung der libyschen Küstenwache, die selbst gegen Schlepper vorgehen soll. Es liegen aber Berichte vor, dass die libysche Küstenwache sich nicht an die Regeln des internationalen Seerechts hält und aggressiv gegen Flüchtlingsboote vorgeht. So gibt es Berichte über gefährliche Abdrängmanöver gegen Flüchtlingsboote und den Gebrauch von Schusswaffen gegen Geflüchtete (vgl. „Gegen die Helfer zu Wasser und an Land“, Der Tagesspiegel vom 11. August 2017). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Zahl der Menschen, die gegenwärtig (Stand 13. September 2017) mit Schleppern das zentrale Mittelmeer überquerten, liegt nach italienischen Angaben etwa 20 Prozent niedriger als zum selben Zeitpunkt des Vorjahres. Die Zahl der Vermissten - und Todesfälle im zentralen Mittelmeer lag IOM zufolge Ende August 2017 rund 19 Prozent niedriger als Ende August 2016. Italien und die Europäische Union unterstützen die Tätigkeit der offiziellen libyschen Küstenwache mit Ausrüstung und Ausbildung. Zu den Schwerpunkten der Ausbildung gehören u. a. die Vermittlung von Kenntnissen in den Bereichen Such- und Rettungsdienste, Seemannschaft, Funk und Sprachausbildung, Erste Hilfe, humanitäres Völkerrecht, Menschenrechte und Seerecht. Dadurch wird die offizielle libysche Küstenwache besser befähigt, Menschenleben vor der libyschen Küste zu retten. Dieses Jahr hat die libysche Küstenwache bereits weit über 10 000 Menschen das Leben gerettet. Neben der offiziellen Küstenwache gibt es in Libyen auch Milizen, die nicht der Einheitsregierung unterstellt sind, sich aber selbst als Küstenwache bezeichnen. Die Bundesregierung misst ebenso wie ihre Partner innerhalb der Europäischen Union der flächendeckenden Durchsetzung internationaler Menschenrechtsstandards im Umgang mit Flüchtlingen und Migranten in Libyen hohe Priorität zu. Ergänzend wird hierzu auf die Vorbemerkung der Bundesregierung bei der Beantwortung zur Kleinen Anfrage 18/13273 der Fraktion DIE LINKE., übersandt am 14. September 2017, verwiesen. Die EUNAVFOR MED Operation SOPHIA, Teil der Gemeinsamen Sicherheitsund Verteidigungspolitik der Europäischen Union, hat die Kernaufgabe, das Geschäftsmodell der Schleuser zu bekämpfen. Daneben hat die Operation die Zusatzaufgaben Ausbildung und Fähigkeitsaufbau der libyschen Küstenwache sowie die Durchsetzung des Waffenembargos der Vereinten Nationen gegenüber Libyen auf hoher See. Darüber hinaus erfüllen die Einheiten der Operation ihre völkerrechtliche Verpflichtung zur Seenotrettung. In Bezug auf das Vorgehen gegen Schiffe, bei denen der Verdacht besteht, dass sie für Menschenschmuggel oder Menschenhandel genutzt werden, betrifft das vorliegende Mandat (Bundestagsdrucksache Nr. 18/12491) weiterhin ausschließlich das in Phase 2 i) der Operation festgelegte Vorgehen auf Hoher See. Eine Ausweitung des Operationsgebietes auf die libyschen Küstengewässer ist nicht erfolgt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13604 Aufgabe von FRONTEX-Operationen ist die Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten bei der Überwachung und Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs an den EU-Außengrenzen. Ferner dienen FRONTEX-Einsätze auch der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität, insbesondere der Schleusungskriminalität . Darüber hinaus erfüllen die eingesetzten Kräfte ihre völkerrechtliche Verpflichtung zur Seenotrettung. Nach Angaben der italienischen Seenotrettungsleitstelle (MRCC – „Maritime Rescue Coordination Centre“) in Rom haben Einheiten von EUNAVFOR MED Operation SOPHIA und der FRONTEX-koordinierten Operation TRITON im Jahr 2016 insgesamt 36 501 Menschen aus Seenot gerettet, dies entsprach fast der dreifachen Anzahl der von privaten Handelsschiffen aus Seenot geretteten Menschen (13 888). 