Deutscher Bundestag Drucksache 18/1555 18. Wahlperiode 27.05.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Tabea Rößner, Ulle Schauws, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/1376 – Ausschüttungspraxis der Verwertungsgesellschaften VG WORT, GEMA und VG Bild-Kunst an Verleger Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Verwertungsgesellschaft WORT (VG WORT) ist Treuhänderin von Urheberberechtigten . Sie nimmt für Urheberinnen und Urheber deren Urheberrechte gegenüber Nutzerinnen und Nutzern wahr und schüttet die Erlöse aus der Rechtswahrnehmung an diese aus. Die VG WORT verteilt derzeit nach ihren Verteilungsplänen das Aufkommen aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen der Urheberinnen und Urheber (insbesondere aus der Gerätevergütung) zur Hälfte auch an die Verlegerinnen und Verleger der Urheberinnen und Urheber . Die Verlegerinnen und Verleger werden ohne weiteren Rechtenachweis am Aufkommen aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt. Die VG WORT verlangt von den Verlegerinnen und Verlegern nicht, dass sie durch Einzelmeldungen erklären, Inhaberin bzw. Inhaber gesetzlicher Vergütungsansprüche an konkreten Werken zu sein. Auch die GEMA – Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte und die VG Bild-Kunst verteilen die Erlöse aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen zu einem erheblichen Teil an Verlegerinnen und Verleger. Auch diese Verwertungsgesellschaften schütten an Verlegerinnen und Verleger aus, ohne von diesen gesetzliche Vergütungsansprüche zur Wahrnehmung erworben zu haben. Diese Praxis ist vor dem Hintergrund der Rechtslage und Rechtsprechung zweifelhaft. Nach § 63a des Urhebergesetzes (UrhG) sind die gesetzlichen Vergütungsansprüche der Urheberin bzw. des Urhebers unverzichtbar. Ansprüche können zwar im Voraus unter bestimmten Umständen an Verlegerinnen und Verleger abgetreten werden, aber eine solche Abtretung darf nicht bezwecken, dass den Verlegerinnen und Verlegern die Erlöse ganz oder teilweise zukommen . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 22. Mai 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem „Bandübernahme“- Urteil vom 10. Dezember 1996 (1 BvR 1858/96, ZUM 1997, 555) entschieden, dass nur derjenige einen Anteil an den Ausschüttungen einer Verwertungsgesellschaft erhalten darf, der bei ihr Rechte eingebracht hat. Ebenso hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass eine Verwertungsgesellschaft auf- Drucksache 18/1555 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode grund ihrer treuhänderischen Bindung im Interesse aller Berechtigten gehalten ist, das Vergütungsaufkommen möglichst leistungsgerecht auszuschütten (BGH GRUR 2005, 757/759 – PRO-Verfahren; BGH GRUR 2013 375 Tz. 22 – Missbrauch des Verteilungsplans). Eine Verwertungsgesellschaft ist im Interesse der anderen Berechtigten verpflichtet, unzureichend belegte Meldungen zurückzuweisen und gegebenenfalls auf einem vollen Nachweis der Voraussetzungen des Anspruchs auf Beteiligung am Vergütungsaufkommen zu bestehen (BGH GRUR 2004, 767/768 f. – Verteilung des Vergütungsaufkommens; BGH GRUR 2013, 375 Tz. 30 – Missbrauchs des Verteilungsplans). Sie ist verpflichtet, die Anspruchstellerin bzw. den Anspruchsteller im Zweifelsfall auf den Gerichtsweg zu verweisen (vgl. BGH GRUR 2013, 375 Tz. 30 – Missbrauch des Verteilungsplans BGH GRUR 2002, 332/334 – Klausurerfordernis). Zudem hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem „Luksan“-Urteil vom 9. Februar 2012 (C-277/10, GRUR 2012, 489 Tz. 100 ff.) entschieden, dass Urheberinnen und Urheber auf den ihnen zustehenden gerechten Ausgleich für die Gestattung erlaubnisfreier Privatkopien (in Deutschland ist dies der gesetzliche Vergütungsanspruch aus der Geräteabgabe) nicht verzichten können und dass sie den Ausgleich „unbedingt“ erhalten müssen. Der EuGH hat des Weiteren in seinem Urteil „Amazon ./. Austro Mechana“ vom 11. Juli 2013 (C-521/11, GRUR 2013, 1025 Tz. 48, 53 ff.) das „Luksan“- Urteil bestätigt und ausgeführt, dass der