Deutscher Bundestag Drucksache 18/1550 18. Wahlperiode 23.05.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1363 – Bundeswehrübung „Standhafter Bär“ Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundeswehr will ab diesem Jahr alle zwei Jahre eine Übung mit dem Titel „Standhafter Bär“ durchführen. Es handelt sich dabei um eine „Bundesländer übergreifende Übungsserie des Kommandos Territoriale Aufgaben“ („Standhafter Bär“ – Eine Übungsserie für die Landeskommandos“, www.kommando. streitkraeftebasis.de vom 28. Februar 2014, Abruf am 22. April 2014), das seine Übungsleitung im Gefechtssimulationszentrum des Heeres in Wildflecken einrichten soll. Dabei seien Fähigkeiten „wie zum Beispiel Planung, Koordination und Praxis im Katastrophenschutz, territoriale Aufgaben und bei der Unterstützung durch zivile Dienststellen“ gefordert. Als „Übungskernzeitraum“ wird der Monat November genannt, erste Vorbereitungen finden aber bereits jetzt statt. So haben sich nach Informationen von „Lausitznews“ sächsische Soldaten und Reservisten unter dem Titel „Standhafte Sachsen“ auf den „Standhaften Bären“ vorbereitet. Ziel der Übung sei es, „zu Beginn ein einheitliches Meldewesen zu erarbeiten“. Die Übung soll alternierend zur LÜKEX-Übung (LÜKEX: Länderübergreifende Krisenmanagementübung) stattfinden, bei der ebenfalls die Bundeswehr beteiligt ist. Die Rolle der Bundeswehr als innenpolitischer Faktor wird damit weiter ausgebaut, wie auch ihre Bedeutung im Katastrophenschutz. Dabei ist der Begriff „Katastrophe“ nicht definiert. Aus früheren Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen wissen die Fragesteller, dass sie auch Szenarien wie Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen als potenzielle Anlässe für solche Bundeswehreinsätze insbesondere der ZMZ-Kommandos (ZMZ: Zivil-Militärische Zusammenarbeit) sieht (Bundestagsdrucksache 16/13970). Unabhängig davon halten die Fragesteller die Stärkung des Militärs im Katastrophenschutz für eine gefährliche Entwicklung, da weder die Zweckmäßigkeit noch die rasche und jederzeitige Verfügbarkeit der Kapazitäten zur Bewältigung von Katastrophensituationen gewährleistet sind. Statt einer Stärkung des Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 22. Mai 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. militärischen Faktors wäre aus ihrer Sicht daher die Stärkung ziviler Fähigkeiten und Organisationen notwendig. Drucksache 18/1550 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Hilfe- und Unterstützungsleistungen der Bundeswehr erfolgen u. a. zur Katastrophenhilfe im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit der Bundeswehr auf der Grundlage und im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Der Rechtsrahmen begrenzt mögliche Hilfe- und Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Wege der Amtshilfe nicht auf den Bereich der Katastrophenhilfe . Er lässt u. a. auch Hilfeleistungen der Bundeswehr für jeweils zuständige Polizeibehörden auf deren Antrag zu, z. B. bei Großveranstaltungen. Die originäre Zuständigkeit der Länder für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bleibt dabei gewahrt, so dass stets nur subsidiäre Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Einzelfall erfolgen. In der vorliegenden Anfrage enthaltene Aussagen, dass Arbeitsniederlegungen oder Demonstrationen als potenzielle Anlässe für Einsätze der Bundeswehr im Innern gelten, weist die Bundesregierung daher entschieden zurück. 1. Wann genau soll die Übung stattfinden? Die Übung findet als computergestützte Simulationsübung vom 9. bis 11. November 2014 statt. Ihr vorgeschaltet ist eine Phase zur Vorbereitung von Januar 2014 bis September 2014. 2. Was genau soll Inhalt der Übung sein (bitte Szenarien bzw. Lagen und vorgesehene Handlungsstränge ziviler und militärischer Akteure vollständig darlegen)? Die Übung dient der Verbesserung der internen Verfahren der Bundeswehr zur Unterstützung von zivilen, mit Aufgaben des Katastrophenschutzes befassten Behörden auf Ebene der Länder und Kommunen mit dem Szenario einer angenommenen Hochwasserkatastrophe. 