Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16. Oktober 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13686 18. Wahlperiode 17.10.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Britta Haßelmann, Dr. Tobias Lindner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13549 – Konsequenzen aus den Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäften V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die sogenannten Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäfte wurden durch das OGAW- IV-Umsetzungsgesetz 2012 bzw. durch das Investmentsteuerreformgesetz im Jahr 2016 unterbunden. Sie werden aber Finanzverwaltung, Staatsanwaltschaften und Gerichte noch lange beschäftigen. Nötig sind auch Konsequenzen im politischen Raum und bei den Behörden. 1. Von wie vielen Fällen ist der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bekannt, in denen Unternehmen aufgrund der Risiken durch Cum/Cum-Geschäfte Rückstellungen gebildet haben oder zu bilden beabsichtigen , und in welcher kumulierten Höhe? Soweit die BaFin den vorgenannten Sachverhalt noch ermittelt, wann ist mit Ergebnissen dieser Sachverhaltsermittlungen zu rechnen? Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) führt aktuell eine Umfrage zu Cum/Cum-Geschäften durch. Die Rückmeldefrist endet am 20. Oktober 2017. Im Anschluss erfolgt die Auswertung der eingegangenen Antworten . 2. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff der „positiven Vorsteuerrendite “ im Sinne des Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 17. Juli 2017? Ist nach Auffassung der Bundesregierung bei der Berechnung der „positiven Vorsteuerrendite“ die Brutto- oder die Nettodividende zu verwenden und warum? Drucksache 18/13686 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. Wie steht die Bundesregierung zu der Kritik von Prof. Spengel aus seiner „Kurzstellungnahme zum Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Juli 2017“ vom 19. Juli 2017 an die Vorsitzende des Finanzausschusses Ingrid Arndt-Brauer, wonach Cum/Cum-Geschäfte typischerweise eine positive Vorsteuerrendite aufweisen, und welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung in diesem Fall durch das jüngste BMF-Schreiben für Cum/Cum-relevante Sachverhalte, die noch nicht verwaltungsrechtlich abgeschlossen sind? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Ein Schreiben von Prof. Spengel an die Vorsitzende des Finanzausschusses liegt der Bundesregierung nicht vor. Bekannt ist eine Kurzstellungnahme von Prof. Spengel zum BMF-Schreiben vom 17. Juli 2017. Das BMF-Schreiben vom 17. Juli 2017 enthält eine beispielhafte und nicht abschließende Aufzählung von steuerinduzierten Cum/Cum-Gestaltungen und deren steuerlichen Folgen. Auf dieser Grundlage ist für einen Aufgriff von Cum/Cum-Gestaltungen die Frage einer positiven Vorsteuerrendite nicht entscheidungserheblich . 4. Hält es die Bundesregierung für möglich, dass Banken Rückstellungen in Bezug auf Cum/Cum-Geschäfte unterlassen, weil diese unter Berücksichtigung der Erstattung der Kapitalertragssteuer eine positive Vorsteuerrendite im Sinne des Schreibens des BMF vom 17. Juli 2017 aufweisen? Nein, das BMF-Schreiben vom 17. Juli 2017 beinhaltet keine Ausführungen zur positiven Vorsteuerrendite. 5. Bei wie vielen der abgefragten Unternehmen plant die BaFin die Berechnung der Vorsteuerrendite zu überprüfen, und auf welche Art und Weise (insbesondere finanzmathematisch oder mittels einer bloßen Plausibilitätsprüfung )? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 6. Wie viele und welche Verbände und Unternehmen haben vor Versendung der zwei jüngsten BMF-Schreiben mit Cum/Cum-Relevanz vom 16. November 2016 und vom 17. Juli 2017 jeweils Stellungnahmen eingereicht, und mit welchem Inhalt? Ein Unternehmen und ein Verband haben eine Anhörung vor Veröffentlichung der BMF Schreibens vom 11. November 2016 (nicht: 16. November 2016) und vom 17. Juli 2017 angeregt. 