Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 21. September 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13638 18. Wahlperiode 25.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner, Omid Nouripour, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13391 – Politische Lage in Libyen und Aufbau von Auffanglagern für Flüchtlinge V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem Sturz des libyschen Diktators Muhammad Gaddafi im Jahr 2011 ist das Land im Norden Afrikas nicht mehr zur Ruhe gekommen. Obwohl im Dezember 2015 unter Vermittlung der Vereinten Nationen ein Abkommen geschlossen wurde, das eine Einheitsregierung im Land etablierte, kam es bislang nicht zu einer Konsolidierung seiner politischen Führung. Seit dem Jahr 2014 existieren zwei rivalisierende Regierungen. Die auch von der Europäischen Union (EU) anerkannte Regierung der nationalen Einheit unter Führung des Premierministers Fayez al-Sarraj wird vom in Tobruk ansässigen Nationalkongress nicht anerkannt. Die Milizen dieses Parlaments unterstehen als so genannte Libysche Nationalarmee dem Kommando des Generals Khalifa Haftar. Verschiedene Staaten in der Region und in Europa unterstützen unterschiedliche Kräfte im Land. So wird das Parlament in Tobruk in besonderem Maß von Ägypten, Russland, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt. Es gibt auch Berichte, nach denen Frankreich die Milizen Haftars unterstützt. Daneben gibt es zahlreiche Stammeskämpfe, die teilweise auf seit Jahrzehnten bestehenden Rivalitäten beruhen. Die Expertengruppe der Vereinten Nationen (VN) berichtet über zahlreiche Verstöße gegen das VN-Waffenembargo. Ende Juli 2017 kamen Premierminister Fayez al-Sarraj und General Khalifa Haftar in Paris zusammen und unterzeichneten unter der Vermittlung Frankreichs ein unverbindliches Abkommen, das einen Waffenstillstand vorsieht, den Weg für Wahlen freimachen soll und eine daraus hervorgehende Einheitsregierung beinhaltet. Allerdings ist unklar, welchen Geltungsbereich der Waffenstillstand umfasst, da er Anti-Terror-Maßnahmen ausklammert. Ägypten zum Beispiel , einer der wichtigsten Unterstützer Khalifa Haftars, betrachtet die Muslimbruderschaft , die Teil der Einheitsregierung ist, als terroristische Organisation. Der Erfolg dieses Abkommens scheint nicht zuletzt angesichts der feindseligen Stellungnahmen Khalifa Haftars gegenüber der italienischen Marinemission zur Unterstützung der Regierung Fayez al-Sarrajs fragwürdig (vgl. www.telegraph. co.uk/news/2017/08/03/libyan-military-strongman-threatens-italian-ships-tryingstop /). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13638 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die humanitäre Lage im Land, das zeigte zuletzt ein Bericht von Amnesty Internation , ist dramatisch: Amnesty International fasst die aktuelle menschenrechtliche Situation in Libyen wie folgt zusammen: Es finden schwere Verletzungen des Völkerrechts und Menschenrechtsverstöße statt, ohne dass jemand dafür zur Verantwortung gezogen wird. Alle Konfliktparteien verüben wahllose sowie gezielte Angriffe auf Zivilpersonen, die Tausende Menschen zu Binnenvertriebenen machen und zu einer humanitären Krise führen. Da es kein funktionierendes Justizsystem gibt, bleiben Tausende Menschen ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. Folter und andere Misshandlungen waren weiterhin an der Tagesordnung. Der sog. Islamische Staat (IS) und andere bewaffnete Gruppen verschleppten, inhaftierten und töteten Zivilpersonen und schränkten die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit massiv ein. Frauen waren Diskriminierung, sexualisierter Gewalt und anderen Gewalttaten ausgesetzt, insbesondere durch den IS. Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten wurden Opfer von zeitlich unbegrenzter Inhaftierung, Folter, Misshandlungen und anderen schweren Menschenrechtsverstößen durch Behörden, bewaffnete Gruppen und Schleuser (www.amnesty.de/jahresbericht/2017/libyen). Hinzu kommt, dass es in Libyen aufgrund dieser zahlreichen Konflikte über 400 000 Binnenflüchtlinge gibt (http://auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/ Laender/Laenderinfos/Libyen/Innenpolitik_node.html). Ungeachtet dieser verheerenden Lage haben die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihren informellen Treffen auf Malta im Februar 2017 den Aufbau „angemessener Aufnahmekapazitäten