Deutscher Bundestag Drucksache 18/1532 18. Wahlperiode 26.05.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Peter Meiwald, Steffi Lemke, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/1388 – Renaturierung und Aufforstung Fliegerhorst Schortens/Upjever Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Fliegerhorst am Standort Schortens/Upjever in Niedersachsen wurde in den Jahren 1935 bis 1936 im Staatsforst Upjever angelegt und ab dem Jahr 1951 durch die dort stationierte Royal Air Force vergrößert. Zehn Jahre später erfolgte die Übergabe an die Bundeswehr. Im Zuge der Bundeswehrreform wurde der Fliegerhorst Upjever Ende September 2013 geschlossen und mit der Umstrukturierung des Standortes begonnen. Derzeit ist u. a. das Objektschutzregiment der Luftwaffe „Friesland“ am Standort Schortens/Upjever stationiert. Der Standort soll entsprechend des Stationierungskonzepts der Bundeswehr von Oktober 2011 von 1 630 auf dann 2 050 Dienstposten aufwachsen und künftig u. a. Teile der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung beheimaten. Ein nachhaltiges Nachnutzungs- oder Renaturierungskonzept scheint für das rund 110 Hektar große Areal der nicht mehr benötigten Start- und Landebahn im Osten des Flughafens nicht vorzuliegen. Diese soll möglicherweise als Fläche für Sprengübungen zur Verfügung stehen, wie der ehemalige Bundesminister der Verteidigung, Thomas de Maizière, im Jahr 2013 angekündigt hatte (Jeversches Wochenblatt vom 23. August 2013 „Frevel an der Natur rückgängig machen“). Daneben ist die alte Tankanlage für Kerosin noch in Betrieb, die mittels einer Pipeline den cirka 15 km entfernten Flugplatz Wittmundhafen der Taktischen Luftwaffengruppe „Richthofen“ (ehemals Jagdgeschwader 71 „Richthofen“) mit Flugbenzin versorgt. Diese schon in die Jahre gekommene Anlage in Upjever steht nach Information der Fragesteller ausgerechnet in einem Vorranggebiet zur Grundwasserneubildung. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 22. Mai 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. In der Kleinen Anfrage werden unterschiedliche Bezeichnungen des Standorts bzw. der Liegenschaft verwendet. Richtig sind die Standortbezeichnung „Schortens “ und die Liegenschaftsbezeichnung „Flugplatz Jever (NATO)“ am Standort Schortens. Diese Bezeichnungen liegen den nachfolgenden Antworten zugrunde . Drucksache 18/1532 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. In welcher Form führt die Bundesregierung die militärische Entwidmung des Flugplatzes Schortens/Upjever oder eines Teilbereiches der Liegenschaft durch, und seit wann liegt eine Bestätigung der vom Kommando Luftwaffe beantragten Entwidmung des Fliegerhorstes vor? Mit Einstellung des militärischen Flugbetriebs zum 30. September 2013 besteht kein militärischer Bedarf mehr an einer flugbetrieblichen Nutzung der Liegenschaft . Das Kommando Luftwaffe hat mit Schreiben vom 3. Mai 2013 die Entwidmung des Flugplatzes Jever (NATO) beantragt. Das Entwidmungsverfahren wurde durch das hierfür zuständige Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr eingeleitet. Nach Abschluss aller erforderlichen Maßnahmen wird von dort die Entwidmung des Flugplatzes Jever (NATO) verfügt. Die Gemeinden innerhalb des Bauschutzbereiches des Flugplatzes sowie alle angrenzenden Gemeinden und betroffenen Kreise und Bezirke werden hierüber informiert und gebeten, die Entwidmung sowie die damit verbundene Aufhebung des Bauschutzbereiches öffentlich bekanntzumachen. 2. Wenn die militärische Entwidmung des Flugplatzes Schortens/Upjever oder einer Teilfläche der Liegenschaft noch nicht abgeschlossen ist, wann wird diese nach derzeitigem Planungsstand der Bundesregierung abgeschlossen sein? Nach derzeitigem Planungsstand ist mit dem Abschluss des Entwidmungsverfahrens bis Ende Mai 2014 zu rechnen. 