Deutscher Bundestag Drucksache 18/1361 18. Wahlperiode 07.05.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Vogler, Niema Movassat, Katrin Kunert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1117 – Krisenprävention und Konfliktbearbeitung 20 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach dem 6. April 1994 wurden innerhalb von 100 Tagen etwa 800 000 Menschen in Ruanda ermordet. Doch der Völkermord begann nicht mit den Morden des Jahres 1994, sondern diese waren der Höhepunkt einer Eskalation von Menschenrechtsverbrechen seit dem Jahr 1990. Sie wurden spätestens seit dem Jahr 1992 mit dem Ziel geplant und vorbereitet, die Bevölkerungsgruppe der Tutsi (sowie moderate Hutu) auszulöschen. Trotz dieser langen Vorgeschichte und eindeutiger Warnsignale und Berichte reagierte die internationale Gemeinschaft vollkommen unzureichend und teilweise auch kontraproduktiv auf den sich abzeichnenden Völkermord. 20 Jahre nach dem Völkermord hat die Bundesregierung erklärt, mehr Verantwortung in der Welt übernehmen zu wollen. Sie will zu diesem Zweck vor allem die Entsendung der Bundeswehr in die weltweiten Krisengebiete forcieren , obwohl die rechtlichen und politischen Schwellen für Militäreinsätze aus gutem Grund so hoch liegen, dass das Militär gar nicht präventiv eingesetzt werden kann. Zudem sind die größten Truppensteller ehemalige Kolonialmächte , wie vor 20 Jahren die belgischen und französischen Truppen, oder Nachbarländer, die selber in die lokalen Machtkämpfe verwickelt sind. Aus diesem Grund werden die militärischen Streitkräfte trotz ihrer Einbindung in UN-Strukturen oft nicht als neutrale Akteure betrachtet. Aufständische Bewegungen und auch beträchtliche Teile der Zivilbevölkerung begreifen die Präsenz von ausländischen Streitkräften im Rahmen von internationalen Militärmissionen stattdessen häufig als Versuch der früheren Kolonialmächte und Nachbarstaaten, ihre geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen . Demgegenüber sind die Kapazitäten für zivile Krisenprävention aus Sicht der Fragesteller erschreckend unzureichend. Angesichts der sich bei aktuellen Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 2. Mai 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Konflikten wie im Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik wiederholenden Konfliktmuster mit sich über längere Zeiträume aufbauenden Eskalationsspiralen stellt sich die Frage, welche Lehren die Bundesregierung aus dem Fehlen von ziviler Krisenprävention in Ruanda gezogen hat. Drucksache 18/1361 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die zivile Krisenprävention ist ein wichtiges außenpolitisches Instrument zur unterstützenden Begleitung von Transformationsprozessen und zur kurzfristigen Stabilisierung fragiler bzw. konfliktbehafteter Staaten, das sich sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene seit dem Jahr 1994 erheblich fortentwickelt hat. Die Bundesregierung hat hierzu im Jahr 2004 den ressortübergreifenden Aktionsplan „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ verabschiedet, der zum Ziel hat, Krisenprävention als politische Querschnittsaufgabe auf staatlicher und gesellschaftlicher Ebene zu verankern. Die Handlungsempfehlungen des Aktionsplans konzentrieren sich u. a. auf die Stärkung deutscher Beiträge zu multilateralen politischen Prozessen, den Wiederaufbau staatlicher Strukturen in Krisenregionen sowie die Stärkung von Demokratie, Rechtsstaat und Zivilgesellschaft. Dem Aktionsplan liegt ein umfassendes Verständnis von Krisenprävention zugrunde, dergestalt, dass die vielfältigen und komplexen Ursachen gewaltsamer Konflikte flexible, auf den konkreten Einzelfall bezogene, multilateral und national abgestimmte Maßnahmen erfordern. Nachhaltige Krisenprävention kann nur mit einem umfassenden Ansatz gelingen , der alle Politikfelder, insbesondere die Außen-, Sicherheits-, Wirtschafts-, Entwicklungs- und Umweltpolitik, einschließt und diese zu einem kohärenten Ganzen zusammenfügt (vernetzter Ansatz). Bei diesem umfassenden Ansatz stehen zivile Maßnahmen im Vordergrund. Die Bundesregierung setzt sich seit längerem dafür ein, die zivilen Komponenten in multilateralen Friedensmissionen zu stärken, auszubauen und weiterzuentwickeln, und will auch ihre eigenen Strukturen im Bereich der zivilen Krisenprävention weiter ausbauen. Die erklärte Absicht der Bundesregierung, mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen, ordnet sich in die laufenden internationalen Anstrengungen ein, eine Wiederholung von Ereignissen wie denen in Ruanda künftig zu vermeiden. Hierzu will sie außenpolitisch früher, entschiedener und substanzieller handeln und dabei dem oben erläuterten umfassenden Ansatz folgen. 1. Wie beurteilt die Bundesregierung die gegenwärtig vorhandenen Kapazitäten der Vereinten Nationen im Hinblick auf die Früherkennungsfunktion, sich anbahnende, umfassende Menschenrechtsverbrechen (z. B. Massenvertreibungen von Zivilistinnen und Zivilisten, Kriegsverbrechen, Völkermord ) wahrnehmen, einordnen und bewerten zu können? a) Für welche Krisenarten (humanitäre, politische, militärische, finanzielle, administrative, internationale Kriege, Bürgerkriege, externe Gewaltakteure usw.) erkennt die Bundesregierung die stärksten Defizite, und welche geografischen Konfliktregionen sind davon am stärksten betroffen ? b) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen oder plant sie, damit diese Defizite behoben werden? c) Welche anderen lokalen, regionalen oder internationalen Akteure sind nach Meinung der Bundesregierung (je nach Region oder Krisenart) ähnlich gut oder besser geeignet, um mögliche größere Menschenrechtsverbrechen frühzeitig zu erkennen (bitte ggf. nach Region und/oder Krisenart aufschlüsseln)? Die Kapazitäten und Aktivitäten der Vereinten Nationen zur Früherkennung von drohenden Massenverbrechen und zu einem entsprechenden Eingreifen stehen in einem engen Zusammenhang und können nicht immer streng unterschieden werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1361 Aus Sicht der Bundesregierung sind die Vereinten Nationen mit ihren Unter- und Sonderorganisationen wegen deren einzigartiger Legitimität, im Namen der ganzen internationalen Gemeinschaft zu sprechen und zu handeln, wegen deren breiten Instrumentariums, ihrer weltweiten Präsenz und ihrer langjährigen Erfahrung in Konfliktregionen grundsätzlich ein besonders gut geeigneter Akteur, um drohenden Massenverbrechen wie Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit entgegenzuwirken . Die von den Vereinten Nationen beauftragte unabhängige Untersuchung ihres Handelns während des Völkermords in Ruanda und der Review von 1999 zu den Massenverbrechen von Srebrenica haben wesentlich zur Entwicklung der Schutzverantwortung und zur Annahme dieses Konzepts durch den Weltgipfel im Jahr 2005 beigetragen. Als Mitglied der so genannten Freundesgruppe der Schutzverantwortung bei den Vereinten Nationen in New York setzt sich die Bundesregierung für die Stärkung und Umsetzung dieses Konzepts durch die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedstaaten ein. In Reaktion auf die Erfahrungen in Ruanda und Srebrenica haben die Vereinten Nationen ihre Kapazitäten zur Früherkennung und Verhinderung von Krisen, schweren und massenhaften Menschenrechtsverletzungen sowie drohenden Massenverbrechen beständig ausgebaut. So sind für die Früherkennung insbesondere die Hauptabteilung für politische Angelegenheiten, das Büro der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR) und der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in ihren Fähigkeiten gestärkt worden. Die Vereinten Nationen erhalten Informationen durch ihre Regionalbüros in Westafrika, Zentralafrika und Zentralasien, ihre politischen Missionen UNAMI (Republik Irak), UNAMA (Islamische Republik Afghanistan), UNIPSIL (Republik Sierra Leone), UNIOGBIS (Republik Guinea-Bissau), BNUB (Republik Burundi), UNSOM (Bundesrepublik Somalia), die VN-Büros bei der Afrikanischen Union (AU) und der Europäischen Union, ihre politischen Sondergesandten und Menschenrechts-Sondergesandten , ihre Friedensmissionen, die lokalen und regionalen Feldpräsenzen sowie die Menschenrechtsberater des Büros der Hohen Kommissarin für Menschenrechte , die VN-Länderteams in 138 Ländern und durch situationsspezifische Fact-Finding-Missionen sowie Ermittlungen und Untersuchungen. Berichte dieser Stellen werden ausgewertet durch die Hauptabteilung für politische Angelegenheiten, durch die Hauptabteilung für Friedensoperationen, das Büro der Hohen Kommissarin für Menschenrechte und eine Anzahl spezialisierter Büros, wie etwa die Büros des Sonderberaters für die Verhinderung von Völkermord , der Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt in Konflikten und der Sonderbeauftragten für Kinder und bewaffnete Konflikte. Diese berichten dem Sicherheitsrat , der Generalversammlung und dem Menschenrechtsrat anlassbezogen oder in