Anspruch der Urheberinnen und Urheber aus dem gerechten Ausgleich (in Deutschland ist dies der Anspruch auf die Beteiligung an der Geräteabgabe) unverzichtbar ist. Ein Mitgliedstaat der Europäischen Union darf nach diesem Urteil lediglich vorsehen, dass der gerechte Ausgleich den Urheberinnen und Urhebern mittelbar zugutekommt, d. h. auf dem Weg über soziale Einrichtungen, die zu ihren Gunsten geschaffen worden sind. Zuletzt hat der EuGH in seinem Urteil vom 10. April 2014 in der Sache ACI Adam BV u. a. gegen Stichting de Thuiskopie u. a. (C-435/12 Rn. 50) erneut bekräftigt, dass der gerechte Ausgleich den Urheberinnen und Urhebern zustehen muss. In Deutschland haben das Landgericht (LG) München (Urteil v. 24. Mai 2012 – 7 O 28640/11, ZUM-RD 2012, 410) und das Oberlandesgericht (OLG) München (Urteil v. 17. Oktober 2013 – 6 U 2492/12, GRUR 2014, 272 – Verlegeranteil , Revisionsverfahren anhängig) übereinstimmend die Verteilung der VG WORT als rechtswidrig, weil willkürlich, erachtet. Ungeachtet der dargestellten Rechtslage, insbesondere auch der Urteile des EuGH und der Urteile des LG und des OLG München, verteilt die VG WORT das Aufkommen aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen der Urheberinnen und Urheber weiter unter Beteiligung der Verlegerinnen und Verleger. Sie schüttet zwar seit dem Jahr 2013 nur noch unter Rückforderungsvorbehalt aus. Es ist aber aus verwaltungstechnischen Gründen höchst zweifelhaft, ob die Rückforderung der über mehrere Jahre unrechtmäßig erfolgten Ausschüttungen an die Verlegerinnen und Verleger realisierbar ist und danach die Einkünfte aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen ordnungsgemäß neu verteilt werden können. Trotz der eindeutigen Rechtslage hat das Deutsche Patent- und Markenamt als Aufsichtsbehörde über die Verwertungsgesellschaften die Verteilungspraxis der VG WORT und ebenso der VG Bild-Kunst und der GEMA nicht beanstandet . Das Deutsche Patent- und Markenamt hat zudem als Aufsichtsbehörde die Vorschrift des § 6 der Verteilungspläne der VG WORT gebilligt, nach dem bei fehlerhafter Verteilung eine nachträgliche Korrektur möglich sein soll, obwohl diese den Schaden der Urheberinnen und Urheber allenfalls zu einem Bruchteil ausgleichen könnte. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ist hinsichtlich des Unterlassens des Deutschen Patent- und Markenamts, seine Aufsichtsfunktion wahrzunehmen, untätig geblieben. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1555 1. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass nach deutschem UrhG und nach dem relevanten Unionsrecht Verleger gesetzliche Vergütungsansprüche nicht originär erwerben und sich solche Ansprüche auch nicht zur eigennützigen Wahrnehmung von Urheberinnen und Urhebern abtreten lassen können? Mit Ausnahme von Presseverlegern steht Verlegern nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz (UrhG) kein eigenes Leistungsschutzrecht zu. Sie können daher auch nicht originäre Inhaber von gesetzlichen Vergütungsansprüchen sein. Verleger können aber Inhaber abgeleiteter Rechte und Ansprüche sein. Die Abtretbarkeit gesetzlicher Vergütungsansprüche regelt § 63 Satz 2 UrhG. Derartige Vergütungsansprüche können im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden oder – so die Ergänzung des Satzes 2 durch das Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2513) – zusammen mit der Einräumung des Verlagsrechts an den Verleger, wenn dieser sie durch eine Verwertungsgesellschaft wahrnehmen lässt, die Rechte von Verlegern und Urhebern gemeinsam wahrnimmt. 2. Stimmt die Bundesregierung darin überein, dass eine Verwertungsgesellschaft (insbesondere vor dem Hintergrund der o. g. Rechtsprechung) rechtswidrig handelt, wenn sie das Aufkommen aus der Wahrnehmung der gesetzlichen Vergütungsansprüche der Urheberinnen und Urheber an Dritte ausschütten darf, die bei ihr in keiner Weise formal Rechte an konkreten Werken eingebracht haben, erst recht nicht an solche Dritte, die der Verwertungsgesellschaft gegenüber nicht einmal behauptet haben, Inhaberin bzw. Inhaber von gesetzlichen Vergütungsansprüchen zu sein? Wenn nein, warum nicht? 