3. Worin besteht das Grundszenario? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 4. Bis wann soll das „Drehbuch“ erstellt worden sein, und welche Szenarien, Lagen und Handlungsabläufe sind bislang darin enthalten (bitte ggf. nach Bundesländern getrennt darstellen)? Das Erstellen der Übungsunterlagen soll bis Ende September 2014 abgeschlossen werden. Derzeit ist das zugrunde liegende Wetterszenario finalisiert. 5. In welchen Bundesländern soll die Übung stattfinden? Die Übung findet szenarisch in den Bundesländern Bayern, Hessen und Rheinland -Pfalz statt. 6. Handelt es sich um eine reine Simulation oder sind auch praktische Übungen vorgesehen, und wenn ja, welche? Es ist eine computergestützte Übung. Praktische Anteile sind nicht vorgesehen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1550 7. Welches Gerät und welche Fahrzeuge sollen seitens der Bundeswehr (real oder simuliert) eingesetzt werden? In der computergestützten Übung werden Fahrzeuge für Personen- und Materialtransporte sowie für die Katastrophenhilfe geeignetes Gerät wie z. B. Pioniergerät und Transporthubschrauber der Bundeswehr simuliert. Lediglich im Rahmen der Realversorgung des an der Übung beteiligten Personals werden Fahrzeuge für Personen- und Materialtransport eingesetzt. 8. Wie viele Soldatinnen und Soldaten sollen sich (real bzw. simuliert) an der Übung beteiligen? An der computergestützten Übung sollen real bis zu 500 Soldatinnen und Soldaten teilnehmen, im simulierten Szenario werden ca. 15 000 Soldatinnen und Soldaten angenommen. a) Welche Rolle soll dabei Reservistinnen und Reservisten zukommen, und inwiefern können bereits Angaben über deren zahlenmäßige Beteiligung gemacht werden? b) Welche Rolle soll dabei den Kreis- und Bezirksverbindungskommandos der ZMZ-Strukturen zukommen? c) Welche Rolle soll dabei den Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien zukommen? Die Fragen 8a bis 8c werden im Zusammenhang beantwortet. Reservistendienstleistende sind in den Lagezentren der übenden Landeskommandos als Personalverstärkung und im Rahmen der Übungssteuerung zur Unterstützung vorgesehen. Angaben über die Anzahl der im Verlauf der Übung teilnehmenden Reservistendienstleistenden liegen der Bundesregierung derzeit noch nicht vor. Die Kreis- und Bezirksverbindungskommandos der Bundeswehr sind im Rahmen der Übungsvorbereitung und -steuerung beteiligt. Die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSU-Kompanien) sind innerhalb der Computersimulation wie alle anderen Kräfte der Bundeswehr für angefragte Hilfeleistungen verfügbar. 9. Die Beteiligung welcher nichtmilitärischer Katastrophenschutz- bzw. Rettungskräfte ist vorgesehen? In der Simulation werden auch Kräfte des Technischen Hilfswerks und kommunaler Feuerwehren und Rettungsdienste abgebildet sein. 10. Die Beteiligung welcher ziviler Behörden ist vorgesehen? Gegenwärtig ist die Teilnahme von Vertretern der Innenministerien der Länder Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz sowie des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und des Technischen Hilfswerks vorgesehen. Drucksache 18/1550 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Ist auch die Beteiligung von Unternehmen oder Nichtregierungsorganisationen vorgesehen, und wenn ja, welcher und mit welchem spezifischen Beitrag? Eine Beteiligung von Unternehmen oder Nichtregierungsorganisationen ist derzeit nicht vorgesehen. 12. Inwiefern werden nach Auffassung der Bundesregierung zur Bewältigung einer Katastrophe Feldjägerkräfte benötigt, und inwiefern wird dies in der Übung abgebildet? Feldjäger können wie alle anderen Kräfte der Bundeswehr subsidiär im Rahmen der Hilfe- und Unterstützungsleistungen durch die Bundeswehr eingesetzt werden . Während der Übung erfolgt der Einsatz von Feldjägern nur in der Simulation , dort z. B. zur Begleitung militärischer Fahrzeugkolonnen. 