regelmäßigen Frühwarnberichten. In gleicher Weise sind die Kapazitäten zur Verhinderung von Massenverbrechen weiter entwickelt worden. So wurde im Jahr 2004 der Posten des Sonderberaters für die Verhinderung von Völkermord eingerichtet. Dessen Tätigkeit hat sich über die Jahre von normativer zu operativer Arbeit verlagert. Er berichtet immer häufiger anlassbezogen dem Sicherheitsrat, der Generalversammlung und dem Menschenrechtsrat und wirkt damit darauf hin, dass die Abwehr drohender Massenverbrechen , wo nötig, bei deren Entscheidungen Berücksichtigung findet. Im Jahr 2009 legte der Sonderberater erstmals sein Analyse-Instrument zum Erkennen von Situationen drohender Massenverbrechen vor. Dieses Instrument hat einen wichtigen Beitrag zur Früherkennung von drohenden Massenverbrechen und insbesondere Völkermord geleistet. Es wird derzeit aufgrund neuerer Erkenntnisse überarbeitet. Im Jahr 2008 wurde auch der Posten des Sonderberaters für die Schutzverant- wortung eingerichtet, der in der Folge wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Schutzverantwortung von immer mehr Staaten unterstützt wird und in einer Drucksache 18/1361 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode wachsenden Zahl von Resolutionen zur Begründung des gemeinsamen Handelns der Staatengemeinschaft herangezogen wird. Besonders sichtbar sind die Vermittlungsbemühungen der Vereinten Nationen auf offizieller Ebene (sogenannter Track One-Prozess) durch Sondergesandte des VN-Generalsekretärs, wie Lakhdar Brahimi im Syrienkonflikt. Aber auch viele Leiterinnen und Leiter der Friedensmissionen und politischen Missionen der Vereinten Nationen übernehmen wichtige und kontinuierliche Vermittlungsarbeit auf offizieller Ebene. Aus Sicht der Bundesregierung leisten die Vereinten Nationen hier wichtige und in vielen Fällen alternativlose Arbeit. Das Beispiel Syrien zeigt aber auch, dass selbst offizielle Vermittlungsbemühungen der Vereinten Nationen ohne eine dahinter stehende geschlossene Haltung der Staatengemeinschaft nur schwerlich Erfolge hervorbringen können. Bei eher niederschwelligen und lokalen Konflikten sind die Vermittlungsbemühungen der Vereinten Nationen weniger sichtbar. Aber auch hier leisten sie aus Sicht der Bundesregierung wichtige Arbeit. Im Jahr 2006 wurde eine in der Abteilung für politische Fragen angesiedelte Einheit zur Unterstützung oder Durchführung von Mediationsprozessen (Mediation Support Unit/MSU) eingerichtet. Das MSU erhielt im Jahr 2008 ein Stand-by-Team erfahrener Mediatorinnen und Mediatoren, die innerhalb kürzester Zeit in Konfliktregionen entsandt werden können und werden. Die meisten dieser Mediatorinnen und Mediatoren entstammen zivilgesellschaftlichen Organisationen und werden von den Vereinten Nationen zur Begleitung von Verhandlungsprozessen auf gesellschaftlicher Ebene eingesetzt (sogenannter Track Two-Prozess). Diese Einsätze erfolgen sowohl im Rahmen von Friedensmissionen als auch bei Konfliktvermittlungen außerhalb der Friedensmissionen. Im Jahr 2012 legte das MSU die Leitlinien für Mediationsprozesse und die Leitlinien für den Umgang mit sexueller Gewalt in Mediationsprozessen vor, die für in der Mediation tätige Regierungen und zivilgesellschaftliche Organisationen einheitlich hohe Standards für Mediationsprozesse setzen. Die Kapazitäten für ziviles Peacekeeping wurden ebenfalls ausgebaut. Die meisten VN-Friedensmissionen sind mittlerweile integrierte, multidimensionale Friedensmissionen mit starken zivilen und polizeilichen Komponenten, die je nach Mandat ein breites Aufgabenspektrum vom Staatsaufbau über Polizeiausbildung , Sicherheitssektorreform, Justizaufbau, Schutz der Zivilbevölkerung, Menschenrechtsbeobachtung bis hin zum Schutz und zur Koordinierung von humanitärer und Entwicklungshilfe umfassen. Die Vereinten Nationen sind bei einer Mandatierung durch den Sicherheitsrat im Fall plötzlicher Krisen schnell in der Lage, auch erste zivile und polizeiliche Komponenten zur Verfügung zu stellen. Besonderes Augenmerk richten die Vereinten Nationen in einigen Missionen auf eine breite innergesellschaftliche Verständigung, z. B. durch die Förderung von Radiostationen oder -sendungen. Ein besonders markantes Beispiel ist das von den Vereinten Nationen im Rahmen von UNMISS in der Republik Südsudan betriebene Radio Miraya, das von Deutschland über fünf Jahre mitfinanziert wurde. Dennoch gab es immer wieder Situationen, in denen bezüglich der Früherkennung und eines rechtzeitigen Eingreifens der Vereinten Nationen Defizite sichtbar wurden. Nach Ruanda und Srebrenica gehörte dazu zuletzt auch der Konflikt in Sri Lanka im Jahr 2009, dessen Aufarbeitung das Generalsekretariat deshalb besondere Bedeutung beigemessen hat. Das VN-Sekretariat hat auf diese Erfahrungen mit einer Reihe von Reforminitiativen reagiert, wie z. B. dem BrahimiReport aus dem Jahr 2000 und dem internen Prüfbericht aus dem Jahr 2011 zur Krise in Sri Lanka. Die Vereinten Nationen erkennen darin an, dass frühere Ver- besserungen bei Früherkennung und Eingreifen nicht auf systematische Weise angewandt wurden. Die auf die Erkenntnisse zur Krise in Sri Lanka folgenden Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1361 Empfehlungen des VN-internen Aktionsplans „Rights Up Front“ vom Juli 2013 gehen davon aus, dass Massenverbrechen stets Menschenrechtsverletzungen vorausgehen. Die sechs Empfehlungen bestehen in einem Menschenrechtstraining für das Personal ausnahmslos aller VN-Organisationen, einer Unterrichtung des Sicherheitsrats durch den VN-Generalsekretär über schwere Menschenrechtsverstöße nach Artikel 99 der VN-Charta, einer koordinierten Mobilisierung aller VN-Einrichtungen vor Ort bei schweren Menschenrechtsverstößen , einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den Zentralen betroffener Unter- und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen bei schweren Menschenrechtsverstößen , einer stärkeren Integration von und koordinierenden Rolle für das Büro der Hohen Kommissarin für Menschenrechte beim Umgang mit Konflikten und schließlich einer Verbesserung des internen Berichtswesens zu Menschenrechtsverletzungen, an das alle Unter- und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen angeschlossen werden. Die Bundesregierung unterstützt diese Empfehlungen nachdrücklich. Die Bundesregierung begrüßt, dass die Vereinten Nationen ihre Kapazitäten zur Früherkennung von und zum Eingreifen bei drohenden Massenverbrechen beständig ausbauen. Sie ist der Ansicht, dass eine kontinuierliche Erweiterung der Kapazitäten notwendig ist und setzt sich hierfür ein, indem sie z. B. das Sekretariat mit zivilem Personal und deutschen Beigeordneten Sachverständigen (Junior Professional Officers) unterstützt. Zudem engagiert sie sich in Form von freiwilligen finanziellen Förderungen, die u. a. der Mediationseinheit in der Hauptabteilung für politische Angelegenheiten, der Hauptabteilung der Vereinten Nationen für Friedenssicherungseinsätze bei der Entwicklung von Trainingsmaterialien zum Themenbereich Schutz von Zivilisten (insbesondere auch Schutz von Kindern) für Einsätze im Rahmen von Friedensmissionen, dem Büro der Hohen Kommissarin für Menschenrechte (insbesondere zur Stärkung der Feldpräsenzen) und dem Büro des Sonderbeauftragten für die Schutzverantwortung zugutekamen. Die Europäische Union verfolgt die Themen Frühwarnung (im Aufbau begriffen ) und Krisenprävention sowie Krisenmanagement im Rahmen ihres Umfassenden Ansatzes. Die Bundesregierung unterstützt den Aufbau und den mit den VN koordinierten Einsatz von EU-Instrumenten in allen Phasen eines Konfliktzyklus . Aus Sicht der Bundesregierung sind v. a. auch regionale Organisationen und ihre Menschenrechtsinstrumente geeignet, Krisen und Menschenrechtsverletzungen frühzeitig zu erkennen, so z. B. die Afrikanische Union, die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Europarat, dem Verband ostasiatischer Nationen (ASEAN), sowie selbstverständlich auch zivilgesellschaftliche Organisationen , insbesondere im Bereich Menschenrechte und Verhütung von Völkermord . 2. Welche Regionen oder Länder werden von der Bundesregierung derzeit so aufmerksam beobachtet, dass Warnungen und Berichte aus diesen Ländern und Regionen so wahrgenommen und bewertet werden, dass heraufziehende Krisen mit großer oder sehr großer Wahrscheinlichkeit rechtzeitig erkannt werden? a) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen oder geplant, um ihre eigenen Früherkennungskapazitäten zu erhöhen? b) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen oder geplant, um die Früherkennungskapazitäten anderer internationaler oder regionaler Akteure zu verbessern? Mithilfe ihres Netzes an Auslandsvertretungen und den Länder- und Fachreferaten des Auswärtigen Amts sowie über ressorteigene Frühwarnsysteme, wie z. B. Drucksache 18/1361 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der Krisenfrühwarnung des Bundesministeriums für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit, beobachtet die Bundesregierung jederzeit weltweit politische Entwicklungen und wertet sie unter anderem mit Blick auf krisenhafte Entwicklungen aus. Der Ressortkreis Zivile Krisenprävention hat sich wiederholt mit den Fähigkeiten der Bundesregierung zur Krisenfrüherkennung befasst (zuletzt am 12. November 2013 und 18. März 2014) und prüft regelmäßig Möglichkeiten ihrer Weiterentwicklung auch unter Einbeziehung von Expertise aus der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft. Im Rahmen der EU beteiligt sich die Bundesregierung am Auf- und Ausbau der Früherkennungskapazitäten. Das sogenannte Early Warning System der Europäischen Union pilotierte mit Staaten in Westafrika und Zentralasien. Angestrebt ist eine globale Anwendung dieses Frühwarnsystems. