Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 22. September 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13644 18. Wahlperiode 26.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/13532 – Rechtsextreme Vorkommnisse und Verdachtsfälle in der Bundeswehr im Jahr 2017 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit Bekanntwerden der Affäre um den rechtsextremen Bundeswehrangehörigen Franco A. und der Diskussion um die Rolle der Wehrmacht in der Traditionspolitik der Bundeswehr hat die Zahl von Meldungen über rechtsextreme oder sonstige menschenfeindliche Vorfälle in der Bundeswehr erheblich zugenommen . In der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11882 hatte die Bundesregierung darauf hingewiesen, der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages habe für das Jahr 2016 von den Dienststellen der Bundeswehr 63 Meldungen zum Thema Rechtsextremismus erhalten. Bis Juli 2017 ist diese Zahl auf 96 gestiegen (Rheinische Post, 15. Juli 2017). Die Fragesteller gehen davon aus, dass für diesen Anstieg nicht eine kurzfristige Verstärkung rechtsextremer Umtriebe in der Bundeswehr ausschlaggebend ist, sondern eine Sensibilisierung von Bundeswehrangehörigen. Dennoch zeigt diese Entwicklung aus ihrer Sicht, dass das Problem mit Rechtsextremismus in der Truppe größer ist als es in den Meldungen an den Wehrbeauftragten widergespiegelt wird. Dies macht es umso dringlicher, Angehörige der Bundeswehr darin zu bestärken, bei einschlägigen Vorfällen Meldung zu machen. Aus Sicht der Fragesteller ist jedoch der Umgang der Bundeswehrführung mit Soldaten, die wegen rechtsextremer Umtriebe auffällig werden, in der Vergangenheit weitaus zu tolerant. Die Fraktion DIE LINKE. hatte sich zuletzt in der Kleinen Anfrage „Rechtsextreme Vorkommnisse in der Bundeswehr im Jahr 2016“ danach erkundigt (Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/11882). Aus den Antworten der Bundeswehr wird deutlich, dass mehrfach Soldaten, die mit Hakenkreuzen oder „Sieg Heil“-Rufen erwischt wurden, im Dienst verblieben und sogar weiterhin Zugang zu Waffen hatten. So erhielt ein freiwillig Wehrdienstleistender, der ein Hakenkreuz auf der Kapuze seiner Feldjacke anbrachte, lediglich einen „strengen Verweis“ (Bundestagsdrucksache 18/11882, Anlage 1 lfd. Nummer 7). Auch ein Soldat, der beim Verlassen der Kaserne „die Hand zum Hitlergruß aus dem Wagen“ streckte und dem Torposten „Sieg Heil“ zurief, verblieb im Dienst (ebd., lfd. Nummer 16), genau wie ein Zeitsoldat, der den „Hitlergruß“ entbot, „Sieg Heil“ sowie „Jude Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13644 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode geh heim“ rief (ebd., lfd. Nummer 33). In allen diesen und weiteren Fällen hatten die Rechtsextremisten auch weiterhin Zugang zu Waffen. Hierin sehen die Fragesteller einen besonders misslichen Umstand, der an die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr – sowohl den rechtsextrem orientierten als auch den antifaschistischen unter ihnen – falsche Signale sendet. Die Fragesteller halten es für erforderlich, dass die Bundeswehr bei rechtsextremem Verhalten ohne jede Toleranz reagiert und ggf. die gesetzlichen Voraussetzungen für vorzeitige Entlassungen nachgebessert werden. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung beabsichtigt stets, Fragen aus dem parlamentarischen Bereich umfassend und substantiell sowie in der nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit zu beantworten . Für einen Teil der Fragen dieser Kleinen Anfrage und den hierzu erbetenen Daten ist dies in der zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit nicht möglich. Diese Daten werden nicht statistisch und nicht fortlaufend zentral erfasst, sondern anlass - und einzelfallbezogen von den Organisationsbereichen der Bundeswehr abgerufen . Aus oben genannten Gründen hatte das Bundesministerium der Verteidigung analog zu inhaltsähnlichen Kleinen Anfragen (vgl. hierzu bspw. die Bundestagsdrucksachen 18/7892 und 18/11882) um eine Fristverlängerung gebeten. Da dieser Bitte durch die Fraktion DIE LINKE. widersprochen wurde, spiegelt die Antwort auf diese Kleine Anfrage den in der eingeräumten Bearbeitungszeit zu ermittelnden Sachstand wider. 