13. Wie ist die Aussage (im in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierten Artikel auf www.kommando.streitkraeftebasis.de) zu verstehen, die Bezirks - und Kreisverbindungskommandos befänden „sich jetzt schon in einer schwierigen Übungsphase“? a) In welcher Übungsphase befinden sie sich derzeit bzw. befanden sie sich zum Zeitpunkt der Äußerung? b) Inwiefern ist diese „schwierig“? Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung befanden sich die Bezirks- und Kreisverbindungskommandos der Bundeswehr in der Phase zur Vorbereitung von Übungsunterlagen. Die angesprochene Schwierigkeit ergibt sich hiesigen Erachtens aus der Komplexität des anspruchvollen Themas der Übung, der Interaktion von zivilen und militärischen Akteuren sowie der angestrebten größtmöglichen Wirklichkeitsnähe . 14. Welche Fähigkeiten „bei der Unterstützung durch zivile Dienststellen“ sind nach Auffassung der Bundeswehr gefordert, und warum sollte es überhaupt eine Unterstützung der Bundeswehr durch zivile Dienststellen geben? Die genannte Textstelle wurde unbeabsichtigt falsch formuliert. Gemeint ist „bei der Unterstützung von zivilen Dienststellen“. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 15. Welche Fähigkeiten genau sollen hinsichtlich der „territorialen Aufgaben“ gestärkt werden? Die Übung soll die Handlungssicherheit in den bundeswehrinternen Entscheidungs - und Verfahrensabläufen im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit stärken. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1550 16. Welche konkreten Erfahrungen geben nach Kenntnis der Bundesregierung Anlass, die „Beratungsleistungen der Bundeswehr insbesondere der militärischen Verbindungselemente (Bezirks- und Kreisverbindungskommandos )“ weiter zu verstärken, und wie soll dies umgesetzt werden („ZivilMilitärische Zusammenarbeit zum Schutz der Bevölkerung“, www.bbk. bund.de)? Erfahrungen aus Hilfe- und Unterstützungsleistungen der Bundeswehr bei vergangenen Naturkatastrophen, wie z. B. das Hochwasser an Donau und Elbe im Jahr 2013, haben gezeigt, dass die Zusammenarbeit von zivilen Behörden und der Bundeswehr im Rahmen des Katastrophenschutzes stets weiter verbessert werden kann. Eine solche Verbesserung wird bundeswehrseitig u. a. durch eine verstärkte Ausbildung und Übung der Landeskommandos und der Bezirks- und Kreisverbindungskommandos angestrebt. 17. Inwiefern soll die Übung „Standhafter Bär“ mit der LÜKEX-Übung abgestimmt werden, und was sind aus Sicht der Bundesregierung die wesentlichen Unterschiede zwischen diesen Übungen? Bei der Übung LÜKEX (LÜKEX: Länderübergreifende Krisenmanagementübung ) handelt es sich um eine Iänder- und ressortübergreifende Übung auf politisch-strategischer Ebene. Die Übung „Standhafter Bär“ ist eine bundeswehrinterne Übung zur Verbesserung der Entscheidungs- und Verfahrensprozesse. Beide Übungen sind dabei z. B. hinsichtlich der Auswahl der teilnehmenden Landeskommandos aufeinander abgestimmt. 18. Beschränkt sich das Übungsszenario ausschließlich auf solche militärischen Kompetenzen, Fähigkeiten und von der Bundeswehr vorgehaltenes Gerät sowie Material, das im Katastrophenfall garantiert zur Verfügung steht und nicht womöglich im Auslandseinsatz ist? Die Bundeswehr leistet bei der Bewältigung von Katastrophen- und Schadenslagen im Inland ihren subsidiären Beitrag mit den im Eintrittsfall verfügbaren Fähigkeiten. Für das Übungsszenario werden die strukturell abgebildeten Fähigkeiten der Bundeswehr als verfügbar zugrunde gelegt. 19. Wer hat sich die Bezeichnung „Standhafter Bär“ ausgedacht, und was soll damit zum Ausdruck gebracht werden? Die Bezeichnung wurde im Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr in Berlin entwickelt. Der „Bär“ greift dabei das Wappentier von Berlin auf. Der Begriff „standhaft“ steht für die Bereitschaft, übertragene Aufgaben im Rahmen der Bewältigung einer Katastrophen- und Schadenslage auch unter schwierigen Bedingungen zu meistern. 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