1. Wie erklärt die Bundesregierung, dass immer weniger Bootsflüchtlinge von Schiffen der „EUNAVFOR MED“-Mission bzw. von Frontex gerettet werden ? Die anteilige Anzahl der von Schiffen der EUNAVFOR MED Operation SOPHIA und der FRONTEX-koordinierten Operation TRITON aus Seenot geretteten Menschen hängt von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise dem Umfang der Gestellung von Schiffen durch die EU-Mitgliedstaaten und deren Einsatzgebiete, der schwankenden – seit Juli 2017 stark rückläufigen – Zahl der Mittelmeerüberquerungen und der Tatsache, dass die libysche Marine und Küstenwache zunehmend Verantwortung in den eigenen Hoheitsgewässern übernimmt . Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 2. Wäre es vor diesem Hintergrund aus Sicht der Bundesregierung nicht sachgerecht , die Seenotrettung als Aufgabe im Mandat EUNAVFOR MED festzuschreiben , und wenn nein, warum nicht? Für alle im Rahmen von EUNAVFOR MED Operation SOPHIA eingesetzten Schiffe gilt die völkerrechtliche Verpflichtung zur Hilfeleistung für in Seenot geratene Personen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Seenotrettung als Aufgabe im Mandat festgeschrieben wird oder nicht. Der Verpflichtung werden auch weiterhin alle an EUNVAFOR MED Operation SOPHIA beteiligten Schiffe nachkommen . 3. Von welchen Abschnitten der libyschen Küsten aus, legen – nach Kenntnis der Bundesregierung – die meisten Schiffe mit Bootsflüchtlingen ab, und unter wessen Kontrolle liegen diese Abschnitte? Die Beantwortung der Frage ist gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und wird als separater Anhang verschickt.* * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13604 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Wie sehen die Regelungen im neuen EU-Mandat der Operation EUNAVFOR MED aus, wie mit Bootsflüchtlingen verfahren werden soll, die im Rahmen dieser Mission in libyschen Küstengewässern aus Seenot gerettet werden? a) Dürfen diese durch die Schiffe der Operation EUNAVFOR MED auch an der libyschen Küste an Land gesetzt werden? b) Dürfen sie der libyschen Küstenwache übergeben werden, damit diese Bootsflüchtlinge in einen libyschen Hafen transportiert werden oder sind die Schiffe der Operation gehalten, diese Bootsflüchtlinge – mit Blick auf das Non-Refoulement-Gebot der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) – in den sicheren Hafen eines Mitgliedstaates zu fahren? Die Fragen 4 bis 4b werden gemeinsam beantwortet. EUNAVFOR MED Operation SOPHIA befindet sich weiterhin in Phase 2 i) auf Hoher See. Das Operationsgebiet umfasst nicht die libyschen Küstengewässer. Ein Phasenübergang ist derzeit nicht absehbar. Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden alle Menschen, die durch die Einheiten der EUNAVFOR MED Operation SOPHIA aufgenommen wurden, entweder unmittelbar nach Italien verbracht oder aber an andere Schiffe zur Weiterverbringung nach Italien übergeben. Dies entspricht den Vorgaben im Operationsplan von EUNAVFOR MED Operation SOPHIA. Ein Absetzen geretteter Menschen an der libyschen Küste durch Einheiten der EUNAVFOR MED Operation SOPHIA bzw. eine Übergabe der Menschen an die libysche Küstenwache zu diesem Zweck ist nicht vorgesehen. 5. Inwiefern ist die jetzt begonnene italienische Militärmission, die ja auch in libyschen Territorialgewässern sowie an Land aktiv tätig werden soll, mit dem Vorgehen der Mission EUNAVFOR MED koordiniert, und wie sehen hier – nach Kenntnis der Bundesregierung – die italienischen Regelungen aus, wie mit Bootsflüchtlingen verfahren werden soll, die die italienische Marine in libyschen Küstengewässern aus Seenot rettet? Die italienische Militärmission beschränkt sich bisher auf libysche Territorialgewässer und dort nach Kenntnis der Bundesregierung auf technische und logistische Unterstützung für die libysche Küstenwache. 6. Wie sieht – nach Kenntnis der Bundesregierung – der Beratungsstand innerhalb der Europäischen Union bezüglich des Vorstoßes der damaligen maltesischen EU-Präsidentschaft aus, den sog. Non Refoulement-Grundsatz der GFK künftig „unter Berücksichtigung der besonderen Krisenumstände“ vor der libyschen Küste neu auslegen zu wollen (zit. nach: Malta Summit – External aspects of migration“)? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass eine derartige Neuauslegung verfolgt wird. 7. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Union jenseits der Missionen auf See unternommen, um „das Geschäftsmodell von Schleusern zu bekämpfen“ (vgl. Antwort zu Frage 2d, Bundestagsdrucksache 18/11102)? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, den Schutz von Flüchtlingen zu erhöhen und Alternativen zur irregulären Migration, die auf Schleusung beruht, zu schaffen . Die Bundesregierung finanziert zahlreiche Projekte sowohl in Libyen als auch in den Staaten entlang der Migrationsrouten, mit dem Ziel, diese Staaten zur Bekämpfung von kriminellen Schleuserstrukturen zu ertüchtigen, den Schutz und die Betreuung von Flüchtlingen und Migranten dort zu verbessern, verstärkte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13604 Kommunikation und Aufklärung zu Risiken irregulärer Migration in Herkunftsund Transitländern zu leisten, freiwillige Rückkehr aus afrikanischen Transitländern und Reintegration in Herkunftsländern zu unterstützen. Nach Kenntnis der Bundesregierung finanziert die Europäische Union im Rahmen des EU-Nothilfefonds für Afrika (EUTF – „EU Emergency Trust Fund for Africa“) ebenfalls derartige Maßnahmen, um das Geschäftsmodell der Schleuser zu bekämpfen. Darüber hinaus erließ der Rat am 17. Juli 2017 den Beschluss (GASP) 2017/1338 und die Verordnung (EU) 2017/1325, um die Ausfuhr bestimmter Güter (Außenbordmotoren und aufblasbare Boote) nach Libyen zu beschränken, die bei der Schleusung von Migranten und beim Menschenhandel verwendet werden können . Langfristig ist die Stärkung der Handlungsfähigkeit der libyschen Einheitsregierung das effektivste Mittel zur Schleuserbekämpfung. Unter anderem die Malta- Erklärung der Staats- und Regierungschefs vom 3. Februar 2017 hat die Unterstützung der EU für einen umfassenden politischen Dialog bekräftigt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 8. Welche konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Fahndung nach und Strafverfolgung von Schleppern hat die Bundesregierung alleine oder in Verbund mit ihren europäischen Partnern in den letzten zwei Jahren umgesetzt, welche Schlussfolgerung zieht sie aus den Problemen der italienischen Strafverfolgungsbehörden bei der Fahndung nach und Strafverfolgung von Schleppern (vgl. „How not to solve the refugee crisis“, THE NEW YORKER vom 31. Juli 2017), und inwiefern betrachtet sie die Verfolgung von Schleppern als gesamteuropäische Aufgabe? Schleusungskriminalität ist eine Form der Organisierten Kriminalität, wobei die Schleusergruppierungen international vernetzt sind. Daher bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung und internationalen Bekämpfung der Schleusungskriminalität sowie einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden . Der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über Europol bzw. mit Drittstaaten über INTERPOL ist eine wichtige Grundlage zur Informationsgewinnung und der Fahndung nach Schleusern. Die Bundespolizei hat hierzu u. a. eine Mitarbeiterin in das „European Migrant Smuggling Centre“ (EMSC) bei Europol entsandt. Zudem beteiligt sich die Bundespolizei an der „Europäischen multidisziplinären Plattform gegen kriminelle Bedrohungen“ (European Multidisciplinary Platform against Criminal Threats /EMPACT) zur Bekämpfung der organisierten und schweren internationalen Kriminalität. Seit 2013 hat die Bundespolizei die nationale Federführung für die EMPACT- Priorität zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität übernommen. Neben der Teilnahme an europaweiten Aktionstagen steht die Zusammenarbeit bei Ermittlungen zur Identifizierung und Zerschlagung von kriminellen Gruppierungen, welche in die und innerhalb der EU schleusen, im Vordergrund. Gemeinsame Ermittlungen in Form von „Joint Investigation Teams" (JIT) und ausländische Spiegelverfahren erweisen sich in Verbindung mit abgestimmten, europaweiten Zugriffsmaßnahmen als ein geeigneter Ansatz zur staatenübergreifenden