1. Welche Meldungen zu extremistischen, fremdenfeindlichen oder antisemitischen Vorfällen sind den Dienststellen der Bundeswehr im Jahr 2017 bekannt geworden (bitte jeden Vorfall einzeln darstellen)? a) Welchen Status hatten die beschuldigten Soldaten (Berufssoldaten, Zeitsoldaten , FWDL – Freiwillig Wehrdienstleistende)? b) Wann fanden die Vorfälle statt, und wann erging die Meldung? c) Wie wurden die Sachverhalte beschrieben (bitte kurze Wiedergabe des Inhalts der Meldung bzw. des Vorfalls)? d) Sind diese Soldaten noch im Dienst? e) Welche disziplinarischen und strafrechtlichen Maßnahmen wurden gegen die betroffenen Soldaten eingeleitet? f) Haben die Soldaten weiterhin Zugang zu Waffen, und wenn ja, warum? g) Werden sie weiterhin als Ausbilder eingesetzt? h) Erteilen sie weiter als Vorgesetzte Befehle? Die Fragen 1 bis 1h werden im Zusammenhang beantwortet. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass „strafrechtliche Maßnahmen“ gegen Soldaten allein von den Strafverfolgungsbehörden getroffen werden und sich die Pflicht der ermittelnden Disziplinarvorgesetzten bei Bekanntwerden derartiger Vorfälle darauf beschränkt, die Sache nach dem sog. Abgabeerlass (Zentrale Dienstvorschrift 2160/6 – Wehrbeschwerdeordnung und Wehrdisziplinarordnung , Abschnitt 1.9) an die Staatsanwaltschaft abzugeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13644 2. Wie viele rechtsextreme Verdachtsfälle hat der Militärische Abschirmdienst (MAD) im Jahr 2017 neu aufgenommen, und auf welches Jahr gehen die hierfür zugrunde liegenden Informationen zurück? Im Jahr 2017 wurde in 286 rechtsextremistischen Verdachtsfällen (Stand: 8. September 2017) die Bearbeitung neu aufgenommen. Die zur Verdachtsfallaufnahme führenden Informationen erhielt der Militärische Abschirmdienst (MAD) in allen Fällen im Jahr 2017. a) Welche Angaben kann die Bundesregierung dazu machen, wie viele rechtsextreme Verdachtsfälle sich im Jahr 2017 insgesamt bestätigt haben , wie viele sich nicht bestätigt haben, und wie viele noch geprüft werden ? Im Jahr 2017 wurden bislang drei Verdachtspersonen als rechtsextremistisch bestätigt . Von den bis zum 8. September 2017 abgeschlossenen 176 Verdachtsfällen haben sich 153 nicht bestätigt. Es werden insgesamt noch 391 Verdachtsfälle geprüft und bearbeitet. b) Welche Angaben kann die Bundesregierung dazu machen, wie viele der im Jahr 2017 erst neu oder wieder aufgenommenen Verdachtsfälle sich bislang bestätigt, nicht bestätigt haben oder noch geprüft werden? Von den im Jahr 2017 aufgenommenen Verdachtsfällen haben sich zwischenzeitlich zwei bestätigt (vgl. Antwort zu Frage 2c, Nummer 2 und 3). In bislang 21 Fällen hat sich der anfängliche Verdacht als nicht mehr begründet erwiesen; in den übrigen Fällen dauert die Verdachtsfallbearbeitung an. c) Um welche konkreten Betätigungen ging es in den bestätigten Fällen (bitte den Status der Soldaten und den Zeitraum zwischen Aufnahme des Verdachtsfalls und der Bestätigung angeben), und welche Maßnahmen wurden gegen die Betroffenen ergriffen (bitte einzeln und vollständig auflisten )? 