Deutscher Bundestag Drucksache 18/1425 18. Wahlperiode 15.05.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralph Lenkert, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1181 – Umfang, Kapazitäten und Zustand des deutschen Stromnetzes Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Ausbau der Stromnetze, insbesondere der Fernübertragungsnetze, gerät immer mehr unter Kritik. In Gebieten, in denen 220/380-Kilovolt-(kV)-Wechselstromtrassen oder 500-kV-Gleichstromtrassen entstehen oder geplant sind, wächst der Widerstand gegen den Bau. Dieser Widerstand speist sich meist aus drei Gründen: Das Landschaftsbild wird beeinträchtigt und Naturbilder werden durch zum Teil große technische Objekte zerstört. Zudem geht es bei den Trassen nicht nur um den Transport von Strom aus erneuerbaren Energien sondern auch um Strom, der in Kohlekraftwerken erzeugt wird. Daher wird die Notwendigkeit von neuen Übertragungsleitungen hinterfragt. Darüber hinaus wird es als nicht hinnehmbar betrachtet, dass die Netzkosten ungleich verteilt werden, obwohl die heutige Beaufschlagung der Netze mindestens national erfolgt. Dass Endkunden für die Stromverluste aufkommen müssen, die beim Stromtransport durch ihr Netz auftreten, wird kritisiert. Transportkosten seien allgemein eine Angelegenheit zwischen Erzeuger und Abnehmer. Denn bei Netzverlusten trügen Anlieger die Kosten, obwohl sie durch den Netzausbau bereits mit Kosten und Landschaftsverbau belastet seien. 1. Wie viele Kilometer Übertragungsnetze gibt es in der Bundesrepublik Deutschland? Die Gesamtstromkreislänge des Höchstspannungsnetzes der Übertragungsnetzbetreiber betrug im Jahr 2012 insgesamt 34 780 km. Sie ist deswegen größer als die (räumliche) Länge der Stromtrassen der Übertragungsnetze mit knapp Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 7. Mai 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 18 000 km, weil an den Strommasten dieser Trassen mehrere Stromkreise mit zum Teil unterschiedlichen Spannungsebenen hängen können. Drucksache 18/1425 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Wie hoch ist die jeweilige derzeit installierte Übertragungsleistung im 220/ 380-kV-Netz zwischen den einzelnen Bundesländern und dem jeweils benachbarten Ausland (bitte einzeln angeben für Dänemark–SchleswigHolstein , Schleswig-Holstein–Hamburg, Schleswig-Holstein–Mecklenburg -Vorpommern, Mecklenburg-Vorpommern–Dänemark, MecklenburgVorpommern –Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern–Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern–Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern–Sachsen -Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern–Polen, Niedersachsen–SchleswigHolstein , Niedersachsen–Bremen, Niedersachsen–Norwegen, Niedersachsen –Niederlande, Niederlande–Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen– Hessen, Niedersachsen–Thüringen, Sachsen-Anhalt–Thüringen, SachsenAnhalt –Brandenburg, Sachsen-Anhalt–Sachsen, Brandenburg–Berlin, Brandenburg–Sachsen, Brandenburg–Polen, Sachsen–Polen, Sachsen– Tschechien, Sachsen–Thüringen, Sachsen–Bayern, Thüringen–Bayern, Thüringen–Hessen, Hessen–Nordrhein-Westfalen, Hessen–RheinlandPfalz , Hessen–Baden-Württemberg, Hessen–Bayern, Nordrhein-Westfalen –Niederlande, Nordrhein-Westfalen–Belgien, Nordrhein-Westfalen– Rheinland-Pfalz, Rheinland-Pfalz–Belgien, Rheinland-Pfalz–Luxemburg, Rheinland-Pfalz–Frankreich, Rheinland-Pfalz–Saarland, Rheinland-Pfalz– Baden-Württemberg, Saarland–Frankreich, Baden-Württemberg–Frankreich , Baden-Württemberg–Schweiz, Baden-Württemberg–Bayern, BadenWürttemberg –Österreich, Bayern–Österreich, Bayern–Tschechien)? Da die Übertragungskapazitäten zwischen den Bundesländern keine netztechnisch sinnvollen Größen für die