Deutscher Bundestag Drucksache 18/1597 18. Wahlperiode 02.06.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Herbert Behrens, Eva Bulling-Schröter, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1260 – Ökologische Auswirkungen des Tiefseebergbaus Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Erkundungs- und Förderlizenzen für mineralische Rohstoffe des Meeresbodens werden außerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von der Internationalen Meeresbodenbehörde der Vereinten Nationen (IMB) und innerhalb der AWZ vom jeweiligen Nationalstaat erteilt. Polymetallische Knollen (Manganknollen), kobaltreiche Eisen-Mangankrusten (Erdkruste) und hydrothermale Sulfiderze (Massivsulfiderze), die an wärmeaktiven Zonen auf dem Meeresboden (sogenannten Schwarzen Rauchern) vorkommen, sind dabei die wirtschaftlich interessanten Rohstoffe der Tiefsee (vgl. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe – BGR, www.bgr.bund.de/DE/Themen/ MarineRohstoffforschung/Meeresforschung/Tiefseebergbau/tiefseebergbau_ node.html). Im Jahr 2016 laufen die ersten Erkundungslizenzen bei der IMB aus und könnten dann in Abbaurechte umgewandelt werden (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 2. März 2014, „Immer mehr Staaten wollen mitmischen – auch Deutschland“). Seit Juli 2006 lässt Deutschland durch die BGR im deutschen Lizenzgebiet des äquatorialen Nordostpazifiks in der Clarion-Clipperton-Zone südlich von Hawaii auf 75 000 Quadratkilometer Meeresgrund nach Manganknollen suchen. Die Beantragung einer weiteren Explorationslizenz für Massivsulfide im Indischen Ozean südöstlich von Madagaskar bei der IMB läuft derzeit noch (vgl. BGR, a. a. O. und DER SPIEGEL 15/2014, „Glückauf am Meeresgrund“). Auch technische Unterstützung bietet Deutschland für den Tiefseebergbau an. Im Januar 2011 erteilte die Regierung Papua-Neuguineas der Firma Nautilus Minerals Inc. die weltweit erste Lizenz für den Rohstoffabbau in der Tiefsee für die Förderung von Sulfiderzen in einer Tiefe von 1 700 Metern im Gebiet Solwara 1 (Bereich der Bismarcksee). Die Reedereigruppe Harren & Partner Maritime Services GmbH mit Sitz in Bremen ist dabei für den Bau des Spezialschiffes zur Förderung des Sulfids zuständig (vgl. Zeitschrift für Umweltrecht 2/2012, „Staatenverantwortlichkeit und seevölkerrechtliche Haftungsgrundsätze für Umweltschäden durch TiefseeDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 26. Mai 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. bodenbergbau“, Henning Jessen, und Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/ Solwara_1). Der Tiefseebergbau kann sich je nach zu förderndem Rohstoff und der Abbaumethode unterschiedlich auf die Meeresumwelt auswirken. Die beim Ab- Drucksache 18/1597 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bau aufgewirbelten Partikel verteilen sich rund um die Abbaufläche und können dabei bodenlebende Organismen abdecken. Zusätzlich kann es durch Rückleitung des mit den Manganknollen geförderten Transportwassers zu Trübungswolken an der Wasseroberfläche oder in mittleren Wasserschichten kommen . Zudem kommt es „im Zusammenhang mit dem Abbau zu verstärktem Schiffsverkehr und damit einhergehend zu stofflichen und akustischen Emissionen und erhöhten Havarierisiken“ (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, WBGU, 2013, „Hauptgutachten, Welt im Wandel Menschheitserbe Meer“). Da in der Tiefsee aufgrund der niedrigen Temperaturen und der geringeren Nahrungsverfügbarkeit biologische Prozesse sehr langsam ablaufen, ist vor allem die Wiederansiedlung von endemischen Arten besonders schwierig bis unmöglich. „Im Fall der Manganknollen wird durch den Abbau das einzige Hartsubstrat entfernt. Untersuchungen zur Wiederbesiedlung […] haben gezeigt, dass zwar bereits nach wenigen Jahren eine weitgehende Wiederbesiedlung erfolgte, die Artenzusammensetzung aber auch 26 Jahre nach dem Eingriff gegenüber den Referenzflächen verändert war.“ (WBGU 2013). Die Größe der durch den Abbau geschädigten Meeresbodenfläche hängt vom Abbauprodukt ab. So wird bei der Gewinnung von Massivsulfiden „eine vergleichsweise geringe Fläche“, beim Abbau von Manganknollen hingegen eine sehr große Bodenfläche zerstört. (WBGU, 2013; vgl. auch Umweltbundesamt, „Tiefseebergbau und andere Nutzungsarten der Tiefsee. Entwicklung und Anwendung anspruchsvoller Umweltstandards“, 7. Juni 2013) „Unsere Kenntnis der Tiefseearten beruht auf Proben von etwa 250 Quadratmeter Meeresgrund weltweit“ (Gerd Schriever, biolab-Forschungsinstitut, in DER SPIEGEL 15/2014, „Glückauf am Meeresgrund“). Der Internationale Seegerichtshof (ITLOS) hat in einem Gutachten festgehalten , dass sich ein Sponsorstaat (ein Staat, der gebietsbezogene „activities in the area“ sponsort) „seiner seevölkerrechtlichen Verantwortung zur Einhaltung der Umwelt- und Entwicklungsziele von Teil XI, Anlage III UNCLOS […] bewusst sein und diesen Willen auch nach außen durch eine Entscheidung (z. B. mittels eines Gesetzes) eindeutig dokumentieren“ muss. Unter „activities in the area“ versteht die Kammer „insbesondere die Erforschung des Tiefseebodens und den Abbau mineraler Ressourcen vom Tiefseeboden sowie die Überführung abgebauter […] mineraler Ressourcen zur Wasseroberfläche und alle hiermit direkt zusammenhängenden Tätigkeiten. Dazu gehöre auch die Beseitigung bzw. Entsorgung kommerziell nicht nutzbarer Bestandteile der mineralen Ressourcen im Wasser oder auf See.“ Die Weiterbehandlung des Fördergutes an Bord und der Transport über See sind nicht mehr Inhalt der „Tätigkeiten im Gebiet“ (vgl. Zeitschrift für Umweltrecht 2/2012, a. a. O.). 