Deutscher Bundestag Drucksache 18/1628 18. Wahlperiode 04.06.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1444 – Hartz-IV-Verwaltungspraxis – Vorschläge zur sogenannten Rechtsvereinfachung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit Juni 2013 arbeitet eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe an Vorschlägen zu einer Rechtsvereinfachung bei Hartz IV. Der Begriff der Rechtsvereinfachung suggeriert, dass die Anwendung und Lesbarkeit der Regelungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) einfacher, übersichtlicher und verständlicher werden. Inwieweit die zwischenzeitlich in einigen Zeitungen publik gewordenen Vorschläge von der Bundesregierung aufgegriffen werden, ist noch nicht entschieden. Bislang weigert sich die Bundesregierung, zu einzelnen Vorschlägen inhaltlich Stellung zu beziehen. Die Bundesregierung gibt auch keine Auskünfte über den aktuellen Stand der Beratungen und evtl. vorgelegte eigene Vorschläge. Gleichwohl wird die Bundesregierung keine Auskunft zu einigen ausgewählten Bereichen der bisherigen SGB-II-Verwaltungspraxis verweigern können. Von exemplarischem Interesse sind hier zunächst Fragen zum Mehrbedarfszuschlag für alleinerziehende Mütter, zu automatisierten Datenabgleichen, zu Selbstständigen im Hartz-IV-Leistungsbezug sowie zu temporären Bedarfsgemeinschaften . Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bereitstellung von Jahresergebnissen bzw. Jahresdurchschnittswerten ist in der Grundsicherungsstatistik grundsätzlich sehr aufwändig und zeitintensiv. Es werden daher Ergebnisse jeweils für den Dezember des Jahres ausgewiesen. Darüber hinaus sind Auswertungen aus der integrierten Grundsicherungsstatistik erst ab dem Jahr 2007 möglich. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 2. Juni 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Wie ist der Verfahrensstand bei der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Rechtsvereinfachung im SGB II? Drucksache 18/1628 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Wie viele Treffen haben zu welchen Themenfeldern bislang stattgefunden? 3. Aus welchen Gründen ist die Expertise von Erwerbslosen und Gewerkschaften nicht in die Beratungen einbezogen worden? 4. Wie viele Treffen sind derzeit noch zu welchen Themenfeldern geplant? 5. Für welchen Termin ist die Vorlage eines Abschlussberichts vorgesehen? 6. Wann wird die Bundesregierung das Parlament über die Beratungen und das Ergebnis der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Rechtsvereinfachung“ informieren ? 7. Wann wird die Bundesregierung inhaltlich Stellung beziehen zu den Vorschlägen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe? 8. Wann sollen mögliche Gesetzesänderungen bei Hartz IV in Kraft treten? 9. Mit welcher Begründung verweigert die Bundesregierung bislang Informationen zu konkret vorgelegten Vorschlägen und deren Bewertung im Rahmen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe – insbesondere nach Vorlage des Zwischenberichts vom 4. September 2013 für die Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK)? Die Fragen 1 bis 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Arbeitsgruppe Rechtsvereinfachung im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wurde aufgrund eines Beschlusses der 89. Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales (ASMK) vom November 2012 eingerichtet. Die 90. ASMK hat im November 2013 die Fortführung der Arbeitsgruppe beschlossen. Deren Ziel ist die Identifizierung konsensualer Vorschläge zur Vereinfachung des passiven Leistungsrechts – einschließlich des Verfahrensrechts – im SGB II. Die Arbeitsgruppe hat auf Grundlage der vereinbarten offenen Arbeitsweise in nichtöffentlichen Diskussionen auf Fachebene konkrete Vereinfachungsbedarfe im SGB II ermittelt und Lösungsansätze untersucht. Damit konnte eine sachliche, ergebnisoffene Argumentation und Diskussion zunächst ohne vorherige Abstimmung auf Seiten der Teilnehmer ermöglicht werden. Vor dem Hintergrund der vereinbarten Arbeitsweise war zur Diskussion nur ein begrenzter