Zerschlagung krimineller Strukturen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13604 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zudem beteiligt sich die Bundespolizei an den gemeinsamen Operationen der Europäischen Grenz- und Küstenwache FRONTEX zum Schutz der EU-Außengrenzen . Diese Einsätze tragen nicht nur zu einer Qualitätssicherung der grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung bei, sondern dienen auch der Verhinderung von Schleusungstätigkeiten. Ergänzend zu diesen Maßnahmen auf multilateraler sowie auf EU-Ebene trifft die Bundespolizei lageangepasste Maßnahmen in bilateraler Zusammenarbeit. Sie entsendet Verbindungsbeamte sowie Dokumenten- und Visumberater in ausgewählte europäische und nichteuropäische Staaten. Diese leisten im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung einen Beitrag zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität . Ferner hat der Bundesminister des Innern am 28. März 2017 mit seinem österreichischen Amtskollegen eine dauerhafte Zusammenarbeit im Gemeinsamen Zentrum Passau vereinbart. Dies war im Herbst 2015 mit Blick auf die damalige Migrationslage zunächst vorübergehend eingerichtet worden. Diese Kooperationsform zwischen der Bundespolizei, der bayerischen Landespolizei und der österreichischen Polizei hat sich jedoch nachhaltig bewährt, so dass das Zentrum in einen Dauerbetrieb überführt wurde und damit wesentlich auch zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität in der Grenzregion beiträgt. Zu etwaigen Problemen der italienischen Strafverfolgungsbehörden bei der Fahndung nach und Strafverfolgung von „Schleppern“ liegen der Bundesregierung keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Erkenntnisse vor. 9. Wie misst bzw. quantifiziert die Bundesregierung die „Abschreckungs- und Signalwirkung“ durch das Vorgehen gegen Schleuser auf See, die sie zur Grundlage für die Bewertung der Operation EUNAVFOR MED macht (siehe Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 18/9116), und wie beurteilt sie in diesem Kontext die Tatsache, dass die Zahl der Mittelmeerüberquerungen trotz der Militärmission weiter gestiegen ist? Bisher haben italienische Behörden bei 112 Personen, die durch EUNAVFOR MED Operation SOPHIA übergeben wurden, den Verdacht der Schleuserei festgestellt . Die Anzahl der Mittelmeerüberquerungen, die – wie auch in der Vorbemerkung der Bundesregierung ausgeführt – zuletzt gesunken ist, hängt von unterschiedlichsten Faktoren ab. In deren Zusammenspiel stellt EUNAVFOR MED Operation SOPHIA nur einen Einzelaspekt dar. 10. Welche Kooperation findet im Einzelnen zwischen der EU-geführten Operation EUNAVFOR MED „Sophia“ und der NATO-Operation SEA GUARDIAN insbesondere hinsichtlich a) der Bekämpfung des Schlepperwesens, b) der Durchsetzung des Waffenembargos gegen Libyen c) und der Aufklärung der Seeräume vor und in Libyen statt? Die Fragen 10 und 10a bis 10c werden gemeinsam beantwortet. Die Maritime Sicherheitsoperation SEA GUARDIAN der NATO unterstützt EUNAVFOR MED Operation SOPHIA durch den Austausch von Lagebildinformationen und bei der Logistik. Im Zuge der Durchsetzung des Waffenembargos gegenüber Libyen ist auch eine Eskortierung von Schiffen möglich, die eines Verstoßes gegen das Embargos dringend verdächtigt sind oder dessen überführt wurden und die zu weiteren Untersuchungen in einen Ausweichhafen gebracht werden sollen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13604 11. An wie vielen Tagen wurden seit Beginn der NATO-Operation SEA GUARDIAN seegehende Einheiten der Deutschen Marine in die EU-geführte Operation EUNAVFOR MED „Sophia“ eingemeldet und für jeweils welche Zeiträume unter EU-Kommando gestellt (bitte nach seegehender Einheit, Operation und Dauer der jeweiligen Unterstellung aufschlüsseln)? Die NATO Operation SEA GUARDIAN und die EUNAVFOR MED Operation SOPHIA sind zwei voneinander unabhängige Operationen, die jeweils die Möglichkeit haben, sich in spezifischen Bereichen gegenseitig zu unterstützen. Die Beteiligung der Deutschen Marine an den einzelnen Operationen kann den regelmäßigen Unterrichtungen des Parlaments entnommen werden. 