3. Stimmt die Bundesregierung darin überein, dass eine Auslegung des § 63a UrhG im Lichte der vorgenannten EuGH-Rechtsprechung es verbietet, dass gesetzliche Vergütungsansprüche der Urheberinnen und Urheber im Voraus nur zu treuhänderischen Zwecken an Verlegerinnen und Verleger abgetreten werden dürfen, aber jedenfalls eine solche Abtretung nicht bezwecken darf, dass den Verlegerinnen und Verlegern die Erlöse ganz oder teilweise zukommen ? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die angesprochenen Rechtsfragen sind in einem gerichtlichen Verfahren von Dr. Martin Vogel gegen die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) derzeit Gegenstand einer Überprüfung durch den Bundesgerichtshof. Die Bundesregierung hält es nicht für sachdienlich, Spekulationen über den Ausgang des Verfahrens anzustellen. 4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Höhe der Beträge, die die VG WORT, die VG Bild-Kunst und die GEMA seit der Verteilung im Jahr 2004 jährlich aus dem Aufkommen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen an Verlegerinnen und Verleger ausgeschüttet haben? Nach Mitteilung der genannten Verwertungsgesellschaften gegenüber der Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften beim Deutschen Patent- und Markenamt handelt es sich um folgende Beträge: Drucksache 18/1555 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode VG Wort ● 2004: 16 033 232 Euro ● 2005: 19 409 910 Euro ● 2006: 16 468 471 Euro ● 2007: 13 894 864 Euro ● 2008: 14 039 049 Euro ● 2009: 17 530 467 Euro ● 2010: 133 799 172 Euro ● 2011: 35 036 232 Euro ● 2012: 39 393 583 Euro ● 2013: 29 001 439 Euro VG Bild-Kunst ● 2004: Für 2004 waren kurzfristig keine Zahlen zu ermitteln. ● 2005: 4 260 808 Euro ● 2006: 4 841 425 Euro ● 2007: 4 032 457 Euro ● 2008: 3 788 313 Euro ● 2009: 6 422 891 Euro ● 2010: 10 993 722 Euro ● 2011: 7 057 391 Euro ● 2012: 9 502 978 Euro ● 2013: 7 455 523 Euro (Jahresabschluss noch nicht testiert) GEMA Die GEMA hat insgesamt (Urheber- und Verlegeranteil) folgende Beträge aus den Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen ausgeschüttet: ● 2004: 25 400 000 Euro ● 2005: 25 000 000 Euro ● 2006: 26 000 000 Euro ● 2007: 26 200 000 Euro ● 2008: 18 200 000 Euro ● 2009: 4 000 000 Euro ● 2010: 51 800 000 Euro ● 2011: 24 700 000 Euro ● 2012: 20 500 000 Euro In der zur Verfügung stehenden Zeit war der GEMA eine genauere Aufschlüsselung des auf die Verleger entfallenden Anteils nicht vollständig möglich. In den Jahren 2011 und 2012 betrug der Verlegeranteil durchschnittlich 6 600 000 Euro. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1555 5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung in Hinsicht auf die Entscheidungsgrundlage des Deutschen Patent- und Markenamtes, die Praxis der VG WORT, der VG Bild-Kunst und der GEMA, die Verlegerinnen und Verleger an dem Aufkommen aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen zu deren Gunsten zu beteiligen, nicht zu beanstanden, – obwohl die Verlegerinnen und Verleger bei diesen Verwertungsgesellschaften nicht einmal der Form nach gesetzliche Vergütungsansprüche bezogen auf konkrete Werke einbringen, – obwohl im Jahr 2002 § 63a in das UrhG eingefügt wurde, – und obwohl sich aus der Rechtsprechung des EuGH (Urteile v. 9. Februar 2012 und 11. Juli 2013) klar ergibt, dass Urheberinnen und Urheber auf ihren Anspruch aus der Geräteabgabe nicht verzichten können und ihren Anteil an dieser Vergütung unbedingt erhalten müssen? Die Frage unterstellt, dass Verleger in keinem Fall vom Urheber abgeleitete Rechte und Ansprüche in die genannten Verwertungsgesellschaften eingebracht haben. Diese Einschätzung wird von der Bundesregierung nicht geteilt. Hierzu sei auf das oben genannte Urteil des Oberlandesgerichts München im Verfahren von Dr. Martin Vogel gegen die VG Wort (Urteil vom 17. Oktober 2013 – 6 U 2492/12) verwiesen, das in der Begründung festgestellt hat, dass Verleger bei der Verteilung der Erlöse