und -bedingungen“ für nach Libyen rückzuführende Bootsflüchtlinge beschlossen („Erklärung von Malta über die externen Aspekte der Migration: Vorgehen in Bezug auf die zentrale Mittelmeerroute“ vom 3. Februar 2017). Tatsächlich hatte der Bundesminister des Auswärtigen Sigmar Gabriel aber im Zusammenhang mit der Lage der Flüchtlinge in Libyen von „KZ-ähnlichen Zuständen “ gesprochen (www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/ 2017/170602-BM-BT-SOPHIA.html). Hierüber konferierte die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel jüngst auch mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi, und den Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration (IOM), William Lacy Swing. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen sprach auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin davon, dass nicht weniger als 20 bis 30 Prozent der Menschen, die versuchen, sich über das Mittelmeer nach Europa zu retten, schutzbedürftig im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention seien. Daraufhin versprach die Bundeskanzlerin auf dieser Pressekonferenz, sich dafür einzusetzen, dass auch in Libyen die „grundlegenden Menschenrechte“ aller Schutzsuchender gewahrt und eine Schutzgewährung für Asylsuchende „im Einzelfall geprüft“ würden (zit. nach: www.bundesregierung.de/Content/DE/ Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/08/2017-08-11-pk-bk-grandi-swing.html; jsessionid=425B0C0A2CB9B1AF08910D3B066B48B1.s3t1). 1. Inwiefern war die Bundesregierung im Rahmen der Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union oder bilateral in die Vorbereitung der libyschen Friedensgespräche in Paris im Juli 2017 einbezogen? Die Bundesregierung wurde im Rahmen der regelmäßigen Konsultationen von der französischen Regierung über die Pläne informiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13638 2. Inwiefern war die italienische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union oder bilateral in die Vorbereitung der libyschen Friedensgespräche in Paris im Juli 2017 einbezogen? Der Bundesregierung liegen keine Informationen zu dieser Frage vor. 3. Wie schätzt die Bundesregierung angesichts der feindseligen Äußerungen des Generals Khalifa Haftar gegen die von Premierminister Fayez al-Sarraj angeforderten italienischen Kräfte in Libyen (www.ansa.it/english/news/ politics/2017/08/03/haftar-ordered-italian-vessels-bombed_7d512404-911b- 4e9d-826c-4196fa4bf357.html) die Erfolgsaussichten des Abkommens ein? Die Bundesregierung sieht die Abschlusserklärung als Beitrag im Rahmen der Bemühungen der internationalen Gemeinschaft um Unterstützung eines inklusiven politischen Prozesses in Libyen. Die Erfolgsaussichten hängen von zahlreichen Faktoren ab, weshalb sie nur schwer einzuschätzen sind. 4. Geht die Bundesregierung davon aus, dass alle an den Friedensgesprächen von Paris Beteiligten die gleiche Auffassung vom Kampf gegen den Terrorismus haben, der vom ausgehandelten Waffenstillstand ausdrücklich ausgeschlossen ist? Die Bundesregierung geht davon aus, dass es unter den an den Friedensgesprächen von Paris Beteiligten unterschiedliche Auffassungen vom Kampf gegen den Terrorismus gibt. 5. Inwiefern waren neben den Vertretern der politischen und militärischen Institutionen aus Tobruk und Tripolis auch Vertreter anderer, regionaler Milizen Teil der Pariser Gespräche, und inwiefern sind diese Milizen nach Auffassung der Bundesregierung notwendige Bestandteile einer Friedenslösung für Libyen? Nach Kenntnis der Bundesregierung waren bei den Gesprächen in Paris lediglich der Vorsitzende des libyschen Präsidialrates Sarraj sowie der Kommandeur der sogenannten „Libyschen National-armee“ Haftar sowie deren Berater anwesend. 6. Auf welche konkreten politischen Umstände bezieht sich die Aufforderung von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, „die europäischen Mitgliedstaaten […] müssen aufhören, in Libyen immer ihre eigenen Interessen zu verfolgen “ (zit. nach: stern vom 3. August 2017), und welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung, um zu einer einheitlichen Politik der EU in Libyen zu kommen? Die Bundesregierung unterstützt die Rolle der Hohen Vertreterin im politischen Prozess in Libyen, um die einheitliche Politik der EU in Libyen zu stärken. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13638 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Inwiefern sieht die Bundesregierung die Unterstützung Ägyptens für General Khalifa Haftar (vgl. www.ispionline.it/it/pubblicazione/egypts-securityand -haftar-al-sisis-strategy-libya-16284) als Teil der Rolle des Landes als „Stabilitätsanker“ der Region (Aussage von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, vgl. www.handelsblatt.com/politik/international/merkel-in-kairoaegypten -ist-stabilitaetsanker-der-region/19467732.html), und inwiefern ist diese Haltung der Bundeskanzlerin mit der von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel vereinbar, der im „stern“ vom 3. August 2017 auch Ägypten vorhielt, in Libyen die „eigenen nationalen Interessen zu verfolgen“? Ägypten hat mit seinen Vermittlungsbemühungen zwischen unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Akteuren in Libyen einen wichtigen Beitrag zu Vermittlungsbemühungen der internationalen Gemeinschaft für einen inklusiven politischen Prozess geleistet. In dieser Haltung bestärkt die Bundesregierung ihre ägyptischen Gesprächspartner. 8. Welche Einrichtungen zur Unterbringung von Flüchtlingen sind der Bundesregierung bekannt a) die unter der Kontrolle einer der libyschen Regierungen stehen bzw. b) die unter der Kontrolle libyscher Milizen oder Schleuserorganisationen stehen (bitte jeweils nach folgenden Parametern aufschlüsseln: Name, Lage und Aufnahmekapazität der entsprechenden Einrichtung)? Die Fragen 8, 8a und 8b werden zusammen beantwortet. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) existieren derzeit 36 staatliche „Detention Centres“, die der „Behörde zur Bekämpfung Illegaler Einwanderung“ (DCIM) des libyschen Innenministeriums unterstehen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) spricht von bis zu 45 „Detention Centres“. Darüber hinaus halten Milizen und Schleuserorganisationen eine unbekannte Zahl von Flüchtlingen und Migranten in Privatgefängnissen fest, zur Zahl der Privatgefängnisse liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Ergänzend wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 18/13603 der Fraktion DIE LINKE., übersandt am 18. September 2017, verwiesen. 9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Situation in den staatlichen und nichtstaatlichen Auffangeinrichtungen für Flüchtlinge und Migranten (mit Blick auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln, die medizinische Versorgung, die hygienischen Umstände, über Gewalt durch Wärter oder unter Inhaftierten bzw. über den Umgang mit besonders schutzbedürftigen Personen)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 18/13603 der Fraktion DIE LINKE., übersandt am 18. September 2017, verwiesen. a) Inwiefern betrachtet die Bundesregierung die Charakterisierung von „KZähnlichen Zuständen“ für die Unterbringung von Flüchtlingen in Libyen nach wie vor als zutreffend, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung kommentiert interne Berichte nicht. Es wird im Übrigen auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13638 b) Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, der auf der o. g. Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel sagte, dass die menschenrechtliche Lage für Flüchtlinge „insbesondere [in den] staatlichen Lagern schlimm“ sei? Wenn nein, warum nicht? Und wenn ja, wie verträgt sich dies mit der Ankündigung der Bundeskanzlerin : „Unser Ziel muss natürlich sein, den Einflussbereich der Einheitsregierung immer weiter auszudehnen, damit möglichst viele der Menschen überhaupt menschenwürdig behandelt werden können“? Zu den Zuständen in staatlichen „Detention Centres“ wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Langfristig wird die Stärkung der Handlungsfähigkeit der libyschen Einheitsregierung als wirksamstes Instrument gesehen im Kampf gegen die Schleuser und um eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen und Migranten in und außerhalb von „Detention Centres“ gewährleisten zu können. Daneben unterstützt die Bundesregierung die laufenden Aktivitäten von UNHCR und IOM, um Verbesserungen für die Situation der Flüchtlinge und Migranten in Libyen zu erreichen. Ergänzend wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 18/13603 der Fraktion DIE LINKE., übersandt am 18. September 2017, verwiesen. Die Bundesregierung spricht gegenüber der libyschen Einheitsregierung regelmäßig an, dass sie die primäre Verantwortung dafür