Deutscher Bundestag Drucksache 18/147 18. Wahlperiode 09.12.2013 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Annette Groth, Niema Movassat, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/35 – Reisetätigkeit von Djihadisten aus Deutschland nach Syrien Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut einem als geheim eingestuften Lagebericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz sind derzeit rund 200 Djihadisten aus Deutschland in Syrien oder auf dem Weg dorthin. Syrien sei für kampfwillige Islamisten derzeit „der mit Abstand ,attraktivste‘ Dschihad-Schauplatz“, zitiert das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ aus dem Papier. Im Norden Syriens sei für deutschsprachige Djihadisten ein „German Camp“ als Sammelstelle und möglicherweise als Ausbildungslager aufgebaut worden. Die meisten Djihadisten aus Deutschland stammen aus Nordrhein-Westfalen, der Rest vor allem aus Hessen, Berlin, Bayern und Hamburg. Mehr als die Hälfte von ihnen soll die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Nach einer aktuellen Statistik deutscher Behörden sollen bislang acht der aus Deutschland angereisten Djihadisten in Syrien gefallen sein (www.spiegel.de). In einigen Fällen wurden die djihadistischen Kämpfer offenbar von ihren Ehefrauen oder Familien begleitet (http://blog.zeit.de). Der Verfassungsschutz hat laut Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ Hinweise, wonach deutschstämmige Islamisten in Syrien mehrere „Medienstellen“ aufbauen wollen, um von dort für den bewaffneten Kampf zu werben. Projekte, wie das bereits seit Juli 2013 online gegangene „Shamcenter“, das nach eigenen Angaben „verstärkt Social Dschihad“ in deutscher Sprache betreiben will, könnten laut dem Lagebericht „in Deutschland eine erhebliche Wirkung als Radikalisierungskatalysator entfalten“. Eine „besondere Gefährdung“ sieht der Verfassungsschutz von kampferprobten Heimkehrern ausgehen (www.spiegel.de). In ihrer Antwort die eine Kleine Anfrage zu „Reisebewegungen und Radikalisierungen syrischer Kämpfer“ hatte die Bundesregierung im Juli 2013 noch erklärt, keine Aussagen darüber, ob sich einzelne Kämpfer aus Deutschland an Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht beteiligt haben, treffen zu können. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 5. Dezember 2013 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. (Bundestagsdrucksache 17/14391). Wie das Magazin „FOCUS“ meldete, sollen aus Deutschland stammende Djihadisten am 6. August 2013 an der Vertreibung und Ermordung von Bewohnerinnen und Bewohnern eines christlichen Dorfes an der syrisch-türkischen Grenze beteiligt gewesen sein. Ein Vertreter des Bundeskriminalamtes (BKA) nannte „die Mittäterschaft von Deutschen an Ausrot- Drucksache 18/147 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tungen und ethnischen Säuberungen in Syrien“ einen „schier unerträglichen Zustand “. Die Bundesanwaltschaft prüft demnach im Zusammenhang mit Syrien, ob Deutsche Mitglied in einer ausländischen terroristischen Vereinigung seien (www.focus.de). Das Bundeskriminalamt warnt seit dem 18. Oktober 2013 mit einem Plakat vor dem aus Berlin stammenden früheren Rapper Deso Dogg. Der mit bürgerlichem Namen Denis Mamadou Gerhard Cuspert heißende Djihadist, der sich jetzt Abu Talha al-Almani nennt, hat sich der zum Al-Qaida-Netzwerk gehörenden Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen. „Die abgebildete Person ist verdächtig , terroristische Anschläge gegen westliche Einrichtungen und Interessen zu planen.“ Es gebe aber keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass Denis Cuspert Aktionen in Deutschland oder Europa vorbereite, erklärte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft gegenüber „SPIEGEL ONLINE“ (www.spiegel.de). Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Reisebewegung deutscher Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland in Richtung Syrien waren bereits Gegenstand der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 17/14391). In ihrer Antwort hat die Bundesregierung bereits zur unübersichtlichen Lage in Syrien, zur Heterogenität der Front der Regimegegner, zu reisenden Personen sowie zu möglichen Maßnahmen der Ausreiseverhinderung Stellung genommen. Es wird auf die dortige ausführliche Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Aufgrund der fortdauernden Dynamik der Entwicklung in Syrien und einer fehlenden präzisen Faktenlage muss bei den nachfolgenden Angaben berücksichtigt werden, dass nicht in jedem Fall eine abschließende Antwort und Bewertung gegeben werden kann. Ergänzend zur Beantwortung einzelner Fragen hat die Bundesregierung Hintergrundinformationen , die „VS – Geheim“ eingestuft sind, in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt. 1. Trifft eine Meldung des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ zu, wonach das Bundesamt für Verfassungsschutz in einem Lagebericht Syrien als den „mit Abstand ,attraktivsten‘ Dschihad-Schauplatz“ für kampfwillige Islamisten bezeichnet hat, und wenn ja, woraus speist sich diese Einschätzung? Die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ vom 21. Oktober 2013 zitiert einen „VS – Geheim“ eingestuften Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Unabhängig davon beobachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz derzeit allgemein, dass in jihadistischer, auch deutschsprachiger, Propaganda aktuell verstärkt der Jihad-Schauplatz Syrien thematisiert und für diesen intensiver als beispielsweise für Afghanistan geworben wird. Weiterhin kann beobachtet werden , dass die Zahl der ausgereisten Islamisten nach Syrien ungleich höher ist als die Zahl entsprechender Ausreisen in andere sogenannte Jihad-Gebiete wie beispielsweise Afghanistan. Demnach kommt das Bundesamt für Verfassungsschutz zur Einschätzung, dass der Jihad-Schauplatz Syrien derzeit eine hohe Attraktivität auf deutsche Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland ausübt. 2. Wie viele aus Deutschland stammende Djihadisten haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2011 am bewaffneten Kampf in Syrien beteiligt oder sind derzeit auf dem Weg dorthin (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Den Bundessicherheitsbehörden liegen derzeit Hinweise zu mehr als 200 deutschen Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland vor, die in Richtung Syrien Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/147 ausgereist sein sollen, um dort beispielsweise an Kampfhandlungen teilzunehmen oder den Widerstand gegen das Assad-Regime in sonstiger Weise zu unterstützen . Es liegen jedoch nicht in allen Fällen Erkenntnisse vor, ob sich diese Personen tatsächlich in Syrien aufhalten bzw. aufgehalten haben. Inwieweit eine konkrete dieser Absicht entsprechenden Teilnahme an Kampfhandlungen erfolgt, lässt sich nicht in allen Einzelfällen klar belegen. Dies gilt auch für entsprechende Reisebewegungen nach Syrien. Daher kann eine Aufschlüsselung dieser Teilmenge nach Bundesländern nicht vorgenommen werden. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine dynamische Lageentwicklung mit einem variierenden Zahlengerüst handelt. a) Wie viele von ihnen haben die deutsche Staatsbürgerschaft? Von den mehr als 200 deutschen Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland, die in Richtung Syrien ausgereist sein sollen, besitzen rund die Hälfte die deutsche Staatsbürgerschaft. b) Wie viele von ihnen wurden wann und bei welchen Auseinandersetzungen verwundet? c) Wie viele von ihnen wurden wann und bei welchen Auseinandersetzungen getötet? Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt , dass eine Beantwortung dieser Fragen nicht offen erfolgen kann. Soweit Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig sind, hat die Bundesregierung zu prüfen, ob und auf welche Weise die Geheimhaltungsbedürftigkeit mit dem parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann (BVerfGE 124, S. 161 [189]). Dies ist nur durch Hinterlegung der Information bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages möglich. Einzelheiten zur nachrichtendienstlichen Erkenntnislage bedürfen hier der Einstufung als Verschlusssache nach der Verschlusssachenanweisung (VSA), da ihre Veröffentlichung Rückschlüsse auf die Erkenntnislage und Aufklärungsschwerpunkte zulässt und damit die Wirksamkeit der nachrichtendienstlichen Aufklärung beeinträchtigen kann. Zur Beantwortung dieser Fragen wird auf die als Verschlusssache „GEHEIM“ eingestufte Information der Bundesregierung verwiesen, die bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt ist und dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden kann.* d) Wie viele von ihnen sind wieder nach Deutschland zurückgekehrt? Die Anzahl der zurückgekehrten Islamisten, die sich in Syrien aktiv am bewaffneten Widerstand beteiligt haben, beläuft sich aktuell auf eine einstellige Personenanzahl . Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass eine darüber hinausgehende Beantwortung der Frage nicht offen erfolgen kann. Soweit Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig sind, hat die Bundesregierung zu prüfen, ob und auf welche Weise die Geheimhaltungsbedürftigkeit mit dem parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann (BVerfGE 124, S. 161 [189]). * Das Bundesministerium des Innern hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Drucksache 18/147 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Dies ist nur durch Hinterlegung der Information bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages möglich. Einzelheiten zur nachrichtendienstlichen Erkenntnislage bedürfen hier der Einstufung als Verschlusssache nach der Verschlusssachenanweisung (VSA), da ihre Veröffentlichung Rückschlüsse auf die Erkenntnislage und Aufklärungsschwerpunkte zulässt und damit die Wirksamkeit der nachrichtendienstlichen Aufklärung beeinträchtigen kann. Zur weiteren Beantwortung der Frage wird auf die als Verschlusssache „GEHEIM“ eingestufte Information der Bundesregierung verwiesen, die bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt ist und dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden kann.* e) In wie vielen Fällen wurden Djihadisten aus Deutschland nach Syrien von ihren Ehefrauen oder Familien begleitet? Den Bundessicherheitsbehörden liegen Erkenntnisse vor, dass bis zu 20 Personen aus dem islamistischen Spektrum von ihren Ehefrauen begleitet worden sein sollen. 3. Wie viele der aus Deutschland stammenden Djihadisten haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils den folgenden in Syrien kämpfenden Gruppierungen angeschlossen a) Al-Nusra-Front, b) Islamischer Staat im Irak und Syrien (ISIS), c) Freie Syrische Armee, d) Sonstige (bitte benennen)? Den Sicherheitsbehörden liegen hierzu keine gesicherten Erkenntnisse vor. Ferner wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 17. Juli 2013 (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14391, Antwort zu den Fragen 4 und 7) verwiesen. 4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Existenz eines „German Camp“ im Norden Syriens, das als Sammel- und wohl auch Ausbildungsstätte deutschsprachiger Djihadisten dienen soll? a) Wo genau befindet sich das „German Camp“? b) Seit wann besteht es? c) Von welcher Gruppierung oder welchen Gruppierungen wird es betrieben? d) Welchem genauen Zweck dient das Camp? e) Wie viele Djihadisten aus Deutschland sind in diesem Camp stationiert? Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt , dass eine Beantwortung der Frage nicht offen erfolgen kann. Soweit Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig sind, hat die Bundesregierung zu prüfen, ob und auf welche Weise die Geheimhaltungsbedürftigkeit mit dem parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann (BVerfGE 124, S. 161 [189]). Dies ist nur durch Hinterlegung der Information bei der Geheimschutzstelle des Deutschen * Das Bundesministerium des Innern hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/147 Bundestages möglich. Einzelheiten zur nachrichtendienstlichen Erkenntnislage bedürfen hier der Einstufung als Verschlusssache nach der Verschlusssachenanweisung (VSA), da ihre Veröffentlichung Rückschlüsse auf die Erkenntnislage und Aufklärungsschwerpunkte zulässt und damit die Wirksamkeit der nachrichtendienstlichen Aufklärung beeinträchtigen kann. Zur Beantwortung der Frage 4 wird auf die als Verschlusssache „GEHEIM“ eingestufte Information der Bundesregierung verwiesen, die bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt ist und dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden kann.* 5. Sind der Bundesregierung Aufrufe in Moscheen, Kultur- und Hilfsvereinigungen , über Internet und soziale Netzwerke zur Teilnahme am bewaffneten Kampf in Syrien, die sich explizit an in der Bundesrepublik Deutschland lebende Personen richten, bekannt? Wenn ja, durch wen oder welche Institution erfolgten wann und wo diese Aufrufe? Den Bundessicherheitsbehörden ist nicht bekannt, dass in Moscheen oder Kultur - und Hilfsvereinigungen in Deutschland zur ausdrücklichen Teilnahme am bewaffneten Kampf in Syrien aufgerufen wird. Der Aufruf zur Teilnahme am bewaffneten Kampf in Syrien erfolgt vorrangig über das Internet. Insbesondere werden soziale Netzwerke von jihadistischen Aktivisten für Propagandazwecke dieser Art genutzt. Ferner wird auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. 6. Welche Anlauf- und Treffpunkte für Djihadisten, die sich am bewaffneten Kampf in Syrien beteiligen wollen, existieren nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland (bitte Ort und Art des Anlaufpunktes – z. B. Moschee, Kulturverein, Hilfsorganisation, Privatwohnung – angeben)? Eine Rekrutierung freiwilliger Kämpfer in Deutschland kann durch jihadistische Propaganda oder persönliche Kennverhältnisse erfolgen. Den Bundessicherheitsbehörden liegen keine gesicherten Erkenntnisse über organisierte Strukturen im Sinne der Frage vor. 7. Welche Reisewege und Verkehrsmittel haben die aus Deutschland stammenden Djihadisten nach Kenntnis der Bundesregierung für ihre Reise nach Syrien genommen? Es werden sämtliche Verkehrsmittel, die für eine Reise in Richtung Syrien zur Verfügung stehen, genutzt. Die Reiserouten verlaufen in den meisten Fällen über die Türkei, teilweise nicht auf direktem Wege. Die häufigsten Reisemittel sind Flugzeug und Pkw. 8. Welche Organisationen in Deutschland und in den Durchreiseländern leisten nach Kenntnis der Bundesregierung logistische Unterstützung für die Reisetätigkeit von Djihadisten aus Deutschland nach Syrien? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Erkenntnisse vor. * Das Bundesministerium des Innern hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Drucksache 18/147 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Inwieweit ist die Reisetätigkeit von Djihadisten aus der Bundesrepublik Deutschland nach Syrien bislang Thema von Gesprächen der Bundesregierung mit den möglichen Transitstaaten (insbesondere der Türkei, dem Libanon, dem Irak und Jordanien) gewesen? Die Bundesregierung steht hierzu im steten Austausch mit möglichen Transitstaaten . Hierbei werden Mechanismen erörtert, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung – beginnend mit der Radikalisierung über die Rekrutierung und Reisebewegungen bis hin zur Rückreise aus der betroffenen Region – durch die Sicherheitsbehörden des Bundes zu behandeln sind. 10. Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Ausreise von Djihadisten, die sich am bewaffneten Kampf in Syrien beteiligen wollen , aus der Bundesrepublik Deutschland zu verhindern? a) In wie vielen Fällen wurden derartige Maßnahmen seit dem Jahr 2011 ergriffen? b) Inwieweit gedenkt die Bundesregierung zukünftig, derartige Maßnah- men zu ergreifen? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 17. Juli 2013 (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14391, Antwort zu den Fragen 16 und 17) verwiesen. c) Welche anderen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, ausreisewillige Djihadisten von ihren Plänen abzubringen und zu überzeugen, nicht auszureisen, und in welchem Umfang haben Behörden des Bundes und nach Kenntnis der Bundesregierung der Länder erfolgreich Gebrauch von solchen Maßnahmen gemacht? Weitere Maßnahmen, um die Personen von ihren Ausreiseplänen abzubringen, können seitens der Länder in eigener Zuständigkeit im Rahmen der Gefahrenabwehr ergriffen werden. Ferner wurde im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Beratungsstelle Radikalisierung im Januar 2012 eingerichtet. Die Beratungsstelle berät in Zusammenarbeit mit vier erfahrenen zivilgesellschaftlichen Partnern vor Ort bundesweit Angehörige und das soziale Umfeld von Jugendlichen, die sich radikalisiert haben. Die Betroffenen erhalten Rat und Unterstützung zum Umgang mit dem Angehörigen, um durch eine Stärkung der Beziehung eine Abkehr von der radikalen Ideologie anzustoßen. Daneben gibt es eine Vielzahl von Projekten in den Ländern und Kommunen, die der Prävention von Islamismus und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit dienen. 11. Welche Ausbildung erhalten die aus Deutschland stammenden Djihadisten vor einem Kampfeinsatz in Syrien nach Kenntnis der Bundesregierung (bitte nach Möglichkeit Ausbildungsort angeben)? Den Bundessicherheitsbehörden liegen nachrichtendienstliche Einzelhinweise über die Existenz von Ausbildungslagern in der Region vor. Ausbildungsinhalte werden vereinzelt von jihadistischen Gruppierungen in Syrien im Internet veröffentlicht. Umfassende Informationen zu Ausbildungsinhalten liegen der Bundesregierung nicht vor. 12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Beteiligung von Djihadisten aus Deutschland an Übergriffen auf Zivilistinnen und Zivilis- ten in Syrien (bitte einzeln aufzählen und angeben, inwieweit es sich um deutsche Staatsbürger handelt)? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/147 13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Beteiligung von Djihadisten aus Deutschland an Kriegsverbrechen in Syrien (bitte einzeln aufzählen und angeben, inwieweit es sich um deutsche Staatsbürger handelt )? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Erkenntnisse vor. 14. Inwieweit kann eine Beteiligung von Djihadisten aus der Bundesrepublik Deutschland am bewaffneten Kampf in Syrien in der Bundesrepublik Deutschland strafrechtlich verfolgt werden? a) Wie viele Straf- und Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in (ausländischen) terroristischen Vereinigungen nach § 129a und § 129b des Strafgesetzbuches (StGB) im Zusammenhang mit der Beteiligung und Unterstützung bewaffneter Gruppierungen in Syrien sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2011 eingeleitet worden, und mit welchem Ergebnis? b) Wie viele Straf- und Ermittlungsverfahren nach § 89a StGB wegen „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat“ sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2011 im Zusammenhang mit Syrien eingeleitet worden, und mit welchem Ergebnis? c) Wie viele Straf- und Ermittlungsverfahren nach § 89b StGB wegen „Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Straftat“ sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2011 im Zusammenhang mit Syrien eingeleitet worden, und mit welchem Ergebnis? d) Wie viele Straf- und Ermittlungsverfahren nach § 91 StGB wegen „Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Straftat“ sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2011 im Zusammenhang mit Syrien eingeleitet worden, und mit welchem Ergebnis? Die fraglichen Handlungen können neben den von den Fragestellern genannten grundsätzlich eine Vielzahl von Straftatbeständen erfüllen (etwa: Tötungsdelikte sowie sonstige gegen die körperliche Unversehrtheit gerichtete Delikte, Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch, dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz). Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung zur Vornahme einer abstrakt-generalisierenden Subsumtion unter die in Betracht kommenden Straftatbestände. Es obliegt den zuständigen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten, in jedem Einzelfall auf der Grundlage entsprechender konkreter Sachverhaltsfeststellungen zu bewerten, ob eine Beteiligung von Djihadisten aus der Bundesrepublik Deutschland am bewaffneten Kampf in Syrien in der Bundesrepublik Deutschland verfolgt werden kann. Die Verfolgung von Straftaten nach § 89a und § 89b des Strafgesetzbuchs (StGB) fällt grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaften der Länder. Die Verfolgung von Straftaten nach § 91 StGB fällt in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaften der Länder. Die Strafverfolgungsstatistik enthält keine Angaben darüber, ob die Straftat im Ausland und gegebenenfalls in welchem Land begangen wurde. Was Verfahren des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof betrifft, so gibt die Bundesregierung zu möglichen Ermittlungsverfahren keine Stellungnahme ab. Trotz ihrer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter den berechtigten Geheimhaltungsinteressen zurück. Bereits die Nennung einer Anzahl von Verfahren im Zusammenhang mit einem bestimmten Straftatbestand Drucksache 18/147 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode und einem bestimmten Land könnte gegebenenfalls Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder gar vereiteln, weshalb aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass vorliegend das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung (vergleiche dazu BVerfGE 51, S. 324 (343 f.)) Vorrang vor dem parlamentarischen Informationsinteresse hat. Ferner wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 17. Juli 2013 (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14391, Antwort zu den Fragen 9, 11 und 12) verwiesen. 15. Inwieweit treffen nach Erkenntnissen der Bundesregierung Informationen des Magazins „FOCUS“ zu, wonach Djihadisten aus Deutschland am 6. August 2013 an der Ermordung und Vertreibung der christlichen Bewohnerinnen und Bewohner eines Dorfes in Nordsyrien beteiligt gewesen sein sollen? a) Um welches Dorf hat es sich nach Kenntnis der Bundesregierung gehandelt , und wie viele Einwohnerinnen und Einwohner wurden vertrieben oder ermordet? b) Wie verlief der Überfall auf das Dorf nach Erkenntnissen der Bundesregierung ? c) Welche Milizen waren nach Erkenntnissen der Bundesregierung an dem Angriff auf das Dorf beteiligt (bitte angeben, ob diese Milizen zur Freien Syrischen Armee, der Al-Nusra-Front, der Gruppierung Islamischer Staat im Irak und Syrien ISIS oder einem anderen größeren Zusammenhang angehören)? d) Wie viele und welche aus Deutschland stammenden Djihadisten haben sich Kenntnis der Bundesregierung an dem Überfall auf das Dorf beteiligt (bitte angeben, wie viele davon die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Erkenntnisse vor. e) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Beteiligung des Berliner Djihadisten Denis Cuspert an dem Überfall auf das Dorf? Es wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 16. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Beteiligung von Denis Cuspert an Gewalttaten, Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung oder Kriegsverbrechen in Syrien? a) Wo genau in Syrien hält sich Denis Cuspert nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit auf? b) Trifft nach Erkenntnissen der Bundesregierung eine Meldung des Magazins „FOCUS“ zu, wonach Denis Cuspert Mitglied der zum AlQaida -Netzwerk gehörenden Al-Nusra-Front geworden ist? c) Welche Informationen hat die Bundesregierung über Verwundungen oder sogar den Tod von Denis Cuspert in Syrien? d) Welche konkreten Hinweise hat die Bundesregierung auf durch Denis Cuspert geplante „terroristische Anschläge gegen westliche Einrichtungen und Interessen“ (BKA-Plakat)? e) Was versteht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang unter „westlichen Interessen“? f) Inwieweit hält die Bundesregierung eine mögliche Beteiligung Denis Cusperts an der Ermordung und Vertreibung von christlichen Dorf- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/147 bewohnerinnen und Dorfbewohnern in Nordsyrien für eine Beeinträchtigung „westlicher Interessen“? g) Inwieweit trifft eine Meldung von „SPIEGEL ONLINE“ zu, wonach es keine konkreten Anhaltspunkte für von Denis Cuspert in Deutschland und Europa vorbereitete Aktionen gibt? h) An welchen Stellen im In- und Ausland soll das BKA-Plakat mit der Terrorismuswarnung vor Denis Cuspert aufgehängt werden? i) Besteht ein internationaler Haftbefehl gegen Denis Cuspert, und wenn ja, aufgrund welcher Vorwürfe? Trotz ihrer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter den berechtigten Geheimhaltungsinteressen zurück. Die Fragen haben Bezüge zu dem vom Generalbundesanwalt (GBA) geführten Ermittlungsverfahren gegen Denis Cuspert. Im Falle deren Beantwortung würden Ermittlungserkenntnisse offengelegt , wodurch der Untersuchungszweck gefährdet wäre. Das Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab und hat damit ebenfalls Verfassungsrang (vergleiche dazu BVerfGE 51, S. 324 [343 f.]). 17. Bei welchen der in Syrien aktiven bewaffneten Gruppierungen handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung um ausländische terroristische Vereinigungen im Sinne des Paragraphen 129b StGB (bitte auch Prüf- bzw. Verdachtsfälle benennen)? Die Beantwortung der Frage, ob und bei welchen der in Syrien aktiven bewaffneten Gruppierungen es sich um ausländische terroristischen Vereinigungen im Sinne der §§ 129a, 129b StGB handelt, ist der Prüfung und Entscheidung in einem gerichtlichen Strafverfahren vorbehalten. Soweit es „Prüf- und Verdachtsfälle “ betrifft, so gibt die Bundesregierung hierzu keine Stellungnahme ab, weil insoweit ein unmittelbarer Zusammenhang zu laufenden Prüf- und Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts besteht. Trotz ihrer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter den berechtigten Geheimhaltungsinteressen zurück . Bereits die Nennung, hinsichtlich welcher der an den Auseinandersetzungen in Syrien beteiligten Gruppierungen der Verdacht einer terroristischen Vereinigung im genannten Sinne vom Generalbundesanwalt angenommen oder gerade geprüft wird, könnte Rückschlüsse auf laufende Ermittlungen erlauben und gegebenenfalls verdeckte Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder gar vereiteln , weshalb aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass vorliegend das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung (vergleiche dazu BVerfGE 51, S. 324 (343 f.)) Vorrang vor dem parlamentarischen Informationsinteresse hat. 18. Welche der in Syrien aktiven Organisationen, Gruppen oder Personen werden durch Sanktionslisten der Europäischen Union erfasst, und wie viele und welche Verstöße gegen derartige Embargovorschriften nach § 34 des Außenwirtschaftsgesetzes sind der Bundesregierung im Zusammenhang mit Syrien seit dem Jahr 2011 bekannt geworden (bitte einzeln benennen)? Listungen können sich insbesondere aus der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 („restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien“) und den Verordnungen (EG) Nr. 881/2002 („Al-Qaida“) und Nr. 2580/2001 („sonstige Terrororganisa- Drucksache 18/147 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tionen“) ergeben. Betroffene Personen, Organisationen und Einrichtungen sind im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die wegen des Verdachts von Verstößen gegen die Bereitstellungsverbote der am 19. Januar 2012 in Kraft getretenen Syrien-Verordnung derzeit vom Zollfahndungsdienst geführten Ermittlungsverfahren stehen nicht im Zusammenhang mit Reisetätigkeiten von Jihadisten aus Deutschland nach Syrien und richten sich auch nicht gegen aktiv in Syrien kämpfende Personen oder Organisationen. 19. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Zahl aus den Staaten der Europäischen Union jeweils und insgesamt ausgereisten Personen, die sich am „Dschihad“ in Syrien beteiligen wollen? Nach Angaben des Koordinators des Rates für Terrorismusbekämpfung der Europäischen Union (EU) halten sich mindestens 800 radikale Islamisten in Syrien auf, die zuvor aus EU-Staaten in das Bürgerkriegsland eingereist waren (Interview mit DER TAGESSPIEGEL vom 11. Oktober 2013). Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt , dass eine darüber hinausgehende Beantwortung der Frage nicht offen erfolgen kann. Soweit Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig sind, hat die Bundesregierung zu prüfen, ob und auf welche Weise die Geheimhaltungsbedürftigkeit mit dem parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann (BVerfGE 124, S. 161 [189]). Dies ist nur durch Hinterlegung der Information bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages möglich. Einzelheiten zur nachrichtendienstlichen Erkenntnislage bedürfen hier der Einstufung als Verschlusssache nach der Verschlusssachenanweisung (VSA), da ihre Veröffentlichung Rückschlüsse auf die Erkenntnislage und Aufklärungsschwerpunkte zulässt und damit die Wirksamkeit der nachrichtendienstlichen Aufklärung beeinträchtigen kann. Zur Beantwortung der Frage 19 wird auf die als Verschlusssache „GEHEIM“ eingestufte Information der Bundesregierung verwiesen, die bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt ist und dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden kann.* 20. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von den Maßnahmen, die in anderen Staaten der Europäischen Union ergriffen werden, um die Ausreise von Djihadisten nach Syrien zu verhindern? Aufgrund der EU-weiten Reisefreiheit sind die Möglichkeiten von EU-Staaten, Ausreisen eigener Staatsangehöriger zu unterbinden, grundsätzlich begrenzt, je nach nationaler Gesetzgebung jedoch auch sehr unterschiedlich gestaltet. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union tauschen sich über die Bedrohungslage im Zusammenhang mit terroristischen Reisebewegungen im Rat und multi- und bilateral aus. * Das Bundesministerium des Innern hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/147 21. Wie sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Erfahrungen der anderen Mitgliedstaaten bei der Zusammenarbeit mit der Türkei in Fragen der terroristischen Reisebewegungen, und wie sind die Erfahrungen der Bundesregierung selbst? Mit der Türkei besteht seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit im Bereich Terrorismusbekämpfung. Beide Länder tauschen sich sowohl auf politischer als auch auf Fachebene regelmäßig zu verschiedenen Sicherheitsthemen aus, unter anderem zu terroristischen Reisebewegungen. Seit Ende des Jahres 2012 ist – auch als Ergebnis eines Gesprächs von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Berlin – die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei im Sicherheitsbereich intensiviert worden. Informationen zur Kooperation von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit der Türkei unterliegen der Informationshoheit dieser Drittstaaten. Die Bundesregierung erteilt daher keine Auskünfte über die Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei der Zusammenarbeit mit der Türkei. 22. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über schon bestehende oder geplante „Medienstellen“ deutscher Islamisten auf syrischem Boden? Den Bundessicherheitsbehörden sind derzeit zwei Medienstellen deutscher Islamisten auf syrischem Boden bekannt. Hierbei handelt es sich um die Medienstelle „ShamCenter“ und um „Al Ghuraba Media“. Beide Medienstellen veröffentlichen ihre Beiträge überwiegend in deutscher Sprache und haben erkennbar das Anliegen, möglichst viele junge Muslime im deutschsprachigen Raum zu erreichen und für eine Teilnahme an Kampfhandlungen in Syrien zu rekrutieren. Zudem versuchen sie, im deutschsprachigen Raum Geld und Sachspenden zur Unterstützung jihadistischer Kämpfer zu sammeln. 23. Welche und wie viele deutschsprachigen Internetseiten einschließlich sozialer Netzwerke und Blogs, die für eine Teilnahme am bewaffneten Kampf in Syrien werben, sind der Bundesregierung bekannt? Den Bundessicherheitsbehörden sind zahlreiche Internetseiten und Soziale Netzwerke (Facebook-Accounts sowie Youtube- und Twitter-Kanäle) bekannt, auf denen „zur Unterstützung der Geschwister in Syrien im Kampf gegen das (ungläubige) Regime“ aufgerufen wird. Eine abschließende zahlenmäßige Eingrenzung ist aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Seiten sowie der regelmäßigen Löschungen entsprechender Profile durch die Betreiber der Sozialen Netzwerke und anschließender Neueröffnungen von Profilen nicht möglich. Hervorzuheben ist die Internetseite „ShamCenter“ mit den dazugehörigen Präsenzen bei Facebook, Twitter und Youtube, auf der regelmäßig in mehreren Sprachen (unter anderem deutsch) über