1. Status: SaZ (Soldat auf Zeit) 04 Mannschaften Aufnahme: 06/2016 Einstufung Extremist: 01/2017 Sachverhalt: NPD-Mitglied Maßnahmen: 03/2017 vorzeitige Entlassung 2. Status: BS (Berufssoldat) Offiziere Aufnahme: 02/2017 Einstufung Extremist: 05/2017 Sachverhalt: gewaltbereiter Rechtsextremist Maßnahmen: seit 05/2017 in U-Haft, laufendes GBA-(Generalbundesanwalt )Verfahren Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13644 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. Status: Mannschaften/Wehrübender ROA (Reserveoffzieranwärter ) Aufnahme: 06/2017 Einstufung Extremist: 07/2017 Sachverhalt: Aktivist der Identitären Bewegung Maßnahmen: keine Beförderung, Beendigung Wehrübung 3. Will die Bundesregierung Maßnahmen treffen, die ein verschärftes Vorgehen der zuständigen Dienstvorgesetzten gegen Soldaten ermöglichen, die für rechtsextreme Vorfälle verantwortlich sind, und wenn ja, welche? a) Beabsichtigt die Bundesregierung nunmehr eine Verschärfung des Dienstrechts, des Soldatengesetzes oder anderer gesetzlicher Grundlagen, um solche Soldaten schneller entlassen zu können (bitte ggf. ausführen)? b) Beabsichtigt die Bundeswehr insbesondere, die Dienstvorgesetzten anzuweisen , in solchen Verdachtsfällen zumindest den Zugang zu Waffen zu verwehren, und wenn nein, warum nicht? Die Fragen 3 bis 3b werden im Zusammenhang beantwortet. Verantwortlichkeiten und Regelungen zur Prävention und zum Vorgehen gegen Extremismus sind in der Zentralen Dienstvorschrift A-2600/7 „Extremismus - Vorbeugung und Bekämpfung“ beschrieben. Diese Vorschrift dient dazu, alle Vorgesetzten der Bundeswehr mit dem Thema Extremismus vertraut zu machen und zu befähigen, ihrer Führungsverantwortung gegenüber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Zusammenhang mit Erscheinungsformen des Extremismus gerecht zu werden. Notwendige Handreichungen werden an die unmittelbar zuständigen Dienst- und Disziplinarvorgesetzten gegeben. Sie werden auch dazu angehalten, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wirksam aufzuklären, durch Aus-, Fort- und Weiterbildung ihr rechtsstaatliches Bewusstsein weiter zu festigen und alle Erscheinungsformen des Extremismus zu unterbinden. Ergänzend wird auf die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 7 und 8 auf Bundestagsdrucksache 18/11882 verwiesen. 4. Wie viele Meldungen über sexistische bzw. frauenfeindliche, homophobe oder transgenderfeindliche Vorfälle sind im vergangenen Jahr, und wie viele in diesem Jahr eingegangen (bitte nach dem Schema von Frage 1 beantworten )? a) Welchen Status hatten die beschuldigten Soldaten (Berufssoldaten, Zeitsoldaten , FWDL)? b) Wann fanden die Vorfälle statt, und wann erging die Meldung? c) Wie wurden die Sachverhalte beschrieben (bitte kurze Wiedergabe des Inhalts der Meldung bzw. des Vorfalls)? d) Sind diese Soldaten noch im Dienst? e) Welche disziplinarischen und strafrechtlichen Maßnahmen wurden gegen die betroffenen Soldaten eingeleitet? f) Haben die Soldaten weiterhin Zugang zu Waffen, und wenn ja, warum? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13644 g) Werden sie weiterhin als Ausbilder eingesetzt? h) Erteilen sie weiter als Vorgesetzte Befehle? Die Fragen 4 bis 4h werden im Zusammenhang beantwortet. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 5. Welche Erfahrungswerte kann die Bundesregierung aus den seit Juli 2017 vom MAD durchgeführten Extremismusprüfungen von Bundeswehrbewerbern berichten (bitte ggf. angeben, wie viele Bewerber jeweils wegen Verdachts auf linksradikale, neofaschistische oder militant-salafistische Einstellungen abgelehnt wurden)? Bisher sind mit Stichtag 31. August 2017 (im Juli und August 2017) insgesamt 3 220 Soldateneinstellungsüberprüfungen beim MAD eingeleitet worden. Dem zuständigen Geheimschutzbeauftragten sind davon 10 Fälle mit sicherheitserheblichen Erkenntnissen vorgelegt worden, von denen keiner dem Spektrum Extremismus /Terrorismus zuzuordnen war. Wegen des „Verdachts auf linksradikale, neofaschistische oder militant-salafistische Einstellungen“ hat der zuständige Geheimschutzbeauftragte bisher keine negative Entscheidung getroffen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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