Deutscher Bundestag Drucksache 18/162 18. Wahlperiode 12.12.2013 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Dr. Konstantin von Notz, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/38 – Vorgehen der Bundesregierung gegen die US-Überwachung der Internet- und Telekommunikation in Deutschland und insbesondere die der Bundeskanzlerin Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit Monaten ergibt sich aus den Aussagen und Dokumenten des Whistleblowers Edward Snowden, Verlautbarungen der US-Regierung und anders bekannt gewordenen Informationen, dass Internet- und Telekommunikation auch von, nach oder innerhalb von Deutschland durch Geheimdienste Großbritanniens , der USA und anderer „befreundeter“ westlicher Staaten massiv überwacht wird (siehe z. B. die Chronologie der Enthüllungen bei www.heise.de vom 14. August 2013). Nunmehr wurde bekannt, dass die Bundesregierung USGeheimdienste dringend verdächtigt, das Mobiltelefon von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel abgehört zu haben (u. a. Mitteilungen des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung vom 23. Oktober 2013 und ZEIT ONLINE vom 24. Oktober 2013), nach einigen Presseberichten schon seit über zehn Jahren und auch mit Wissen von US-Präsident Barack Obama (www.bild.de vom 27. Oktober 2013 und süddeutsche.de vom 27. Oktober 2013). Seit August 2013 hat die Bundesregierung durch ihren – für die Koordination der Geheimdienste zuständigen – Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, Ronald Pofalla, und den Bundesminister des Innern, Dr. Hans-Peter Friedrich, den Verdacht der massenhaften Überwachung deutscher Internet- und Telekommunikation als „ausgeräumt“ und „falsch“ dargestellt und betont, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass deutsche oder europäische Regierungsstellen abgehört worden seien (u. a. Antwort der Bundeskanzlerin im Interview vom 19. Juli 2013 in der Bundespressekonferenz, Pressestatement Ronald Pofalla vom 12. August 2013 auf www. bundesregierung.de, SPIEGEL ONLINE, 16. August 2013, Antworten der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele auf Bundestagsdrucksache 17/14744, Frage 26 und auf Bundestagsdrucksache 17/14803, Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 10. Dezember 2013 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Frage 23). Aufgrund der ungenügenden, zögerlichen, widersprüchlichen, insgesamt unzureichenden und Presseberichten stets hinterher hinkenden Informationen durch Drucksache 18/162 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode die Bundesregierung konnten die Details dieser massenhaften Ausspähungen größtenteils bis heute nicht geklärt werden. Ebenso wenig konnte bislang der Verdacht ausgeräumt werden, dass deutsche Geheimdienste an einem deutschen Recht und deutschen Grundrechten widersprechenden – u. U. weltweiten – Ringtausch von Daten beteiligt sind. Nach sich widersprechenden Darstellungen von Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung und ihrer nachgeordneten Behörden bleiben beispielsweise im Hinblick auf die Funktion des Überwachungsprogramms PRISM sowie diesbezüglicher Beteiligung und Kenntnis deutscher Behörden zahlreiche Fragen offen (dazu z. B. SPIEGEL ONLINE, 25. Juli 2013). Nicht sachverständig überprüft werden konnten u. a. die Erklärungen und Darlegungen der Bundesregierung , welche die Snowden-Informationen widerlegen sollten, wonach die National Security Agency (NSA) 500 Millionen Datensätze pro Monat in Deutschland ausspäht. Das im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes beantragte unabhängige Sachverständigengutachten über die Plausibilität dieser Darstellungen der Bundesregierung wurde durch die (damalige) Regierungsmehrheit von CDU, CSU und FDP abgelehnt (vgl. dazu die Stellungnahme des Abgeordneten Thomas Oppermann vom 19. August 2013, abrufbar unter www.spdfraktion.de/themen/oppermannfragen -zu-prism-weiter-ungeklärt). Nach wie vor nicht zufriedenstellend geklärt ist außerdem, auf welchem technischen Weg deutsche Geheimdienste wie behauptet zuverlässig Kommunikationsdaten von Grundrechtsträgern ausfiltern können, bevor sie sonstige Kommunikationsdaten an ausländische Geheimdienste übermitteln. Gleichwohl behauptete Kanzleramtsminister Ronald Pofalla am 12. August 2013, „die Vorwürfe […] sind vom Tisch“. Nachdem jedoch die Überwachung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkels Telefonen am 23. Oktober 2013 öffentlich bekannt wurde, bewertet die Bundesregierung offenbar auch die früheren Verdachtsmomente und Berichte über die Überwachung deutscher Internet- und Telekommunikation durch ausländische Geheimdienste jedenfalls teilweise neu. Angesichts dessen und weil die von der Bundesregierung bisher ergriffenen Maßnahmen zur Aufklärung und zum Schutz der Menschen in Deutschland vor einer solchen Ausspähung durch ausländische Geheimdienste offensichtlich nicht ausreichen, stellt sich die Frage, welches weitere Vorgehen die Bundesregierung nun plant. Nach den Antworten auf die Kleinen Anfragen auf Bundestagsdrucksachen 17/ 14739 und 17/14814 (neu) der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, welche die Bundesregierung leider sehr zurückhaltend und teils gar nicht beantwortete, dient auch diese Kleine Anfrage der weiteren Aufklärung. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der Bundesregierung sind die Medienveröffentlichungen auf Basis des Materials von Edward Snowden selbstverständlich bekannt. Sofern im Folgenden von Erkenntnissen der Bundesregierung gesprochen wird, sind damit über diese Medienveröffentlichungen hinausgehende Erkenntnisse gemeint. Kenntnis der Bundesregierung von der Überwachung der Kommunikation der Bundeskanzlerin und anderer Regierungsstellen 1. a) Welche Prüfungen der berichteten Überwachung von Regierungskommunikation durch die NSA hat die Bundesregierung vor der Bundestagswahl am 22. September 2013 veranlasst, auch weil dieser Verdacht mehrfach durch Medienvertreterinnen und Medienvertreter (z. B. im Interview der Bundeskanzlerin in der Bundespressekonferenz am 19. Juli 2013) und – mit Verweis auf entsprechende NSA-Praktiken etwa gegen- über Mexiko und Brasilien – durch Bundestagsabgeordnete geäußert wurde (Schriftliche Fragen des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/162 auf Bundestagsdrucksache 17/14744, Frage 26 und auf Bundestagsdrucksache 17/14803, Frage 23). b) Wen beauftragte die Bundesregierung wann mit je welcher Art der Prüfung ? c) Falls die Bundesregierung keine Prüfung veranlasste, warum nicht? d) Welche Ergebnisse ergaben die Prüfungen? Die Bundesregierung verfügt mit dem Informationsverbund Berlin-Bonn (IVBB) über ein besonders abgesichertes internes Kommunikationsnetz. Dieses Netz verfügt über umfassende Schutzmechanismen zur Gewährleistung seiner Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität, um es gegen Angriffe aus dem Internet und Spionage zu schützen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) überprüft regelmäßig die Sicherheit dieses Netzes. Außerdem wird dieses Netz aufgrund der sich verändernden Gefährdungen auch sicherheitstechnisch ständig weiterentwickelt . In Reaktion auf die Veröffentlichungen im Juni 2013 hat das BSI eine erneute Prüfung durchgeführt. Dabei wurden keine Anhaltspunkte dafür gefunden , dass die Sicherheitsvorkehrungen des Netzes überwunden wurden. Zur Aufklärung der aktuellen Spionagevorwürfe hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine Sonderauswertung (SAW) eingerichtet. Die Auswertung der Informationen dauert noch an. Dem BfV liegen bislang keine Erkenntnisse vor, dass amerikanische Dienste Zugang zur Kommunikationsinfrastruktur in Deutschland haben. e) Aufgrund welcher Erkenntnisse wurde im Juli 2013 eines der Mobiltelefone von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel ausgetauscht (so WirtschaftsWoche Online, 25. Oktober 2013)? Die Bundesregierung gibt keine Auskünfte über die konkrete Verwendung von Kommunikationsmitteln, da dies Rückschlüsse auf das Kommunikations-, Abstimmungs - und Entscheidungsverhalten der Bundeskanzlerin zuließe. Dies zählt zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen parlamentarisch grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt. Die Bundesregierung sieht daher von einer Antwort ab. f) Wie überwachte die NSA nach Kenntnis der Bundesregierung welche Telefone der Bundeskanzlerin, und erfasste dabei welche Datenarten (z. B. Verkehrsdaten, Positionsdaten, Inhaltsdaten)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, ob und welche Telefone der Bundeskanzlerin durch die NSA überwacht und welche Datenarten dabei erfasst wurden. g) Seit wann hatte die Bundesregierung welche Hinweise auf die Überwachung der Telefone der Bundeskanzlerin, und aus welcher Quelle stammten diese Hinweise jeweils? Aufgrund der Recherche des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ hat die Bundesregierung Hinweise erhalten, die darauf hindeuten, dass das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin durch die NSA abgehört worden sein könnte. Drucksache 18/162 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode h) Warum informierte die Bundesregierung weder vor dem Wahltag noch danach den Deutschen Bundestag und die Öffentlichkeit von ihren Erkenntnissen und den Ergebnissen etwaiger Überprüfungen? Die Bundesregierung informiert regelmäßig und zeitnah die zuständigen parlamentarischen Gremien. 