1. Für welche Gebiete hat die Bundesrepublik Deutschland eine Lizenz bei der Internationalen Meeresbodenbehörde (IMB) und/oder einem Nationalstaat für die Erkundung von mineralischen Rohstoffen am Meeresboden? Die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), hat eine Lizenz zur Exploration polymetallischer Knollen (Manganknollen) für zwei Teilgebiete mit insgesamt rund 75 000 km2 im östlichen Nordpazifik. Das westliche Gebiet befindet sich bei 13° N/138° W und das östliche Gebiet bei 12° N/118° W. 2. Für welche Gebiete laufen derzeit Anträge auf eine Erkundungslizenz und/ oder eine Förderlizenz, und welche sind in Planung? Die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die BGR, hat im Dezember 2013 bei der IMB einen Antrag für eine Lizenz zur Exploration von polymetallischen Sulfiden gestellt. Das beantragte Areal liegt im Indischen Ozean zwischen S 21°00 '/E 68°30 ' und S 21°00 '/E 70°00 ' und S 28°45 '/75°10 ' und Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1597 S 30°00 '/E 76°30 '. Vor einer Lizenzvergabe muss allerdings noch eine Einigung mit einem weiteren Antragsteller zu sich überlappenden Antragsarealen erzielt werden. 3. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Förderung von Tiefseeressourcen für die europäische Rohstoffpolitik mittel- und langfristig bei, und gibt es entsprechende Prognosen, die den prozentualen Anteil des Tiefseebergbaus an der zukünftigen Sicherung des europäischen und/oder deutschen Ressourcenbedarfs veranschlagen und durch Datenmaterial konkretisieren ? Marine mineralische Rohstoffe ergänzen landgebundene Vorkommen. Sie können als weitere Quellen zu einer Diversifizierung des Rohstoffbezugs und somit zur Sicherung der Rohstoffversorgung beitragen. Da derzeit weder Beginn noch Umfang eines zukünftigen Tiefseebergbaus durch deutsche bzw. europäische oder ausländische Lizenznehmer erkennbar sind, liegt kein Datenmaterial vor, das eine Abschätzung des prozentualen Anteils des Tiefseebergbaus bei der zukünftigen Versorgung Deutschlands und Europas mit Rohstoffen ermöglichte. Importe von Rohöl und Erdgas werden durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nach dem Herkunftsland und nach der Qualität, nicht aber nach der Region des Herkunftslandes erfasst. Insofern liegen auch hier keine Daten zum Anteil aus Offshore-Produktionen vor. 4. Wenn ja, wie sieht der Anteil des Imports und der Eigenversorgung an mineralischen Rohstoffen (Manganknollen, Massivsulfiderze, Erdkruste), an Gas und an Öl bis zum Jahr 2050 aus? Bezüglich mineralischer Rohstoffe wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Der Anteil des Imports von Rohöl und Erdgas wird wie gegenwärtig bis zum Jahr 2050 hoch sein bei einem gleichzeitig zu erwartenden Rückgang der Eigenversorgung . Dabei entstammen die importierten Mengen an Öl und Gas derzeit und auch künftig aus verschiedenen Quellen, sowohl von Land als auch aus Meeresgebieten. Eine Abschätzung des prozentualen Anteils aus Meeresgebieten ist nicht möglich, da dieser von verschiedensten Faktoren abhängig ist, für die keine verlässliche Datenbasis vorliegt. 5. Was bedeutet das konkret für die Tiefseeaktivitäten der Bundesrepublik Deutschland in den nächsten 30 Jahren? Bergbauunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland haben sich seit Beginn der neunziger Jahre strategisch neu orientiert und aus Bergbauengagements zurückgezogen. Weiterentwickelt wurden aber Bergbautechnologien und Bergbauausrüstungen. Diese Tendenz zeichnet sich auch beim Tiefseebergbau ab. So ist derzeit ein deutscher Tiefseebergbau nicht geplant. Drucksache 18/1597 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Welche Auswirkungen auf die Rohstoffpreise veranschlagt die Bundesregierung nach Beginn der wirtschaftlichen Förderung von Tiefseeressourcen langfristig, und berücksichtigt die Bundesregierung dabei die Vorgaben durch Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) zur Stabilisierung der Rohstofferlöse für Entwicklungsländer und die mit dem SRÜ vertraglich vereinbarten Ausgleichszahlungen? Dazu liegen der Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor. Allerdings geht die Bundesregierung derzeit davon aus, dass ein zukünftiger Tiefseebergbau sich schrittweise entwickeln und keine deutlichen Auswirkungen auf die Rohstoffpreise entfalten wird. Ausgleichszahlungen an Entwicklungsländer bedürfen spezieller Untersuchungen, wie im SRÜ vereinbart, und können infolge der Volatilität der Rohstoffpreise seitens der Bundesregierung nicht eingeschätzt werden. 7. Wie ist der aktuelle Stand der Konsultationen zum Tiefseebergbau auf EUEbene ? Zur Gewährleistung einer verlässlichen Rohstoffversorgung thematisieren sowohl die Rohstoffstrategie der Bundesregierung als auch die Europäische Rohstoffinitiative (COM(2008) 699 final und COM(2011) 25 final) und ihre Umsetzung (COM(2013) 442 final) den Tiefseebergbau als grundsätzlich mögliche künftige Rohstoffquelle. Im Bereich Forschung und Entwicklung wird der Tiefseebergbau durch das EU-Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizont 2020“ aufgegriffen. Bis zum 16. Juni 2014 läuft bei der Europäischen Kommission ein Online-Konsultationsprozess zum Meeresbodenbergbau (Abbau von Zuschlagstoffen in Flachwassergebieten; Abbau von höherwertigen Mineralen: Gold, Diamanten, Schwerminerale, Eisenerz in Flachwassergebieten und Tiefseebergbau : hochwertige Metalle und Minerale). Die Konsultation dient der Positionierung der EU, um eine Mitteilung zur weiteren Europäischen Maritimen Strategie vorzubereiten, die auch den Tiefseebergbau einschließt. Diese Mitteilung wird Mitte 2014 erwartet. 