trägt, eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen und Migranten sicherzustellen. Sie fordert gegenüber der libyschen Einheitsregierung die Einrichtung offener Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge und Migranten. c) Teilt die Bundesregierung die Ansicht von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos, dass die Einrichtung sog. Auffangeinrichtungen in Libyen „schwierig“ sei – zumindest solange, „bis das Land stabilisiert ist“ (zit. nach Hamburger Abendblatt, 14. August 2017)? Die Bundesregierung teilt die Ansicht von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 9b verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13638 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. In welcher Höhe erhält Libyen Unterstützung durch deutsche Haushaltsmittel , bzw. nach Kenntnis der Bundesregierung durch Haushaltsmittel der EU (bitte nach Höhe, Zweck und Haushaltstiteln auflisten)? Folgende Tabellen geben Aufschluss über die deutschen und europäischen Unterstützungsleistungen (Stand: 11. September 2017): Leistungen der Bundesregierung (2017): Höhe in Euro Zweck Haushaltstitel 4 Mio. Studien- und Fachkräftefonds 2301-896 03 1,92 Mio. Stärkung Handlungsfähigkeit der Einheitsregierung/ politischer Friedensprozess 0501-687 34 2,03 Mio. Versöhnung verfeindeter Gruppen 0501-687 34 2,37 Mio. Schutz von Migranten/ Flüchtlingen 0501-687 34 4 Mio. Regionalprogramm Migrationsmanagement 0501-687 34 5,3 Mio. Humanitäre Hilfe für Flüchtlinge, Binnenvertriebene, aufnehmende Gemeinden und Migranten1 0501-687 32 Leistungen der EU (2017): Höhe in Euro Zweck Haushaltstitel 90 Mio. Bewältigung gemischter Migrationsströme in Libyen durch die Ausweitung von Schutzangeboten und Unterstützung der lokalen sozio-ökonomischen Entwicklung EU Trust Fund 42,2 Mio. 1,8 Mio. 2,2 Mio. Unterstützung von ganzheitlichem Grenz- und Migrationsmanagement in Libyen EU Trust Fund Internal Security Fund (ISF) Ko-Finanzierung Italien 11. Inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass deutsche und/oder europäische Gelder seit dem Jahr 2011 für den Bau von Lagern für Flüchtlinge und Migranten verwendet wurden? Für den Bau von „Detention Centres“ wurden weder von der EU noch der Bundesregierung dem dafür zuständigen libyschen „Department for Combatting Illegal Migration“ (DCIM), noch Milizen, unter deren Führung Privatgefängnisse stehen, Gelder zur Verfügung gestellt. 12. Mit welchen Partnern und im Rahmen welcher Projekte werden Mittel der Sonderinitiativen „Flucht“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Libyen eingesetzt (bitte nach Höhe, Umsetzungspartnern und Projekten aufschlüsseln)? Mit Mitteln der Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge (re)integrieren “ des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt die Bundesregierung seit 2015 das Projekt „Perspektiven für 1 Im Rahmen der Humanitären Hilfe erfolgt keine Bereitstellung von Mitteln an Regierung oder Behörden des Landes, sondern an humanitäre Hilfsorganisationen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13638 Binnenflüchtlinge und Migranten“, das vom Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) umgesetzt wird (bisher zugesagte Mittel seit 2015: 12 Mio. Euro). 13. Plant die Bundesregierung, in Zukunft auch über die Sonderinitiative „Stabilisierung und Entwicklung von Nordafrika und Nahost“ Gelder in Libyen einzusetzen? Wenn ja, in welchem Umfang, und in welchen Bereichen? Aus der Sonderinitiative „Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika-Nahost“ ist geplant, noch in diesem Jahr ein Vorhaben in Libyen zur Beschäftigungs- und Wirtschaftsförderung in Höhe von 5 Mio. Euro zu beauftragen. 14. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung von General Khalifa Haftar über 17 Mrd. Euro, um die libysche Südgrenze abzusichern (www. heise.de/tp/features/Libyen-General-Haftar-will-17-Milliarden-von-der-EUfuer -die-Grenzsicherung-3800863.html?seite=2)? Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Erkenntnisse zu einer solchen Forderung, weshalb sie diese auch nicht bewerten kann. 15. Wie sieht – nach Kenntnis der Bundesregierung – der Stand der Umsetzung des in der „Erklärung von Malta“ vom 3. Februar 2017 angekündigten Aufbaus „angemessener Aufnahmekapazitäten und -bedingungen“ für nach Libyen rückgeführte Bootsflüchtlinge aus? a) An welchen Orten wird seitens der EU dieser Aufbau „angemessener Aufnahmekapazitäten und -bedingungen“ in Libyen finanziert bzw. kofinanziert ? b) Wie viele Aufnahmeplätze werden hier vorbereitet, und welche Gelder sind hierfür vorgesehen? c) Wann sollen diese Einrichtungen bezugsfähig sein? d) Unter wessen organisatorischer Hoheit sollen diese durch die EU finanzierten Aufnahmeeinrichtungen gestellt werden? e) Wer soll dafür zuständig sein, in diesen Einrichtungen die Sicherheit zu gewährleisten? Die Fragen 15 bis 15e werden gemeinsam beantwortet. Der EU Trust Fund hat am 12. April 2017 ein Programm über 90 Mio. Euro zu Libyen angenommen, das unter anderem die Betreuung von Flüchtlingen und Migranten an Anlegestellen und in „Detention Centres“ verbessern soll. Umsetzungspartner sind unter anderem IOM und UNHCR. Weitere Vorhaben sind aktuell in der Planungsphase. Auch in dem von Deutschland, Italien und der EU über den EU Trust Fund finanzierten IOM-Regionalvorhaben Sahel/Libyen über insgesamt 100 Mio. Euro stellen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Flüchtlingen und Migranten eine zentrale Komponente dar. Darüber hinaus wurde in der Gipfelerklärung von Paris vom 28. August 2017 eine Unterstützungszusage von humanitären Maßnahmen durch UNHCR und IOM in Libyen gegeben. Beim Besuch des Generaldirektors der IOM, William Lacy Swing, und des Hohen Kommissars für Flüchtlinge, Filippo Grandi, am 11. August 2017 in Berlin hat die Bundeskanzlerin den beiden internationalen Organisationen bis zu 50 Mio. Euro (20 Mio. Euro für UNHCR, 30 Mio. Euro für IOM) zusätzliche Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13638 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Finanzmittel für den Ausbau des Schutzes und der Versorgung von Migranten und Flüchtlingen in Libyen in Aussicht gestellt. 16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Äußerungen des IOM-Generaldirektors William Lacy Swing auf der o. g. Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, dass seine Organisation in Libyen nunmehr mit dem Aufbau einer Einrichtung beginnen wolle, über den Aufbau von Aufnahmeeinrichtungen ähnlich dem IOM-Lager Agadez/Niger im Süden Libyens, im Nordosten Nigers bzw. im Norden des Tschad (der,)? Die Bundesregierung befindet sich mit IOM hierzu im Gespräch. Konkrete Planungen hat IOM hierzu bislang nicht vorgelegt. IOM plant angesichts der Sicherheitsproblematik und der instabilen Lage in Libyen flexible und mobile Unterstützungsangebote in von Migranten besonders frequentierten Orten zu leisten. Migranten sollen über die Gefahren irregulärer Migration und von Schmuggler-Netzwerken aufgeklärt werden und ein Angebot zur freiwilligen Rückkehr erhalten. Nach Kenntnis der Bundesregierung werden den Rückkehrenden Reintragrationsmaßnahmen in Form ausgewählter Ausbildungsprogramme angeboten sowie logistische Unterstützung und Hilfe bei der Beschaffung von Dokumenten bereitgestellt. In einer ersten Phase ist dieses Engagement an den Standorten Sabha und Qatroun vorgesehen und kann je nach Sicherheitslage ausgeweitet werden. Die Durchführung des Aufbaus einer physischen Struktur ähnlich der IOM-Transitzentren in Niger ist laut IOM aktuell nicht in Planung. a) Sind solche Pläne – nach Kenntnis der Bundesregierung – Gegenstand von Beratungen innerhalb der EU? Die in der Antwort zu Frage 16 ausgeführten Überlegungen werden auf EU- Ebene im Rahmen der Umsetzung der „Malta-Erklärung“ besprochen. b) Befürwortet die Bundesregierung den Aufbau von Aufnahmeeinrichtungen im Süden Libyens, im Nordosten Nigers bzw. im Norden des Tschad, und wenn ja, warum, und unter welchen Voraussetzungen? Die Bundesregierung befürwortet den Ausbau der Aktivitäten von IOM in diesen Regionen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den Ländern der Region, die ein differenziertes Vorgehen erfordern. Die Bundesregierung ist in enger Abstimmung mit IOM zu den Inhalten der Aktivitäten und Optionen für deren Ausbau. Der Prozess ist nicht abgeschlossen. 17. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung von den Plänen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zum Aufbau sog. Hotspots bzw. von Büros der französischen „Office de protection des réfugiés et apatrides“ in Libyen? Ist es zutreffend (wie auf der o. g. Pressekonferenz der Bundeskanzlerin angedeutet wurde), dass diese Hotspots dazu dienen sollen, Schutzsuchenden zu identifizieren und zu registrieren und die Möglichkeit einer Teilnahme an einem möglichen Resettlement-Programm geprüft werden soll? Maßgeblich für die Zusammenarbeit in Hinblick auf eine Verbesserung der Situation von Flüchtlingen und Migranten in Libyen sind gemeinsame Übereinkünfte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13638 wie die des Gipfeltreffens in Paris am 28. August 2017 sowie gemeinsame Beschlüsse und Aktionen im EU-Rahmen. Die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien haben bei einem Treffen in Paris am 28. August 2017 begrenzte Resettlement -Aufnahmen von besonders hilfsbedürftigen Flüchtlingen aus Niger und Tschad in Aussicht gestellt, wobei Voraussetzung dafür die Reduzierung irregulärer Migration und eine verbesserte Schleuser-Bekämpfung durch die Regierungen von Niger und Tschad ist. Die Resettlement-Aufnahme soll, wie üblich, unter Einbindung des UNHCR und im Rahmen der geltenden EU-Beschlüsse zum Resettlement umgesetzt werden. 18. Soll in den verschiedenen Flüchtlingslagern in Libyen (IOM-Lager, Hotspots , Auffanglager für nach Libyen rückgeführte Bootsflüchtlinge) tatsächlich eine Prüfung der Schutzbedürftigkeit von Asylsuchenden stattfinden? Wenn ja: a) Inwiefern hält die Bundesregierung die exterritoriale Bearbeitung von Asylanträgen mit deutschem und europäischem Recht für vereinbar – zumal Libyen die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht unterzeichnet hat? b) Wer soll diese Prüfung der Schutzbedürftigkeit von Asylsuchenden durchführen? c) Teilt die Bundesregierung die Ansicht von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos, dass eine Bearbeitung von Asylanträgen „rechtlich, diplomatisch und auch praktisch komplex“ sei (zit. nach Hamburger Abendblatt, 14. August 2017), und wenn ja, was folgt aus dieser Erkenntnis aus Sicht der Bundesregierung? d) Welchen Umgang sieht die Bundesregierung mit denjenigen Menschenvor , „die in den Hotspots kein Asyl bekommen“ (IOM-Generalsekretär William Lacy Swing auf der o. g. Pressekonferenz), und wie gedenkt sie dabei, das grundrechtliche Rechtsschutzbedürfnis für zunächst abgelehnte Schutzsuchenden sicherzustellen? Die Fragen 18 bis 18d werden gemeinsam beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es in Libyen keine „IOM-Lager“ und „Hotspots“. Von der libyschen Küstenwache aufgegriffene Flüchtlinge und Migranten werden in „Detention Centres“ untergebracht. Aktuelles Ziel ist die Verbesserung von Schutz und Versorgung der Personen in diesen Einrichtungen in enger Zusammenarbeit mit dem UNHCR und der IOM. UNHCR strebt außerdem die Eröffnung eines eigenen offenen Aufnahmezentrums für Flüchtlinge in Libyen an und wird in diesen Bemühungen von der Bundesregierung unterstützt. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 9 und 17 verwiesen. Eine „exterritoriale “ Bearbeitung von Asylanträgen ist nicht geplant. 19. Inwiefern erwartet die Bundesregierung langfristig eine destabilisierende Wirkung auf die Lage Libyens, wenn Flüchtlinge und Migranten an der Weiterreise gehindert werden und über längere Zeiträume hinweg in Libyen verweilen müssen? Ob und inwieweit negative Auswirkungen auf die Stabilität Libyens durch den Verbleib von Flüchtlingen und Migranten im Land zu erwarten sind, ist derzeit nicht absehbar. Die politische und wirtschaftliche Stabilisierung Libyens hängt von einer Vielzahl von Parametern ab. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13638 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 20. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für den vom Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller geforderten EU-Libyen-Kommissar (www.bmz.de/de/ presse/reden/minister_mueller/2015/April/20150421_beitrag_bz.html) ein? Und welche institutionellen Veränderungen würde ein solcher Posten nach Vorstellung der Bundesregierung nach sich ziehen? Die Forderung des Bundesministers für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller vom April 2015 bezog sich darauf, dass die Flüchtlingsproblematik auf der zentralen Mittelmeerroute Priorität der EU werden muss. Angesichts der inzwischen umfassenden Maßnahmen der EU-Kommission zur Unterstützung Libyens gibt es keinen Anlass mehr, an der situationsbedingten Forderung festzuhalten. Die Forderung bezog sich nicht auf einen „EU-Libyen-Kommissar“, sondern einen EU-Sonderbeauftragten für Libyen nach Artikel 33 EU-Vertrag. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333