Teilnehmerkreis zugelassen.. Durch die Teilnahme von in der Praxis mit der Anwendung des SGB II befassten Stellen ist zudem gewährleistet, dass Vereinfachungsbedarfe aus der Praxis berichtet und praxisnahe Lösungen gefunden werden. Ständige Mitglieder der Arbeitsgruppe sind der Bund, die Länder, die Bundesagentur für Arbeit, die kommunalen Spitzenverbände sowie der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge. Anlassbezogen wurde anderen Institutionen eine Beteiligung an der inhaltlichen Arbeit angeboten (z. B. die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit). Zusätzlich wurden je nach Themengebiet Sachverständige aus Rechtsprechung, Verwaltung und Wissenschaft eingeladen. Durch die bewährte Arbeitsweise mit überschaubarem Teilnehmerkreis in acht Workshops konnten Rechtsvereinfachungsbedarfe aus nahezu sämtlichen Themenfeldern des passiven Leistungsrechts im SGB II einschließlich Verfahrensrecht beleuchtet und zu zahlreichen Themenfeldern konsentierte Lösungsansätze gefunden werden, die der ASMK nunmehr zeitnah berichtet werden. Die Konsolidierung von konsentierten Ergebnissen und die Arbeiten an einem Ab- schlussbericht sollen noch vor der 91. AMSK abgeschlossen sein. Weitere Workshops sind nicht geplant. Die Abstimmung über einen Entwurf eines Ab- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1628 schlussberichts wird die Arbeitsgruppe in einem letzten Treffen durchführen. Die Länder haben sich vorbehalten, dass zunächst die ASMK mit dem Bericht befasst wird. Dies soll im schriftlichen Umlaufverfahren geschehen. Erst nach dieser Befassung kann von einer endgültigen Konsentierung der Vorschläge ausgegangen werden. Entsprechend der Vereinbarung der Arbeitsgruppe Rechtsvereinfachung im SGB II sollen die Rechtsänderungsvorschläge in Betracht gezogen werden, die mehrheitlich befürwortet worden sind. Die konkrete Umsetzung von Rechtsänderungen unterliegt allerdings der politischen Willensbildung; d. h. sie bleibt einem regulären Gesetzgebungsverfahren vorbehalten. Dies soll noch im Jahr 2014 in Angriff genommen werden. 10. Wie viele Alleinerziehende beziehen Leistungen nach dem SGB II (bitte jährliche Durchschnittsdaten seit dem Jahr 2005 und differenziert nach Frauen und Männern)? Im Dezember 2013 gab es 610 000 alleinerziehende erwerbsfähige Leistungsberechtigte , davon waren 573 000 oder 94 Prozent weiblich und 37 000 oder 6 Prozent männlich. Eine Zeitreihe ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Tabelle 1: Alleinerziehende erwerbsfähige Leistungsberechtigte 11. Wie hoch ist der Anteil der Alleinerziehenden, die SGB-II-Leistungen beziehen , an allen Alleinerziehenden (SGB-II-Quote, jährlicher Durchschnitt seit dem Jahr 2005)? Es ist möglich, die alleinerziehenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auf die Alleinerziehenden in der Bevölkerung zu beziehen und damit eine SGB-IIQuote zu berechnen. Die Daten zur Bevölkerung stammen dabei aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes und basieren auf einer Stichprobenbefragung . Demnach lag die SGB-II-Quote der Alleinerziehenden im Dezember 2013 bei 39 Prozent und hat sich seit Dezember 2007 (42 Prozent) um 3 Prozentpunkte verringert. Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dezember-Monate 2007 bis 2013, Datenstand: Mai 2014 Drucksache 18/1628 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Tabelle 2: SGB-II-Quote von Alleinerziehenden 12. Wie viele Alleinerziehende im SGB-II-Leistungsbezug sind statistisch jeweils arbeitslos, erwerbstätig, in einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme oder stehen wegen der Erziehung eines Kindes bis drei Jahre oder der Pflege einer bzw. eines Angehörigen (nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 und 4 SGB II) dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung (soweit verfügbar bitte jeweilige Daten seit dem Jahr 2005)? In der Grundsicherungsstatistik können die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ausgewiesen werden, die arbeitslos oder erwerbstätig sind. Im Dezember 2013 gab es etwa 610 000 alleinerziehende erwerbsfähige Leistungsberechtigte, davon waren 245 000 oder 40 Prozent arbeitslos und 218 000 oder 36 Prozent erwerbstätig. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass ein Teil der Erwerbstätigen auch gleichzeitig arbeitslos sein kann, wenn die Beschäftigung weniger als 15 Wochenstunden umfasst. Tabelle 3: Arbeitslose und erwerbstätige erwerbsfähige Leistungsberechtigte , darunter Alleinerziehende Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dezember-Monate 2007 bis 2013, Datenstand: Mai 2014 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dezember-Monate 2007 bis 2013, Datenstand: Mai 2014 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1628 Aus der Förderstatistik der Bundesagentur für Arbeit kann entnommen werden, wie viele Alleinerziehende im Dezember 2013 an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teilnahmen. So gab es etwa 70 000 alleinerziehende Teilnehmer im Rechtskreis des SGB II (Zuordnung anhand der Kostenträgerschaft). Tabelle 4: Alleinerziehende Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik Aus der Arbeitslosenstatistik lässt sich darüber hinaus ermitteln wie viele Alleinerziehende Leistungen empfangen und im Rechtskreis SGB II gemeldet sind, aber den Sondertatbestand des § 10 Absatz 3 und 4 SGB II erfüllen und daher als Nichtarbeitslose gelten. Im Dezember 2013 fielen insgesamt etwa 100 000 Personen unter diese Regelung, davon standen etwa 95 000 wegen Erziehung eines Kindes unter 3 Jahren nicht zur Vermittlung zur Verfügung und etwa 5 000 aufgrund der Pflege Angehöriger. Tabelle 5: Alleinerziehende Leistungsempfänger im Rechtskreis SGB II, die nach §10 SGB II (Absatz 3 und 4) nicht zur Verfügung stehen 13. Welche Gründe sind nach Auffassung der Bundesregierung für die vergleichsweise hohe Hartz-IV-Bedürftigkeit von Alleinerziehenden verantwortlich ? Der vergleichsweise hohe Anteil Alleinerziehender, die Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II haben, lässt sich zum einen damit erklären , dass es für Alleinerziehende eine besondere Herausforderung darstellt, die Kinderbetreuung mit den beruflichen Erfordernissen in Übereinstimmung zu Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dezember-Monate 2007 bis 2013, Datenstand: Mai 2014 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dezember-Monate 2007 bis 2013, Datenstand: Mai 2014 bringen. Beides braucht Zeit, weshalb Alleinerziehende im Vergleich zu Kinder- Drucksache 18/1628 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode losen seltener einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen (können). Zum Anderen wirkt sich das Fehlen eines zweiten Familieneinkommens aus. Mit nur einem Erwerbseinkommen ist es schwieriger, den finanziellen Bedarf einer Familie zu decken. Dies gilt um so mehr, je mehr Kinder in einer Familie leben. In diesem Zusammenhang wird verwiesen auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. betreffend „Alleinerziehende Frauen und Armut“ (Bundestagsdrucksache 17/14518; hier die Vorbemerkung der Bundesregierung und insbesondere die Antwort zu den Fragen 11 und 12). 14. Hält die Bundesregierung die vom Gesetzgeber für die Einführung eines Mehrbedarfszuschlags für Alleinerziehende gegebene Begründung für weiterhin gültig, und wie bewertet die Bundesregierung heute die Mehrbedarfszuschläge für Alleinerziehende? Die im Rahmen des Bundessozialhilfegesetz (BSHG) im Jahr 1985 verankerten Vorschriften und Begründungen zur Einführung eine Mehrbedarfs für Alleinerziehende ist für die heutige Regelbedarfssystematik ohne Bedeutung. Die seit dem Jahr 2011 geltenden Regelbedarfe für Kinder und Jugendliche (SGB XII: Regelbedarfsstufen 4 bis 6 analog § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 und § 23 Absatz 1 SGB II) sind erstmals aus den Verbrauchsausgaben von Familienhaushalten ermittelt worden und nicht mehr aus dem früheren Eckregelsatz (alleinstehend, alleinerziehende Person) abgeleitet. Die auf die Führung eines Haushalts entfallenden Verbrauchsausgaben sind größtenteils bei den Erwachsenen (in diesem Fall: Alleinerziehende