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung auch den entsprechenden Kapazitätenaufbau bei internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union. Zur Unterstützung der Vereinten Nationen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Weiterhin umfasst die deutsche Unterstützung den Aufbau von Infrastruktur für den Bereich Frieden und Sicherheit der Afrikanischen Union (z. B. Aufbau eines Frühwarnsystems und Errichtung eines neuen Gebäudes für die Abteilung „Frieden und Sicherheit “ der Kommission der Afrikanischen Union). 3. An welcher administrativen Funktionseinheit laufen die von den einzelnen Ressorts bzw. Informationsdiensten erhobenen und ausgewerteten Informationen und Warnungen zusammen, und wer verfügt über die Vollmachten bzw. die Verantwortung, ggf. einen „Krisenfall“ formal festzustellen, damit zeitnah geeignete Maßnahmen ergriffen werden können? a) Welche personellen und analytischen Kapazitäten hat diese Funktionseinheit (bzw. Funktionseinheiten, falls mehrere Stellen diesen „Krisenfall “ auslösen/feststellen können)? b) Hält die Bundesregierung die ressortübergreifende Koordination für die frühzeitige Erkennung von Krisensituationen für ausreichend, und wie begründet sie ihre Einschätzung? c) Über welche Mechanismen und Verfahren kann sie ausschließen, dass innerhalb eines Ressorts erhobene Frühwarnungen in den anderen relevanten Ressorts nicht wahrgenommen oder ignoriert werden? Landesspezifische Entwicklungen werden von den Länder- und Fachreferaten des Auswärtigen Amts, die ihrerseits u. a. auf die fortlaufende Berichterstattung der Auslandsvertretungen vor Ort zurückgreifen können, kontinuierlich beobachtet und bewertet. Die laufende Abstimmung der zuständigen Ressorts innerhalb der Bundesregierung sowie eine regelmäßige Abstimmung über den Ressortkreis Zivile Krisenprävention stellt sicher, dass Frühwarnungen ressortübergreifend wahrgenommen werden. Auch das Krisenreaktionszentrum des Auswärtigen Amts bewertet laufend Informationen, um im Krisenfall schnell handeln zu können. Hierfür steht dem Krisenreaktionszentrum neben dem rund um die Uhr besetzten Lagezentrum (i. d. R. zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) weiteres Stammpersonal für die Krisenvorsorge und Krisenreaktion zur Verfügung. Bei Bedarf kann eine weitere Verstärkung durch Personal des Auswärtigen Amts, der Ressorts oder von Bundesbehörden erfolgen. Sobald eine Krise im Ausland ein sofortiges Handeln erfordert, beruft die Leitung des Auswärtigen Amts einen Krisenstab der Bundesregierung ein. Zur Koordinierung der Maßnahmen der Bundesregierung bei längerfristigen politischen Krisen im Ausland steht zusätzlich das Instrument der ressortübergrei- fenden „Task Forces“ – die im Auswärtigen Amt eingerichtet werden – zur Verfügung , um zeitnah geeignete und koordinierte Maßnahmen zu ergreifen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1361 4. In welchen Ländern bewertet die Bundesregierung zurzeit die Gefahr von Massenverbrechen gegen die Zivilbevölkerung als hoch bzw. sehr hoch (bitte mit Angaben zur Risikoart und „-höhe“ bzw. „Warnstufe“)? Die Bundesregierung veröffentlicht keine Listen oder Übersichten mit Einstufungen von Ländern hinsichtlich ihres Krisenrisikos, um gerade in sensiblen Kontexten die notwendigen Gesprächskanäle und Spielräume für politisches Handeln nicht zu gefährden. a) Wie hoch hat die Bundesregierung die Gefahr von Massengewalt in der Zentralafrikanischen Republik zum Jahreswechsel 2012/2013 bzw. im Juni 2013 eingeschätzt? Seit Schließung der Deutschen Botschaft in Bangui im Jahr 1998 stützt sich die Einschätzung der Bundesregierung insbesondere auf die Berichterstattung der zuständigen Deutschen Botschaft in Jaunde (Republik Kamerun). Der Jahreswechsel 2012/2013 war die Zeit des Vormarschs der „Séléka“-Rebellen auf die Hauptstadt Bangui. Im Zuge dessen gab es neben den Kampfhandlungen zwischen den Rebellen und dem Militär auch Übergriffe der Rebellen auf die Zivilbevölkerung . Für den Zeitraum Juni 2013 verfügte die Bundesregierung über Hinweise über zunehmende „Séléka“-Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung, vor allem über eine Zunahme an Plünderungen. Die Bundesregierung sah ein hohes Risiko für einen völligen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung und damit einhergehend weitere schwere Übergriffe bewaffneter Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung. b) Wie hoch hat die Bundesregierung die Gefahr von Massengewalt in der Republik Südsudan zum Jahreswechsel 2011/2012 bzw. 2012/2013 eingeschätzt ? Zu den Jahreswechseln 2011/2012 sowie 2012/2013 schätzte die Bundesregierung die Gefahr von Massengewalt in der Republik Südsudan als hoch ein. Es drohten interethnische Kämpfe im Bundesstaat Jonglei sowie Gewalt durch paramilitärische Gruppen. Zum Jahreswechsel 2013/2014 schätzte die Bundesregierung die Gefahr von Massengewalt in Südsudan als sehr hoch ein. Es bestand die Gefahr eines ethnisch konnotierten Bürgerkriegs. c) Wie schätzt die Bundesregierung die laufende Massengewalt in der Demokratischen Republik Kongo ein? Die Bundesregierung bleibt besorgt über gewaltsame Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Zivilbevölkerung in der Demokratischen Republik Kongo, verübt durch Angehörige von bewaffneten Gruppen wie der kongolesischen Sicherheitskräfte. Sie erkennt Fortschritte beim Schutz der Zivilbevölkerung gegen solche Übergriffe in der letzten Zeit an, die in erster Linie durch eine wirksamere Umsetzung des Mandats der VN-Mission MONUSCO erreicht werden konnten. Die Verpflichtungen der Regierung der Demokratischen Republik Kongo sowie der Regierungen der Nachbarstaaten aus dem Rahmenabkommen von Addis Abeba vom 24. Februar 2013, das u. a. eine Sicherheitssektorreform in der Demokratischen Republik Kongo und die dauerhafte Neutralisierung der bewaffneten Gruppen vorsieht, bieten durch ihre Umsetzung eine Perspektive für einen besseren Schutz der Menschen vor gewaltsamen Übergriffen. Drucksache 18/1361 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kapazitäten der Vereinten Nationen und ihrer Unterorganisationen, um bei Erkennung eines hohen Risikos für größere bevorstehende Menschenrechtsverbrechen in gebotener Schnelle (innerhalb eines Monats) und wirkungsvoll zivil (unbewaffnet) einzugreifen , insbesondere a) die Kapazitäten zur Führung und Begleitung von Verhandlungen auf Regierungsebene (track one), b) die Kapazitäten zur Führung und Begleitung von Verhandlungsprozes- sen auf gesellschaftlicher Ebene (track two und track three), c) die Kapazitäten zur Verhinderung von Gewalttaten und der Förderung deeskalierender Schritte durch staatliche Akteure, d) die Kapazitäten, Menschenrechtsverletzungen flächendeckend und poten- zielle Gewalttäter abschreckend beobachten zu können, e) die Kapazitäten zur Verhinderung von Gewalttaten und der Förderung deeskalierender Schritte durch nichtstaatliche Gewaltakteure, f) die Kapazitäten für ziviles Peacekeeping, also den unbewaffneten Schutz der Bevölkerung vor Gewalt, g) die Kapazitäten zur Einschränkung von Hassmedien und der Förderung des Friedensjournalismus in Krisenregionen, h) die Kapazitäten zur kurzfristigen Förderung von Dialog, Konfliktver- mittlung und Versöhnung auf gesellschaftlicher Ebene (track three)? i) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen oder geplant, damit die Kapazitäten der Vereinten Nationen in den oben genannten Bereichen ausgebaut werden können? j) Welche anderen lokalen, regionalen oder internationalen Akteure sind nach Meinung der Bundesregierung (je nach Region oder Krisenart) ähnlich gut oder besser geeignet, vor Ausbruch von größeren Menschenrechtsverbrechen zivil einzugreifen (ggf. nach Region und Art der Kapazität aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 6. Wie beurteilt die Bundesregierung ihre eigenen Kapazitäten, um bei Erkennung eines hohen Risikos für größere, sich abzeichnende Menschenrechtsverbrechen in gebotener Zeitnähe (innerhalb eines Monats) und wirkungsvoll zivil einzugreifen, insbesondere a) die Kapazitäten zur Führung und Begleitung von Verhandlungen