Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 25. September 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13652 18. Wahlperiode 27.09.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Irene Mihalic, Konstantin von Notz, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13460 – Interpol und der Fall Doğan Akhanlı V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der „Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation“ Interpol (IKPO-Interpol ) sind nicht nur Rechtsstaaten organisiert, sondern außer Nordkorea auch alle der laut Demokratieindex der Zeitschrift „The Economist“ als „autoritäres Regime“ bezeichneten Staaten (Stand: 2014, vgl. Bundestagsdrucksache 18/7132). Vor diesem Hintergrund kommt Artikel 3 der Interpol-Statuten besondere Bedeutung zu, der Interpol jegliche Vermittlung oder andere Aktivität verbietet , wenn der Sachverhalt einen politischen, militärischen, religiösen oder rassistischen Hintergrund hat. Der Fall des deutschen Schriftstellers Doğan Akhanlı, der am 19. August 2017 in Spanien aufgrund einer Mitteilung über Interpol auf Betreiben der Türkei vorübergehend festgenommen worden ist (epd, 19. August 2017, 14:18 Uhr), begründet vor diesem Hintergrund exemplarisch auch Fragen an der Praxis deutscher Behörden im Umgang mit entsprechenden Festnahmeersuchen beispielsweise, aber nicht ausschließlich, der Türkei , die über Interpol erfolgen. Es geht insgesamt um die Frage, ob die Bundesregierung in der Lage ist, deutsche Staatsangehörige insbesondere mit Migrationshintergrund und in Deutschland anerkannte Flüchtlinge vor Verfolgung durch ihre Herkunftsländer wirksam zu schützen, und gewillt ist und war, im europäischen Verbund dazu beizutragen, das Interpol-System dahingehend zu reformieren, dass die wiederholte (versuchte) Instrumentalisierung der Behörde zu politischen Zwecken in Zukunft wirksam verhindert wird. 1. Handelt es sich bei dem aktuellen Festnahmeersuchen der Türkei im Fall Doğan Akhanlı nach Kenntnis der Bundesregierung tatsächlich um die sogenannte Red Notice (Interpol-Rotecke) aus dem Jahr 2013 (vgl. taz.die tageszeitung , 22. August 2017) oder war eine Interpol-Diffusion (Fahndungsdurchgabe ) oder ein anderer Austausch über das Informationsnetz von Interpol maßgeblich? Seit wann lag die einschlägige Mitteilung vor? Bei dem Festnahmeersuchen der Türkei handelte es sich nach Kenntnis der Bundesregierung um eine „Red Notice“, die am 21. November 2013 über Interpol Drucksache 18/13652 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode übermittelt worden ist. Bereits am 21. Oktober 2013 wurde eine „Red Notice Diffusion “ über Interpol an alle Interpol-Mitgliedstaaten übermittelt. Eine „Red Notice Diffusion“ diente seinerzeit als Vorankündigung einer bei Interpol in Prüfung und Erstellung befindlichen „Notice“ und wurde zwischenzeitlich von Interpol eingestellt. Seitdem gibt es nur noch „Diffusions“ und „Notices“. a) Für welchen Fahndungsraum und Beide Ersuchen wurden weltweit verbreitet. b) in welchen weiteren Fahndungszonen galt das aktuelle Festnahmeersuchen der Türkei zu Doğan Akhanlı nach Kenntnis der Bundesregierung? Die Fahndungsersuchen galten weltweit. c) War die Auslieferung von Doğan Akhanlı nach Kenntnis der Bundesregierung dabei nach dem Wortlaut des aktuellen Ersuchens in einzelnen Staaten explizit nicht begehrt worden? Nein. 2. Welche Ersuchen der Türkei zu Doğan Akhanlı waren welchen deutschen Behörden bereits vor dem 19. August 2017 bekannt, und was haben diese Behörden ggf. daraufhin unternommen, und an welche inländischen und ausländischen Stellen haben sie diese Information ggf. wann und auf welcher Rechtsgrundlage weitergegeben (bitte nach Behörden unter Angabe des konkreten Datums der Kenntnisnahme und der etwaigen Informationsübermittlung aufschlüsseln)? Gab es gegenüber Doğan Akhanlı eine Gefährdetenansprache? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Am 21. Oktober 2013 erhielt das Bundeskriminalamt (BKA) als nationales Interpol -Büro ein Festnahmeersuchen („Red Notice Diffusion“) der Türkei zu dem betroffenen deutschen Staatsangehörigen. Am 6. November 2013 teilte das türkische nationale Interpol-Büro in Ankara dem BKA einen möglichen Aufenthaltsort mit. Am 13. November 2013 legte das BKA das Festnahmeersuchen der Türkei gemäß § 15 Absatz 3 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKAG) in Verbindung mit Nummer 13 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt) dem Bundesamt für Justiz (BfJ) und dem Auswärtigen Amt (AA) vor mit der Bitte um Prüfung und Entscheidung, wie in dieser Angelegenheit verfahren werden soll. Das damalige Bundesministerium der Justiz (BMJ) und das Bundesministerium des Innern (BMI) wurden nachrichtlich beteiligt. Mit Datum vom 21. November 2013 ging beim BKA eine mit der „Red Notice Diffusion“ vom 21. Oktober 2013 weitgehend inhaltsgleiche „Red Notice“ von der Interpol-Zentrale in Lyon ein, in der mitgeteilt wird, dass das türkische Fahndungsersuchen in die Datenbank der Interpol-Sekretariat Lyon eingestellt wurde. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13652 Am 29. November 2013 teilte das BfJ dem BKA die Entscheidung von BfJ und AA mit, dass gegen eine Erledigung des Ersuchens Bedenken bestünden. Das Ersuchen wurde daher in der Bundesrepublik Deutschland nicht umgesetzt. Am 29. November 2013 übermittelte das BKA dem Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen (NRW) die Entscheidung des BfJ unter Beifügung der o. a. „Red Notice Diffusion“ und „Red Notice“ und bat das LKA um Kenntnisnahme und weitere Veranlassung, da der Betroffene zum damaligen Zeitpunkt in Nordrhein -Westfalen wohnhaft war. Erkenntnisse darüber, ob das LKA den Betroffenen über das Fahndungsersuchen unterrichtet hat, liegen der Bundesregierung nicht vor. Eine Gefährdetenansprache von Herrn Akhanlı durch Behörden des Bundes ist nicht erfolgt. Die Generalstaatsanwaltschaft Köln als insoweit örtlich zuständige Behörde (§ 18 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen – IRG) hat daraufhin das türkische Fahndungsersuchen als Auslieferungsersuchen qualifiziert und auf Grundlage dieser Annahme ein Auslieferungsverfahren eingeleitet. Eine sonst übliche Beteiligung des BfJ am Auslieferungsverfahren ist nicht erfolgt. Ebenso wenig wurde eine in § 28 Absatz 1 IRG vorgesehene Anhörung des Betroffenen durchgeführt. Die Generalstaatsanwaltschaft Köln hat den Vorgang dem Oberlandesgericht (OLG) Köln zur Entscheidung vorgelegt. Der Senat hat die Auslieferung mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 gemäß dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft für unzulässig erklärt. Der Beschluss des OLG wurde dem Betroffenen nicht bekannt gemacht. Sodann wurde der Sachverhalt der Staatsanwaltschaft (StA) Köln zur Prüfung der Einleitung eines deutschen Ermittlungsverfahrens wegen der im türkischen Festnahmeersuchen erhobenen Tatvorwürfe zugeleitet. Am 28. Januar 2014 erhielt das BKA über eine Nachricht des LKA NRW Kenntnis von der Prüfung der Einleitung eines Inlandsverfahrens der StA Köln. Mit Schreiben vom 23. August 2017 hat das Ministerium der Justiz des Landes NRW mitgeteilt, dass die StA Köln von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen habe. Eine Anhörung des Betroffenen sei nicht erfolgt, weil aus der damaligen Presseberichterstattung bekannt gewesen sei, dass dieser bereits über das türkische Verfahren und den Haftbefehl informiert gewesen sei. Am 12. Dezember 2014 übermittelte das nationale Interpol-Büro Ankara dem BKA erneut die bereits am 06. November 2013 mitgeteilten Daten und ersuchte erneut um Festnahme mit dem Ziel der Auslieferung an die Türkei. Eine Antwort an Interpol Ankara erfolgte durch das BKA nicht. Mit Interpol-Nachricht vom 27. Januar 2015 erinnerte Interpol Ankara das BKA an die ausstehende Beantwortung der Ersuchen vom 6. November 2013 und 12. Dezember 2014. Am 28. Januar 2015 teilte das BKA Interpol Ankara mit, dass eine Auslieferung des Betroffenen wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit nicht bewilligt werden könne. 3. Welche Stellen des Bundes haben grundsätzlich Zugriff auf die hier einschlägigen Informationen und Dateien von Interpol und hätten daher Kenntnis von der hier betreffenden Mitteilung erlangen können? Innerhalb der Bundesverwaltung stehen diese Informationen dem BKA, der Bundespolizei sowie dem Zollkriminalamt grundsätzlich zur Verfügung. Drucksache 18/13652 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Sind türkische Stellen in der Sache Doğan Akhanlı an deutsche Stellen herangetreten , und wenn ja, um welche deutschen und türkischen Stellen handelt es sich, und wann ist die Kontaktaufnahme erfolgt? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 5. Wie, mit welchem Ergebnis und unter Beteiligung welcher staatlichen Stellen ist das (insbesondere letzte bekannte) durch Interpol übermittelte Festnahmeersuchen der Türkei zu Doğan Akhanlı seitens deutscher Behörden vor dem 19. August 2017 geprüft und gegebenenfalls umgesetzt worden? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. a) Inwiefern gab es dabei nach Kenntnis der Bundesregierung hinsichtlich des aktuellen oder früherer Festnahmeersuchen der Türkei zu Doğan Akhanlı, die durch Interpol übermittelte wurden, seitens deutscher Behörden Überlegungen, diese hinsichtlich der Behandlung entsprechend einer Blue Notice oder in anderer Weise herabzustufen, und inwiefern ist ein solches Herabstufen in der Behandlung im Einzelfall tatsächlich erfolgt? Der fahndende Staat entscheidet, ob er eine Rotecke oder eine Blauecke versendet . Das Interpol-Sekretariat Lyon kann die Fahndung als solche wegen eines Verstoßes gegen Artikel 3 der Interpol-Statuten aus dem System nehmen, aber selbst keine Herabstufung vornehmen. Bei einer Fahndung in der Bundesrepublik Deutschland kann eine Herabstufung erfolgen. Im vorliegenden Fall ist eine Fahndung wegen der deutschen Staatsangehörigkeit insgesamt ausgeschlossen. b) Inwiefern entsprach die Behandlung des durch Interpol übermittelten Festnahmeersuchens der Türkei zu Doğan Akhanlı dabei einer allgemeinen Praxis, und inwiefern wird mit anderen durch Interpol übermittelte Festnahmeersuchen der Türkei aktuell entsprechend verfahren? Die Behandlung des türkischen Ersuchens durch die befassten Behörden des Bundes erfolgte nach der üblichen, gesetzlich vorgesehenen Praxis mit der gebotenen Sorgfalt und mit besonderem Blick auf menschenrechtliche Verpflichtungen. Zu den Verfahrensabläufen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Das BKA überprüft jedes einzelne Fahndungsersuchen in seiner Funktion als Nationales Zentralbüro der Bundesrepublik Deutschland für die Internationale kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) gemäß § 3 Absatz 1 BKAG. Der Ablauf der Prüfung ist gesetzlich vorgeschrieben und erfolgt nach § 15 BKAG. Demnach kann das BKA ausländische Festnahmeersuchen dann national umsetzen, wenn auf Grund des ausländischen Fahndungsersuchens die Anordnung von Auslieferungs - oder Überstellungshaft durch ein deutsches Gericht als zulässig erscheint. Im Rahmen seiner Prüfung hat das BKA in Fällen, denen besondere Bedeutung in politischer, tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung zukommt, zuvor die Bewilligung des BfJ und des AA einzuholen (§ 15 Absatz 3 BKAG in Verbindung mit Nummer 13 RiVASt). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13652 6. Bestand zu Doğan Akhanlı in den letzten zwölf Monaten im polizeilichen Informationssystem INPOL eine Ausschreibung a) zur Festnahme oder b) zur Aufenthaltsermittlung oder c) zur polizeilichen Beobachtung oder d) zur grenzpolizeilichen Beobachtung? Die Bundesregierung äußert sich generell nicht zu Ausschreibungen zu Einzelpersonen im polizeilichen Informationssystem INPOL. 7. Inwiefern wurden nach Kenntnis der Bundesregierung zu möglichen Aufenthaltsorten und Reisebewegungen von Doğan Akhanlı in den letzten zwölf Monaten Daten seitens deutscher Sicherheitshörden erfasst, und wenn ja, inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass diese Daten zwischen deutschen und türkischen Behörden direkt oder unter Nutzung der Interpol- Struktur oder in anderer Weise ausgetauscht worden sind? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden keine entsprechenden Daten erfasst. 8. a) Kann die Bundesregierung ausschließen, dass ausländische, insbesondere türkische Nachrichtendienste mögliche Aufenthaltsorte und Reisebewegungen von Doğan Akhanlı in Deutschland und Europa in den letzten zwölf Monaten erfasst haben, z. B. im Rahmen von Spionage-Aktivitäten des türkischen Nachrichtendienstes MIT gegen Türken und türkischstämmige Deutsche in Deutschland (vgl. ZEIT ONLINE, 27. März 2017, www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-03/tuerkischergeheimdienst -guelen-anhaenger-tuerken-deutschland-spionage) oder infolge von Mitteilungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.) an die türkischen Generalkonsulate, und wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dieser Kenntnis? Was ist der Bundesregierung bzw. nach Kenntnis der Bundesregierung den Landesregierungen über die Beschattung und Ausspionierung von Doğan Akhanlı in Deutschland, insbesondere in Köln, und in Spanien bekannt ? Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Doğan Akhanlı in der Bundesrepublik Deutschland, Spanien oder in anderen europäischen Ländern von türkischen oder sonstigen ausländischen Nachrichtendiensten ausgespäht worden wäre. Dass der türkische Nachrichtendienst MIT Versuche unternommen haben könnte, Aufenthaltsorte und Reisebewegungen des Doğan Akhanlı zu ermitteln, kann die Bundesregierung indes nicht ausschließen. Bei Bekanntwerden von Hinweisen auf entsprechende illegale bzw. statuswidrige Aktivitäten des MIT in Deutschland werden die Verfassungsschutzbehörden grundsätzlich gemäß § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) tätig und gehen solchen Hinweisen mit Nachdruck nach. Zu diesem Zweck ist im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Beobachtung nachrichtendienstlicher Aktivitäten der Türkei verstärkt worden. Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 7 bis 7 b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13353 wird in diesem Zusammenhang hingewiesen. Drucksache 18/13652 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) War Doğan Akhanlı namentlich auf der Liste mit mutmaßlichen Gülen- Anhängern aufgeführt, die der Chef des türkischen Geheimdienstes MIT am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2017 dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Dr. Bruno Kahl, übergeben hat, oder auf der Namensliste, die Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, Dr. Emily Haber, bei einem Besuch Anfang März 2017 in Ankara übergeben wurde, oder auf einer anderen der Bundesregierung bekannten Namensliste der türkischen Regierung und ihrer Nachrichtendienste zu mutmaßlichen Gülen-Anhängern in Deutschland (Süddeutsche Zeitung, 27. März 2017, DER TAGESSPIEGEL, 5. April 2017)? Der Betroffene ist auf keiner der türkischen Listen mit Namen mutmaßlicher Gülen -Anhänger in der Bundesrepublik Deutschland aufgeführt, die der Bundesregierung vorliegen. 9. Welche Möglichkeiten bietet die Interpol-Struktur unabhängig vom konkreten Fall, eine Kommunikation nur mit einem bestimmten Staat aufzubauen, und inwiefern kommt es dabei vor oder ist sogar üblich, gezielt den Staat der Staatsangehörigkeit und/oder des Wohnsitzes des Verfolgten nicht zu informieren , um eine Warnung der Betroffenen durch diesen zu vermeiden? Direktersuchen an einzelne Staaten über den Interpol-Weg sind zulässig und auch üblich, wenn der Aufenthaltsort des Gesuchten bekannt ist. 10. Wie sind nach Kenntnis der Bundesregierung die spanischen Behörden auf den Aufenthalt von Doğan Akhanlı und die Interpol-Mitteilung aufmerksam geworden bzw. aufmerksam gemacht worden? Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. 11. Welche Möglichkeiten bietet die Interpol-Struktur dabei (allgemein), direkt Festnahme- und/oder Auslieferungsersuchen zu stellen, ohne dass das Interpol -Generalsekretariat und/oder andere Interpol-Mitglieder hiervon erfahren ? Jedes nationale Interpol-Büro (in der Bundesrepublik Deutschland: BKA) kann sogenannte Interpol-Diffusions (Fahndungsdurchgaben) zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung nutzen. Diese Diffusions werden – anders als die sogenannten Notices („Buntecken“) – direkt von nationalen Interpol-Büros an andere nationale Interpol-Büros übermittelt. Gemäß Artikel 99 der „Rules of the Processing of Data“ (RPD) hat jedes nationale Interpol-Büro vor der Übermittlung von Diffusions sicherzustellen, dass das eigene Fahndungsersuchen im Einklang mit den Interpol-Richtlinien, insbesondere mit Artikel 2 und 3 der Interpol-Statuten steht. Neben der Nutzung der Interpol-Produkte (Diffusion/Notice) ist es einem Mitgliedstaat grundsätzlich möglich, unter Nutzung des Interpol-Kanals gezielte Ersuchen zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung an andere nationale Interpol- Büros zu stellen. Ein derartiges Fahndungsersuchen wird seitens des Interpol-Generalsekretariats (IPSG) – mangels Kenntnis – nicht rechtlich geprüft. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13652 a) Gelangen dabei zwingend sämtliche in Artikel 83 Absatz 2b der Interpol- Vorschriften für die Verarbeitung von Daten (RPD) genannten Informationen an den um vorläufige Festnahme ersuchten Staat? Nein. Artikel 83 der RPD enthält Bedingungen nur für „Red Notices“. Welche Informationen in den Ersuchen enthalten sind, entscheidet der fahndende Staat. b) Inwiefern werden außerhalb so genannter Interpol-Diffusions und jenseits einer Red Notice über Interpol Ersuchen um vorläufige Festnahme kommuniziert , die weniger als die in Artikel 83 Absatz 2b RPD genannten Informationen umfassen? Wie häufig Ersuchen erfolgen, die weniger als die in Artikel 83 Absatz 2b RPD genannten Informationen umfassen, kann nicht quantifiziert werden. 12. Inwiefern haben sich deutsche Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren wegen Interpol-Diffusions der Türkei mit Bedenken an das Interpol-Generalsekretariat bzw. an die Kommission für die Kontrolle der Interpol-Dateien (CCF) gewandt, und wenn ja, warum, in welchen Fällen, und mit welchem Ergebnis, und wenn nein, warum nicht? Hierzu führen deutsche Behörden keine Statistik. 13. Sieht die Bundesregierung aufgrund der jüngsten Ereignisse und angesichts zahlreicher vergleichbarer Fälle in den vergangenen Jahren sowohl auf Ersuchen der Türkei als auch anderer Mitgliedstaaten des Interpol-Systems Anlass ihre Position zu korrigieren, dass hinsichtlich des Missbrauchs von Interpol zu politischen Zwecken keine weiteren Vorkehrungen nötig seien (vgl. die Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksachen 18/548 und 18/11375)? Die Umsetzung von über Interpol eingehenden ausländischen Fahndungsersuchen wird nach § 15 BKAG geprüft. Danach legt das BKA in Fällen besonderer Bedeutung in politischer, tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung Ersuchen dem BfJ und dem AA zur Entscheidung vor (§ 15 Absatz 3 BKAG in Verbindung mit Nummer 13 RiVASt). Die Bundesrepublik Deutschland verfügt damit bereits vor Umsetzung ausländischer Fahndungsersuchen über ein nationales Filter- und Prüfverfahren, um Personen vor missbräuchlichen Fahndungen in Deutschland zu schützen. Dieser Schutz erstreckt sich indes nicht auf Personen, die sich außerhalb der Bundesrepublik Deutschland befinden, weil jeder Staat selbst über die nationale Umsetzung von Fahndungsersuchen entscheidet. Unabhängig davon prüft die Bundesregierung derzeit, ob weiterer Handlungsund Abstimmungsbedarf mit den anderen Mitgliedstaaten der EU wegen Missbrauchs des Interpol-Systems besteht. Auf die Antworten zu den Fragen 18, 21 und 22 sowie auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11375 wird verwiesen . Drucksache 18/13652 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass es ein schwerer – und kaum zu rechtfertigender – Eingriff auch in das Freizügigkeitsrecht ist (vgl. „Petruhhin“, EuGH, C-182/15), wenn wie im Falle Akhanlı (auf Festnahmeersuchen eines Drittstaates zur Auslieferung) ein Unionsbürger , der von seiner Freizügigkeit Gebrauch macht (innerhalb des Raumes der „Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes“), von Haft bedroht und jedenfalls durch Ausreiseverbote in seiner Freiheit behindert wird, obwohl klar ist, dass keine Auslieferung erfolgen darf? b) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass aus dem Eingriff in das Freizügigkeitsrecht in derartigen Konstellationen eine Pflicht des ersuchten EU-Staates (im Falle Akhanlı Spanien) ergeben kann, den Staat der Staatsangehörigkeit/des Wohnsitzes zu informieren und sich mit ihm zu konsultieren (vgl. „Petruhhin“, EuGH, C-182/15; Rdnr. 48 ff.)? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 13a und 13b gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung richtet sich nach den Vorgaben, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der von den Fragestellern zitierten Rechtssache „Petruhhin“ festgelegt hat. Danach fällt ein Sachverhalt, bei dem ein Unionsbürger von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch macht, in den Anwendungsbereich des Unionsrechts . Der EuGH wägt das Interesse der Freizügigkeit und das Diskriminierungsverbot aus Artikel 18 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) mit dem Interesse ab, dass Straftäter nicht straflos bleiben dürfen. Ein Mitgliedstaat muss zwar nicht alle Unionsbürger, die sich in seinem Hoheitsgebiet aufhalten, in gleichem Maß vor Auslieferung schützen wie seine eigenen Staatsangehörigen. Der betreffende Mitgliedstaat hat jedoch den Kontakt mit dem Herkunftsmitgliedstaat des Verfolgten zu suchen und dadurch Gelegenheit zu geben , dass der Herkunftsmitgliedstaat die Übergabe