und Partner, nach SGB XII Regelbedarfsstufen 1 und 2) berücksichtigt, nur in geringem Umfang aber bei den Regelbedarfsstufen 4 bis 6. Damit steht für einen Mehrpersonenhaushalt (Alleinerziehende mit Kind oder Kindern) für die Kosten des gemeinsamen Haushalts im Wesentlichen nur einmal Regelbedarfsstufe 1 zur Verfügung, der Mehrbedarf Alleinerziehender stellt hierfür einen notwendigen Ausgleich dar. 15. Welche Regeln gelten derzeit für die Berechnung des Mehrbedarfszuschlags für Alleinerziehende? Betrachtet die Bundesregierung die verwaltungstechnische Ermittlung und Abwicklung des Mehrbedarfszuschlags für eine Bedarfsgemeinschaft als einen administrativ aufwändigen Vorgang? 16. Wie hoch ist der Mehrbedarfszuschlag in Euro pro Monat für eine alleinerziehende Person mit ein, zwei oder drei Kindern in der Bedarfsgemeinschaft ? Die Fragen 15 und 16 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die leistungsrechtliche Ausgestaltung der Gewährung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende ist eindeutig in § 21 Absatz 3 SGB II geregelt. Danach wird unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 3 Nummer 1 und 2 ein Mehrbedarf in Höhe von 12, 24, 36, 48 oder (höchstens) 60 Prozent des Regelbedarfs für Alleinstehende/Alleinerziehende von derzeit 391 Euro (§ 20 Absatz 2 Satz 1 i. V. m. Absatz 5) anerkannt (siehe nachstehende Tabelle): Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1628 Tabelle 6: Höhe des Mehrbedarfs für Alleinerziehende In dem durch die Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellten IT-Verfahren A2LL (künftig ALLEGRO) wird der Mehrbedarf für Alleinerziehende unter Berücksichtigung der Zahl und der Altersstufen der Kinder automatisiert errechnet . Zur administrativen Behandlung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende in den IT-Verfahren der zugelassenen kommunalen Träger liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 17. Wie viele Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaften haben ein, zwei oder drei Kinder (jährliche Daten, wenn möglich mit Altersangaben)? Im Dezember 2013 gab es etwa 624 000 Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaften , davon hatten 375 000 (60 Prozent) ein Kind, 177 000 (28 Prozent) zwei Kinder und 52 000 (8 Prozent) drei Kinder. Der Ausweis von einzelnen Altersjahren ist nicht möglich, es könnten nur Altersgruppen (unter 3 Jahren, unter 7 Jahren und unter 15 Jahren) mit Hilfe einer aufwändigeren Sonderauswertung bereitgestellt werden. Tabelle 7: Alleinerziehende Bedarfsgemeinschaften nach Anzahl der Kinder Anzahl und Alter der Kinder Höhe des Mehrbedarfs für eine Alleinerziehende/einen Alleinerziehenden in Prozent und Eurobetrag 12 % 24 % 36 % 48 % 60 % 1 Kind < 7 140,76 Euro 1 Kind > 7 46,92 Euro 2 Kinder < 16 140,76 Euro 2 Kinder > 16 93,84 Euro 1 Kind > 7 und 1 Kind >16 93,84 Euro 3 Kinder 140,76 Euro 4 Kinder 187,68 Euro 5 Kinder 234,60 Euro Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dezember-Monate 2007 bis 2013, Datenstand: Mai 2014 Drucksache 18/1628 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Welche Rechtsgrundlagen regeln den automatischen Datenabgleich von Jobcentern mit welchen anderen Institutionen? Der automatisierte Datenabgleich ist in § 52 SGB II und in der Verordnung über den automatisierten Datenabgleich bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (GrSiDAV) geregelt. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Institutionen, mit denen der Bezug von möglichen anderen Einkünften abgeglichen wird. Tabelle 8: Automatisierter Datenabgleich 19. Welches sind die Ziele des automatischen Datenabgleichs, und in welchem Umfang wurden diese Ziele bislang durch den automatischen Datenabgleich erreicht? Ziel des automatisierten Datenabgleichs ist die Überprüfung von Anspruchsvoraussetzungen und die Vermeidung von Leistungsmissbrauch. Für die Jahre 2005 bis 2013 wurden Überzahlungsbeträge in Höhe von insgesamt rund 619,5 Mio. Euro festgestellt. Die Ergebnisse der zugelassenen kommunalen Träger liegen der Bundesregierung nicht vor und sind daher in dieser Zahl nicht enthalten. 