2. Warum führte erst ein Hinweis nebst Anfrage des Magazins „DER SPIEGEL“ nach der Bundestagswahl zu einer Prüfung und Neubewertung seitens der Bundesregierung und der Bestätigung des Verdachts, die Kommunikation der Bundeskanzlerin werde abgehört? Vor der Veröffentlichung des Magazins „DER SPIEGEL“ hatte die Bundesregierung keine Anhaltspunkte für den Verdacht, das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin könnte abgehört worden sein. 3. Welche Erkenntnisse erlangte die Bundesregierung vor dem Wahltag am 22. September 2013 darüber, dass die NSA ihre Kommunikation und v. a. die der Bundeskanzlerin überwache, und dass Edward Snowdens Hinweise mehr als bis dahin eingeräumt zutreffen? 4. Welche neuen Erkenntnisse hat die Bundesregierung seit dem 23. September 2013 erlangt, als sie auf die dahingehende Schriftliche Frage 23 des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele antwortete, ihr lägen weder Anhaltspunkte noch belastbare Hinweise auf die Überwachung von Regierungskommunikationen vor (Bundestagsdrucksache 17/14803)? Die Fragen 3 und 4 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Keine. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 5. a) Welche bisherigen deutschen Bundeskanzler außer Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Regierungsmitglieder, Vertreterinnen oder Vertreter nachgeordneter Behörden und diplomatischer Vertretungen wurden durch die NSA und andere Geheimdienste nach Kenntnis der Bundesregierung überwacht (bitte nach betroffenen Regierungsmitgliedern bzw. nachgeordneten Behörden oder Vertretungen, nach Zeiträumen und Urhebern aufschlüsseln)? b) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass auch als Verschlusssachen eingestufte Kommunikationsvorgänge abgehört wurden ? c) Für welche Überwachungsvorgänge liegen Beweise vor? d) Hinsichtlich welcher Überwachungsvorgänge existieren begründete Verdachtsmomente? e) Von wo aus auf deutschem Boden oder anderswo, und in welcher Weise, überwachte die NSA nach Kenntnis der Bundesregierung die deutsche Regierungskommunikation? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Frage über eine Überwachung deutscher Regierungsmitglieder, Vertreterinnen oder Vertreter nachgeordneter Behörden und diplomatischer Vertretungen durch die NSA oder andere ausländische Geheimdienste vor. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/162 6. Welche weiteren Regierungschefs und Staatsoberhäupter welcher anderen Staaten wurden oder werden nach Kenntnis der Bundesregierung durch die NSA vergleichbar überwacht? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über eine Überwachung von Regierungschefs und Staatsoberhäuptern anderer Staaten durch die NSA vor. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 7. Welche Maßnahmen gegen die Überwachung der Regierungskommunikation durch fremde Geheimdienste insgesamt hat die Bundesregierung getroffen a) vor der Bundestagswahl am 22. September 2013, b) nach der Bundestagswahl? Die Regierungskommunikation wird grundsätzlich und zu jedem Zeitpunkt durch umfassende Maßnahmen geschützt. So stützt sich die interne Festnetzkommunikation der Regierung im Wesentlichen auf den IVBB, der von T-Systems /Deutsche Telekom betrieben wird und dessen Sicherheitsniveau durchgängig (Sprache & Daten) die Kommunikation von Inhalten bis zum Einstufungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ zulässt. Im Mobilbereich erlaubt das Smartphone SecuSUITE auf Basis Blackberry 10 die Kommunikation von Inhalten ebenfalls bis zum Einstufungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“. Das BfV hat im Rahmen von Vorträgen bei Behörden und Multiplikatoren sowie in anlassbezogenen Einzelgesprächen regelmäßig auf die Gefahren hingewiesen , die sich aus der Tätigkeit fremder Nachrichtendienste ergeben. Dabei wurde stets das Erfordernis angesprochen, Kommunikationsmittel vorsichtig zu handhaben . Das BfV hat ferner Luftaufnahmen von Liegenschaften der USA in Deutschland angefertigt, um deren Dachaufbauten dokumentieren zu können. 8. Warum haben weder das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) noch das für Spionageabwehr zuständige Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) rechtzeitig veranlasst, dass die Bundeskanzlerin die Regierungskommunikation über ein durch ihre Partei gestelltes, kaum geschütztes Mobiltelefon unterlässt, welches daraufhin wohl leichter durch die NSA überwacht werden konnte (vgl. FAZ.NET, 24. Oktober 2013)? Der Bundeskanzlerin stehen zur dienstlichen Kommunikation kryptierte Kommunikationsmittel (mobil und festnetzgebunden) zur Verfügung, die vom BSI zugelassen sind und die entsprechend des Schutzbedarfs der dienstlichen Kommunikation genutzt werden, sofern die Möglichkeit zur Kryptierung auch beim Kommunikationspartner besteht. Kooperation deutscher Geheimdienste mit anderen Geheimdiensten wie der NSA und Verdacht des Ringtauschs von Daten 9. a) Führten und führen deutsche Nachrichtendienste Dateien mit personenbezogenen Daten ohne gesetzlich vorgesehene Errichtungsanordnung und/oder ohne Beteiligung des Bundesbeauftragten für Datenschutz und die Informationsfreiheit, etwa im – so deklarierten – „Probebetrieb“? Drucksache 18/162 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Wenn ja, wie viele Dateien bei welchem Nachrichtendienst seit 2006, und je wie lange? Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 16 auf Bundestagsdrucksache 18/115 des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele vom 22. November 2013 wird verwiesen. c) Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass diese Vorgehensweise unzulässig ist (wenn nein, bitte mit ausführlicher Begründung )? Die Bundesregierung teilt die Auffassung der Fragesteller, dass nach § 6 des Bundesnachrichtendienstgesetzes (BNDG) bzw. § 8 des Gesetzes über den militärischen Abschirmdienst (MADG) i. V. m. § 14 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) für die Nutzung automatisierter Dateien zur Auftragserfüllung der Erlass einer Dateianordnung erforderlich ist. 10. a) Prüfen deutsche Nachrichtendienste vor Speicherung erhaltener personenbeziehbarer Daten ausländischer Nachrichtendienste rechtlich, ob diese Daten nach deutschem Recht hätten erhoben werden dürfen? b) Falls ja, wie sieht diese Prüfung konkret aus? Die Datenerhebung personenbezogener Daten im Ausland durch ausländische Nachrichtendienste richtet sich nach dem für die ausländischen Nachrichtendienste geltenden nationalen Recht. Die Speicherung personenbezogener Daten stellt einen eigenständigen Grundrechtseingriff dar, der dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unterfällt. Die deutschen Nachrichtendienste prüfen daher vor jeder Speicherung personenbezogener Daten – und damit auch vor der Speicherung personenbezogener Daten, die sie von ausländischen Nachrichtendiensten erhalten haben –, ob die Daten für die Erfüllung der jeweiligen gesetzlichen Aufgaben erforderlich sind. 11. Protokollieren deutsche Nachrichtendienste jede Übermittlung personenbeziehbarer Daten von und an ausländische Nachrichtendienste? Übermittlungen personenbezogener Daten durch deutsche Nachrichtendienste an ausländische Nachrichtendienste erfolgen auf der Grundlage des § 19 Absatz 3 BVerfSchG. Dessen Satz 3 sieht vor, dass die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische Stellen aktenkundig zu machen ist. Diese Regelung gilt für das BfV unmittelbar, für den BND über den Verweis in § 9 Absatz 2 BNDG, für den MAD über denjenigen in § 11 Absatz 1 Satz 1 MADG. Eine Protokollierung von Übermittlungen personenbezogener Daten von ausländischen Nachrichtendiensten an deutsche Nachrichtendienste ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Solche Übermittlungen werden allerdings je nach Bedeutung des Einzelfalls dokumentiert. 12. Übermitteln deutsche Nachrichtendienste personenbezogene Daten auch an ausländische Unternehmen, die im Dienst amerikanischer Geheimdienste stehen? Personenbezogene Daten dürfen unter den engen gesetzlichen Voraussetzungen des § 19 Absatz 4 BVerfSchG bzw. des § 11 Absatz 1 Satz 1 MADG i. V. m. § 19 Absatz 4 BVerfSchG auch an nicht-öffentliche ausländische Stellen übermittelt werden. MAD und BfV sind gesetzlich verpflichtet, zu derartigen Übermittlun- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/162 gen einen Nachweis zu führen. Im Jahr 2013 erfolgten durch BfV und MAD bisher keine solchen Übermittlungen. Der BND übermittelt keine personenbezogenen Daten im Sinne der Fragestellung . Schutzmaßnahmen der Bundesregierung gegen die Überwachung deutscher Internet - und Telekommunikation durch ausländische Nachrichtendienste, insbesondere durch die NSA 13. Bewertet die Bundesregierung die Versicherungen der NSA und des britischen Geheimdienstes GCHQ, auf deutschem Boden gelte deutsches Recht und die USA unternähmen nichts entgegen deutschen Interessen, immer noch als glaubwürdig (so Pressestatement von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla vom 12. August 2013)? Sofern die Hinweise auf eine mögliche Überwachung des Mobiltelefons der Bundeskanzlerin durch die NSA verifiziert werden können, würde dies auf die Aussagen der NSA aus den zurückliegenden Wochen ein neues Licht werfen. Verantwortliche der NSA hatten Vertretern der Bundesregierung und der deutschen Nachrichtendienste mündlich wie schriftlich versichert, dass die NSA nichts unternehme, um deutsche Interessen zu schädigen und sich an alle Abkommen halte, die mit der Bundesregierung – vertreten durch deutsche Nachrichtendienste – geschlossen wurden. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla hat daher am 24. Oktober 2013 erklärt, dass er auf eine vollständige und schnelle Aufklärung aller neuen Vorwürfe dränge und veranlasst habe, dass Aussagen, die die NSA in den vergangenen Wochen und Monaten mündlich wie schriftlich vorgelegt hat, erneut überprüft werden. Er hat weiterhin erklärt, dass er von der US-Seite die Klärung aller neuen Vorwürfe erwarte. Hinsichtlich der Aussagen des GCHQ gibt es keine Anhaltspunkte , diese anzuzweifeln. 14. Bewertet die Bundesregierung die Versicherung der USA immer noch als glaubwürdig, durch PRISM und weitere Programme würde nicht massenhaft und anlasslos Kommunikation über das Internet aufgezeichnet, sondern lediglich gezielt die Kommunikation Verdächtiger in den Bereichen Terrorismus, organisierte Kriminalität und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen gesammelt (so in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/14560)? Auf die Antwort zu den Fragen 2 und 13 wird verwiesen. Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine neuen Erkenntnisse vor, die zu einer Änderung der Bewertung, wie in der Vorbemerkung der Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/14560 vom 14. August 2013 dargelegt , führen. 15. a) Welche Antworten auf die Schreiben, Anfragen und Fragenkataloge von Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung und von Bundesministerien seit Juni 2013 an die USA und Großbritannien bezüglich Kommunikationsüberwachung hat die Bundesregierung mittlerweile erhalten? b) Welchen Inhalt hatten diese Antworten? c) Inwieweit haben die Antworten zur Aufklärung beigetragen? d) Welche Fragen sind danach aus Sicht der Bundesregierung noch offen und unbeantwortet? Drucksache 18/162 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode e) Wann hat die Bundesregierung in welcher Weise die noch ausstehenden wahrheitsgemäßen Antworten angemahnt oder wird dies tun? Das Bundesministerium der Justiz hat am 2. Juli 2013 ein Schreiben des britischen Lordkanzlers und Justizministers, The Rt Hon. Chris Grayling MP, erhalten . Darin wurden die Rahmenbedingungen der Arbeit der Sicherheits- und Nachrichtendienste Großbritanniens erläutert. Das Schreiben der Bundesministerium der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, vom 12. Juni 2013 an den United States Attorney General Eric Holder ist bislang unbeantwortet. Die Bundesministerin der Justiz hat mit Schreiben vom 24. Oktober 2013 an Eric Holder an die gestellten Fragen erinnert. Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat bislang noch keine explizite Beantwortung der an die US-Botschaft übermittelten Fragenkataloge erhalten. Gleichwohl wurden in verschiedenen Gesprächen Hintergründe zu den in Rede stehenden Überwachungsmaßnahmen amerikanischer Stellen dargelegt. Begleitend wurde auf Weisung des US-Präsidenten ein Deklassifizierungsprozess in den USA eingeleitet. Nach Auskunft der Gesprächspartner auf US-Seite werden im Zuge dieses Prozess die vom BMI erbetenen Informationen zur Verfügung gestellt werden können. Dieser dauert jedoch an. Unabhängig davon hat das BMI mit Schreiben vom 24. Oktober 2013 an die noch ausstehende Beantwortung erinnert und zudem einen weiteren Fragenkatalog zur angeblichen Ausspähung des Mobiltelefons der Bundeskanzlerin übersandt. Die britische Botschaft hat am 24. Juni 2013 auf den BMI-Fragenkatalog geantwortet und darum gebeten, die offenen Fragen unmittelbar zwischen den Nachrichtendiensten Deutschlands und Großbritanniens zu besprechen. In Folge dessen fanden verschiedene Expertengespräche statt. In Bezug auf einen weiteren Fragenkatalog an die britische Botschaft im Hinblick auf angebliche Abhöreinrichtungen auf dem Dach der Botschaft hat der britische Botschafter mit Schreiben vom 7. November 2013 eine Aufklärung auf nachrichtendienstlicher Ebene in Aussicht gestellt. 16. Wie weit sind zwischenzeitlich die Verhandlungen über das von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla vor der Bundestagswahl angekündigte „NoSpy -Abkommen“ mit den USA gediehen (Pressestatements von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla vom 12. und 19. August 2013)? Der BND hat auf Veranlassung der Bundesregierung Verhandlungen mit der USamerikanischen Seite mit dem Ziel aufgenommen, eine Vereinbarung abzuschließen , die die zukünftige Zusammenarbeit regelt und u. a. ein gegenseitiges Ausspähen grundsätzlich untersagt. Die Verhandlungen dauern an. 17. Haben sich die USA durch irgendein Abkommen oder auf andere Weise bisher gegenüber Deutschland förmlich dazu verpflichtet, von deutschem Boden aus bzw. auf deutschem Boden Spionagetätigkeit sowie Kommunikationsüberwachung deutscher Stellen oder Personen zu unterlassen und/ oder deutsche Gesetze stets einzuhalten? Eine derartige Verpflichtung gegenüber Deutschland besteht auf deutschem Hoheitsgebiet grundsätzlich für alle Staaten. Im Übrigen gilt: 1. Nach Artikel 41 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WÜD) und Artikel 55 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) sind die Mitglieder einer diplomatischen Mission bzw. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/162 konsularischen Vertretung in Deutschland verpflichtet, die Gesetze und anderen Rechtsvorschriften Deutschlands zu beachten. Aus Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d WÜD und Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c WÜK folgt, dass diplomatische Missionen und konsularische Vertretungen sich nur mit „rechtmäßigen Mitteln“ über die Verhältnisse im Empfangsstaat unterrichten dürfen . Die Beschaffung von Informationen zur Berichterstattung an den Entsendestaat darf daher nur im Rahmen der nach deutschem Recht gesetzlich zulässigen Möglichkeiten erfolgen. 2. Nach Artikel II des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen sind US-Streitkräfte in Deutschland verpflichtet, deutsches Recht zu achten. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind als Entsendestaat verpflichtet, die hierfür erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Der Geschäftsträger der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Berlin hat dem Auswärtigen Amt am 2. August 2013 schriftlich versichert, dass die Aktivitäten von Unternehmen, die von den US-Streitkräften in Deutschland beauftragt wurden, im Einklang mit allen anwendbaren Gesetzen und internationalen Vereinbarungen stehen. 18. Hat die Bundesregierung Hinweise darauf, dass die NSA die Kommunikation des Deutschen Bundestages oder von Mitgliedern des Deutschen Bundestages überwacht oder überwacht hat? Wenn ja, welche, und wann? Für eine Überwachung der Kommunikation innerhalb des Deutschen Bundestags oder seiner Mitglieder hat die Bundesregierung keine Anhaltspunkte. 19. Welche konkreten Maßnahmen gegen die Ausspähung deutscher Internetund Telekommunikation durch ausländische Geheimdienste und die Überwachung deutscher Regierungskommunikation, insbesondere durch die amerikanische NSA und das britische GCHQ, erwägt die Bundesregierung nunmehr nach der offenbar erfolgten Neubewertung der Verdachtsmomente gegen die USA? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Im Übrigen geht die Spionageabwehr weiterhin jedem begründeten Verdacht illegaler nachrichtendienstlicher Tätigkeit in Deutschland – auch gegenüber den Diensten der USA und Großbritanniens – nach. 20. Wird die Bundesregierung sich nunmehr entsprechend der Resolution des Europäischen Parlaments vom 22. Oktober 2013 für die Aussetzung des SWIFT-Abkommens (Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung für die Zwecke des Programms der USA zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus) einsetzen ? 21. Wird die Bundesregierung nunmehr die Übermittlung von Bankdaten an die USA nach diesem Abkommen bis zur Klärung des Verdachts der Überwachung deutscher Internet- und Telekommunikation aussetzen lassen? Die Fragen 20 und 21 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam be- antwortet. Drucksache 18/162 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutschland ist nicht Vertragspartei des Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung aus der Europäischen Union an die Vereinigten Staaten von Amerika für die Zwecke des Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP-Abkommen, auch SWIFT-Abkommen genannt). Es ist Aufgabe der Europäischen Kommission zu klären, ob die in der Presse erhobenen Vorwürfe zutreffen, dass die NSA unter Umgehung des TFTP-Abkommens direkten Zugriff auf den Server des Anbieters von internationalen Zahlungsverkehrsdatendiensten SWIFT nimmt. Die Europäische Kommission ist nach Abschluss ihrer Untersuchungen zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die USA gegen das TFTP-Abkommen verstoßen haben. Ein Anlass dafür, das Abkommen auszusetzen, liegt daher derzeit nicht vor. 22. Hält die Bundesregierung, unabhängig von der gegenwärtig durch die Europäische Kommission durchgeführten laufenden Evaluation des SafeHarbour -Abkommens, alle Teile dieses Abkommens für unproblematisch und fortsetzungsfähig? 