auf Regierungsebene (track one), b) die Kapazitäten zur Führung und Begleitung von Verhandlungsprozes- sen auf gesellschaftlicher Ebene (track two und track three), c) die Kapazitäten zur Verhinderung von Gewalttaten und der Förderung deeskalierender Schritte durch staatliche Akteure, d) die Kapazitäten, Menschenrechtsverletzungen flächendeckend und poten- zielle Gewalttäter abschreckend beobachten zu können, e) die Kapazitäten zur Verhinderung von Gewalttaten und der Förderung deeskalierender Schritte durch nichtstaatliche Gewaltakteure, f) die Kapazitäten für ziviles Peacekeeping, also den unbewaffneten Schutz der Bevölkerung vor Gewalt, g) die Kapazitäten zur Förderung des Friedensjournalismus in Krisen- regionen, h) die Kapazitäten zur kurzfristigen Förderung von Dialog, Konfliktver- mittlung und Versöhnung auf gesellschaftlicher Ebene (track three)? Für ein ziviles Tätigwerden und Eingreifen bei schweren und massenhaften Menschenrechtsverletzungen und drohenden Massenverbrechen stehen der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1361 Bundesregierung das Instrumentarium der Diplomatie und insbesondere der zivilen Krisenprävention zur Verfügung. Dazu gehören Gespräche der deutschen Vertreterinnen und Vertreter vor Ort mit den beteiligten Parteien, vorzugsweise gemeinsam mit den EU-Partnern oder mit anderen Partnern sowie Reisen hochrangiger deutscher Vertreter, auch gemeinsam mit EU-Partnern oder anderen Partnern, in ein Krisengebiet. Dazu bieten sich auch Formate wie Regierungsverhandlungen im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit , einschließlich der Überprüfung von entwicklungspolitischen Maßnahmen , an. Dies geschieht national oder im EU-Rahmen, etwa nach Artikel 8 bzw. Artikel 96 des Cotonou-Abkommens. Die EU fördert zudem in ihrer Nachbarschaft , auch durch politischen Dialog, einen Raum des Wohlstands und der guten Nachbarschaft nach Artikel 8 des Vertrags über die Europäische Union. Weitere Instrumente sind die Mobilisierung internationalen Drucks, etwa mittels der Gremien der Vereinten Nationen wie Menschenrechtsrat oder Sicherheitsrat, der Rückgriff auf das Völkerstrafrecht oder auch Sanktionen. Je nach Rahmenbedingungen kann auch durch Mittel der zivilen Krisenprävention finanzierte Projektarbeit einen sinnvollen Beitrag darstellen. Der Förderung von Medienarbeit im Dienste eines innergesellschaftlichen Ausgleichs kommt dabei besondere Bedeutung zu, wie beispielsweise das von der Bundesregierung bis Ende 2012 in Südsudan mitfinanzierte Radio Miraya oder ein Projekt zur Qualifizierung von Journalisten in der Republik Niger. Ob in einer Krisensituation mit drohenden schweren und massenhaften Menschenrechtsverletzungen oder gar Massenverbrechen die Führung oder Begleitung von Verhandlungen auf Regierungsebene (sogenannter Track One-Prozess) hilfreich ist, und ob gegebenenfalls die Mediatorin bzw. der Mediator von einer internationalen Organisation oder einer nationalen Regierung entsandt werden soll, ist im Einzelfall zu entscheiden. Sollte die Bundesregierung um Hilfe gebeten werden, ist sie bereit und in der Lage, dies rasch zu prüfen. Im Bedarfsfall können schnell hochrangige politische Vertreter entsandt werden, wie beispielsweise der damalige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, im Februar 2008 angesichts der Massengewalt nach den Wahlen in der Republik Kenia. Um bei niederschwelligen, lokalen Konflikten Verhandlungsprozesse auf gesellschaftlicher Ebene durch nicht-staatliche Akteure führen und begleiten zu können (sogenannter Track Two-Prozess) sind eigene Instrumente erforderlich. Die Bundesregierung setzt schon seit längerem die Mittel der zivilen Krisenprävention auch zur Förderung solcher „Track Two“-Prozesse ein. Angesichts der wachsenden Bedeutung dieser Prozesse will die Bundesregierung ihre Aktivitäten und Fähigkeiten in diesem Bereich weiter ausbauen. So ist die Bundesregierung seit Anfang des Jahres 2014 mit der vom Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) koordinierten „Arbeitsgruppe Mediation Support“, der verschiedene spezialisierte zivilgesellschaftliche Organisationen angehören, im Gespräch, um die bei den deutschen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren vorhandenen Kapazitäten besser zu bündeln und das Thema Mediation stärker auf der außenpolitischen Agenda zu verankern. In einigen Partnerländern fördert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit Maßnahmen , um Mediation als Verfahren der konstruktiven Konfliktbearbeitung zu stärken, z. B. im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes (ZFD). Die Kapazitäten der Bundesregierung für ziviles Peacekeeping werden kontinuierlich ausgebaut. Mit dem vom ZIF verwalteten Personalpool stehen der Bundesregierung Kapazitäten zur Verfügung, um schnell ziviles Personal in internationale Friedensmissionen (beispielsweise der VN, EU oder OSZE) zu entsenden. Der Bundesregierung ist es auch möglich, im Krisenfall zügig Poli- zeibeamte beispielsweise zum zivilen Polizeiaufbau in internationale Friedensmissionen zu entsenden. Drucksache 18/1361 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Auch die EU verfügt im Rahmen ihres Umfassenden Ansatzes über zivile Fähigkeiten zur Mediation und Konfliktprävention. Neben den Tätigkeiten von Lady Catherine Ashton in ihrer Rolle als Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik sind hier z. B. die EU-Sonderbeauftragten zu nennen. Ihre Mandate erlauben es, wo nötig, auch Verhandlungsprozesse zu unterstützen. Darüber hinaus baut der Europäische Auswärtige Dienst derzeit gezielt eigene Fähigkeiten zur Frühwarnung, Konfliktprävention und Krisenreaktion auf und kooperiert dabei mit den EU-Mitgliedstaaten. Auch die zivilen und militärischen Missionen der EU in Krisengebieten im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheitsund Verteidigungspolitik können wichtige Instrumente sowohl zur Früherkennung als auch zur Krisenreaktion sein. 7. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen oder geplant, um ihre Kapazitäten in den oben genannten Bereichen auszubauen und so „mehr Verantwortung“ bei der zivilen Krisenprävention zu übernehmen? Um dem im Hinblick auf die Abstimmung und Koordinierung mit der Europäischen Union wachsenden Bedarf an vernetztem Handeln im Bereich Krisenprävention und Krisenfrüherkennung gerecht zu werden, hat die Bundesregierung ergänzend zum Ressortkreis Zivile Krisenprävention einen Ressortkreis „Comprehensive Approach“ eingerichtet. Im Auswärtigen Amt wurde eine Arbeitseinheit „Fragile Staaten und Stabilisierungseinsätze “ eingerichtet, deren Aufgabe es ist, Fachwissen, Steuerungskapazitäten und Umsetzungsfähigkeiten in diesen Aufgabenbereich einzubringen. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) legt bei ihrem Engagement in fragilen Kontexten einen Schwerpunkt auf die Verbesserung der Fähigkeiten zum gewaltfreien Umgang mit Konflikten. So werden z. B. im Rahmen von „capacity development“ lokal anerkannte oder traditionelle Mechanismen der gewaltfreien Konfliktbeilegung gestärkt bzw. entsprechende Kapazitäten aufgebaut . Ebenso unterstützt die deutsche EZ Maßnahmen im Bereich des Friedensjournalismus und der Friedenserziehung. Die Bundesregierung leistet außerdem einen Beitrag zum Auf- und Ausbau regionaler Konfliktfrühwarnsysteme sowie handlungsfähiger Strukturen für Mediation, Dialog und stiller Diplomatie zur Krisenprävention (z. B. im Rahmen der Afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur ). Weiterhin beabsichtigt die Bundesregierung, die Anzahl der in Friedensmissionen entsandten Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Polizistinnen und Polizisten – gegebenenfalls in Abstimmung mit den jeweiligen Ländern – zu erhöhen. Hierzu sollen die rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen für einen solchen Einsatz verbessert werden. Darüber hinaus will die Bundesregierung internationale und nationale Kapazitäten , die sich der Mediation und Versöhnung im Vorfeld von Krisen aber auch während der Friedenskonsolidierung widmen, stärken und ihr Engagement in diesem Bereich weiter ausbauen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1361 8. An welcher Stelle erfolgt innerhalb der Bundesregierung die ressortübergreifende Koordinierung von Maßnahmen zur zivilen Prävention von Krisen und befürchteten Massenverbrechen, und wer hat die Vollmachten und die Verantwortung, um bei der Erkennung eines hohen Risikos für größere bevorstehende Menschenrechtsverbrechen in gebotener Zeitnähe (innerhalb eines Monats) und wirkungsvoll zivil einzugreifen? a) Welche personellen und finanziellen Kapazitäten hat diese Stelle (bzw. haben die verantwortlichen Stellen)? b) Hält die Bundesregierung die ressortübergreifende Koordination für die schnelle und wirkungsvolle Krisenintervention für ausreichend, und wie begründet sie ihre Einschätzung? c) Über welche Mechanismen und Verfahren erreicht sie eine