3. Inwiefern ist für die geplante Stationierung von Teilen der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung der Erhalt der Start- und Landebahn bzw. eine weitere Infrastruktur für den Flugbetrieb nötig und vorgesehen ? Am Standort Schortens ist keine Stationierung von Teilen der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) vorgesehen. 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich der Kontaminationen durch Umweltgifte und militärische Altlasten am Standort Schortens /Upjever, aufgrund der Nutzung durch die Royal Air Force, die Luftwaffe der Bundeswehr sowie die Firma BAE Systems, die im Auftrag der Bundeswehr auf dem Fliegerhorst Upjever tätig waren? Auf dem Flugplatz Jever (NATO) wurden im Rahmen des Altlastenprogramms der Bundeswehr acht Kontaminationsverdachtsflächen (KVF) erfasst. Diese sind: KVF 23E 044 Flakhügel KVF 22/01 Hundeübungsplatz südl. Geb. 45 KVF 22/02 Fläche westl. Geb. 178/180 KVF 22/04 Ehem. Eisenbahnkesselwagenstation KVF 22/06 Ehem. Altöllager bei Geb. 84/85/86/218 KVF FFT 1 Flugfeldbetankungsplatz 1 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1532 KVF FFT 2 Flugfeldbetankungsplatz 2 KVF FFT 3 Flugfeldbetankungsplatz 3 Bei den erfassten KVF wurden im Wesentlichen Kontaminationen durch Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) festgestellt. 5. Besteht nach Kenntnis der Bundesregierung ein Konzept zur Dekontamination von Altlasten am Standort Schortens/Upjever, und was beinhaltet dieses (bitte detailliert aufschlüsseln und mit Zeitangaben und voraussichtlichen Kosten für die Durchführung angeben)? Das Altlastenprogramm der Bundeswehr und die darauf basierenden Arbeitshilfen Boden- und Grundwasserschutz (AH BoGwS), die im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und des BMVg herausgegeben werden, stellen die konzeptionelle Grundlage zur dreiphasigen Kontaminationsbearbeitung dar. Demnach wird jede KVF zunächst in der Phase I erfasst und bewertet. Besteht der Kontaminationsverdacht fort, werden in der Phase II Untersuchungen durchgeführt. Ist eine Gefahr nachgewiesen, erfolgt in der Phase III die Sanierungsplanung, -durchführung sowie die Nachsorge. Für die KVF 22/01, 22/02, 22/04 und 22/06 wurden im Rahmen der Phase II orientierende Untersuchungen durchgeführt . Aufgrund der Ergebnisse dieser Untersuchungen besteht zunächst ein weiterer Untersuchungsbedarf. Im Bereich der KVF FFT1, FFT2 und FFT3 wurde aufgrund der Ergebnisse der Phase II dementsprechend eine Sanierung im Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2006 durchgeführt. Die Kosten für die Sanierung beliefen sich auf 250 000 Euro. Für die KVF 23E 044 wurde als Ergebnis der Phase II ebenfalls ein Sanierungsbedarf festgestellt. Der Zeitpunkt zur Umsetzung der entsprechenden Maßnahme ist derzeit noch offen, die erforderlichen Haushaltsmittel sind noch nicht abschließend ermittelt. 6. Welche Liegenschaften und Flächen des Standortes Schortens/Upjever werden noch, bzw. sollen auch zukünftig durch die Bundeswehr genutzt werden (bitte mit Verwendungszwecken einzeln auflisten)? Nach derzeitigem Planungsstand verbleibt die gesamte Liegenschaft in der militärischen Nutzung. Am Standort Schortens dient die Liegenschaft Flugplatz Jever (NATO) gemäß Stationierungsentscheidung vom Oktober 2011 zukünftig der Stationierung folgender Dienststellen mit unterschiedlichem Auftrag: ● Objektschutzregiment der Luftwaffe „Friesland“, ● Führungsunterstützungsbereich der Luftwaffe mit den IT-Sektoren 1 und 2 sowie ● Sanitätsversorgungszentrum Schortens. 