8. Inwieweit ist die Bundesrepublik Deutschland in den Konsultationsprozess einbezogen, und inwieweit kann sie sich einbringen? Die Konsultation ist offen für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Organisationen sowie öffentliche Behörden. Informationen über die Teilnahme aus Deutschland liegen der Bundesregierung nicht vor. 9. Wie bewertet die Bundesregierung die bei der IMB formulierten Standards für die Erkundung und Förderung von Tiefseeressourcen, und wird sie diese als Mindeststandards für die Erschließung von Tiefseeressourcen in den AWZs der EU empfehlen? Wenn nein, warum nicht? Die von der IMB formulierten Standards für die Erkundung von Tiefseeressourcen haben sich aus Sicht der Bundesregierung hinsichtlich der Exploration von polymetallischen Knollen (sog. Manganknollen) bisher bewährt. Der Bundesregierung sind keine Beanstandungen bekannt. Für die beiden anderen Rohstofftypen liegen noch gar keine Erfahrungen vor. Mit der Erarbeitung von Standards für die Förderung selbst in Bezug auf die Manganknollen ist gerade erst begonnen worden. Einer Diskussion darüber, die IMB-Standards, nach ihrer Bewährung in der Praxis für die Anwendung in den AWZs der Europäischen Union zu empfehlen, wird sich die Bundesregierung nicht verschließen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1597 10. Plant die Bundesregierung, sich an der derzeit laufenden Konsultation der IMB hinsichtlich der Entwicklung eines Regelwerkes zum Abbau polymetallischer Knollen („Developing a Regulatory Framework for Mineral Exploitation in the Area“, Februar 2014) zu beteiligen? Wenn ja, wie wird dafür die Position der Bundesregierung bestimmt? Ja, die Bundesregierung plant eine erste Stellungnahme im Rahmen des laufenden Stakeholder Survey der IMB abzugeben. Die Position wird im Rahmen einer Abstimmung zwischen den betroffenen Ressorts bestimmt. 11. Wie bezieht die Bundesregierung zivilgesellschaftliche Akteure (z. B. Umweltverbände) in die Positionierung der Bundesregierung zu Zielen und Aktivitäten des Tiefseebergbaus ein? Die Bundesregierung nutzt zur Positionierung zu Zielen und Aktivitäten des Tiefseebergbaus vorrangig ihre Fachbehörden. Weiterhin trägt sie gemeinsam mit ihren meerespolitischen Partnern aus den Ländern und Regionen, mit Verbänden , Industrie und Wissenschaft das Thema Meer in seiner Vielfalt und seinen komplexen Zusammenhängen in eine breitere Öffentlichkeit. 12. Welche konkreten Maßnahmen wurden dazu unternommen bzw. sind zu diesem Zweck geplant? Erstmals hat Deutschland 2014 den „Europäischen Tag der Meere“ ausgerichtet und am 19./20. Mai 2014 in Bremen eine Konferenz mit dem Schwerpunkt „Innovation und maritime Technologien“ veranstaltet. Mit dem „Entwicklungsplan Meer – Strategie für eine Integrierte deutsche Meerespolitik “, den die Bundesregierung gemeinsam mit ihren meerespolitischen Partnern aus den Ländern und Verbänden erarbeitet und im Jahr 2011 beschlossen hat, analysiert sie auf nationaler und internationaler Ebene die bestehenden und absehbaren Herausforderungen, Lösungsansätze und Chancen und leitet daraus in die Zukunft gerichtete strategische Rahmenziele und politische Schwerpunkte für den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Meere und Ozeane ab. Das schließt den Meeresbergbau mit ein. 13. Wie positioniert sich die Bundesregierung gegenüber den Ende April 2014 auf EU-Ebene vorzustellenden Pilotprojekten einer europäischen Rohstoffinitiative am Meeresgrund, bei denen ein Drittel der Unternehmen und Forschungsinstitute aus Deutschland kommt (vgl. DER SPIEGEL 15/ 2014, „Glückauf am Meeresgrund“; bitte das Pilotprojekt, den Antragsteller oder die Antragstellerin, das Einsatzgebiet, das konkrete Vorhaben und das Abstimmungsverhalten Deutschlands auflisten)? Mit der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) Rohstoffe hat die EU die Basis dafür gelegt, dass die europäische Industrie bis zum Jahr 2020 zum Technologieführer in den Bereichen nachhaltiger Bergbau, Aufbereitung, Recycling und Substitution sowie effiziente Rohstoffnutzung wird. Zur Umsetzung des verabschiedeten strategischen Umsetzungsplanes wurde durch die zuständige Europäische Generaldirektion Unternehmen und Industrie ein offener Aufruf zur Beteiligung gestartet, der an Akteure aus der Privatwirtschaft, aber auch an öffentliche Akteure, auch aus der Wissenschaft, gerichtet ist. Zu den insgesamt 80 als so genannte Raw Materials Commitments (RMC) anerkannten Interessens- Drucksache 18/1597 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bekundungen zählt auch die aus Deutschland von der Arbeitsgemeinschaft Marine Mineralische Rohstoffe der Gesellschaft für Maritime Technik (GMT) eingereichte „Blue Atlantis“ (Innovative Mining of Marine Mineral Resources – A European Pilot Mining Test in the Atlantic on Tools, Facilities, Operations and Concepts). An dieser Interessensbekundung sind insgesamt 45 Partner aus acht europäischen Ländern sowie aus Kanada beteiligt. Die Bundesregierung begrüßt das von deutschen Unternehmen initiierte Projekt (https://ec.europa.eu/eip/rawmaterials /en/content/innovative-mining-marine-mineral-resources- %E2%80%93-european-pilot-mining-test-atlantic-tools). 14. Welche Forschungsprojekte zur ökologischen Erkundung des Meeresbodens (Kartierung, qualitative und quantitative Inventarisierung) unterstützt die Bundesregierung derzeit, und welche sind in Planung? Die Bundesregierung unterstützt die Erhebung breitgefächerter Umweltdaten durch die BGR und unter Beteiligung von Forschungseinrichtungen während ihrer Explorationsfahrten (Wetter, ozeanische Strömungen, physikalische und chemische Ozeanographie, Porenwasserdaten, Sedimenteigenschaften). Die qualitative und quantitative Inventarisierung der benthischen Organismen wird seit dem Jahr 2010 im Auftrag der BGR durch das Deutsche Zentrum für Marine Biodiversität (DZMB) des Senckenberg Instituts in Wilhelmshaven bis zum Ablauf der jeweiligen Explorationslizenz durchgeführt. Unter dem Dach der Joint Programming Initiative „Healthy and Productive Seas and Oceans“ (*JPI-Oceans*) soll Anfang 2015 ein europäisches Verbundprojekt zur Erfassung der Ökologie der Tiefsee im Südpazifik starten. An dem Projekt *JPI-Oceans* „EcoMining – Ecological Aspects of Deep-Sea Mining“ sind wissenschaftliche Partner aus elf europäischen Nationen beteiligt. 