7. Wie vielen und welchen Verbänden und Unternehmen ist ein Entwurf oder Entwurfsteil des jeweiligen BMF-Schreibens zur Verfügung gestellt worden ? 8. Wie viele und welche Verbände und Unternehmen haben in ihren Stellungnahmen jeweils das Tatbestandsmerkmal der positiven Vorsteuerrendite thematisiert ? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13686 9. Wie viele und welche Verbände und Unternehmen haben in ihren Stellungnahmen jeweils den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Absatz 2 der Abgabenordnung (AO) thematisiert? 10. Wie viele und welche Verbände und Unternehmen haben in ihren Stellungnahmen jeweils den Stichtag des 1. März 2013 oder einen Stichtag mit vergleichbaren Rechtsfolgen thematisiert? Die Fragen 7 bis 10 werden zusammen beantwortet. Ein Entwurf oder Entwurfsteil des jeweiligen BMF Schreibens ist weder Verbänden noch Unternehmen zur Verfügung gestellt worden. 11. Warum hat die Bundesregierung ihre Zusage an den Finanzausschuss vom 8. März 2017 nicht eingehalten und diesen nicht „zeitnah und umfassend“ (siehe Protokoll der 101. Sitzung vom 8. März 2017, S. 35) über den Entwurf des BMF-Schreibens vom 17. Juli 2017 informiert? 12. Entspricht es der Auffassung der Bundesregierung, dass eine zeitnahe und umfassende Information des Finanzausschusses die Versendung des Schreibens verzögert und so unangemessene Steuerausfälle verursacht hätte? Die Fragen 11 und 12 werden zusammen beantwortet. Das Bundesministerium der Finanzen hat den Finanzausschuss in seiner ersten Sitzung nach Veröffentlichung des Schreibens umfassend informiert. 13. Ist inzwischen ermittelt worden oder ermittelbar, in welcher Höhe in den Jahren von 1999 bis heute beim Bundeszentralamt für Steuern resp. dem Bundesamt für Finanzen als Vorgängerbehörde Anträge auf Erstattung von Kapitalertragsteuer auf Grundlage des § 50d des Einkommensteuergesetzes (EStG) gestellt wurden, und ist ferner ermittelt worden oder ermittelbar, in welcher Höhe den Anträgen entsprochen wurde? Nein. Diese Daten können mit dem gegenwärtigen IT-System des BZSt nicht ermittelt werden. 14. Ist inzwischen ermittelt worden oder ermittelbar, in welcher Höhe in den Jahren von 1999 bis heute Börsen- und OTC-Geschäfte (OTC – Over the Counter) um den Dividendenstichtag getätigt wurden, und ist inzwischen eine Echtzeitauswertung der Transaktionsdaten durch die BaFin implementiert , die illegale Geschäftspraktiken auf dem Finanzmarkt ermitteln soll? Transaktionsdaten gemäß § 9 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) werden von der BaFin zur Erfüllung ihrer Aufgaben (Beispiele: Marktüberwachung zur Aufdeckung und Verfolgung von Marktmissbrauch einschließlich Insiderhandel und Marktmanipulation und Verstößen gegen die EU-Leerverkaufsverordnung, zur Berechnung des Mindestpreises bei Übernahme- bzw. Pflichtangeboten etc.) anlassbezogen ausgewertet. Eine allgemeine Auswertung der Transaktionsdaten gemäß § 9 WpHG der Börsen- und OTC-Geschäfte um den Dividendenstichtag wurde und wird durch die BaFin nicht durchgeführt, zumal sich die Höhe der seit 1999 getätigten Börsen- und OTC-Geschäfte in einem bestimmten Finanzinstrument um einen bestimmten Dividendenstichtag nicht ermitteln lässt, da nicht sämtliche Geschäfte der Meldeplicht gemäß § 9 WpHG unterliegen. Drucksache 18/13686 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Transaktionsdaten gemäß § 9 WpHG müssen von den Meldepflichtigen einen Arbeitstag nach der stattgefundenen Transaktion gemeldet werden. Somit kann eine Echtzeitauswertung nicht stattfinden. 15. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine Echtzeitdarstellung von Handelsvolumina in anderen Staaten, insbesondere Großbritannien, Frankreich, USA und Japan, möglich? Der Bundesregierung liegen keine Informationen darüber vor, ob eine Echtzeit- Darstellung von Handelsvolumina in anderen Staaten, insbesondere Großbritannien , Frankreich, USA und Japan, möglich ist. 16. Wie gedenkt die Bundesregierung, die Effektivität der Gesetzgebung gegen Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäfte zu evaluieren, und plant die Bundesregierung eine systematische Wirkungsanalyse der Gesetze gegen Cum/Ex und Cum/Cum, etwa auch um ggf. neu auftretende Modelle der Dividendenarbitrage frühzeitig zu entdecken? 17. Wie evaluiert oder plant die Bundesregierung zu evaluieren, ob die 45-Tage- Mindesthaltedauer Cum/Cum-Geschäfte hinreichend effektiv unterbindet oder eine längere Haltedauer zu statuieren ist? 18. Wie evaluiert oder plant die Bundesregierung zu evaluieren, ob das vom Steuerinländer zu tragende Kursschwankungsrisiko ausreichend hoch angesetzt ist? Die Fragen 16 bis18 werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung hat in ihrem Gesetzentwurf zur Investmentsteuerreform darauf hingewiesen, dass die Regelungen – und somit auch die Bestimmung zu § 36a Einkommensteuergesetz (EStG) – auf das Erreichen ihrer Wirkungsziele fünf Jahre nach Inkrafttreten evaluiert werden (vgl. Bundesratsdrucksache 119/16 S. 71). Sie wird den Deutschen Bundestag über das Ergebnis der Evaluation unterrichten . Festzuhalten ist aber, dass durch die obersten Finanzbehörden der Länder unter der geltenden Rechtslage keine Cum/Ex- oder Cum/Cum-Fallgestaltungen berichtet wurden. 19. Wie hat die Bundesregierung im Rahmen der Vorbereitungen des BMF- Schreibens von November 2016 bzw. des BMF-Schreibens von Juli 2017 geprüft, welche finanziellen Auswirkungen diese Schreiben für Banken oder andere Beteiligte haben, und gab es hierzu Kontakt zur BaFin? Im Sommer 2016 und im Frühjahr 2017 waren mögliche finanzielle Auswirkungen der Aufarbeitung von Cum/Cum-Transaktionen ein Thema. Der BaFin lagen zu diesem Zeitpunkt keine belastbaren Informationen vor, da sie bis zu diesem Zeitpunkt Cum/Cum- Geschäfte nicht näher untersucht hatte, sondern sich im Rahmen der Solvenzaufsicht lediglich bei einzelnen Banken nach möglichen Auswirkungen eines Aufgriffs vom Cum/Cum-Transaktionen erkundigt hatte. 20. Hält es die Bundesregierung für möglich, dass Bankinstitute durch private oder öffentliche Zahlungsforderungen im Zusammenhang mit Cum/Cum- Geschäften der Gefahr einer Insolvenz ausgesetzt sind? An Spekulationen über Gefahren einer Insolvenz beteiligt sich die Bundesregierung aus grundsätzlichen Erwägungen nicht. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13686 21. Besteht nach Ansicht der Bundesregierung ein Widerspruch zwischen Randnummer 17 des BMF-Schreibens vom 17. Juli 2017, in der ein Beispiel mit positiver Vorsteuerrendite als Form des Gestaltungsmissbrauchs dargestellt wird, und Ziffer III. 3. letzter Satz des BMF-Schreibens vom 11. November 2016, in dem ein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO bei Wertpapiergeschäften über den Dividendenstichtag ausgeschlossen wird, wenn eine positive Vorsteuerrendite erzielt wird? Nein. Der Bundesfinanzhof hat am 18. August 2015 (I R 88/13) eine Entscheidung zur sog. strukturierten Wertpapierleihe getroffen. Das BMF-Schreiben vom 11. November 2016 ist ein Anwendungsschreiben zu diesem Urteil. Der Begriff „strukturierte Wertpapierleihe“ erfasst Steuergestaltungen, bei denen versucht wird, künstlich einen bei der Körperschaftsteuer zu berücksichtigenden steuerlichen Aufwand zu generieren. Die im BMF-Schreiben vom 17. Juli 2017 erfassten Cum/Cum-Gestaltungen zielen dagegen darauf ab, eine definitiv wirkende deutsche Kapitalertragsteuer auf eine Dividendenzahlung zu vermeiden. Der Anwendungsbereich beider Schreiben muss unterschieden werden (vgl. Rz. 5 des BMF- Schreibens vom 17. Juli 2017). 