20. In welchem Umfang werden automatische Datenabgleiche pro Jahr durchgeführt und ausgewertet? In welchem Umfang werden für die Durchführung und Auswertung der Datenabgleiche Verwaltungskapazitäten in Anspruch genommen? Welcher Finanzaufwand entsteht durch die Durchführung und Auswertung der automatischen Datenabgleiche? Der automatisierte Datenabgleich nach § 52 SGB II wird viermal jährlich durchgeführt . Die Ergebnisse der Abgleiche werden laufend von den Jobcentern ausgewertet . Institution/Auskunftsstelle Einkünfte/Abgleich Deutsche Post AG ● Laufende und einmalige Rentenzahlungen der gesetzlichen Rentenversicherung ● Laufende und einmalige Rentenzahlung der Unfallversicherung Bundesagentur für Arbeit ● Leistungen der Arbeitsförderung nach dem SGB III Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See ● Laufende und einmalige Rentenzahlungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Deutsche Rentenversicherung ● Einkommen aus geringfügiger und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ● Weitere Leistungen nach dem SGB II ● Leistungen der Träger der Sozialhilfe Bundeszentralamt für Steuern ● Daten nach § 45d Absatz 1 EStG (Kapitalerträge) Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen nach § 81 EStG ● Wegfall der Förderung von Altersvorsorgevermögen (Riester-Rente) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1628 Über den Umfang der für die Durchführung und Auswertung der Datenabgleiche in Anspruch genommenen Verwaltungskapazitäten kann keine Aussage getroffen werden, weil nicht bekannt ist, wie viele der in den Leistungsbereichen der Jobcenter tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dieser Aufgabe betraut sind. Aus dem gleichen Grund sind auch keine Aussagen über den Finanzaufwand möglich. Eine verlässliche Angabe ist lediglich zu den Kosten möglich, die die Bundesagentur für Arbeit der Deutschen Rentenversicherung nach § 5 der Verordnung über den GrSiDAV für die Vermittlung des Datenabgleichs jährlich zu erstatten hat. Für das Jahr 2014 betrug die Aufwandsentschädigung 107 903,39 Euro. 21. Inwieweit ist es zutreffend, dass nach gängiger Verwaltungspraxis im SGB II auch Personen regelmäßig im Wege des automatischen Datenabgleichs überprüft werden, die mit Leistungsbeziehenden in einer Bedarfsgemeinschaft leben, und auf welche Rechtsgrundlagen stützt sich ggf. diese Praxis? Die Bundesagentur für Arbeit bezieht in den automatisierten Datenabgleich auch Personen ein, die selbst keine Leistungen nach dem SGB II beziehen, jedoch Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft sind, in der mindestens eine weitere Person im Leistungsbezug steht. Gestützt wird diese Verwaltungspraxis auf § 52 SGB II. § 52 SGB II bezweckt im Allgemeinen, die missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II zu verhindern. Die Bundesagentur für Arbeit und die zugelassenen kommunalen Träger werden deshalb ermächtigt , personenbezogene Daten über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der Leistungsempfänger auf ihre Richtigkeit im Wege des automatisierten Datenabgleichs zu überprüfen, so dass ein Missbrauch von Sozialleistungen aufgedeckt werden kann. Die Bundesagentur für Arbeit bezieht im Rahmen einer sachgerechten teleologischen Auslegung der Vorschrift auch Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, die keine Leistungen beziehen, in den Datenabgleich ein (z. B. Bezieher von Altersrente). Denn das Einkommen und Vermögen dieser Personen sind unter bestimmten Voraussetzungen beim Leistungsbezieher zu berücksichtigen und von diesem im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten bei der Antragstellung anzugeben oder bei Änderungen nach der Antragstellung dem Jobcenter unverzüglich mitzuteilen. Schließlich hat nach der Gesetzesbegründung zu § 52 SGB II der Datenabgleich den Zweck, das beim Arbeitslosengeld II zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen zu überprüfen (Bundestagsdrucksache 15/1516, S. 64). 