7. Welche Liegenschaften und Flächen des Standortes Schortens/Upjever werden nach Kenntnis der Bundesregierung nicht mehr durch die Bundeswehr genutzt oder werden aufgegeben? Derzeit sind weder Teil- noch Komplettabgaben von Liegenschaften der Bundeswehr am Standort Schortens geplant. Drucksache 18/1532 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Liegt nach Kenntnis der Bundesregierung ein Nachnutzungskonzept für die nicht mehr benötigten Liegenschaften und Flächen am Standort Schortens /Upjever vor, und wenn ja, was beinhaltet dieses? a) Gehört dazu ein ökologisch und naturschutzfachlich nachhaltiger Renaturierungs - und Wiederaufforstungsplan? b) Wenn nein, warum wurde kein Nachnutzungskonzept erstellt, und befindet sich eines in Planung? Auf die Antwort zu den Fragen 6 und 7 wird verwiesen. 9. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Renaturierung und Ausdehnung des Waldgebietes einen Beitrag zur Erhöhung der biologischen Vielfalt leisten kann? Eine naturschutzfachlich geplante Renaturierung stellt einen Beitrag zur Erhöhung der biologischen Vielfalt dar. Eine Ausdehnung des Waldgebietes kann einen entsprechenden Beitrag darstellen . 10. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Ausdehnung des Waldgebietes ein Instrument zur Wiedervernässung ist, ein geschlossener Wald die Filterwirkung für Grundwasser erhöht und ein wichtiges Instrument zur Renaturierung von Ökosystemen ist? Aufforstungsmaßnahmen auf der Liegenschaft stellen ein nur wenig geeignetes Instrument zur Wiedervernässung dar. Unabhängig davon stehen die Filterfunktion des Waldes sowie dessen hohe ökologische Wertigkeit außer Zweifel. 11. Inwieweit sind der Bundesregierung Verunreinigung durch die Tankanlage für Kerosin am Standort Upjever bekannt, und wenn ja, wann ereigneten sich die Verunreinigungen, was wurde in welchem Umfang kontaminiert , und was wurde gegen die Kontamination unternommen? Die Tankanlage für Kerosin am Standort Schortens umfasste die Flugfeldbetankungsplätze 1 bis 3. Die Verunreinigungen des Flugfeldbetankungsplatzes 1 ereigneten sich in den Jahren 1972 (Leckage: ca. 20 000 Liter) und 1975 (Leckage: ca. 400 Liter). Bei den Flugfeldbetankungsplätzen 2 und 3 gab es Handhabungs- und Abtropfverluste im Verlauf der früheren Nutzungsdauer. Im Bereich der Flugfeldbetankungsplätze wurden dementsprechend Verunreinigungen des Untergrundes festgestellt (KVF FFT1, FFT2 und FFT3). Die Kontaminationen wurden bereits saniert (siehe Antwort zu Frage 5). 12. Inwieweit geht aus umweltschutzfachlicher Sicht eine Gefährdung für das Vorranggebiet zur Grundwasserneubildung von der genannten Tankanlage aus? Wenn ja, was ist aus umweltschutzfachlicher Sicht empfehlenswert, um eine Gefährdung für das Vorranggebiet zur Grundwasserneubildung auszuschließen ? Bei bestimmungsgemäßem und vorschriftenkonformem Betrieb der Tankanlage besteht für die Schutzgüter Boden und Grundwasser keine Gefährdung. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1532 13. Inwieweit plant die Bundesregierung, die Tankanlage in Upjever zu schließen und direkt am Standort Wittmundhafen eine entsprechende Anlage zu errichten? Die Tankanlage am Standort Schortens hat den Zweck, Flugkraftstoff aus Eisenbahnkesselwagen zu entnehmen und mittels einer bundeswehreigenen Pipeline die Tankanlage des NATO-Flugplatzes Wittmundhafen zu versorgen. Die Pumpstation am Standort Schortens ist auch langfristig für die Versorgung des NATOFlugplatzes Wittmundhafen erforderlich. Darüber hinaus ist weder geplant, die Tankanlage zu schließen, noch am Standort Wittmund eine neue Anlage zu errichten. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333