Netzausbaubedarfsanalysen darstellen, werden diese in der Regel nicht explizit ermittelt. Darüber hinaus ist die installierte Übertragungskapazität nicht maßgeblich für die Leistung, die tatsächlich transportiert werden kann. Diese ist deutlich niedriger, da immer Reserven für den plötzlichen Ausfall eines Betriebsmittels im System verbleiben müssen (so genannte (n-1)-Sicherheit). Für die Übertragungskapazität zwischen Deutschland und dem Ausland sind daher sogenannte NTC (net transfer capacities) der Übertragungsnetzbetreiber gültig, die gemeinsam mit den Übertragungsnetzbetreibern der Nachbarländer festgelegt werden. Diese schwanken von Stunde zu Stunde, da die Lastflüsse sehr unterschiedlich sein können. Die mittleren verfügbaren NTC der Jahre 2012 und 2013 sind in der folgenden Tabelle aufgeschlüsselt . Es ist darauf hinzuweisen, dass zwischen Deutschland und Belgien aufgrund nicht vorhandener grenzüberschreitender Leitungen kein NTC besteht. Zwischen Deutschland und Österreich wurde kein NTC festgelegt, da bisher kein Engpass zwischen diesen Ländern ausgewiesen wurde. Importkapazität in MW Mittlere verfügbare Übertragung skapazität (netto) 2012 Mittlere verfügbare Übertragung skapazität (netto) 2013 Exportkapazität in MW Mittlere verfügbare Übertragung skapazität (netto) 2012 Mittlere verfügbare Übertragung skapazität (netto) 2013 NL -> D 2314,83 2291,11 D -> NL 2276,65 2220,70 CZ/PL -> D 2667,21 2814,83 D -> CZ/PL 1597,87 1662,77 FR -> D 1800,00 1790,46 D -> FR 2603,07 2562,88 DK -> D 1334,16 1219,81 D -> DK 1422,47 1510,44 CH -> D 4000,00 4000,00 D -> CH 895,63 964,72 SE -> D 457,00 481,65 D -> SE 375,72 312,45 Gesamt 12573,19 12597,85 Gesamt 9171,42 9233,95 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1425 3. Wie hoch sind die durchschnittlichen Netzentgelte in der Bundesrepublik Deutschland (bitte insgesamt und aufgeschlüsselt nach Bundesländern angeben )? Das durchschnittliche, mengengewichtete Netzentgelt des Jahres 2014 für einen Haushaltskunden in Deutschland beträgt 6,56 ct/kWh. Eine Aufschlüsselung des durchschnittlichen Netzentgeltes je Bundesland ist nicht möglich, da die Elektrizitätsverteilnetze einiger Netzbetreiber über die Gebiete der entsprechenden Bundesländer hinausgehen. 4. Wie hoch ist der Anteil der Netzentgelte, der für die höchste Netzebene (Übertragungsnetze) durch private Haushalte zu entrichten ist (bitte in Cent pro Kilowattstunde, aufgeschlüsselt nach Bundesländern und im bundesweiten Durchschnitt angeben)? Die Kosten der Höchstspannungsebene bzw. Übertragungsebene werden über alle nachgelagerten Netz- und Umspannebenen gewälzt. Bei den Haushaltskunden in der Niederspannungsebene ohne Leistungsmessung kommen die Kosten der Übertragungsebene nur noch zu einem Teil an. Das Netzentgelt für einen Haushaltskunden in der Niederspannungsebene ohne Leistungsmessung (Jahresarbeit : 3 500 kWh) beträgt im bundesweiten Durchschnitt 6,56 ct/kWh. Die Kosten der Übertragungsnetzebene sind in diesem Entgelt in Höhe von 15 Prozent enthalten. Das um die Kosten der Übertragungsnetzebene bereinigte Netzentgelt beträgt somit 5,7 ct/kWh, der Anteil der Kosten der Übertragungsnetzebene entspricht 0,86 ct/kWh. Eine Aufschlüsselung je Bundesland ist nicht möglich, da die Elektrizitätsverteilnetze einiger Netzbetreiber über die Gebiete der entsprechenden Bundesländer hinausgehen. 