die Ereignisse in Syrien berichtet und zur Teilnahme am Jihad aufgerufen wird. Ferner wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. a) Welche Verbreitung haben diese Internetauftritte nach Kenntnis der Bundesregierung? Aufgrund des weltweit zugänglichen Internets kann hinsichtlich konkreter Ver- breitungswege keine Aussage getroffen werden. Drucksache 18/147 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Inwieweit spielen solche Internetauftritte nach Kenntnis der Bundesregierung eine Rolle bei der Rekrutierung für den bewaffneten Kampf in Syrien? Propaganda im Internet ist seit mehreren Jahren ein unverzichtbarer Bestandteil der Ideologie militanter islamistischer Gruppierungen. Propagandaveröffentlichungen dienen unter anderem zur virtuellen Radikalisierung, der Rekrutierung von neuen Kämpfern und Spendensammlung. Islamistische Syrien-Propaganda legitimiert sich humanitär (Hilfe für das notleidende Volk) und theologisch (Unterstützung der Gemeinschaft der [sunnitischen ] Gläubigen gegen das „ungläubige“ Regime in Damaskus). Sie dient der Rekrutierung von Personen für den bewaffneten Kampf sowie der Stärkung der Spendenbereitschaft der Muslime in der Diaspora für die notleidenden Sunniten in Syrien. c) Von wo werden diese Internetseiten nach Kenntnis der Bundesregierung betrieben, bzw. wo befinden sich die Autorinnen und Autoren? Die Internetseiten werden nach Erkenntnissen der Bundessicherheitsbehörden fast ausnahmslos im Ausland betrieben. d) Inwieweit wurde auf diesen Internetseiten zu Straftaten aufgerufen? Einige Internetseiten enthalten vereinzelt strafrechtliche Inhalte. Diese werden durch die zuständigen Staatsanwaltschaften fortwährend hinsichtlich einer verfolgbaren Strafbarkeit auf relevante Inhalte geprüft (z. B. Werbung für eine terroristische Organisation). 24. Trifft eine Meldung des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ zu, wonach das Bundesamt für Verfassungsschutz von kampferprobten Rückkehrern aus Syrien eine „besondere Gefährdung“ sieht? a) Wenn ja, worin besteht eine solche „besondere Gefährdung“ genau, und woraus speist sich diese Einschätzung? Die Meldung des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ ist zutreffend. Unabhängig davon gehen die Bundessicherheitsbehörden von einer besonderen Gefährdung durch Rückkehrer, die an Kampfhandlungen in Syrien teilgenommen haben, aus. Mit dem Aufenthalt in Syrien und der Kampfbeteiligung vor Ort steigt das Risiko, dass Einzeltäter oder Personen mit bestehender Anbindung an eine islamistische Gruppierung in Syrien nach ihrer Rückkehr nach Deutschland Anschlagsplanungen verfolgen könnten. So wurden in der Vergangenheit zumindest in Einzelfällen Anschlagsplanungen von Islamisten nach ihrer Rückkehr aus Jihad-Gebieten festgestellt (z. B. bei den Mitgliedern der sogenannten Sauerland-Gruppe). Erschwerend kommt hinzu, dass zumindest ein Teil der Rückkehrer ideologisch weiter radikalisiert, in ihrer jihadistischen Grundhaltung gefestigt, in Nahkampftechniken oder im Umgang mit Waffen und Sprengstoff unterrichtet und geschult worden sein könnten. Gleiches gilt für die Verwendung konspirativer Kommunikationsmittel und -wege. Zudem können während des Aufenthaltes in Konfliktgebieten möglicherweise länderübergreifende Kontakte zu Gleichgesinnten geknüpft werden, die zu einer grenzüberschreitenden Gefährdung führen können. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/147 b) Wenn ja, mit welchen Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung, einer solchen „Gefährdung“ entgegenzutreten? c) Inwieweit sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer besonderen psychologischen Betreuung von nach Deutschland zurückkehrenden Teilnehmern am bewaffneten Kampf in Syrien? Durch die Bundessicherheitsbehörden werden alle polizeilichen und nachrichtendienstlichen Mittel ausgeschöpft, die nach den jeweiligen rechtlichen Voraussetzungen möglich sind. Die steigende Zahl von Anfragen an die Beratungsstelle Radikalisierung im BAMF zeigt, dass ein dringender, stetig ansteigender Bedarf an kompetenter Beratung für Angehörige sich radikalsierender Muslime besteht. Bisher wurden in über 160 Fällen Angehörige beraten und betreut. Die Anfragen an die Beratungsstelle beinhalten vermehrt die geplante oder bereits erfolgte Ausreise nach Syrien. Es bleibt abzuwarten, ob zukünftig auch im Hinblick auf Rückkehrer bzw. deren Angehörige ein Beratungsbedarf besteht. Ferner gibt es eine Vielzahl von Projekten, die der Islamismusprävention und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit dienen; diese liegen im Zuständigkeitsbereich der Länder und Kommunen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333