des Verfolgten zum Zwecke der eigenen Strafverfolgung durch den Erlass eines Europäischen Haftbefehls beantragt . Dies dient einem ausgewogenen Verhältnis zwischen dem Schutz vor einer Einschränkung der Freizügigkeit und der Gefahr der andernfalls drohenden Straflosigkeit. Die Bundesregierung prüft derzeit etwaigen Reform- und Handlungsbedarf . c) Hält die Bundesregierung im Lichte des Freizügigkeitsrechts die Forderung nach der Einrichtung eines verlässlichen Schutzregimes innerhalb der EU für berechtigt, mit dem sichergestellt werden kann, dass Mitgliedstaaten eine vorläufige Festnahme (Artikel 16 des Europäischen Auslieferungsabkommens ) oder Auslieferungshaft ihrer Staatsangehörigen und der Personen, denen sie Auslieferungsschutz (insbesondere anerkannte Flüchtlinge) gewähren, in einem anderen EU-Mitgliedstaat durch Übermittlung ihres Widerspruchs o. Ä. – auch in genereller Form für bestimmte Staaten – verhindern können (vgl. Hartmut Aden, Salzburger Nachrichten, 25. August 2017)? Die Bundesregierung hält es grundsätzlich für erforderlich, mit möglichst vielen Staaten im Bereich der Auslieferung und der strafrechtlichen Rechtshilfe zusammenzuarbeiten , um einen sicheren Rückzugsraum innerhalb des Gebiets der Europäischen Union für Straftäter zu vermeiden, die außerhalb des Hoheitsgebiets der Europäischen Union schwere Straftaten begangen haben. Nach Auffassung der Bundesregierung ist dabei jedes Ersuchen einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen , um in jedem Einzelfall einen effektiven Auslieferungsschutz zu gewährleisten und menschenrechtlichen Verpflichtungen Rechnung zu tragen. Die Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13652 Bundesregierung wird die Frage des Umgangs mit Fahndungsersuchen aus Drittstaaten innerhalb der EU mit ihren Partnern aus den anderen EU-Mitgliedstaaten weiter thematisieren (vgl. hierzu auch die Antwort zu den Fragen 18, 20 und 21). d) Unterstützt die Bundesregierung die Forderung zivilgesellschaftlicher Organisationen , Festnahmeersuchen durch den Herkunftsstaat eines in Deutschland oder einem anderen EU-Mitgliedstaat anerkannten Flüchtlings standardmäßig und europaweit als vernachlässigbar ein- oder, zumindest im Notice-System von Interpol, herabzustufen? Bei der Prüfung eines Ersuchens um Festnahme eines anerkannten Flüchtlings berücksichtigt die Bundesregierung eine mögliche politische Verfolgung im Herkunftsstaat in besonderem Maße. Die Frage eines etwaigen generellen Reformbedarfs bleibt weiteren Erörterungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene vorbehalten (vgl. hierzu auch die Antwort zu den Fragen 18, 20 und 21). 14. Hat die Bundesregierung im Lichte ihrer eigenen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Journalisten Ahmed Mansour, der im Juni 2015 mit Billigung des Auswärtigen Amts und des Bundesamtes für Justiz in Deutschland widerrechtlich aufgrund eines Interpol-Ersuchens zur Fahndung ausgeschrieben und am Flughafen Berlin-Tegel von der Bundespolizei verhaftet wurde, im Falle Akhanlı Kontakt zu den spanischen Stellen aufgenommen? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, hat die Bundesregierung gegenüber den spanischen Stellen die Problematik der von autoritär geführten Regimes betriebenen Fahndungsersuchen angesprochen? 15. Hat die Bundesregierung gegenüber den spanischen Stellen die „organisatorischen Mängel“ angesprochen, die sie selber im Juni 2015 im Falle Ahmed Mansours an den Tag gelegt und später eingeräumt hat (Antwort auf die Kleine Anfrage „Konsequenzen aus dem Fall Mansour für die deutsche Auslieferungspraxis “, Bundestagsdrucksache 18/7132), und hat sie die spanischen Stellen konkret ersucht, es nicht auch im Falle Akhanlı zu solchen Pannen kommen zu lassen? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 14 und 15 gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung hat seit der Verhaftung von Herrn Akhanlı wiederholt gegenüber den spanischen Behörden ihre Besorgnis über eine mögliche Auslieferung von Herrn Akhanlı an die Türkei ausgedrückt. Sie hat zudem sofort um die Beteiligung am Auslieferungsverfahren gebeten. Mit Blick auf die Unabhängigkeit der spanischen Gerichte kann die Bundesregierung aber keinen tatsächlichen Einfluss auf justizielle Entscheidungen im türkisch-spanischen Auslieferungsverfahren nehmen, etwa in Form von konkreten Ersuchen zu bestimmten Handlungen oder Unterlassungen. Drucksache 18/13652 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Sind die von der Bundesregierung 2015 eingeräumten „organisatorischen Mängel“ mittlerweile (z. B durch weitere „Workshops“ wie u. a. am 1. September 2015) so behoben worden, dass eine Wiederholung einer ungerechtfertigten Festnahme wie im Falle Mansours heute ausgeschlossen werden kann? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 13 bis 15 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/7132 wird verwiesen. 17. Inwiefern wurde am 15. August 2017 ein ägyptischer Aktivist am Flughafen Berlin-Schönefeld vorübergehend festgenommen, und wenn ja, aufgrund welchen Gesuchs, und inwiefern deutet dies darauf hin, dass die genannten ,,organisatorischen Mängel“ auch in Deutschland weiterhin bestehen? Eine vorübergehende Festnahme erfolgte nicht. Es erfolgten grenzpolizeiliche Maßnahmen im Rahmen der Einreisekontrolle. 18. Wie wird die Bundesregierung deutsche Staatsangehörige und andere in Deutschland wohnhafte Staatsangehörige vor rechtsstaatswidrigen Verfahren in der Türkei und entsprechenden Auslieferungsersuchen zukünftig schützen? Die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger an die Türkei ist gemäß Artikel 16 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes unzulässig. Im Übrigen werden im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit mit der Türkei alle Ersuchen einer vertieften Einzelfallprüfung unterzogen. Im Auslieferungsverkehr prüft das BfJ im Einvernehmen mit dem AA und erforderlichenfalls dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) sowie in Fällen von herausragender Bedeutung unter Beteiligung gegebenenfalls auch – über das BMJV – des BMI und des Bundeskanzleramts die Bewilligungsfähigkeit eines jeden Einzelfalls sorgfältig und unter Berücksichtigung der vorgeworfenen Taten sowie des Personenkreises, dem der Verfolgte angehört. Im Falle einer politischen Verfolgung findet eine Auslieferung nicht statt. Über die Zulässigkeit einer Auslieferung entscheiden die Oberlandesgerichte und Generalstaatsanwaltschaften auf Grundlage des zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland anwendbaren Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 nebst dem 2. Zusatzprotokoll unter Berücksichtigung menschenrechtlicher Verpflichtungen. Zudem hat das AA jüngst wiederholt Bundesbürger auf die Gefahr willkürlicher Festnahmen in der Türkei hingewiesen. Am 5. September 2017 erweiterte das AA diese Reisehinweise und wies darauf hin, dass mit Festnahmen aufgrund einer angeblichen Unterstützung einer Terrororganisation in allen Landesteilen der Türkei einschließlich der touristisch frequentierten Regionen zu rechnen sei. Darüber hinaus haben Bundesminister Sigmar Gabriel und seine schwedische Amtskollegin Margot Wallström in einem Schreiben an die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 7. September 2017 darum gebeten, im Rahmen der Europäischen Union eine Diskussion anzustoßen darüber, wie künftiger Missbrauch von Interpol-Fahndungsersuchen verhindert werden kann. Ferner soll die Europäische Union gemeinsam mit dem Generalsekretariat von Interpol nach Wegen suchen, wie die bereits vorhandenen Prüfmechanismen weiter verbessert werden können. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/13652 In dem Einzelfall der drohenden Auslieferung Akhanlıs aus Spanien an die Türkei haben sich Vertreter der Bundesregierung, zuletzt Bundesminister Maas und Bundesminister Gabriel in einem gemeinsamen Schreiben, an die spanische Regierung gewandt und auf die rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten hingewiesen . 19. Wie viele deutsche Staatsangehörige und in Deutschland wohnhafte Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in Interpol-Verzeichnissen und Dateien in welcher Kategorie aufgeführt, und welche Schutzstrategie verfolgt die Bundesregierung in diesen Fällen? Inwiefern erfolgen in solchen Fällen Gefährdetenansprachen, und ggf. durch welche Behörden? Inwiefern tritt die Bundesregierung in solchen Fällen mit anderen Staaten in Verbindung, um die Betroffenen zu schützen? In den Dateien von Interpol sind aktuell (Stand: 31. August 2017) 293 deutsche Staatsangehörige aufgeführt, zu denen andere Interpol-Staaten eine „Notice“ herausgegeben haben. Bei diesen 293 Notices handelt es sich um 225 „Red Notices“ (Fahndungen zur