5. Wie hoch sind die Wartungs- und Instandhaltungskosten je Kilometer 220/ 380-kV-Leitung (bitte aufgeschlüsselt nach Übertragungsleistung (Gigawatt ) sowie im bundesweiten Durchschnitt und als „von bis“-Spanne angeben )? Die Übertragungsnetzbetreiber melden der Bundesnetzagentur jährlich die gesamten Aufwendungen für die Erhaltung der Netzinfrastruktur. Für das Jahr 2012 betragen die Aufwendungen für die Erhaltung der Netzinfrastruktur 185 Mio. Euro. Damit ergeben sich im bundesweiten Durchschnitt Aufwendungen für die Erhaltung der Netzinfrastruktur des Jahres 2012 in Höhe von 5 175 Euro je Kilometer. Je nach Übertragungsnetz liegen die Aufwendungen zwischen 2 100 und 8 800 Euro je Kilometer. Eine Aufschlüsselung nach Übertragungsleistung kann nicht vorgenommen werden, da die Wartungs- und Instandhaltungskosten von der Übertragungsleistung unabhängig sind. 6. Wie ist das Alter der Hochspannungsleitungen (bitte nach Kilometern und Alter in Zehn-Jahres-Schritten angeben)? Der Bundesregierung liegen keine Daten über das Alter von Hochspannungsleitungen vor. 7. Wie viele 220/380-kV-Hochspannungsleitungen wurden seit dem Jahr 1990 rückgebaut, und wo standen diese? Der Bundesregierung liegen keine detaillierten Informationen zum Rückbau von 220/380-kV-Hochspannungsleitungen vor. Die von den Übertragungsnetz- betreibern gegenüber der Bundesnetzagentur gemeldeten Netzstrukturdaten weisen nicht gesondert aus, wo ggf. eine Leitung rückgebaut wurde. Drucksache 18/1425 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Welche Erzeugungskapazitäten für Strom befinden sich in einem Radius von 75 Kilometern rund um die geplanten Eckpunkte der vier vorgeschlagenen DC-500-kV-Trassen (bitte je Endpunkt angeben und nach Energieträgern aufschlüsseln, z. B. Kohle, Gas, Solar, Wind usw.)? In den folgenden Tabellen ist die für Szenario B 2023 des Netzentwicklungsplans 2013 angenommene installierte Leistung im Jahr 2023 für alle erneuerbaren Energien und konventionellen Kraftwerke im Umkreis der Endpunkte der bestätigten HGÜ-Maßnahmen (HGÜ: Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung ) angegeben. Diese Angabe stellt jedoch nur eine grobe Schätzung dar, da der Bundesnetzagentur die Daten nur netzknotenscharf vorliegen. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die Radien von 75 km um die einzelnen Endpunkte teilweise überlappen und es dadurch zu Doppelzählungen der Kraftwerke kommt. Die Werte können daher nicht einfach aufsummiert werden. Im Extremfall handelt es sich bei den nah aneinander liegenden Endpunkten Wilster und Brunsbüttel aufgrund der nahezu identischen Flächen, die von den 75-km-Radien umschlossen werden, um dieselben konventionellen Kraftwerke. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die installierte Leistung der Kraftwerke kaum Aussagen über die tatsächliche Nutzung der Kraftwerke zulässt. Welches Kraftwerk in welcher Situation tatsächlich wieviel einspeist, bestimmt der Markt. * Es handelt sich dabei nur um die Kraftwerke Schkopau, Dessau und Könnern. Die Kraftwerke Lippendorf und Wählitz (1781 MW) liegen zwar geographisch innerhalb eines 75 km Radius, speisen netztechnisch aber nicht direkt in Lauchstädt ein, sondern über einen rund 160 km großen Umweg über Vieselbach. Szenario B2023 Wind onshore [MW] Wind offshore [MW] Photovoltaik [MW] Biomasse [MW] Laufwasser [MW] sonstige EE [MW] Emden/Ost 1 598 8 370 99 339 0 31 Osterath 725 0 102 263 84 203 Philipsburg 174 0 213 229 144 97 Brunsbüttel 1 966 2 540 75 199 2 21 Großgartach 395 0 280 386 237 116 Wilster 1 966 2 540 75 199 2 21 Grafenrheinfeld 460 0 106 150 149 73 Lauchstädt 2 369 0 216 581 51 79 Meitingen 205 0 363 835 918 113 Szenario B2023 Kernenergie [MW] Steinkohle [MW] Braunkohle [MW] Erdgas [MW] Mineralöle [MW] Pumpspeicher [MW] Sonstige [MW] Emden/Ost 0 1 488 0 0 56 0 0 Osterath 0 5 902 7 431 9 543 232 153 1 277 Philipsburg 0 4 234 0 1 559 622 200 116 Brunsbüttel 0 0 0 778 348 446 99 Großgartach 0 4 977 0 2 422 622 90 121 Wilster 0 0 0 778 348 446 99 Grafenrheinfeld 0 143 0 198 0 164 0 Lauchstädt 0 0 971* 1 316 230 166 192 Meitingen 0 801 0 2 119 69 0 31 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333