22. Sieht die Bundesregierung bei der sogenannten weitergeleiteten Wertpapierleihe weiteren gesetzgeberischen oder behördlichen Handlungsbedarf? Die Bundesregierung sieht keinen weiteren Handlungsbedarf. 23. Wie geht die Steuerverwaltung in Cum/Cum-Altfällen mit der beabsichtigten Minderung der Körperschaftssteuer für inländische Beteiligte mittels des Betriebsausgabenabzugs um, und welche behördenübergreifenden Abstimmungen haben diesbezüglich stattgefunden? Nach dem BMF-Schreiben vom 17. Juli 2017 ist die Rückforderung des steuerinduzierten Anteils der Kapitalertragsteuer beim Steuerinländer ergebniswirksam und mindert die Körperschaftsteuer. Das BMF-Schreiben wurde mit den obersten Finanzbehörden der Länder einvernehmlich abgestimmt. 24. Wie viele verwaltungsrechtliche Verfahren wegen Cum/Ex- und Cum/Cum- Geschäften sind nach Kenntnis der Bundesregierung eingeleitet worden, wie viele dieser Verfahren sind bereits abgeschlossen worden, und mit welchem Ergebnis, in wie vielen dieser Verfahren wird die Verjährung gehemmt, in wie vielen Verfahren ist Verjährung eingetreten, und wie viele Verfahren wurden nicht eingeleitet, weil nach Einschätzung der zuständigen Behörde bereits Verjährung eingetreten war? 25. Wie viele strafrechtliche Verfahren wegen Cum/Ex-Geschäften sind nach Kenntnis der Bundesregierung eingeleitet worden, wie viele dieser Verfahren sind bereits abgeschlossen worden, und mit welchem Ergebnis, in wie vielen Verfahren ist Verjährung eingetreten, und wie viele Verfahren wurden nicht eingeleitet, weil nach Einschätzung der zuständigen Staatsanwaltschaft bereits Verjährung eingetreten war? Drucksache 18/13686 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 26. Falls keine Daten zur strafrechtlichen Aufarbeitung vorhanden sind, warum verfolgt die Bundesregierung die strafrechtliche Aufarbeitung durch Staatsanwaltschaften und Strafgerichte nicht aktiv, obwohl sie Geschädigte der als Steuerhinterziehung gewerteten Cum/Ex-Geschäfte ist? Die Fragen 24 bis 26 werden zusammen beantwortet. Der Bundesregierung sind 259 Fallkomplexe bekannt, die von den zuständigen Behörden des Bundes und der Länder im Zusammenhang mit Cum/Ex Gestaltungen bearbeitet werden, in 35 Fallkomplexen sind Strafverfahren eingeleitet. 23 Fallkomplexe sind nach Kenntnis der Bundesregierung rechtskräftig abgeschlossen , jeweils mit positivem Ausgang für die Finanzverwaltung. Die Gesamtsumme aus diesen Verfahren beträgt 436 Mio. Euro. Die restlichen Fallkomplexe sind nach Kenntnis der Bundesregierung noch in Bearbeitung, in diesem Rahmen wird auch die Verjährung geprüft. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass Fallgestaltungen im Hinblick auf die Verjährung von vorneherein nicht aufgegriffen wurden. In einem Fall wurde durch eine Straf- und Bußgeldsachenstelle von einer Verfahrenseinleitung abgesehen, da Strafverfolgungsverjährung eingetreten war. Cum/Cum-Gestaltungen werden hauptsächlich durch die Finanzbehörden der Länder geprüft. Auf Grundlage des BMF-Schreibens vom 17. Juli 2017 werden Prüfungsanfragen durch die Länder gestellt, deren Auswertung noch nicht abgeschlossen ist. Von Seiten der Länder kann noch keine Rückmeldung zum Stand einzelner Verfahren erfolgen. 27. Wie viele Steuerbescheinigungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung von deutschen Banken im mutmaßlichen Zusammenhang mit Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäften jeweils zurückgezogen worden, und auf welche Gesamtsumme belaufen sich die Bescheinigungen? Der Berichterstattung in der Presse zufolge wurden Steuerbescheinigungen zurückgefordert . Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über den Umfang zurückgezogener Steuerbescheinigungen vor. 28. Gibt es in Deutschland rechtliche Gründe, die dagegen sprechen, die Daten der Steuerverwaltung in anonymisierter Form für die wissenschaftliche Forschung zur Verfügung zu stellen, wie es in Großbritannien erfolgt? Wenn nein, wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, das in Zukunft zu ermöglichen? Aus Sicht des § 30 der Abgabenordnung (AO) – und künftig der Datenschutz- Grundverordnung – ist eine Weitergabe anonymisierter Daten der Steuerverwaltung rechtlich unproblematisch. Die Landesfinanzbehörden übermitteln gemäß der Regelungen des Gesetzes über Steuerstatistiken (StStatG) die im Rahmen des Besteuerungsverfahrens vorhandenen Daten der Steuerverwaltung an die Statistischen Ämter. Diese stellen die anonymisierten Statistikdaten für wissenschaftliche Zwecke unter Beachtung der Vorgaben des Bundesstatistikgesetzes (BStatG) über die Forschungsdatenzentren zur Verfügung. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13686 29. In wie vielen Fällen und zu jeweils welchem Zweck ist in den letzten fünf Jahren von der BaFin auf externe Wirtschaftsprüfer zurückgegriffen worden, auf welchen Gesamtbetrag belaufen sich die hierdurch entstandenen Kosten, und welche Einzelbeträge waren für die fünf teuersten Mandatierungen fällig ? Prüfberichte von Wirtschaftsprüfern sind eine von vielen Erkenntnisquellen der BaFin. Die BaFin hat in den letzten fünf Jahren in 539 Fällen auf externe Wirtschaftsprüfer bei Sonderprüfungen zu Werthaltigkeitsfragen und anderen Spezialthemen zurückgegriffen. Die Kosten hierfür belaufen sich auf rund 63,5 Mio. Euro. Zusätzlich fanden 30 weitere Prüfungen in besonders gelagerten Fällen insbesondere im Zusammenhang mit dem sog. Comprehensive Assessment im Vorfeld der im Rahmen der Bankenunion beschlossenen Übernahme der Bankenaufsicht für die signifikanten Kreditinstitute der Eurozone durch die Europäische Zentralbank (EZB) statt. Deren Kosten beliefen sich zusammen auf rund 329 Mio. Euro. Die erfragten Einzelbeträge lauten: 98 198 674,12 Euro, 33 097 145,95 Euro, 26 492 029,50 Euro, 20 706 718,90 Euro, 18 266 315,50 Euro. 30. Wie weit fortgeschritten sind die Planungen der BaFin, von externen Wirtschaftsprüfern unabhängig agieren zu können, und wann rechnet die Bundesregierung mit dem Erreichen dieses Ziels? Die Prüfungsberichte der Wirtschaftsprüfer über die Jahresabschlussprüfungen sind eine von vielen Erkenntnisquellen der BaFin. Bei gegebenem Anlass ordnet die BaFin gesonderte Untersuchungen an, auch in Form von Sonderprüfungen. Solche Sonderprüfungen führt die Bundesanstalt teilweise durch eigene Bedienstete durch; sind Kreditinstitute betroffen, beauftragt die BaFin häufig die Deutsche Bundesbank mit der Durchführung. Die Prüfungskapazitäten der BaFin wurden erst kürzlich verstärkt, z. B. für die Begleitung von Prüfungen der Europäischen Zentralbank im Rahmen des Einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus. Das Ziel einer vollständigen Unabhängigkeit von externen Wirtschaftsprüfern verfolgt die BaFin nicht. 31. Gibt es derzeit „interessierte Staatsbürger“, die in ähnlicher Weise wie Arnold Ramackers für Bundesministerien arbeiten oder an der Willensbildung in Bundesministerien mitwirken, ohne dort offiziell zu arbeiten? In welcher Weise überprüft die Bundesregierung das? Scheiden Mitarbeiter aus dem Dienst eines Ressorts aus, sind sie nicht mehr für dieses tätig und wirken auch nicht an der Willensbildung mit. 32. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um Interessenkonflikten wie im Fall des ehemaligen BMF-Mitarbeiters Arnold Ramackers in Zukunft effektiv vorzubeugen? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um der Nutzung privater Mailadressen für dienstliche Vorgänge wie bei Arnold Ramackers effektiv vorzubeugen? Alle Beschäftigten werden regelmäßig darauf hingewiesen, dass für dienstliche Vorgänge ausschließlich der dienstliche Account zu nutzen ist. Dienstliches und privates ist zu trennen. Dies sehen auch die entsprechenden Vorgaben der Ressorts vor. Drucksache 18/13686 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Sicherheitsrichtlinie zur IT-Nutzung im Bundesministerium der Finanzen u. a. sieht vor, dass die dienstliche Kommunikation ausschließlich über die dienstlich bereitgestellte IT-Infrastruktur zu erfolgen hat. Diese Sicherheitsrichtlinie ist den Beschäftigten bekannt. Die Beschäftigten werden in regelmäßigen Sensibilisierungsveranstaltungen über die Maßnahmen zur Gewährleistung der Informationssicherheit informiert und zur Einhaltung der Regelungen angehalten. 33. Sind nach Meinung der Bundesregierung die Vorschriften des geltenden Nebentätigkeitsrechts für Bundesbeamte und Bundesrichter ausreichend, um eine unlautere Einflussnahme auf diese Personengruppen zu verhindern? Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten sowie Bundesrichterinnen und Bundesrichtern stehen die verfassungsmäßigen Rechte der freien Meinungsäußerung, der Wissenschaftsfreiheit sowie der Berufsfreiheit zu. Nach Auffassung der Bundesregierung ist das geltende Nebentätigkeitsrecht grundsätzlich geeignet, eine Vereinbarkeit dieser Grundrechte mit den besonderen Pflichten dieser Personengruppen herzustellen. 34. Ist die Genehmigungsfreiheit entgeltlicher Vorträge für die vorgenannten Personengruppen nach Ansicht der Bundesregierung noch angemessen und zweckmäßig? Aus den in der Vorfrage genannten Gründen sind entgeltliche Vorträge genehmigungsfrei . Sie sind aber stets anzeigepflichtig und zu untersagen, wenn bei ihrer Ausübung dienstliche Pflichten verletzt werden. 35. Sieht die Bundesregierung Transparenz im Gesetzgebungsverfahren hinreichend dadurch gewährleistet, dass Bürger und Abgeordnete die jeweiligen Unterschiede zwischen Diskussionsentwürfen, Gesetzentwürfen und dem schließlich verabschiedeten Gesetz manuell ermitteln können? Aus Sicht der Bundesregierung ist im Gesetzgebungsverfahren Transparenz gegeben . 36. Wird die Bundesregierung die auf Initiative von „abgeordnetenwatch.de“ begonnene Veröffentlichung der Eingaben von Verbänden und Unternehmen institutionalisieren und insbesondere die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien reformieren, damit Einflussnahme sowie Einflussnahmeversuche auf Gesetze transparenter werden? Zunächst ist anzumerken, dass die Formulierung „Einflussnahme und Einflussnahmeversuche auf Gesetze“ in dem hier gewählten Kontext nicht nur missverständlich , sondern im Hinblick auf den normierten Ablauf eines Gesetzgebungsverfahrens auch falsch ist. Die Beteiligung von Verbänden an der Vorbereitung von Gesetzesvorlagen der Bundesregierung ist gängige Praxis und folgt aus Geschäftsordnungsrecht, das durch eine Verwaltungsvorschrift ausgestaltet ist, konkret durch § 47 Absatz 3 GGO (Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien). Danach sind Gesetzentwürfe – noch vor der Behandlung durch die Bundesregierung nach § 51 GGO – den „Zentral- und Gesamtverbänden sowie Fachkreisen, die auf Bundesebene bestehen“ zuzuleiten, wenn ihre Belange berührt sind, § 47 Absatz 1 und 3 GGO. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13686 Die in § 47 GGO normierte Beteiligung von Ländern, kommunalen Spitzenverbänden , Fachkreisen und Verbänden ist Ausdruck der verfassungsrechtlichen Pflicht des Gesetz- und Verordnungsgebers zur vollständigen Sachverhaltsermittlung bei der Vorbereitung von Gesetzen und Rechtsverordnungen (so auch die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages „Beteiligung von Verbänden an der Vorbereitung von Gesetzesvorlagen der Bundesregierung “, Az. WD 3 – 3000 – 030/15, aus dem Jahre 2015). Um die Praxis der Verbändebeteiligung transparenter zu machen, hat sich die Bundesregierung dazu entschieden, die Referentenentwürfe der 18. Legislaturperiode und die hierzu eingegangenen Stellungnahmen der Verbände grundsätzlich zu veröffentlichen. Wie in der 19. Legislaturperiode verfahren wird, ist von der dann amtierenden Bundesregierung zu entscheiden. 