15. Wie hoch ist die Summe, die seit dem Jahr 2005 von der Bundesrepublik Deutschland für den maritimen Bergbau aufgewendet wurde (Lizenzbeantragung , Ausrüstung und Durchführung von Erkundungsvorhaben)? Für die Manganknollenexploration seit dem Jahr 2005 und die Sulfidprospektion seit dem Jahr 2011 wurden rund 28,5 Mio. Euro (inklusive Bearbeitung des Lizenzantrags und Antragsgebühren) aufgewendet. 16. In welcher Höhe fließen Bundesmittel jährlich in die Technologieforschung zur Förderung und Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen des Meeresbodens? Aus welchem Haushalt kommen diese finanziellen Mittel (bitte Kapitel und Titel angeben)? Aus dem BGR-Haushalt wurde im Jahr 2013 an die RWTH Aachen eine Konzept -Studie zur mechanischen und metallurgischen Aufbereitung von Manganknollen in Höhe von rund 83 500 Euro vergeben. Für ein 2-jähriges Forschungsprojekt (Dezember 2012 bis November 2014) über Bioleaching an Manganknollen wurden ebenfalls BGR Mittel in Höhe von 136 000 Euro verwendet. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1597 17. Sind der Bundesregierung Forschungsprojekte bekannt, die sich mit den Umweltauswirkungen der Förderung und Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen der Tiefsee auseinander setzen (in Deutschland und weltweit)? Ja, Forschungsprojekte, die sich mit den Umweltauswirkungen der Förderung von mineralischen Rohstoffen der Tiefsee auseinander setzen, sind der Bundesregierung bekannt. Nein, Forschungsprojekte, die sich mit den Umweltauswirkungen der Aufbereitung von Manganknollen und Kobaltkrusten auseinander setzen, sind der Bundesregierung jedoch nicht bekannt. Im industriellen Maßstab existiert noch keine Methode für die Aufbereitung und Metallurgie dieser beiden Rohstoffe. Für die Aufbereitung von Massivsulfiden können etablierte industrielle Aufbereitungsanlagen verwendet werden. 18. Wenn ja, welche sind das genau, wo und von wem werden sie durchgeführt , und wer finanziert diese Projekte? Dazu wird auf die Antwort zu den Fragen 14 und 16 verwiesen. 19. Welcher Flächenbedarf auf dem Meeresboden wird für eine wirtschaftlich rentable Erschließung von Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivsulfiden kalkuliert? Eine wirtschaftlich rentable Erschließung mariner mineralischer Rohstoffe ist wesentlich vom Weltmarktpreis der jeweiligen Rohstoffe abhängig. Der Flächenbedarf bei einer angestrebten Jahresförderung von 2 Millionen Tonnen und einer Förderdauer von 20 Jahren liegt – abhängig von der Belegungsdichte – für Manganknollen bei 130 bis 200 km2 pro Jahr und insgesamt bei 2700 bis 4000 km2. Bei Förderung von 1 Millionen Tonnen pro Jahr Kobaltkrusten, einer mittleren Krustendicke von 2,5 cm und einer Förderrate von 80 Prozent (ISBA/12/C/3- Part I) würde eine Fläche von ca. 20 km2 pro Jahr und im Laufe von 20 Jahren von ca. 400 km2 in Anspruch genommen. Bei einer Jahresförderung von 2 Millionen Tonnen polymetallischer Sulfide und einer geschätzten Größe eines einzelnen Sulfidvorkommens von 2 bis 3 Millionen Tonnen läge der Flächenbedarf in 20 Jahren bei nur grob abschätzbaren 15 Einzelvorkommen mit einer Fläche von zusammen ca. 1 bis 2 km². 20. Inwiefern wird die Aufbereitung der aus der Tiefsee gewonnenen Rohstoffe in die Bewertung der Umweltfolgen des Tiefseebergbaus insgesamt seitens der Bundesregierung einbezogen? Derzeit existiert noch keine industriell einsetzbare Aufbereitungstechnik für Manganknollen und Kobaltkrusten. Deshalb können die Umweltfolgen noch nicht bewertet werden. Für Massivsulfide könnten hingegen die etablierten modernen , umweltschonenden Aufbereitungsverfahren wie für an landgewonnene sulfidische Erze eingesetzt werden. Drucksache 18/1597 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell für die Aufbereitung und Extraktion der in Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivsulfiden vorhandenen Mineralien wirtschaftlich rentable technische Verfahren? Wenn ja, welche Materialien (physikalisch und chemisch) sind dabei in Verwendung, und wie werden diese in Hinsicht auf ihre Umweltverträglichkeit seitens der Bundesregierung eingeschätzt? Für die Aufbereitung und die Extraktion der Minerale aus den Manganknollen und Kobaltkrusten existiert derzeit kein wirtschaftlich rentables technisches Verfahren im industriellen Maßstab, nur Forschungsansätze. Sulfiderze könnten zur Aufbereitung in bestehende, etablierte Prozessabläufe integriert werden. 22. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Forschungsvorhaben zur Ermittlung der Umweltfolgen durch die Erzaufbereitung? Wenn ja, welche sind das, und werden sie durch die Bundesregierung finanziell unterstützt? Forschungsvorhaben zur Ermittlung der Umweltfolgen durch die Erzaufbereitung bzw. Metallurgie von marinen mineralischen Rohstoffen sind der Bundesregierung nicht bekannt. 23. Wird die Bundesregierung den Aufbau eines deutschen Bergbauunternehmens zur Erschließung der Tiefseeressourcen finanziell und/oder strukturell unterstützen? Seitens der Bundesregierung ist es nicht geplant, den Aufbau eines deutschen Bergbauunternehmens finanziell oder strukturell zu unterstützen. 24. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Unternehmen, die von ihrer Unternehmensstruktur und ihrem technologischen Know-how her in der Lage sind, Meeresbergbau zu betreiben und Ressourcen in der Tiefsee wirtschaftlich erfolgversprechend zu fördern? Wenn ja, welche sind das? In Deutschland gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit kein im Erzbergbau tätiges Unternehmen nennenswerter Größe (nach internationalen Maßstäben : Umsatz > 5 Mrd. Euro), das Tiefseebergbau betreiben könnte. 