23. Wird die Bundesregierung im Rat der Europäischen Union darauf hinwirken , dass die Europäische Union das Safe-Harbor-Abkommen mit den USA aussetzt und im Einklang mit dem Datenschutzrecht der Europäischen Union umgehend neu verhandelt, weil aufgrund der bekannt gewordenen geheimdienstlichen Zugriffe auf die Datenbestände privater Unternehmen nicht mehr von einem vergleichbaren Datenschutzniveau in den USA ausgegangen werden kann? Die Fragen 22 und 23 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung setzt sich für eine Verbesserung des Safe Harbor-Modells und eine Überarbeitung der Regelungen zur Drittstaatenübermittlung in der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (Kapitel V) ein. Sie hat sich wiederholt für die zeitnahe Veröffentlichung des von der Kommission angekündigten Evaluierungsberichts zum Safe Harbor-Abkommen ausgesprochen und gleichzeitig einen Vorschlag zur Verbesserung des Safe Harbor-Modells in die Verhandlungen in der Ratsarbeitsgruppe DAPIX eingebracht. Ziel dieses Vorschlags ist es, in der Datenschutz-Grundverordnung einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, in dem festgelegt wird, dass von Unternehmen, die sich Modellen wie Safe Harbor anschließen, angemessene Garantien zum Schutz personenbezogener Daten als Mindeststandards übernommen werden müssen, dass diese Garantien wirksam kontrolliert und Verstöße gebührend sanktioniert werden. 24. a) Teilt die Bundesregierung die Auffassung etwa des Präsidenten des Europäischen Parlaments, die Gespräche mit den USA über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP/TAFTA sollten bis zur Klärung des Verdachts der Überwachung deutscher Internet- und Telekommunikation ausgesetzt werden? b) Wird die Bundesregierung sich auf Ebene der Europäischen Union hierfür einsetzen? c) Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung unterstützt die Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Die transatlantischen Beziehungen und die Verhandlungen über die TTIP sind für Deutschland von überragen- der politischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Ein Aussetzen der Verhandlun- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/162 gen wäre aus Sicht der Bundesregierung nicht zielführend, um die im Raum stehenden Fragen im Bereich NSA-Abhörvorgänge und damit verbundene Fragen des Datenschutzes zu klären. Die Bundesregierung setzt sich gleichzeitig dafür ein, dass sich die im Zusammenhang mit den Abhörvorgängen stellenden Datenschutzfragen aufgeklärt und in geeigneter Form angesprochen werden. 25. a) Hat sich die Bundesregierung auf dem Europäischen Rat von Brüssel am 24./25. Oktober 2013 für eine Verabschiedung der Datenschutzreform der Europäischen Union noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 ausgesprochen? b) Falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die Verhandlungen über die Datenschutzreform entschieden vorangehen. Sie begrüßt das mit dem Vorschlag der Datenschutz-Grundverordnung verfolgte Ziel der EU-Harmonisierung, um gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen und den Bürgern im digitalen Binnenmarkt ein einheitlich hohes Datenschutzniveau zu bieten. Es gilt, ein Regelwerk zu schaffen, das schlüssige, praxisbezogene Konzepte zum Schutz der Betroffenen enthält und den Herausforderungen der digitalen Gesellschaft gerecht wird. Gegenwärtig sind trotz intensiver Arbeiten für eine große Anzahl von Mitgliedstaaten noch wichtige Fragen offen. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Bundesregierung den Beschluss des Europäischen Rates, worin die entscheidende Bedeutung einer rechtzeitigen Verabschiedung eines soliden EUDatenschutzrahmens für die Vollendung des Digitalen Binnenmarktes bis zum Jahr 2015 betont wird. 26. Welche sonstigen Maßnahmen erwägt die Bundesregierung, um den Forderungen nach Aufklärung und Beendigung der mutmaßlich massenhaften Überwachung deutscher Internet- und Telekommunikation gegenüber den USA und Großbritannien Nachdruck zu verleihen? Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen 16 und 17 auf Bundestagsdrucksache 18/51 der Abgeordneten Petra Pau vom 8. November 2013 wird verwiesen. 27. Ist die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund der Enthüllungen um eine offenbar systematische Ausspähung von deutschen Bürgerinnen und Bürgern, von Berufsgeheimnisträgerinnen und -trägern sowie von Wirtschaft und Politik weiterhin der Ansicht, dass das in der 17. Legislaturperiode eingerichtete Cyber-Abwehrzentrum tatsächlich im Stande ist, diesen Herausforderungen adäquat zu begegnen, oder bedarf es vielmehr einer „grundlegenden Neuausrichtung der Spionageabwehr“? Das Nationale Cyber-Abwehrzentrum wirkt als Informationsdrehscheibe und arbeitet unter Beibehaltung der Aufgaben und Zuständigkeiten der beteiligten Behörden auf kooperativer Basis. Spionageabwehr fällt in den Zuständigkeitsbereich des BfV, die Abwehr