12. Wie wird den unterschiedlichen Einsatzregeln der EU-geführten Operation EUNAVFOR MED „Sophia“ und der NATO-Operation SEA GUARDIAN an Bord seegehender Einheiten im Allgemeinen bzw. Booten und Schiffen der Deutschen Marine im Besonderen Rechnung getragen, bspw. bei der Seeraumüberwachung und der damit einhergehenden unterschiedlichen Einsatzgebiete ? Die eingesetzten seegehenden Einheiten sind zu jedem gegebenen Zeitpunkt immer eindeutig jeweils nur einer Operation zugewiesen. Die Einsatzregeln sind somit ebenfalls eindeutig. 13. Auf welche Weise hat die Europäische Union nach Kenntnis der Bundesregierung vor dem Beginn des Trainingsprogramms für die libysche Küstenwache die politischen Netzwerke der Menschenschmuggler analysiert, um eine ungewollte Zusammenarbeit mit ihnen durch strukturelle oder individuelle Verbindungen zwischen Schleusernetzwerken und der libyschen Küstenwache auszuschließen? Im Rahmen der Phase 1 von EUNAVFOR MED Operation SOPHIA wurden Schleusernetzwerke durch die Operation aufgeklärt, darüber hinaus werden seit Beginn der Ausbildung alle Kandidaten vor ihrer Teilnahme überprüft. 14. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung für ihre Zusammenarbeit bzw. die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit der libyschen Küstenwache aus den im Bericht der Vereinten Nationen (VN) zitierten Meldungen , dass Angehörige der libyschen Küstenwache die von ihnen aufgegriffenen Menschen in Libyen schwersten Misshandlungen aussetzen (vgl. VN- Bericht S/2017/466, S. 41)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung der Kleinen Anfrage 18/13273 der Fraktion DIE LINKE., übersandt am 14. September 2017, verwiesen a) Liegen der Bundesregierung eigene Erkenntnisse über rechtliches (Fehl-) Verhalten der libyschen Küstenwache im Umgang mit Schutzsuchenden bzw. mit Seenotrettungsaktivistinnen und -aktivisten vor? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum sieht die Bundesregierung von einer genauen Beobachtung des Agierens der lybischen Küstenwache ab? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13604 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung für ihre Zusammenarbeit bzw. die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit der libyschen Küstenwache aus Berichten, dass die libysche Küstenwache sich nicht an seemännische Regeln hält, beispielsweise zu nah an Flüchtlingsboote auffährt , und bereits mehrfach Schusswaffen gegen Geflüchtete eingesetzt hat? Die Fragen 14a und 14b werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Erkenntnisse vor. Die Bundesregierung steht im Austausch mit der libyschen Einheitsregierung sowie der Küstenwache. In regelmäßigen Gesprächen weist die Bundesregierung die Einheitsregierung darauf hin, dass es nicht zu völkerrechtswidrigen Einschränkungen von Seenotrettungen durch Nichtregierungsorganisationen kommen darf. Darüber hinaus entwickelt die EU einen „Monitoring and Advising“ Mechanismus, um die Ausbildungsergebnisse auch zu Fragen der Einhaltung seemännischer Regeln besser nachzuverfolgen und bei zukünftigen Ausbildungsabschnitten nachsteuern zu können. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 25 und 25a der Kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/13486 vom 1. September 2017) verwiesen. 15. Wie genau verläuft die Auswahl der Auszubildenden der libyschen Küstenwache , nach welchem Standard erfolgt die Sicherheitsüberprüfung der Teilnehmenden , wie wird die grenzüberschreitende Abgleichung der Personendaten sichergestellt, und nach welchen Kriterien wird über die Aufnahmen in die Ausbildung entschieden? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 10 der Kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/11329 vom 22. Februar 2017) sowie auf die Antwort der Bundesregierung vom 13. September 2016 auf die Schriftliche Frage 65 des Abgeordneten Jürgen Trittin (Bundestagsdrucksache 18/9641) wird verwiesen. a) Inwiefern sind nach Kenntnis der Bundesregierung bereits Kandidaten für die Aufnahme in das Ausbildungsprogramm zurückgewiesen worden? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind im Rahmen des ersten Ausbildungspaketes zwei Kandidaten abgewiesen worden, weil sie nicht die Auswahlkriterien erfüllt haben. Weitere Erkenntnisse zu diesen beiden Fällen liegen der Bundesregierung nicht vor. b) Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die regionale und ethnische Herkunft der Auszubildenden vor (Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 18/9116, Antworten zu den Fragen 22 bis 23)? Nach Kenntnis der Bundesregierung kommen die Auszubildenden im Schwerpunkt aus dem Raum Tripolis. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13604 c) Wie viele Kandidaten waren bislang für die Ausbildung vorgesehen, und wie viele haben die Kurse tatsächlich absolviert? Im ersten Ausbildungspaket (Ausbildung an Bord von Einheiten der EUNAVFOR MED Operation SOPHIA auf Hoher See) wurden insgesamt 93 libysche Teilnehmer ausgebildet. Drei Kandidaten für das erste Ausbildungspaket sind nicht zur Ausbildung erschienen. Im Rahmen des noch laufenden zweiten Ausbildungspaketes (Ausbildung in EU-Mitgliedstaaten) wurden bisher 43 libysche Teilnehmer ausgebildet. 16. Mit welchen Einheiten werden nach Kenntnis der Bundesregierung Vereinbarungen über die Ausbildung getroffen, wie erklären sich die vom VN-Panel aufgezählten Ungereimtheiten in den Angaben der Europäischen Union, und wieso wurde das Expertenpanel der VN nicht über die Ausbildung informiert (vgl. VN-Bericht S/2017/466, S. 41)? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die EU geprüft, ob für die Ausbildung der libyschen Küstenwache durch EUNAVFOR MED Operation SOPHIA eine Notifizierungspflicht nach den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen besteht. Ergebnis der Prüfung ist, dass eine solche Notifizierungspflicht nicht besteht. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung vom 22. August 2017 auf die Schriftliche Frage 7 des Abgeordneten Omid Nouripour (Bundestagsdrucksache 18/13408 vom 25. August 2017) verwiesen . 17. Inwiefern liegen der Bundesregierung Verbleibsinformationen über die Absolventen der Ausbildung für die Küstenwache vor, wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung nach Abschluss der Ausbildung für die Küstenwache tätig, und welcher Tätigkeit gehen diejenigen nach, die nicht (mehr) für die Küstenwache tätig sind? Falls keine Informationen durch die Bundesregierung oder die Europäische Union erhoben werden, warum wird davon im Sinne der Bewertung des Wirkungsgrades der Ausbildungsbemühungen abgesehen? EUNAVFOR MED Operation SOPHIA erhält von der libyschen Küstenwache im Rahmen der Ausbildungsvereinbarung Verbleibsinformationen über die weitere Verwendung der durch die Operation ausgebildeten Angehörigen der libyschen Küstenwache. Eine direkte Weitergabe dieser Daten durch die Operation ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht vorgesehen. Die Bundesregierung strebt eine künftige Weitergabe an die EU-Mitgliedstaaten in anonymisierter Form an. 18. Wie stellt die Europäische Union nach Kenntnis der Bundesregierung sicher, dass die Ausgebildeten nicht Teil der Schlepper/Schmuggler-Netzwerke werden bzw. durch Korruption deren Arbeit ermöglichen, und wie stellt sie sicher dass sie nicht angesichts des „Fehlen[s] eines staatlichen Gewaltmonopols [welches] eine strukturelle Verflechtung von Kriminalität, regionalen Schmuggelnetzwerken für Drogen, Waffen und Menschen sowie Terrorismus [begünstigt]“ anderweitig kriminellen Tätigkeiten nachgehen (Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 18/9116, Antwort zu Frage 16)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 18 der Kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/11953 vom 11. April 2017) wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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