25. Welche deutschen Unternehmen der maritimen Technologie sind nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell an Vorhaben zur Erschließung von Tiefseeressourcen beteiligt und erhalten dafür staatliche Fördermittel? Über mögliche konkrete Beteiligungen von deutschen Unternehmen der maritimen Technologien liegen der Bundesregierung derzeit keine Kenntnisse vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1597 26. Wie ist gewährleistet, dass die Bundesregierung die bisher in den Tiefseebergbau (Lizenzbeantragung, Erkundung) investierten öffentlichen Finanzmittel zurück erhält, wenn der Abbau von Tiefseeressourcen über private Unternehmen vollzogen wird? Die IMB erarbeitet derzeit eine verbindliche Gebührenordnung für Gewinne, die künftig aus der Produktion von Tiefseerohstoffen erwirtschaftet werden. Von diesen Abgaben eines Unternehmens sollen die während der Exploration aufgewandten Investitionen abgezogen werden können. Diese Kosten werden von der Bundesregierung jährlich an die IMB gemeldet. Sie könnten dann einem privaten Unternehmen in Rechnung gestellt werden. 27. Ist die Bundesregierung im Falle eines Abbaus von Tiefseeressourcen durch ein privates deutsches Unternehmen am Gewinn des Unternehmens durch die im deutschen Lizenzgebiet abgebauten Tiefseeressourcen beteiligt ? Wenn ja, zu wie viel Prozent? Zurzeit ist noch keine kommerzielle Förderung von marinen mineralischen Rohstoffen aus der Tiefsee durch deutsche Unternehmen zu erwarten. Die Frage nach Förderabgaben wurde deshalb bislang noch nicht diskutiert. Für die Zukunft könnten die Förderzinsregulierungen einzelner Bundesländer oder anderer Staaten als Modell dienen. 28. Wie tief werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Eingriffe beim Abbau von Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivsulfiden beim aktuellen Stand der Technik in den Meeresboden vordringen? Nach dem Konzept der Manganknollenförderung (Konzeptstudie Aker Solutions , 2010) würden Stahlfedern 20 cm tief ins Sediment eindringen, das Raupenfahrwerk des Kollektors maximal 50 cm tief. Für den Abbau von Kobaltkrusten, die fest mit dem Untergrund verwachsen sind, existieren noch keine fortgeschrittenen Konzepte, die eine Abschätzung der Schürftiefe erlauben würden. Gewünscht wäre lediglich die Abtrennung der Krusten selbst (2 bis 10 cm). Massivsulfid-Vorkommen würden nach jetzigen Kenntnisstand durch Anlage einer Grube abgebaut, mit einer seitens BGR grob geschätzten Eingrifftiefe von mehreren 10-er m in den Untergrund. Genauere Werte können ohne Kenntnis konkreter Massivsulfid-Lagerstätten und ihrer individuellen Erstreckung nicht gegeben werden. 29. Sieht die Bundesregierung eine größere wirtschaftliche Rentabilität beim Abbau von Massivsulfiden, wenn nicht nur oberflächliche, sondern auch tiefer im Meeresboden liegende Lagerstätten in die Fördervorhaben einbezogen werden? Aus Umweltschutzgründen stehen ausschließlich die inaktiven Lagerstätten dieses Rohstofftyps im Fokus der Untersuchungen. Anders als in den aktiven Zonen gibt es in inaktiven keine spezialisierten Lebensgemeinschaften. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass die inaktiven Zonen das Maximum der Anreicherung erreicht haben und damit am ertragreichsten sein sollten. Diese inaktiven Massivsulfid-Vorkommen reichen von der Oberfläche des Meeresbodens bis in einige 10 Meter Tiefe hinab und würden im Falle einer zukünftigen Förderung möglichst vollständig abgebaut werden. Drucksache 18/1597 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 30. Fördert die Bundesregierung Forschungsprojekte zur Ermittlung der Rohstoffmenge unterhalb der Schwarzen Raucher? Vorhaben, welche speziell und gezielt der Erfassung der dritten Dimension von Massivsulfid-Ablagerungen dienen, werden durch die Bundesregierung nicht gefördert. 31. Würde die Bundesregierung eine Rohstoffförderung unterhalb der Schwarzen Raucher in ihren Lizenzgebieten in internationalen Gewässern durchführen (bitte begründen)? Nein, da aktive Zonen, in denen die Schwarzen Raucher liegen, nicht als Lagerstättenareal angesehen werden (vgl. Antwort zu Frage 29). Eine Gewinnung von Erzen aus aktiven Feldern wird durch das Regelwerk der IMB aus Umweltschutzgründen ausgeschlossen werden. 32. Welche Vorkehrungen werden seitens der Bundesregierung unternommen, um negative Auswirkungen der Tiefseebodenerkundung und -förderung auf die Meeresumwelt so gering wie möglich zu halten (gemeint sind hier nicht nur Schadstoffeinträge, sondern auch Verwirbelung von Meeresbodensediment beim Abbaggern und Lärm)? Die Auswirkungen bei der Erkundung von Manganknollenvorkommen entsprechen denen der wissenschaftlichen Grundlagenforschung und umfassen bei der Entnahme von Proben des Meeresbodens in der Regel nur wenige Quadratmeter. Spezielle Vorkehrungen über die allgemeinen Vorschriften der International Maritime Organisation (IMO) und der IMB hinaus sind deshalb nicht notwendig . Da es bislang keine kommerzielle Förderung von marinen mineralischen Rohstoffen aus der Tiefsee gibt, besteht seitens der Bundesregierung noch keine Notwendigkeit, Vorkehrungen zur Reduktion der Auswirkungen zu treffen. Jedoch beteiligen sich deutsche Experten im Auftrag der Bundesregierung in der Gremienarbeit, um Regeln für einen zukünftigen Abbau umweltgerecht und nachhaltig zu gestalten. Im Januar 2015 beginnt das durch das BMBF angeregte dreijährige JPIOceanForschungsprojekt „Ecological aspects of deep-sea mining“, mit dem Auswirkungen eines potenziellen zukünftigen Tiefseebergbaus auf die Umwelt, wie z. B. die Verwirbelung von Meeresbodensediment, untersucht werden soll. Die Ergebnisse dieses Projektes sollen in die Gestaltung des Regelwerkes für den Abbau von mineralischen Rostoffen der Tiefsee einfließen. 