einer Verwertungsgesellschaft dann berücksichtigt werden können, wenn sie Ansprüche in die Verwertungsgesellschaft eingebracht haben, die ihnen zuvor von Autoren übertragen worden sind. Hinsichtlich der Übertragung gelte der Prioritätsgrundsatz. Im konkreten Fall habe der Kläger vor Abschluss seiner Verlagsverträge allerdings schon alle Ansprüche in die VG Wort eingebracht, so dass die nachfolgende Rechtseinräumung an die Verleger ins Leere gegangen sei und folglich die Verleger ihrerseits keine Rechte in die Verwertungsgesellschaft hätten einbringen können. Aus Sicht der Bundesregierung sind also umgekehrt Fallgestaltungen möglich, in denen Autoren ihre Ansprüche zuerst an ihre Verleger abgetreten haben und damit eine nachfolgende Rechtseinräumung der Autoren an die Verwertungsgesellschaft ins Leere geht. Die Staatsaufsicht hat daher beiden Szenarien Rechnung zu tragen. Ergänzend weist die Bundesregierung in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Landgericht Berlin am 13. Mai 2014 in dem Verfahren 16 O 75/13 die Klage eines Berechtigten der GEMA, in dem es nach Kenntnis der Bundesregierung um die Beteiligung von (Musik-)Verlagen am Vergütungsaufkommen der GEMA auch aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen geht, vollumfänglich abgewiesen hat. Außerdem sei daran erinnert, dass die bereits erwähnte Ergänzung des § 63a Satz 2 UrhG durch das Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 gerade die Fortsetzung der bisherigen Praxis gewährleisten sollte, Verleger auch in Zukunft an den Erträgen der VG Wort angemessen zu beteiligen. Die Bundesregierung verweist insoweit auf die Begründung des Regierungsentwurfs (Bundestagsdrucksache 16/1828, S. 32). Die in Bezug genommene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 9. Februar 2012 (C-277/10 – „Luksan“) bezieht sich auf ausländische Regelungen , die im deutschen Recht keine Entsprechung finden. In der Entscheidung vom 11. Juli 2013 (C-521/11 – „Amazon ./. Austro Mechana“) hat der Europäische Gerichtshof überdies klargestellt, dass es unter bestimmten Voraussetzungen dem Anspruch auf einen gerechten Ausgleich oder der zur Finanzierung dieses Ausgleichs bestimmten Abgabe für Privatkopien nicht entgegensteht, dass die Hälfte des Erlöses dieses Ausgleichs oder dieser Abgabe nicht unmit- telbar an die Bezugsberechtigten ausgezahlt wird. Drucksache 18/1555 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Im Übrigen verweist die Bundesregierung auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3: Die Ausschüttungspraxis der VG Wort, und auch der GEMA, ist Gegenstand gerichtlicher Verfahren. Die in diesen Verfahren zu treffenden rechtskräftigen Entscheidungen bleiben abzuwarten. 6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, aus welchen Gründen das Deutsche Patent- und Markenamt die Vorschrift des § 6 der Verteilungspläne der VG WORT (ebenso § 6 des Verteilungsplans der GEMA) über die Zwischenschaltung eines nachträglichen Korrekturverfahrens bislang nicht beanstandet hat, – obwohl nach der Rechtsprechung des BGH eine Verwertungsgesellschaft die Vergütungen der Berechtigten gemäß § 315 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nach billigem Ermessen festzusetzen und deren Billigkeit zu beweisen hat (BGH-Urteil vom 20. Juli 2010 ENZR 23/09 NJW 2011, 212 Tz. 27 Stromnutzungsentgelt IV; BGH-Urteil vom 15. Mai 2012 ENZR 105/10 NJW 2012, 3092 Tz. 33 ff. – Stromnutzungsentgelt V), – und obwohl der bzw. die Berechtigte nach dem Gebot eines effektiven Rechtsschutzes ohne weitere Voraussetzungen, das heißt ohne Zwischenschaltung eines weiteren Verfahrens, unmittelbar auf Festsetzung der billigen Vergütung nach § 315 Absatz 3 BGB klagen können muss (vgl. BGH-Urteil vom 15. Mai 2012 ENZR 105/10 NJW 2012, 3092 Tz. 22 ff., Stromnutzungsentgelt V)? Die Bestimmung des § 6 des Verteilungsplans der GEMA dient der Rückabwicklung von Verteilungsfehlern. Sie entspricht dem wahrnehmungsrechtlichen Gebot, wonach Verwertungsgesellschaften hinreichend bestimmt festzulegen haben, nach welchen