bestmögliche Koordination aller beteiligten Ressorts, und kann sie ausschließen, dass Maßnahmen der einzelnen Bundesstellen die gemeinsame Strategie nicht konterkarieren? Als Grundlage für das ressortübergreifende Handeln wurden im Jahr 2012 ressortübergreifende Leitlinien „Für eine kohärente Politik der Bundesregierung gegenüber fragilen Staaten“ verabschiedet. Die Abstimmung der Politik der Bundesregierung zu konkreten Krisen findet laufend und auf mehreren Ebenen statt. Konkrete Entwicklungen in den einzelnen Staaten und Regionen werden von den Länder- und Fachreferaten des Auswärtigen Amtes, die ihrerseits auf die fortlaufende Berichterstattung der deutschen Auslandsvertretungen vor Ort zurückgreifen können, kontinuierlich beobachtet und unter Berücksichtigung weiterer Erkenntnisquellen bewertet. Dabei werden z. B. die Einstufungen des „Global Centre for the Responsibility to Protect“ herangezogen, die sich ihrerseits u. a. aus Erkenntnissen aus dem System der Vereinten Nationen speisen. Zur ressortübergreifenden Koordinierung bei drohenden oder bereits eingetretenen Krisen können „Task Forces“ unter Leitung des Auswärtigen Amts einberufen werden. Auch im Ressortkreis Zivile Krisenprävention werden ressortübergreifende Handlungsoptionen kontinuierlich diskutiert. Mit Blick auf die von der Schutzverantwortung abgedeckten Massenverbrechen Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnische Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit hat das Auswärtige Amt einer Empfehlung der Vereinten Nationen folgend einen Beauftragten für die Schutzverantwortung ernannt. Seine Aufgabe ist es, relevante Stellen in der Bundesregierung und die deutschen Auslandsvertretungen für die besonderen Erfordernisse bei der Früherkennung und Verhinderung von Massenverbrechen zu sensibilisieren und diese Perspektive insbesondere in die Arbeiten zur Krisenprävention zu integrieren, in Einzelfällen Maßnahmen zu koordinieren und Informationen mit nationalen Beauftragten anderer Länder auszutauschen. 9. In welchen Ländern hat die Bundesregierung seit Januar 2013 Maßnahmen der zivilen Krisenprävention aufgrund der Wahrnehmung eines hohen Risikos bevorstehender Massenverbrechen an der Zivilbevölkerung ergriffen (bitte unter Angabe der Interventionsart – siehe die Fragen 6a bis 6h – und der Zeitdauer vom Beschluss bis zur Umsetzung aufzählen)? Die komplexen Ursachen gewaltsamer Konflikte bedingen einen umfassenden Ansatz der zivilen Krisenprävention. Die Bundesregierung setzt bei ihren Maßnahmen der zivilen Krisenprävention früh an, um durch Aktivitäten wie Förderung der Rechtsstaatlichkeit, Einsatz für einen wirksamen Schutz der Menschenrechte , Stärkung der Zivilgesellschaft oder Unterstützung unabhängiger Medien in den Zielländern an der Schaffung eines Umfelds mitzuwirken, das Massen- verbrechen möglichst entgegenwirkt. Drucksache 18/1361 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bei krisenhaften Zuspitzungen mit drohenden Menschenrechtsverletzungen in den betroffenen Staaten ist es wichtig, auf internationaler Ebene eine Infrastruktur der zivilen Krisenprävention zur Verfügung zu haben, die rechtzeitiges und kohärentes Handeln ermöglicht. Die Bundesregierung fördert deshalb seit langem die zivilen krisenpräventiven und friedenserhaltenden Kapazitäten der Vereinten Nationen und von Regionalorganisationen. So unterstützt die Bundesregierung bilateral sowie über die EU umfangreich den Kapazitätenaufbau der Afrikanischen Union, z. B. beim Aufbau der Abteilung „Frieden und Sicherheit “ der AU-Kommission, einschließlich der Errichtung eines neues Gebäudes. Die Bundesregierung beteiligt sich auch an der Entwicklung und Vermittlung ziviler Trainingsinhalte an verschiedenen afrikanischen Trainingseinrichtungen und für die Abteilung „Frieden und Sicherheit“ der AU-Kommission und finanziert zum Beispiel die Ausbildung von afrikanischen Polizistinnen und Polizisten zur Vorbereitung auf ihren Einsatz in VN-/AU-/ECOWAS-geführten Einsätzen am „Kofi Annan International Peacekeeping Training Center“ in der Republik Ghana und an der „École de Maintien de la Paix“ in der Republik Mali. Ferner unterstützt die Bundesregierung die Vereinten Nationen beim Ausbau regionaler Peacekeeping-Trainingszentren und der Durchführung von Trainingskursen für afrikanische Peacekeeping-Kontingente. 10. Wie analysiert und bewertet die Bundesregierung die Länderberichte von Menschenrechtsorganisationen, und wer stellt im Rahmen welches Verfahrens sicher, dass entsprechende Berichte über gravierende Menschenrechtsverletzungen und sich abzeichnende Massenverbrechen (wie zum Beispiel vor 22 Jahren in Ruanda) ernstgenommen und umgehend Maßnahmen zur Verifikation und ggf. (zivilen) Intervention eingeleitet werden ? In welchen Fällen haben seit Januar 2013 solche Länderberichte besondere Maßnahmen der Bundesregierung erwirkt, und wie viel Zeit ist jeweils zwischen dem Bekanntwerden des Berichts und der Umsetzung der Maßnahmen vergangen (ggf. als Aufzählung, bei mehr als zehn Punkten reicht die Nennung der zehn aktuellsten Berichte)? Das Auswärtige Amt zieht zur Bewertung der Menschenrechtslage in einzelnen Ländern eine Reihe von Quellen heran, unter anderem auch die Berichte von Nichtregierungsorganisationen bzw. der Zivilgesellschaft zur menschenrechtlichen Gesamtlage oder einzelnen menschenrechtlichen Aspekten. Diese werden als Grundlage für Beratungen und Analysen zu länderspezifischen Situationen genutzt und können wichtiger Teil von Entscheidungsprozessen der Bundesregierung (in Menschenrechtsfragen oft auch im Verbund der EU-Mitgliedstaaten ) sein. Inwieweit und ggf. in welchem zeitlichen Abstand Handlungen der Bundesregierung auf der Grundlage von Länderberichten von Menschenrechtsorganisationen erfolgen, lässt sich aufgrund der Vielzahl der von der Bundesregierung verwendeten Erkenntnisquellen nicht eindeutig zuordnen. 11. Womit unterstützt die Bundesregierung die Afrikanische Union als Nachfolgeorganisation der (in Ruanda gescheiterten) Organisation für Afrikanische Einheit (OAU)? Die Bundesregierung unterhält eine umfassende Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union, die sich insbesondere auf die Bereiche Frieden und Sicherheit, gute Regierungsführung und Demokratisierung, regionale Infrastruktur einschließlich Wasser- und Energie, Hochschulbildung, Agrarentwicklung sowie Kapazitätsaufbau konzentriert. Partner sind die AU-Kommission, der Afrika- nische Menschenrechtsgerichtshof, die Afrikanische Kommission für Men- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/1361 schenrechte und Rechte der Völker, das Panafrikanische Parlament sowie die NEPAD-Planungs- und Koordinierungsagentur. a) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen oder geplant , um die Kapazitäten der Afrikanischen Union in der Früherkennung und zivilen Krisenintervention zu unterstützen (bitte nach Interventionsart – siehe die Fragen 6a bis 6h – oder dem Programmnamen unter Angabe der dafür bereitgestellten Haushaltsmittel auflisten)? Die Bundesregierung unterstützt die Afrikanische Union beim Aufbau der Afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur (APSA). Die fünf Säulen der APSA wurden in dem im Jahr 2003 ratifizierten Protokoll über die Einrichtung des Friedens- und Sicherheitsrats (PSC) festgelegt: der PSC als ständiges oberstes Entscheidungsorgan, ein kontinentales Frühwarnsystem (CEWS), ein Rat der Weisen (Panel of the Wise) zur politischen Konfliktmediation, eine afrikanische Einsatztruppe (African Standby Force, die sich aus regionalen Standby Forces zusammensetzt) und ein Friedensfonds (Peace Fund) zur Finanzierung friedensfördernder Maßnahmen. Die Bundesregierung unterstützt die Afrikanische Union durch den Bau eines Gebäudes für die Abteilung „Frieden und Sicherheit“ der AU-Kommission (2008 bis 2014, rund 27 Mio. Euro). Dieses Gebäude ist ein Verwaltungsgebäude zur Unterbringung aller Mitarbeiter der Abteilung „Frieden und Sicherheit “ der AU-Kommission, das u. a. Büroräume, einen Plenarsaal für die Sitzungen des Friedens- und Sicherheitsrats der AU und ein Lage- und Strategiezentrum umfasst. Die Bundesregierung unterstützt die AU beim Aufbau der zivilen und polizeilichen Komponente der „African Standby Force“ (ASF). Sie unterstützt die Afrikanische Union beim Aufbau der Polizeikomponente der ASF durch Beratung der für Friedensmissionen zuständigen Abteilung der AU-Kommission (Peace Support Operations Division – PSOD). Für die Jahre 2009 bis 2015 wurden hierfür rund 6 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Ziel ist es, die in der PSOD arbeitenden Polizistinnen und Polizisten bei der Planung und Durchführung von Friedensmissionen zu beraten und zu unterstützen. Darüber hinaus wird die Ausbildung afrikanischer Polizistinnen und Polizisten an regionalen Ausbildungszentren gefördert. Zwischen den Jahren 2008 und 2013 unterstützte die Bundesregierung Polizeitrainings am „Kofi Annan