Festnahme zwecks Auslieferung), 17 „Blue Notices“ (Fahndungen zur Aufenthaltsermittlung), 19 „Yellow Notices“ (Fahndungen nach vermissten oder hilflosen Personen sowie entzogenen Kindern), 25 „Green Notices“ (Warnmeldungen zu Personen, die eine mögliche Gefahr darstellen können) und 7 UN „Special Notices“ (Informationen zu Personen oder Organisationen, die vom UN Sicherheitsrat mit Sanktionen belegt sind). Dazu, wie viele Diffusions darüber hinaus zu deutschen Staatsangehörigen in den Interpol-Dateien gespeichert sind, kann mangels Auswertungsmöglichkeit keine Aussage getroffen werden . Zu der Frage, wie viele in der Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Personen in Interpol-Dateien gespeichert sind, ist ebenfalls mangels Auswertungsmöglichkeit keine Aussage möglich. Es würde den Zwecken der grenzüberschreitenden strafrechtlichen Zusammenarbeit zuwiderlaufen, wenn im Grundsatz alle Betroffenen über Fahndungen informiert würden. Bei Hinweisen auf einen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland wird über das örtlich zuständige LKA die zuständige StA informiert und entscheidet über das weitere Vorgehen. Auf die bekannten Auskunftsverfahren für Bürgerinnen und Bürger bei internationalen Fahndungen wird verwiesen (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 9 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/548). Drucksache 18/13652 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 20. Hat die Bundesregierung den Fall Doğan Akhanlı und mögliche Konsequenzen für die Zusammenarbeit mit Interpol im Rahmen der Europäischen Union thematisiert? Wenn ja, wann, und in welchem Zusammenhang? 21. Inwiefern sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die Zusammenarbeit innerhalb der EU so zu verbessern, dass künftig Haftbefehle, die via Interpol an einzelne Mitgliedstaaten herangetragen werden, im gegenseitigen Austausch daraufhin geprüft werden, dass sie nicht dem missbräuchlichen Zweck politischer Verfolgung dienen? Wenn ja, welche Maßnahmen plant sie genau? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 20 und 21 gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung steht mit anderen Mitgliedstaaten der EU in regelmäßigem Austausch zu Fragen der strafrechtlichen Zusammenarbeit mit der Türkei. Die Bundesregierung beabsichtigt, diesen Austausch mit ihren EU-Partnern weiter fortzusetzen und dabei insbesondere den Umgang mit Fahndungsersuchen zu thematisieren . Anknüpfend an ein bereits bestehendes Gesprächsformat hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz für Ende September 2017 zu einem Expertentreffen in Brüssel eingeladen, um über den Umgang mit aktuellen Fahndungs- und Rechtshilfeersuchen aus der Türkei zu beraten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 18 verwiesen. 22. Sind in Fällen wie dem von Doğan Akhanlı jetzt oder in Zukunft (vgl. Artikel 3 des Fluggastdatengesetzes – FlugDaG) Übermittlungen aus den europarechtlich veranlassten Datensammlungen von Fluggastdaten „zwecks Rechtshilfe in strafrechtlichen Angelegenheiten“ an die Türkei möglich (siehe auch § 10 Absatz 1 Satz 3 FlugDaG), und kann die Bundesregierung ausschließen, dass eine solche Datenübermittlung im Fall Akhanlı durch Deutschland oder Spanien erfolgt ist? § 10 des Fluggastdatengesetzes, der zum 25. Mai 2018 in Kraft treten wird, legt in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/681 vom 27. April 2016 die Voraussetzungen fest, unter denen Fluggastdaten zur Verhütung oder Verfolgung von terroristischen Straftaten oder schwerer Kriminalität im Einzelfall auf Ersuchen an Behörden von Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind, übermittelt werden können. Hierbei sind insbesondere auch die §§ 78 bis 80 des künftigen Bundesdatenschutzgesetzes, die ebenfalls zum 25. Mai 2018 in Kraft treten werden, zu beachten. Das Verfahren der internationalen Rechtshilfe in strafrechtlichen Angelegenheiten bleibt hiervon unberührt und richtet sich nach den hierfür geltenden Vorschriften. Aufgrund des erst in der Zukunft liegenden Zeitpunktes des Inkrafttretens von § 10 des Fluggastdatengesetzes kann die Bundesregierung für Deutschland eine Übermittlung von Fluggastdaten im Fall Akhanlı an die Türkei ausschließen. Ob und gegebenenfalls inwieweit in Spanien die o. g. Richtlinie bereits umgesetzt wurde, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333