Maßstäben die Einnahmen aus der Wahrnehmung von Urheber - und Leistungsschutzrechten verteilt werden. Aus Sicht der Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften beim Deutschen Patent- und Markenamt begegnet diese Regelung keinen wahrnehmungsrechtlichen Bedenken: Denn stellen sich Verteilungsregelungen der Verwertungsgesellschaften als fehlerhaft heraus, haben die Verwertungsgesellschaften die Ausschüttungen unter Umständen ganz oder teilweise rückabzuwickeln und eine Neuverteilung durchzuführen. Dies sieht als Regelfall auch § 6 des Verteilungsplans der GEMA vor. Nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (UrhWG) besteht aber auch die Verpflichtung der Verwertungsgesellschaften, die Rechte zu angemessenen (wirtschaftlichen) Bedingungen wahrzunehmen, vgl. § 6 Absatz 1 Satz 1 UrhWG. Soweit eine vollständige Rückabwicklung und Neuverteilung daher nicht oder nur mit wirtschaftlich unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, können Aufsichtsrat und Vorstand der GEMA daher einvernehmlich die in § 6 des Verteilungsplans genannten Maßnahmen beschließen . Dabei haben sie das Interesse an einer möglichst vollständigen Erfüllung der jeweiligen Ansprüche und das wirtschaftliche Gebot der Verhältnismäßigkeit abzuwägen. Die im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung des § 6 des Verteilungsplans der VG Wort geht auf eine Anregung der Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften beim Deutschen Patent- und Markenamt zurück. 7. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, welche Maßnahmen das Deutsche Patent- und Markenamt als Aufsichtsbehörde getroffen hat, um sicherzustellen , dass Urheberinnen und Urheber, die durch die fehlerhafte Verteilung der genannten Verwertungsgesellschaften geschädigt worden sind, einen vollen Schadensausgleich erhalten, ohne dass die Berechtigten spä- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1555 terer Ausschüttungen eine Verkürzung der ihnen zustehenden Vergütungen hinnehmen müssen? Die Staatsaufsicht hat nach dem UrhWG darauf zu achten, dass die Verwertungsgesellschaften den ihr nach dem UrhWG obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen. Dazu gehört auch, dass die Verwertungsgesellschaften Vorsorge dafür treffen, dass sie dem Ergebnis letztinstanzlicher Entscheidungen in den über die Beteiligung der Verleger anhängigen Verfahren Rechnung tragen können. 8. Aus welchen Gründen hält es das Deutsche Patent- und Markenamt nach Wissen der Bundesregierung mit dem Treuhandgrundsatz für vereinbar, dass die VG WORT die Geschädigten früherer Fehlverteilungen im Rahmen eines nachträglichen Korrekturverfahrens aus dem Aufkommen (u. a. durch die Bildung von Rückstellungen) entschädigen will, das sie an diejenigen Autorinnen und Autoren ausschütten müsste, denen sie nach Treuhandgrundsätzen (§§ 675, 667, 670 BGB) die Herausgabe der vereinnahmten Vergütungen aus dem aktuellen Geschäftsjahr schuldet? Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 9. Aus welchen Gründen hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nach Wissen der Bundesregierung das vorgenannte Verhalten des Deutschen Patent- und Markenamtes gebilligt bzw. nicht eingegriffen , obwohl der BGH in seiner Entscheidung vom 24. September 2013 in der Sache I ZR 187/12 entschieden hat, dass ein Rechtsirrtum einer Verwertungsgesellschaft nur dann entschuldigt ist, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte? Es wird insgesamt auf die Antwort zu den Fragen 2, 3, 5 bis 8 verwiesen. Die in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. September 2013 betraf die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Verwertungsgesellschaft nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verzug gerät. Diese rein zivilrechtliche Frage ist nicht Gegenstand der Staatsaufsicht , die vielmehr darauf zu achten hat, dass die Verwertungsgesellschaften den ihr nach dem UrhWG obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen . Gesamtherstellung: H. 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