37. Findet inzwischen ein formalisierter Austausch zwischen den BMF-Abteilungen IV und VII zu Steuerumgestaltungen am Finanzmarkt oder anderen steuerrechtlichen Fragenstellungen am Finanzmarkt statt, und falls ja, in welcher Form? Ist der Themenkomplex „Dividendenarbitrage“ inzwischen einer Abteilung federführend zugewiesen worden? Es findet ein anlassbezogener, geordneter Austausch statt. Der Themenkomplex „Dividendenarbitrage“ tangiert Fragestellungen verschiedener Fachbereiche, so dass eine Abstimmung und Koordinierung relevanter Fragestellungen zwischen den Fachbereichen je nach Schwerpunkt und Zuständigkeit erfolgt. 38. Findet inzwischen ein formalisierter Austausch zwischen der BaFin, dem Bundeszentralamt für Steuern, dem BMF und ggf. den Ländern in Bezug auf Steuergestaltungen am Finanzmarkt oder anderen steuerrechtlichen Fragestellungen am Finanzmarkt statt, und falls ja, in welcher Form? Es findet ein anlassbezogener, geordneter Austausch statt. Eine Bund-/Länder- Arbeitsgruppe unter Leitung des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) befasst sich außerdem mit der Analyse von Steuergestaltungsmodellen. Ein ausschließlicher Fokus auf Gestaltungen am Finanzmarkt besteht nicht. Weiterhin führen BaFin und BZSt einen Erfahrungsaustausch durch. 39. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass Menschen, die ihr Hinweise auf Steuerbetrugsfälle geben wollen (Whistleblower), wissen, an wen sie sich genau wenden sollen, dass die Vertraulichkeit gewährleistet ist und den Hinweisgebern keine Nachteile erwachsen? Die Abgabe einer (anonymen oder nicht anonymen) Anzeige ist gegenüber jeder Finanzbehörde bzw. Staatsanwaltschaft möglich. Gehen die Anzeigen bei den nicht zuständigen Finanzbehörden ein, werden diese unverzüglich an die zuständigen Finanzbehörden abgegeben. Aufgrund des Legalitätsprinzips ist die Finanzbehörde bzw. Staatsanwaltschaft verpflichtet, der Anzeige nachzugehen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat oder gleichgestellte Straftat vorliegen. Eingänge werden von der Finanzbehörde u. a. daraufhin geprüft, ob Vorfeldermittlungen oder Vorermittlungen durchzuführen sind, ob ein Strafverfahren oder ein Bußgeldverfahren einzuleiten ist, die Staatsanwaltschaft zu unterrichten oder die Sache an die Staatsanwaltschaft abzugeben ist. Drucksache 18/13686 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ein besonderes Whistleblower-Gesetz oder eine allgemeine gesetzliche Regelung zum Schutz von Hinweisgebern gibt es in Deutschland nicht. Durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) ist allerdings der Name eines Anzeigeerstatters geschützt, wenn die Anzeige eines der in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b AO genannten Verfahren (insbesondere Besteuerungsverfahren oder Steuerstraf- oder -bußgeldverfahren) auslöst oder innerhalb eines solchen Verfahrens erstattet oder ausgewertet wird. Dies gilt in entsprechender Weise auch für die wortgetreue Offenbarung des Inhalts der Anzeige. Hat der Anzeigeerstatter allerdings vorsätzlich falsche Angaben gemacht, kann die Finanzbehörde dies gem. § 30 Absatz 5 AO den Strafverfolgungsbehörden mitteilen. Das Gleiche gilt gem. § 30 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b AO, wenn die Anzeige ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung erstattet worden ist und die Unterrichtung der Strafverfolgungsbehörden der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist. Hinsichtlich des Schutzes der personenbezogenen