33. Beabsichtigt die Bundesregierung, Umweltstandards für in Deutschland produzierte maritime Technologien einzuführen und diese zur Voraussetzung für staatliche Förder- und Exporthilfen zu machen, bzw. gibt es bereits geltende Umweltstandards in diesem Bereich, die auch den Exportsektor einbeziehen? Für Exploration und vor allem für die Gewinnung ist nach den existierenden Regelwerken „die beste verfügbare Technologie“ zu nutzen. Derzeit erarbeitet die IMB verbindliche Umweltschutz-Regelungen für den künftigen kommerziellen Tiefseebergbau. Sofern bei einem Abbau von Rohstoffen maritime Technologien aus Deutschland eingesetzt würden, müssten diese die Erreichung der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1597 von der IMB gesetzten Standards ermöglichen. Sofern für deutsche Lieferungen an ausländische Projekte Exportkreditgarantien beantragt werden, sind die Umweltauswirkungen des Projekts nach den OECD-Umwelt- und Sozialregelungen (OECD-Common Approaches on Export Credits) zu prüfen. 34. Beabsichtigt die Bundesregierung entwicklungs-, umwelt- und sozialpolitische Standards für den Export von maritimen Technologien zum Bestandteil der an die „Stakeholder consultation on seabed mining“ anschließenden Beratungen innerhalb der EU-Gremien zu machen? Die Bundesregierung schließt nicht aus, dass sie die Ergebnisse der bis zum 16. Juni 2014 laufenden Konsultationen zum Anlass nimmt, in die Beratungen innerhalb der EU-Gremien beim Export von maritimen Technologien entwicklungs -, umwelt- und sozialpolitische Aspekte einzubringen. 35. Warum ist der Tiefseebergbau nicht Teil der Liste der der zu bewertenden Aktivitäten im Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (Oslo-Paris Konvention, OSPAR), die wenn nötig durch Programme und Maßnahmen kontrolliert werden müssen (vgl. WWF: „the case for OSPAR to address potential deep sea mining as human impact“, Vorlage des WWF zum Treffen der Arbeitsgruppe Environmental Impact of Human Activities, EIHA 2014 in Gothenburg)? Welche Position hat die Bundesregierung dazu? Der Tiefseebergbau ist Teil des im Entwurf vorliegenden Gemeinsamen Bewertungs - und Monitoringprogramms von OSPAR (JAMP 2014 –2021), über das aber erst im Juni 2014 auf der diesjährigen OSPAR-Kommissionssitzung endgültig entschieden wird. Das OSPAR-Komitee EIHA hat auf seiner Sitzung im März/April 2014 mit ausdrücklicher Zustimmung Deutschlands beschlossen, Tiefseebergbau in sein Arbeitsprogramm für/ab 2015 aufzunehmen. 36. Wie bewertet die Bundesregierung innerhalb der OSPAR-Gemeinschaft die Erkundung und Förderung von mineralischen Rohstoffen und Gas in den einzelnen OSPAR-Regionen (bitte einzeln nach Regionen I bis V auflisten )? Mineralische Rohstoffe: Die Erkundung und Förderung mineralischer Rohstoffe findet in den OSPARRegionen I bis V derzeit nicht statt. In der Region V befindliche Hydrothermalfelder könnten zukünftig von einer Erkundung betroffen sein. Öl und Gas: ● Die Fördermenge an Kohlenwasserstoffen in der Region I ist ansteigend. Norwegen, Island und Grönland (Dänemark) verfolgen derzeit Öl- und Gasaktivitäten in der OSPAR Region I. Der Status der Aktivitäten dieser Staaten hinsichtlich Erkundung und Förderung von Kohlenwasserstoffen ist sehr unterschiedlich . Norwegen fördert seit geraumer Zeit Kohlenwasserstoffe in dieser Region. In Grönland sind seit dem Jahr 2002 15 Explorationsbohrungen durchgeführt worden. Island wird frühestens im Jahr 2017 mit Explorationsbohrungen beginnen. Die Förderung von Kohlenwasserstoffen in der Region I ist eine sehr sensible Angelegenheit, da die Folgen eines Ölunfalls noch gravierender wären als die in anderen Meeresregionen. Nach Einschät- Drucksache 18/1597 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode zung der Bundesregierung verfügt Norwegen über anspruchsvolle Vorschriften bei der Exploration und der Förderung von Kohlenwasserstoffen. Dies gilt im besonderen Maß für die arktische Region. Die Bundesregierung unterstreicht im Rahmen der „Leitlinien deutscher Arktispolitik“ die Bedeutung eines schonenden Umgangs mit der Arktis für den globalen Umweltschutz unter Anwendung des Vorsorgeprinzips. ● In der Region II des OSPAR Gebietes wird die mit Abstand größte Menge an Kohlenwasserstoffen produziert. Die Fördermenge in der Region II ist seit Jahren rückläufig. Die Erkundung und Förderung von Kohlenwasserstoffen wird seitens der Bundesregierung bei Einhaltung aller Umwelt- und Sicherheitsauflagen als vertretbar angesehen. ● Die Menge geförderter Kohlenwasserstoffe in der Region III ist im Vergleich zur Region II unbedeutend. Bewertung siehe Region II. ● Die Menge geförderter Kohlenwasserstoffe in der Region IV ist im Vergleich zur Region II unbedeutend. Bewertung siehe Region II. ● In der Region V werden derzeit keine Kohlenwasserstoffe gefördert. Die Gesamtproduktionsmenge von Kohlenwasserstoffen ist in der Zeit von 2003 bis 2012 (Zehnjahreszeitraum) um 42 Prozent zurückgegangen. Deutschland hat sich bei OSPAR u. a. dafür eingesetzt, dass der Eintrag von Produktionswasser in die Meeresumwelt reduziert wird. 37. Wie verhält sich die Bundesregierung diesbezüglich gegenüber Gebieten außerhalb der AWZs? Außerhalb von AWZ und Festlandsockel (im sogenannten Gebiet) richtet sich die Gewinnung von Rohstoffen nach Teil XI des SRÜ. 38. Wie verhält sich die Bundesregierung innerhalb der OSPAR-Gemeinschaft gegenüber den Meeresbodenerkundungsplänen Norwegens an den Tiefseevulkanen Nyegga und Håkon-Mosby, auf die die Kriterien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) (CBD, 1992, Anlage I, Nr. 1) durch ihre ökologische und biologische Bedeutsamkeit zutreffen (WWF, April 2014: „the case for OSPAR to address potential deep sea mining as human impact“, Vorlage des WWF zum Treffen der Arbeitsgruppe Environmental Impact of Human Activities, EIHA 2014 in Gothenburg )? Da die genannten Gebiete innerhalb der norwegischen AWZ liegen, hat Deutschland hier keine Zuständigkeiten. Sofern eine – bisher noch nicht durchgeführte – Prüfung ergibt, dass die entsprechenden CBD-Kriterien von den Gebieten tatsächlich erfüllt werden, würde die Bundesregierung es begrüßen, wenn Norwegen dies bei seinen weiteren Planungen und Aktivitäten berücksichtigte. 