International Peacekeeping Training Center“ (KAIPTC) in Ghana mit insgesamt rund 3,7 Mio. Euro. Auch an der „École de Maintien de la Paix“ in Mali werden seit dem Jahr 2007 mit deutscher Finanzierung afrikanische Polizistinnen und Polizisten für ihren Einsatz in internationalen Friedenseinsätzen ausgebildet. Die Gesamtförderung für die Jahre 2007 bis 2014 betrug rund 1,1 Mio. Euro, im Jahr 2012 entfiel die Unterstützung aufgrund der damaligen Krisensituation. Der Aufbau der zivilen Komponente der ASF ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die von der AU nur in Zusammenarbeit mit den afrikanischen Regionalorganisationen bewältigt werden kann. Zivile Fachkräfte übernehmen in Friedensmissionen sowohl technische und administrative Aufgaben als auch fachliche Verantwortung , z. B. als Menschenrechtsbeobachter, beim Schutz der Zivilbevölkerung , im Bereich der Reintegration von ehemaligen Kämpfern oder in der Betreuung von Opfern sexueller Gewalt. Hierfür werden spezialisierte Experten gebraucht, die nur schwer und in zeitaufwändigen Prozessen rekrutiert werden können. Daher unterstützt Deutschland sowohl die AU wie auch einige Regionalorganisationen (EASFCOM, ECOWAS, SADC) seit dem Jahr 2011 beim Aufbau einer Datenbank für zivile Fachkräfte (sogenanntes Roster). Die Unterstützung umfasst auch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen in den je- weiligen Organisationen. Aber auch die Personen, die in das „Roster“ aufgenommen werden, müssen auf ihren Einsatz in Friedensmissionen vorbereitet Drucksache 18/1361 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode werden. Um hierzu einen Beitrag zu leisten, fördert Deutschland durch Organisationberatung , Kursfinanzierungen und Lehrplan-Beratung regionale Trainingszentren , wie das o. g. KAIPTC, das „Regional Peacekeeping Training Centre“ (RPTC in Harare) und das „International Peace Support Training Centre“ (IPSTC in Nairobi). Im Bereich der Konfliktfrühwarnung bei der AU leistet Deutschland seit dem Jahr 2006 Unterstützung beim Aufbau des kontinentalen Frühwarnsystems CEWS. Wesentliche Beiträge liegen in der Beratung zur Formulierung von (gendersensiblen) Frühwarnindikatoren, in der Ausarbeitung von Berichtsformaten und im Training von Analysten. Wie auch bereits in der Vergangenheit geschehen , soll in den kommenden Jahren vermehrt die Verknüpfung zwischen Frühwarnung und „früher Reaktion“, also die Zusammenarbeit mit den politischen Entscheidungsträgern sowie die (technische) Vernetzung mit anderen bestehenden oder im Aufbau befindlichen Frühwarnsystemen auf regionaler und nationaler Ebene gestärkt werden. In diesem Zusammenhang fanden und finden vereinzelte Maßnahmen bei EAC und ECOWAS statt. Außerdem trägt Deutschland zur Stärkung von Mediationsstrukturen und zur Unterstützung von Mediationseinsätzen bei. Auf AU-Ebene geschieht dies vor allem durch Zusammenarbeit mit dem „Panel of the Wise“ und durch die Unterstützung des „Pan-African Network of the Wise“ (z. B. PanWise), welches alle wesentlichen Akteure aus den offiziellen Strukturen der AU und von Regionalorganisationen mit einzelnen erfahrenen Mediatorinnen und Mediatoren sowie Experten aus der Zivilgesellschaft zusammenbringt. Darüber hinaus fördert Deutschland den Aufbau von Mediationsstrukturen bei SADC. Ferner unterstützt Deutschland die AU bei der Umsetzung eines politischen Rahmenwerks zu Wiederaufbau und Entwicklung (Post Conflict Reconstruction and Development -Frameworks – PCRD), welches auch eine krisenpräventive Funktion innehat , da ohne nachhaltige Friedenskonsolidierung ein erhöhtes Risiko besteht, dass Konflikte (erneut) ausbrechen. Bereits im Jahr 2005 half Deutschland bei der Fertigstellung des PCRD-Frameworks. Seit dem Jahr 2012 werden grenzüberschreitende Infrastrukturmaßnahmen in ausgewählten Postkonfliktstaaten finanziert. Alle oben beschriebenen Aktivitäten zur Konfliktfrühwarnung, Mediation und Friedenskonsolidierung auf AU-Ebene werden aus dem Programm „Förderung der Afrikanischen Union im Bereich Frieden und Sicherheit“ (2009 bis 2015, rund 27 Mio. Euro für die technische und finanzielle entwicklungspolitische Zusammenarbeit ) gefördert. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung die Afrikanische Union bei der Umsetzung des „African Union Border Programme“ (2009 bis 2015, rund 21 Mio. Euro). Im Rahmen des Projekts wird die in der AU-Kommission für das „African Union Border Programme“ zuständige Einheit gefördert. Ziel ist es, sie in ihrer Rolle als fachliche Koordinierungs- und Beratungsplattform für die Mitgliedstaaten zu stärken. Das Projekt umfasst auch die Delimitation (rechtliche Vereinbarung) und Demarkation (physische Kennzeichnung) afrikanischer Grenzen und die Unterstützung von Grenzkooperationen. Es zielt auf die Verringerung des Risikos von gewaltsam ausgetragenen Grenzkonflikten durch frühzeitige einvernehmliche Klärung der zu weiten Teilen noch nicht im Detail festgelegten Grenzverläufe zwischen vielen afrikanischen Staaten. Darüber hinaus leistet die Bundesregierung über den Europäischen Entwicklungsfonds einen Beitrag zur sogenannten „African Peace Facility“ (APF) der EU. Die APF ist das wichtigste europäische Instrument zur Finanzierung von Beiträgen im Bereich Frieden und Sicherheit in Afrika. Sie wurde im Jahr 2006 auf Wunsch der afrikanischen Partner eingeführt und leistet seitdem einen wich- tigen Finanzierungsbeitrag für afrikanisch geführte Friedensmissionen und den regionalen Kapazitätsaufbau. Die EU stärkt damit die Handlungsfähigkeit und Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/1361 Eigenverantwortung der afrikanischen Partner für Frieden und Sicherheit. Die APF wird für den Zeitraum 2014 bis 2016 mit einem (Grund-)Volumen von 750 Mio. Euro ausgestattet, um den gegenwärtigen Krisenherden in Afrika Rechnung zu tragen. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die Mittel der APF verstärkt für zivile und nachhaltige Aufbaumaßnahmen verwendet werden, insbesondere für den zivilen Kapazitätsaufbau der mehrdimensionalen „African Peace and Security Architecture“ (APSA). b) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen oder geplant , um die militärischen Kapazitäten der Afrikanischen Union zu stärken (bitte nach dem Programmnamen unter Angabe der dafür bereitgestellten Haushaltsmittel auflisten)? Die Bundesregierung hat bislang keine unmittelbaren Maßnahmen getroffen, um die militärischen Kapazitäten der Afrikanischen Union zu stärken. Im Übrigen wird auf die Antworten des Staatsministers für Europa, Michael Roth, vom 2. April 2014 auf die Mündlichen Fragen 23 und 24 der Abgeordneten Christine Buchholz (Plenarprotokoll 18/25) verwiesen. Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der Afrikanischen Union und der Europäischen Union entsandte die Bundeswehr in den Jahren 2010 bis 2013 einen Stabsoffizier in das EU-Planungsteam als militärischen Berater für die AU-Übung AMANI AFRICA. Es ist beabsichtigt, auch die Folgeübung AMANI AFRICA II, die im Herbst 2014 stattfinden soll, durch Entsendung eines Stabsoffiziers der Bundeswehr zu unterstützen. c) Unterstützt die Bundesregierung das Ziel, die Afrikanische Union „vorrangig zivil“ zu stärken? Ja. 12. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Eskalation der Gewalt in Ruanda in den Jahren 1990 bis 1994 durch auswärtige Militärhilfe insbesondere durch Uganda, die USA und Frankreich an die Rwandese Patriotic Front bzw. an das Regime Juvénal Habyarimanas ermöglicht, zumindest aber begünstigt wurde und dass im Umkehrschluss ein striktes frühzeitiges Waffenembargo zur Deeskalation bzw. zur Verhinderung von schweren Menschenrechtsverletzungen beigetragen hätte (bitte begründen )? Die Bundesregierung ist der grundsätzlichen Auffassung, dass ein Waffenembargo in einem Land bzw. einer Region mit erkennbarem Potential für gewaltsam ausgetragene Konflikte zu einer Deeskalation von Gewalt beitragen kann. Ob ein striktes und frühzeitiges Waffenembargo im Falle Ruandas tatsächlich wirksam zur Deeskalation bzw. zur Verhinderung der Menschenrechtsverletzungen und letztlich des Genozids beigetragen hätte, kann aus heutiger Sicht nur gemutmaßt werden. a) In welchen Krisenregionen und Ländern ist nach Meinung der Bundesregierung auch heute ein striktes Waffenembargo geboten? Die Bundesregierung verweist auf den im Bundesanzeiger veröffentlichen Runderlass Außenwirtschaft Nr. 4/2014 (BAnz AT 9. April 2014 B1), der die derzeit bestehenden Waffenembargos auflistet. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass in den dort aufgelisteten Ländern ein Waffenembargo geboten ist. Drucksache 18/1361 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen oder geplant , um zukünftige ausländische Militärhilfe oder Waffentransporte in diese Regionen zu verhindern? Die Bundesregierung ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die Umgehung von Waffenembargos von ihrem Territorium aus zu unterbinden. Darüber hinaus beteiligt sich die Bundesregierung aktiv an Gremien der Vereinten Nationen und der Europäischen Union zur Überwachung, Umsetzung und gegebenenfalls Verbesserung der Sanktionen sowie an spezialisierten Gremien zur Verhinderung der Proliferation. Gemeinsam mit ihren europäischen Partnern wirkt die Bundesregierung in Einzelfällen politisch auf andere Staaten ein, um die Umsetzung von Waffenembargos zu stärken. c) Wie schätzt die Bundesregierung angesichts dessen die Aufhebung des Waffenembargos für Somalia ein, zumal nach Aussage eines UN-Monitoringberichts die für die regulären somalischen Streitkräfte vorgesehenen Waffen systematisch an die Shabaab-Milizen weitergeleitet werden (http://in.reuters.com/article/2014/02/13/somalia-arms-un-idINDEEA1 C0AB20140213)? Die Bundesregierung verweist auf ihre Antwort vom 21. Februar 2014 auf die Schriftliche Frage 4 des Abgeordneten Jan van Aken auf Bundestagsdrucksache 18/640 sowie ihre Antwort vom 17. März 2014 auf dessen Schriftliche Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 18/886. Es besteht weiterhin ein umfassendes Waffenembargo der Vereinten Nationen für Somalia. Dieses enthält unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmebestimmungen für die Regierung von Somalia. Es liegt in der Zuständigkeit des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, die Effektivität und Umsetzung der von ihm verhängten Waffenembargos zu überprüfen und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen zur Veränderung der Sanktionsregime zu ergreifen. Die Bundesregierung befolgt in Umsetzung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhängten Sanktionen. d) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der massiven Militärhilfe insbesondere der USA, aber auch anderer westlicher Staaten für Ruanda unter Präsident Paul Kagame – unter besonderer Berücksichtigung, dass belastbare Hinweise durch UN-Berichte vorliegen, dass diese Waffen und Militärhilfe für kongolesische „Rebellengruppen“ für Menschenrechtsverletzungen im Osten der Demokratischen Republik Kongo verantwortlich zu machen sind (www.un.org S/2012/843)? Der Bundesregierung ist Umfang und Inhalt einer militärischen Zusammenarbeit westlicher Partner wie den Vereinigten Staaten von Amerika mit Ruanda im Einzelnen nicht bekannt. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse aus VN-Berichten zu der Behauptung vor, dass Waffen bzw. Militärhilfe westlicher Partner für Ruanda für massive Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo verantwortlich zu machen sind. 13. Aus welchen Gründen war die Bundeswehr mit einer Beratergruppe zur Unterstützung des ruandischen Militärs bis April 1994 vor Ort? Detailinformationen zum Aufenthalt der Beratergruppe der Bundeswehr in Ruanda im Rahmen des Ausstattungshilfeprogramms der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte liegen nicht vor. Auch eine Nachfrage beim Bundesarchiv /Militärarchiv verlief ergebnislos. Es ist daher davon auszugehen, dass die Akten entsprechend dem „Leitfaden für die Bearbeitung und Verwaltung von Schriftgut“ behandelt wurden. Darin sind keine allgemeinen Festlegungen zu Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/1361 den Zeiten einer Aufbewahrungspflicht für Vorgänge wie den angefragten getroffen , so dass die jeweiligen Bearbeiter Aufbewahrungsfristen – nach denen die Vorgänge vernichtet werden – festlegen. Es muss somit davon ausgegangen werden, dass die seinerzeit verfügte Aufbewahrungsfrist zwischenzeitlich verstrichen ist und die Vorgänge vernichtet wurden. a) Was war der Auftrag der Bundeswehr in Ruanda? Beratergruppen der Bundeswehr werden aufgrund eines Ressortabkommens und einer Programmvereinbarung über die Durchführung eines Ausstattungshilfeprogramms entsandt. Sie haben keinen militärischen Auftrag, sondern beraten und unterstützen die Streitkräfte der Empfängerländer im sachgerechten Einsatz des im Rahmen des Ausstattungshilfeprogramms gelieferten Materials sowie bei der Aus- und Fortbildung des Personals. Dies war auch der Auftrag in Ruanda. Der Status der Beratergruppe der Bundeswehr und ihrer Familienangehörigen wird auf der Grundlage eines Ressortabkommens geregelt. Sie sind nicht in die militärische Hierarchie des Partnerlandes integriert. b) Mit welchen Partnern im ruandischen Militär arbeitete die Bundeswehr in Ruanda zusammen? Die Beratergruppe der Bundeswehr arbeitet in einem Empfängerland in erster Linie mit den Soldaten in den einzelnen Projekten an den jeweiligen Standorten zusammen. Auf der Ebene des Leiters der Beratergruppe der Bundeswehr gibt es üblicherweise Verbindungsoffiziere im Verteidigungsministerium des Partnerlandes . c) Welche Kenntnisse über Menschenrechtsverletzungen seitens dieser Partner liegen der Bundesregierung vor, und welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um entsprechende Kenntnisse zu gewinnen? Zu dieser Fragestellung liegen der Bundesregierung für die Zeit bis zum Ausbruch des Völkermords keine Erkenntnisse vor. d) Welche Fahrzeuge und anderen Materialien hat die Bundeswehr im Rahmen ihrer Ausstattungshilfe der Ruandischen Armee zu welchen Zeitpunkten überlassen? Zu dieser Fragestellung liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Im Rahmen der Ausstattungshilfe ist die Lieferung von Waffen, Munition und Maschinen zu deren Herstellung ausdrücklich ausgeschlossen. e) Welche Kenntnisse über die Nutzung der überlassenen Ausstattung im Rahmen des Völkermordes liegen der Bundesregierung vor, und welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um entsprechende Kenntnisse zu gewinnen? Zu dieser Fragestellung liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. f) Welche Berichte und Warnungen vor möglichen Menschenrechtsverletzungen hat die Beratergruppe in den Jahren 1990 bis 1994 erstellt, und wie wurden diese behandelt? Zu dieser Fragestellung liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Drucksache 18/1361 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode g) Welcher Geheimhaltungsstufe unterliegen diese Berichte, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass 20 Jahre nach dem Völkermord diese Berichte offengelegt werden sollten? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 13f wird verwiesen. h) Welche Schlüsse hat die Bundesregierung aus der Militärhilfe für die Verantwortlichen des Völkermords gezogen, und nach welchen Kriterien entscheidet die Bundesregierung heute über Ausstattungs- und Ausbildungshilfen der Bundeswehr in Krisenregionen? Die Bundesregierung verurteilt ausdrücklich den Völkermord, der in Ruanda im Jahr 1994 verübt wurde. Ruanda war in den Jahren 1976 bis 1994 Empfängerland im Rahmen des Ausstattungshilfeprogramms der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte. Das Programm wurde bei Beginn des Genozids eingestellt und die Beratergruppe der Bundeswehr abgezogen. Allgemein ist festzuhalten , dass im Rahmen des Ausstattungshilfeprogramms der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte vornehmlich Material und Fahrzeuge für den Aufbau von Sanitäts- und Instandsetzungseinrichtungen sowie Pioniereinheiten übergeben werden. Material und Fahrzeuge gehen in die Verfügungsgewalt des jeweiligen Staates über. Die Lieferung von Waffen, Munition und Maschinen zu deren Herstellung ist ausdrücklich ausgeschlossen. Voraussetzung für Unterstützungsleistungen durch die Bundeswehr ist das Vorhandensein ausreichend funktionstüchtiger staatlicher Strukturen sowie die Bereitschaft der Partnerländer, für die Einhaltung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien einzutreten und sich einer verantwortungsvollen Regierungsführung unter Achtung der Menschenrechte verpflichtet zu fühlen. 14. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die United Nations Assistance Mission for Rwanda (UNAMIR) grundsätzlich nicht in der Lage war, die Zivilbevölkerung mit Waffengewalt zu schützen (Force Protection ) und sich die postulierte Schutzfähigkeit bei der Krisenbewältigung somit kontraproduktiv ausgewirkt hat (bitte begründen)? Der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, hat im Jahr 1999 eine unabhängige Untersuchungskommission eingesetzt, um das Wirken der Vereinten Nationen in Ruanda zum Zeitpunkt des Genozids zu analysieren („Independent Inquiry into the Actions of the United Nations during the 1994 genocide in Rwanda“). Diese benennt in ihrem Abschlussbericht (VN-Dokument S/1999/1257) eine Vielzahl von Faktoren, die mitverantwortlich waren für das Versagen der Vereinten Nationen angesichts des Genozids in Ruanda. Diese umfassen u. a. Fragen des Mandats der Mission UNAMIR, finanzieller und personeller Ressourcen, des politischen Willens beteiligter Akteure innerhalb und außerhalb der Vereinten Nationen sowie der damaligen Strukturen des Peacekeepings der Vereinten Nationen. Die Untersuchungskommission kommt auch zu dem Ergebnis, dass in einzelnen Fällen Zivilisten durch den Abzug der Mission UNAMIR einem größeren Risiko ausgesetzt wurden, als sie es ohne den Einsatz der Mission gewesen wären. Die Bundesregierung teilt die Einschätzungen der unabhängigen Untersuchungskommission , dass eine Vielzahl von Faktoren für das Scheitern der Vereinten Nationen angesichts des Genozids in Ruanda ursächlich war. Die Erfahrungen aus Ruanda haben zu tiefgreifenden, strukturellen Veränderungen im Peacekeeping der Vereinten Nationen geführt, die die Grundlage für die heutigen multidimensionalen Friedenseinsätze der Vereinten Nationen bilden und die ver- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/1361 hindern sollen, dass sich eine Situation wie seinerzeit in Ruanda wiederholt. Auf die Antwort zu Frage 15 wird hierzu verwiesen. 