Daten der Hinweisgeber sind darüber hinaus die allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen . Die Bundesregierung erarbeitet derzeit einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, der unter anderem auch Vorschriften zur Umsetzung des zivilrechtlichen Schutzes von Whistleblowern in Artikel 5 Buchstabe b) der Richtlinie beinhalten wird. 40. Hat die BaFin nach Ansicht der Bundesregierung die Aufgabe, Hinweise auf mutmaßlich kriminelles Verhalten in Banken, Fonds, Börsen oder Versicherungen aufzugreifen, ihnen nachzugehen und solche Informationen an die Staatsanwaltschaften weiterzuleiten, auch wenn es sich nicht um Verstöße gegen aufsichtliche Normen, sondern andere Gesetze handelt? Wie ist diesbezüglich die Aufgabe der BaFin, soweit es sich nicht um kriminelles , sondern „lediglich“ mutmaßlich illegales Verhalten handelt? In welchen Fällen hat die BaFin die Pflicht, das BMF als Rechts- und Fachaufsicht über solche Vorkommnisse zu informieren? Die Aufgaben der BaFin bestimmen sich nach den jeweiligen Aufsichtsgesetzen. Sofern die BaFin im Rahmen der Ausübung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf Sachverhalte stößt, die auf ein mutmaßlich kriminelles Verhalten hinweisen, geht sie diesen Sachverhalten in erster Linie wegen möglicher aufsichtsrechtlicher Konsequenzen nach; beispielsweise kann sie einen Geschäftsleiter wegen betrügerischen Verhaltens mangels Zuverlässigkeit abberufen lassen. Die BaFin ist allerdings weder Strafverfolgungs- noch Steuerbehörde und verfügt auch nicht über entsprechende Kompetenzen. Aus diesem Grund führt die BaFin keine eigenen (steuer-)strafrechtlichen Ermittlungsverfahren durch, sondern unterstützt die zuständigen Behörden hierbei, indem sie alle für eine Strafverfolgung notwendigen Informationen, die sie im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabenwahrnehmung erhoben bzw. erhalten hat, den Behörden zur Verfügung stellt. Darüber hinaus unterliegt die BaFin besonderen gesetzlichen Anzeigepflichten. Einer Weitergabe aufsichtlicher Informationen an Strafverfolgungsbehörden sind jedoch Grenzen gesetzt. Zu beachten sind namentlich die aufsichtsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten, beispielsweise aus § 9 Kreditwesengesetz (KWG). Danach darf die BaFin nur solche Informationen weitergeben, welche die Strafverfolgungsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Auch bestehen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/13686 Restriktionen bei der Weitergabe von Informationen aus dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) oder solchen Informationen , welche die BaFin von Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes erhalten hat. Die BaFin hat das Bundesministerium der Finanzen im Rahmen der Rechts- und Fachaufsicht über Sachverhalte zu informieren, wenn diese mögliche Gefahren für die beaufsichtigten Institute und Unternehmen, etwaige Störungen der regulierten Finanzmärkte oder anderweitige Schieflagen im Finanzdienstleistungsbereich mit systemweiter Bedeutung auslösen können. 41. Hat das Bundesfinanzministerium in Bezug auf die DekaBank Deutsche Girozentrale seine Arbeitsweise, etwa Informationsflüsse, aktive Mitwirkung im Verwaltungsrat o. Ä. geändert, seit der Bundesminister durch die Medienveröffentlichungen Anfang des Jahres erfahren hat, dass Mitarbeiter seines Hauses für ihn an Verwaltungsratssitzungen teilnehmen (können)? Das Bundesministerium der Finanzen hat seine Praxis, wie die Aufsicht über die DekaBank, Anstalt öffentlichen Rechts, wahrgenommen wird, nicht verändert. Die Aufsicht wird vor allem über bestimmte Organisationsentscheidungen, z. B. Genehmigung von Satzungsänderungen, und über die Teilnahme an den Verwaltungsratssitzungen ausgeübt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333