39. Teilt die Bundesregierung bei den Prognosen für die veranschlagten Abraummengen für den Tiefseebergbau die Sichtweise, dass das Meerwasser, obwohl es ein elementarer Bestandteil des Ökosystems ist, nicht in die Berechnungen einbezogen wird? Die Bundesregierung betrachtet das Meerwasser als elementaren Bestandteil des Ökosystems und veranschlagt es daher nicht als Abraum. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/1597 40. Welche Position nimmt die Bundesregierung international bezüglich einer Ausdehnung der staatlichen Hoheit auf erweiterte Kontinentalsockel ein? Die Modalitäten der Beanspruchung eines erweiterten Festlandsockels richten sich nach dem SRÜ, dessen Vertragspartei die Bundesrepublik Deutschland ist. Durch entsprechende Projekte der Technischen Zusammenarbeit hat die Bundesregierung diverse Entwicklungsländer durch umfangreiche Fachberatung bei der Umsetzung ihrer seerechtlich begründeten Ansprüche unterstützt. 41. Wie steht die Bundesregierung zur Verwendung eines Tiefsee-Ernteroboters nach dem Vorbild des aktuell getesteten MineRo aus Südkorea? Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung dazu Forschungsprojekte innerhalb Deutschlands? Der südkoreanische Tiefseekollektor MineRo-II nutzt ein hydraulisches Verfahren zum Aufnehmen der Manganknollen. Dabei werden die Knollen mittels eines gerichteten Wasserstrahls angehoben und auf ein Förderband überführt. Der im Auftrag der BGR von Aker Solutions entwickelte Kollektor nimmt die Knollen hingegen mechanisch über Greifelemente auf, die an gegenläufig zur Fahrtrichtung rotierenden Trommeln angebracht sind. Bei diesem Verfahren wird es nach derzeitigem Wissensstand einen geringeren Suspensionseintrag in die bodennahe Wassersäule geben als beim hydraulischen Verfahren, zumal der Kollektor nahezu vollständig ummantelt sein wird. Komponenten eines Kollektors sollen nach derzeitiger Planung des BMWi im Rahmen eines Abbautests im deutschen Lizenzgebiet in den kommenden Jahren auf ihre Funktionsfähigkeit und Umweltauswirkungen hin geprüft werden. 42. Sind die Umweltanforderungen des SRÜ (vgl. Artikel 145 und 194 SRÜ) und zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Artikel 206 SRÜ Inhalt der mining codes, die durch die IBM für die Erkundung und Förderung von Manganknollen, Massivsulfiden und Erzkrusten erarbeitet werden (www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/gewaesser/ meere/nutzung-belastungen/tiefseebergbau-andere-nutzungsarten-dertiefsee )? Die Vorschriften des SRÜ sind zwingender und integraler Bestandteil des mining codes und werden durch die von der IMB erarbeiteten Regularien lediglich konkretisiert. Die Regularien zu den Umweltanforderungen werden turnusmäßig im Rahmen der jährlich stattfindenden Gremiensitzungen der IMB durch Experten überprüft, gegebenenfalls aktualisiert und damit stets auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik gehalten. 43. Hält die Bundesregierung die aktuell und mittelfristig vorliegenden Daten über die Ökologie der Tiefsee für ausreichend, um angemessene Umweltverträglichkeitsprüfungen über die Auswirkungen des Tiefseebergbaus erstellen zu können? Die Probendichte im deutschen Lizenzgebiet ist derzeit noch nicht ausreichend, um statistisch belastbare Aussagen über die Biodiversität und die ökologischen Interaktionsprozesse einzelner Arten oder Gattungen der Tiefsee treffen zu können . Drucksache 18/1597 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die IMB in der Clarion-Clipperton -Zone im Pazifik die Umweltdaten aller Lizenznehmer zusammenfasst und in Form einer strategischen Umweltprüfung (SUP) auswertet. Auch die Ergebnisse laufender großer europäischer Forschungsprojekte zum Thema, wie MIDAS und JPI Ocean sollen in eine derartige SUP einfließen. 44. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um Ländern des globalen Südens im Sinne des SRÜ einen eigenständigen Zugang zu den Rohstoffen der Tiefsee technologisch und wissenschaftlich zu ermöglichen? Mit der erworbenen Lizenz zur Exploration von Manganknollen im Pazifik hat die Bundesregierung die Verpflichtung übernommen, Experten aus Entwicklungsländern zu den Explorationsmethoden auszubilden. Dies erfolgt vorrangig auf den marinen Erkundungsexpeditionen mit anschließendem Training bei der Bearbeitung und Auswertung der Daten. Die Trainees werden durch die IMB zugewiesen . 45. Unterstützt die Bundesregierung Forschungen und entwicklungspolitische Projekte zu den sozialen Auswirkungen des Tiefseebergbaus in Entwicklungsländern ? Wenn ja, in welcher Form? Nein. 46. Wie bewertet die Bundesregierung das „Pacific Deep Sea Minerals Project “ (www.sopac.org/dsm/) des Sekretariats der Pazifischen Gemeinschaft (SPC) und der EU angesichts der Aufkündigung der vertraglichen Partnerschaft zwischen Papua-Neuguinea und der Firma Nautilus Minerals Inc. und des damit einhergehenden Endes des bisher am weitesten fortgeschrittenen partnerschaftlichen Tiefseebergbauprojektes? Die vertragliche Partnerschaft zwischen Papua-Neuguinea und Nautilus Minerals wurde laut einer Pressemitteilung der Firma Nautilus vom 24. April 2014 fortgesetzt. Darin wird mitgeteilt, dass die Partner eine neue Vereinbarung unterschrieben haben, in der Papua-Neuguinea die Weiterentwicklung des Solwara-1- Projektes zur Produktionsreife voll unterstützt (vgl. www.nautilusminerals.com/ s/Media-NewsReleases.asp?ReportID=649293). 