15. Wie beurteilt die Bundesregierung 20 Jahre nach dem Scheitern der UNAMIR die Möglichkeit der Force Protection durch militärische Missionen , auch angesichts dessen, dass zum Beispiel die mit 7 000 Soldaten deutlich aufwändigere United Nations Mission in South Sudan (UNMISS) Anfang des Jahres 2014 keine „Force Protection“ außerhalb ihrer Stützpunkte gewährleisten konnte? In welchen Militärmissionen mit finanzieller und/oder personeller Beteiligung Deutschlands ist der gewaltsame Schutz der Zivilbevölkerung (Force Protection) heute Bestandteil des Mandats? Die Möglichkeiten der Vereinten Nationen, im Rahmen von Friedensmissionen zum Schutz der Zivilbevölkerung gemäß dem jeweiligen Mandat sowie innerhalb des Mandatsgebiets beizutragen, haben sich im Vergleich zur Mitte der 90er-Jahre entscheidend verbessert. Dies liegt vor allem an den tiefgreifenden strukturellen Veränderungen, die das Peacekeeping der Vereinten Nationen seitdem durchlaufen hat und die das Ergebnis einer intensiven Beschäftigung mit den Lehren aus früheren Peacekeeping-Erfahrungen sind. Dazu zählen die Schaffung einer eigenen Hauptabteilung zur Unterstützung der Friedenseinsätze (Department of Field Support – DFS), parallel dazu eine personelle Stärkung der Hauptabteilung für Friedenssicherungseinsätze (Department of Peacekeeping Operations – DPKO) sowie größere finanzielle Flexibilität für diese Hauptabteilungen , insbesondere in der Aufwuchsphase von Friedensmissionen. Darüber hinaus wurde der Abstimmungsprozess mit truppen- und polizeistellenden Staaten des VN-Peacekeepings verbessert. Der Großteil der neueren Friedensmissionen der Vereinten Nationen sind zudem multidimensionale Friedenseinsätze , die über eine militärische, polizeiliche und eine zivile Komponente verfügen und denen umfangreiche Aufgaben im Bereich Stabilisierung und Friedenskonsolidierung übertragen werden. Alle drei Komponenten leisten, abhängig vom jeweiligen Mandat, einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung . Das Sekretariat der Vereinten Nationen trägt kontinuierlich dazu bei, das Konzept des Schutzes der Zivilbevölkerung in Friedensmissionen weiter zu schärfen und hat dazu u. a. ein konzeptionelles Rahmendokument, missionsspezifische Strategien zum Schutz von Zivilisten sowie entsprechende Trainingskurse für das Personal von Friedensmissionen entwickelt. Friedensmissionen der Vereinten Nationen werden über Pflichtbeiträge finanziert . Deutschland beteiligt sich somit an der Finanzierung aller 16 VN-Friedensmissionen . Von diesen haben folgende Missionen ein Mandat gemäß Kapitel VII der VN-Charta zum Schutz von Zivilisten, in der Regel im Rahmen ihrer Möglichkeiten und in ihren Einsatzgebieten: ● United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in the Central African Republic (MINUSCA) ● United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali (MINUSMA) ● United Nations Stabilization Mission in Haiti (MINUSTAH) ● United Nations Organization Stabilization Mission in the Democratic Republic of the Congo (MONUSCO) ● African Union/United Nations Hybrid Operation in Darfur (UNAMID) ● United Nations Interim Security Force for Abyei (UNISFA) ● United Nations Mission in Liberia (UNMIL) Drucksache 18/1361 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ● United Nations Mission in the Republic of South Sudan (UNMISS) ● United Nations Operation in Côte d’Ivoire (UNOCI) Auch die United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) hat, auf Anfrage der Regierung der Libanesischen Republik, ein Mandat zum Schutz von Zivilisten . Unbeschadet dieser Mandate tragen die jeweiligen zuständigen Behörden der betroffenen Staaten die primäre Verantwortung für den Schutz von Zivilisten in ihrem Hoheitsgebiet. 16. In welchem Rahmen hat die Bundesregierung ihr eigenes Verhalten in Bezug auf Ruanda in den Jahren 1990 bis 1994 evaluiert? a) In welchen Berichten (externer oder internen Gutachter) hat die Bundesregierung ihre eigenen Erkenntnisse aus der Eskalation des Konfliktes bis zum Völkermord zusammengefasst bzw. auch durch mögliche neue Erkenntnisse – insbesondere über die Verantwortlichen in Ruanda und den Nachbarstaaten als auch international – revidiert oder angepasst? Im Zeitraum 1998/1999 wurden im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zwei unabhängige Gutachten gefertigt und vom BMZ abgenommen: ● Jürgen H. Wolff und Andreas Mehler, Deutsche Entwicklungszusammen- arbeit mit Ruanda – Normalität in einem nichtnormalen Land, Bochum/Hamburg 1998 (BMZ datiert Juli 1998) ● Jürgen H. Wolff, Andreas Mehler, Hauptbericht zur Evaluierung „EZ-Wirkungen in Konfliktsituationen“ – Fallstudie Ruanda, Bochum/Hamburg 1998 (BMZ datiert April 1999) Ziel dieser Evaluierungen war es, Erkenntnisse darüber zu erlangen, inwiefern die deutsche EZ in der damaligen Aufstellung zu einer friedlichen Entwicklung Ruandas beitragen konnte bzw. krisenmindernd oder -verschärfend gewirkt hat. b) Sind diese Berichte öffentlich zugänglich? Die in der Antwort zu Frage 16a genannten Evaluierungsberichte des BMZ werden auf Anfrage herausgegeben. c) Welche zentralen Empfehlungen der Evaluationsgutachten zur Früherkennung und zivilen Krisenreaktion wurden von der Bundesregierung umgesetzt? Die zentralen Empfehlungen der o. g. Evaluierung vom April 1999 wurden umgesetzt . So werden Fortbildungsseminare zur Konfliktprävention auf verschiedenen Ebenen (ressortübergreifend, für ausreisendes und in relevanten Bereichen tätiges Personal sowie gemeinsam mit entwicklungspolitischen Durchführorganisationen ) regelmäßig durchgeführt. Für das entwicklungspolitische Engagement in fragilen, von Konflikt und Gewalt geprägten Staaten gibt es Vorgaben des BMZ gegenüber den Durchführorganisationen, um eine konfliktsensible Planung, Umsetzung und Monitoring von Vorhaben sicherzustellen (vgl. BMZStrategiepapier , „Entwicklung für Frieden und Sicherheit“, März 2013). Die seit dem Jahr 2012 geltenden ressortübergreifenden Leitlinien „Für eine kohärente Politik der Bundesregierung gegenüber fragilen Staaten“ spezifizieren den von der Bundesregierung verfolgten vernetzten Ansatz zwischen Außen-, Sicherheits - und Entwicklungspolitik. Der gerade in fragilen Kontexten notwendige Informationsaustausch erfolgt nicht nur zwischen den Ressorts, sondern auch mit nicht-staatlichen Organisationen, z. B. im Rahmen länderbezogener „Run- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/1361 der Tische“, die die Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) regelmäßig organisiert. Mit der jährlich für alle BMZ-Partnerländer erstellten Krisenfrühwarnung verfügt das BMZ über ein Analyse- und Steuerungsinstrument , das – neben anderen nationalen und internationalen Analysetools – als Entscheidungsgrundlage für präventives Handeln dient. d) Welche Empfehlungen der Evaluationsgutachten wurden nicht umgesetzt ? Aus Sicht der Bundesregierung wurden alle zentralen Empfehlungen in den letzten Jahren umgesetzt. 17. Worin liegen nach Auffassung der Bundesregierung maßgeblich die Ursachen für die Entstehung und Eskalation von Konflikten und deren Zuspitzung bis hin zu schweren massenhaften Menschenrechtsverbrechen, und auf Grundlage welcher Untersuchungen/Studien kommt die Bundesregierung zu ihrer Auffassung? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 18. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller , dass die Gefahr der Entstehung und Eskalation von Konflikten und deren Zuspitzung bis hin zu schweren Menschenrechtsverbrechen auch durch eine Armut verschärfende internationale Handels- und Wirtschaftspolitik begünstigt wird, und wenn ja, mit welchen Mechanismen und durch welche Stellen stellt die Bundesregierung sicher, dass deutsche Außenhandels- und Wirtschaftsaktivitäten konfliktsensibel und Armut bekämpfend sind? Handel und gegenseitige wirtschaftliche Verflechtung schaffen Vertrauen und stabilisieren die internationalen Beziehungen. Deshalb ist es Aufgabe der deutschen Außenpolitik, sowohl die deutschen wirtschaftlichen Interessen in der Welt zu fördern und zu schützen als auch zur weiteren Entwicklung einer gerechten und nachhaltigen globalen Wirtschaftskooperation beizutragen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333