von Angriffen auf die Kommunikationsnetze des Bundes in den des BSI. Auch die Arbeit anderer Bundesbehörden weist Berührungspunkte zur Gesamtthematik auf. Drucksache 18/162 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 28. Wann wird die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger , ihr Weisungsrecht gegenüber dem Generalbundesanwalt ausüben, damit dieser – über fünf Monate nach Bekanntwerden der Ausspähung deutscher Internet- und Telekommunikation – ein förmliches Strafermittlungsverfahren einleitet wegen des nach Auffassung der Fragesteller bestehenden Anfangsverdachts diverser Straftaten, etwa der Spionage? Der Generalbundesanwalt prüft im Rahmen von zwei Beobachtungsvorgängen, ob hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer in seine Zuständigkeit fallenden Straftat vorliegen. Es besteht kein Anlass, eine entsprechende Weisung zu erteilen. 29. Teilt die Bundesregierung die durch die Rechtsprechung anerkannte Bewertung (vgl. BGHSt 38, 214, 227; BGH NStZ 1983, 86; BayOBlG StV 2005, 430), dass im Einzelfall der Generalbundesanwalt die Befragung von Auskunftspersonen zur Klärung eines Anfangsverdachts durchführen kann, wenn eine Klärung auf diese Weise schneller oder nur so zu erwarten und die Auskunftsperson auf freiwilliger Basis zu einer Befragung bereit ist? Dem Bundesministerium der Justiz und dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ist die einschlägige Rechtsprechung bekannt. Für informelle Befragungen möglicher Auskunftspersonen sieht der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof keinen Anlass. 30. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass angesichts der fehlenden, in Frage 28 angesprochenen Weisung weder die Bundesjustizministerin noch die Bundesregierung insgesamt sich darauf zurückziehen können, mangels eines Ermittlungsverfahrens könne der Generalbundesanwalt leider noch nicht zu einer Zeugenbefragung Edward Snowdens nach Moskau reisen oder ein Rechthilfeersuchen dorthin richten lassen? Die Bundesregierung teilt die Auffassung nicht. Ein Rechtshilfeersuchen kann nur im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gestellt werden. Auch die Vernehmung von Edward Snowden als Zeugen in Moskau setzt ein Rechtshilfeersuchen voraus. Die Prüfung, ob ein hinreichender Anfangsverdacht für das Vorliegen einer in seine Zuständigkeit liegenden Straftat gegeben ist, obliegt dem Generalbundesanwalt. Von ihm ist auch zu entscheiden, ob die Vernehmung eines Zeugen in einem Ermittlungsverfahren erforderlich ist. 31. a) Liegt der Bundesregierung ein vorsorgliches Auslieferungsersuchen der USA bezüglich Edward Snowden vor für den Fall, dass dieser nach Deutschland komme (so die Bundesjustizministerin in RBB-Inforadio 28. Oktober 2013)? b) Wenn ja, seit wann? Die US-amerikanische Botschaft in Berlin hat mit Verbalnote vom 3. Juli 2013, am selben Tag beim Auswärtigen Amt eingegangen, um vorläufige Inhaftnahme ersucht. c) Wie ist dieses Ersuchen innerhalb der Bundesregierung bisher behandelt worden? Über das Ersuchen auf vorläufige Inhaftierung hat die Bundesregierung noch nicht entschieden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/162 d) Inwieweit trifft die Darstellung der Bundesjustizministerin (a. a. O.) zu, Teile der Bundesregierung hätten sich bereits für eine vorsorgliche förmliche Zusage an die USA auf dieses Ersuchen hin ausgesprochen? Welche Bundesminister taten dies? Über das Ersuchen um Festnahme und Auslieferung von verfolgten Personen ist im Einvernehmen aller betroffenen Bundesressorts zu entscheiden, § 74 Absatz 1 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Die Meinungsbildung der Bundesregierung, sowohl hinsichtlich der Erörterung im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen , die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht, gehört zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen parlamentarisch grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ, Beratungs - und Handlungsbereich einschließt. Eine Stellungnahme der Bundesregierung ist nicht beabsichtigt. e) An welche weiteren Staaten richteten die USA nach Kenntnis der Bundesregierung derartige Ersuchen? Soweit der Bundesregierung bekannt ist, hat die US-amerikanische Regierung entsprechende Ersuchen auch an andere Staaten gerichtet. Um welche Staaten es sich hierbei genau handelt, ist der Bundesregierung jedoch nicht bekannt. 32. Will die Bundesregierung ihre rechtlichen Möglichkeiten nach dem Auslieferungsabkommen mit den USA nutzen und die Auslieferung von Edward Snowden gegebenenfalls verweigern? Die Bundesregierung gibt keine Einschätzung zu hypothetischen Fragestellungen ab. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333