47. Hält die Bundesregierung die entwicklungspolitischen Aspekte des Tiefseebergbaus im Rahmen des „Pacific Deep Sea Minerals Project“ (www.sopac. org/dsm/) von SPC und EU ausreichend berücksichtigt? Die Bundesregierung unterstützt die Schaffung leistungsfähiger Strukturen und die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte im Rohstoffsektor. Das „Pacific Deep Sea Minerals Project“ zielt ebenfalls darauf ab. Darüber hinaus könnte künftig die Verknüpfung des marinen Rohstoffsektors mit anderen Wirtschaftsbereichen sowie die Transparenz bzgl. der Nutzung der durch den Abbau mariner Rohstoffe erzielten Einnahmen Berücksichtigung finden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/1597 48. Wird sich die Bundesregierung innerhalb der EU für eine rechtlich bindende Regelung einsetzen, die Unternehmen als auch Investoren aus der EU verpflichtet, sich bei Projekten im Tiefseebergbau in AWZs außerhalb der EU an die in der EU geltenden Umwelt- und Sozialstandards zu halten ? Laut Erwägungsgrund 38 der EU-Offshore-Richtlinie könnte es unmöglich sein (may not be possible to enforce), die EU-Standards zur Unfallverhütung außerhalb der EU durchzusetzen. Dennoch wird sich die Bundesregierung auch hier bemühen, dass transnationale Unternehmen soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards einhalten. Die ILO-Erklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik, die OECD-Leitsätze und die UN-Leitprinzipien über Wirtschaft und Menschenrechte stecken hierfür den Rahmen ab. 49. Wie beabsichtigt die Bundesregierung den Tiefseebergbau deutscher Unternehmen oder unter Beteiligung von deutschen Unternehmen im Geltungsbereich des SRÜ zu kontrollieren, und welche dazu notwendigen Maßnahmen wurden bisher eingeleitet? Die für den Tiefseebergbau maßgeblichen völkerrechtlichen Vorgaben sind im Gesetz zur Regelung des Meeresbodenbergbaus (Meeresbodenbergbaugesetz, MBergG) vom 6. Juni 1995 in nationales Recht umgesetzt. Zweck dieses Gesetzes ist es, die Einhaltung der sich aus Teil XI des Übereinkommens, seiner Anlage III, dem Durchführungsübereinkommen und den von der Behörde erlassenen Bestimmungen ergebenden Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten, die Sicherheit der Beschäftigten im Meeresbodenbergbau und der Betriebsanlagen für den Meeresbodenbergbau sowie den Schutz der Meeresumwelt zu gewährleisten, Vorsorge gegen Gefahren zu treffen , die sich aus Prospektion und Tätigkeiten im Gebiet für Leben, Gesundheit oder Sachgüter Dritter ergeben und die Aufsicht über Prospektion und Tätigkeiten im Gebiet zu regeln. 50. Welche umwelt- und entwicklungspolitischen Eckpunkte hält die Bundesregierung für die Fortsetzung des politischen Prozesses im Anschluss an die Resolution on mining for oil and minerals on the seabed in the context of sustainable development des Europaparlaments und der African, Caribbean and Pacific Group of States (ACP) für elementar? Die in der „Resolution on mining for oil and minerals on the seabed in the context of sustainable development“ genannten Eckpunkte i) Aufbau leistungsfähiger Strukturen, ii) Verwirklichung von Transparenz und iii) Berücksichtigung ökologischer Aspekte beim Abbau mariner Rohstoffe sind auch aus Sicht der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Rohstoffsektor als elementar zu betrachten. Drucksache 18/1597 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 51. Erkennt die Bundesregierung die im Gutachten zum Fall 17 von ITLOS begründete Sorgfaltspflicht von Staaten an, einschließlich der Verpflichtung zur Sicherstellung von „best environmental practices“ als auch zur Gewährleistung von ausreichenden Vorsorgemaßnahmen und Finanzmitteln zur Vermeidung bzw. Wiedergutmachung von Umweltschäden (vgl. ISBA/17/C/6-ISBA/17/LTC/5, Advisory opinion of the Seabed Disputes Chamber on the responsibilities and obligations of States sponsoring persons and entities with respect to activities in the Area, Report of the Secretary-General, 4. März 2011)? Die Bundesregierung hat das Rechtsgutachten der Kammer für Meeresbodenstreitigkeiten des Internationalen Seegerichtshofs vom 1. Februar 2012 zu den Pflichten und Verantwortlichkeiten von befürwortenden Staaten (sponsoring states) begrüßt und erkennt die darin konkretisierten Pflichten für befürwortende Staaten an. Seit der 18. Jahrestagung der IMB erstellt der IMB-Generalsekretär jährlich einen Bericht über die bestehenden nationalen Gesetze und Vorschriften zum Tiefseebergbau. Die Bundesregierung begrüßt diesen Schritt auf dem Weg zur Entwicklung von best practices für entsprechende nationale Vorschriften. 52. Wenn ja, wie genau schlägt sich das in nationalem Recht nieder, zum Beispiel in einer Konkretisierung des Begriffes „Umweltschutz“ in § 5 Nummer 3 des Gesetzes zur Regelung des Meeresbodenbergbaus? Das deutsche Gesetz zur Regelung des Meeresbodenbergbaus wird nach derzeitigem Stand als international vorbildlich anerkannt. Es wurde in dem Gutachten des Internationalen Seegerichtshofes ausdrücklich als einer der wenigen nationalen Rechtsakte erwähnt, die weltweit zur Ausgestaltung des Sponsoring bei Tiefseebergbauaktivitäten erlassen worden sind. 53. Hält die Bundesregierung einen Gesellschaftsvertrag für das Meer nach dem Vorbild des WBGU (vgl. WBGU 2013) für möglich? Welche Maßnahmen ergreift sie, um dieses Ziel umzusetzen? Die Bundesregierung schließt nicht aus, dass es langfristig zu einem Gesellschaftsvertrag für das Meer kommen kann. Sie strebt diesen nicht unmittelbar an, orientiert ihre Politik jedoch an einigen der vom WBGU genannten potentiellen Komponenten. 54. Ist eine Reformierung und Ausweitung des SRÜ auf die jetzigen AWZBereiche im Sinne des WBGU-Hauptgutachtens nach Meinung der Bundesregierung geeignet, um den Tiefseebergbau international sinnvoll zu reglementieren? Die Bundesregierung wird sich entsprechend der Koalitionsvereinbarung für klare Regeln im Tiefseebergbau einsetzen. Eine Änderung des SRÜ ist hierfür nicht erforderlich. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333