22. Inwieweit sieht die Bundesregierung einen Bedarf, automatische Datenabgleiche zu erweitern, und welcher zusätzliche Verwaltungsaufwand geht mit möglichen Erweiterungen – etwa Erweiterung auf Erfassung und Auswertung des Internethandels von SGB-II-Leistungsberechtigten, monatliche statt vierteljährliche Datenabgleiche, Erweiterung auf Antragstellerinnen und Antragsteller statt ausschließlich Leistungsberechtigte, Erweiterungen auf Vermögensanlagen bei Versicherungsunternehmen – jeweils einher? Die Bundesregierung sieht zurzeit keinen Bedarf zur Ausweitung des Datenabgleichs . Drucksache 18/1628 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), wonach zur Kontenabfrage durch Sozialbehörden nach § 93 Absatz 8 der Abgabenordnung (AO) „routinemäßige oder anlasslose Ermittlungen […] im Sozialrecht verfassungsrechtlich ebenso wenig zu rechtfertigen [sind] wie im Bereich des Sozialrechts“ (BVerfG vom 13. Juni 2007 – 1 BvR 1550/03 u. a. Rn. 144) in Bezug auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von automatischen Datenabgleichen, wie sie in § 52 SGB II normiert sind? Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 wurde der automatisierte Datenabgleich verpflichtend geregelt . Ziel ist die Überprüfung von Anspruchsvoraussetzungen und die Vermeidung von Leistungsmissbrauch, die das Bundesverfassungsgericht als Gemeinwohlbelang von erheblicher Bedeutung anerkannt hat (vgl. BVerfG v. 13. Juni 2007 – 1 BvR 1550/03 u. a. – BVerfGE 118, 168, 196). Nach seiner Rechtsprechung kann das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auf normenklarer und bestimmter gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, soweit damit ein legitimer Zweck verfolgt wird und die Beschränkung verhältnismäßig ist. Diesen Anforderungen wird § 52 SGB II nach Auffassung der Bundesregierung gerecht . 24. Welche Konstellationen einer „temporären“ Bedarfsgemeinschaft gibt es, und welche Regelungen bestehen, um in diesen Fällen die Bedarfsdeckung aller involvierten betroffenen Personen zu gewährleisten? Es gibt grundsätzlich zwei Konstellationen einer temporären Bedarfsgemeinschaft . Am häufigsten ist die zeitweise Zuordnung eines Kindes zu den Bedarfsgemeinschaften seiner Eltern im Rahmen des Umgangsrechtes. Dabei sind mehrere Varianten möglich: ● beide Elternteile sind hilfebedürftig, ● der Elternteil, in dessen Haushalt sich das Kind überwiegend aufhält, ist nicht bedürftig, aber der umgangsberechtigte Elternteil, ● der Elternteil, in dessen Haushalt sich das Kind überwiegend aufhält, ist hilfebedürftig, der umgangsberechtigte Elternteil nicht, ● gesonderte Fallgestaltung: Kind wird von beiden Elternteilen zu annähernd gleichen Teilen betreut. Eine weitere Konstellation einer temporären Bedarfsgemeinschaft liegt vor, wenn ein Kind im Rahmen von Maßnahmen der Jugendhilfe/Eingliederungshilfe in einem Heim untergebracht ist und sich zeitweise (an Wochenenden oder in den Ferien) zu Besuch bei den Eltern aufhält. Das Vorliegen temporärer Bedarfsgemeinschaften erfordert aufwändige, tageweise Berechnungen der Ansprüche des Kindes in verschiedenen Bedarfsgemeinschaften und ggf. der Elternteile; diese Berechnungen ziehen für beide Bedarfsgemeinschaften umfangreiche Bewilligungsbescheide mit umfangreichen Berechnungsbögen nach sich. Aktuell gibt es Regelungen zur temporären Bedarfsgemeinschaft in den §§ 22b Absatz 3 Satz 2 Nummer 2, 36 und 38 Absatz 2 SGB II: ● § 22b Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 SGB II: Wird von der Satzungsermächti- gung nach § 22a SGB II Gebrauch gemacht, sollte diese auch eine Regelung für Personen mit erhöhtem Raumbedarf wegen Ausübung des Umgangsrechts enthalten. ● § 36 SGB II: Örtliche Zuständigkeit für die Zeit der Ausübung des Umgangsrechts . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1628 ● § 38 Absatz 2 SGB II: Befugnis einer umgangsberechtigte Person, für die Dauer des Aufenthalts eines Kindes im eigenen Haushalt Leistungen für dieses Kind zu beantragen und entgegenzunehmen. 25. Wie viele Fälle „temporärer“ Bedarfsgemeinschaft sind seit Inkrafttreten des SGB II dokumentiert (jährliche Zahlen seit dem Jahr 2005)? 26. Wie häufig waren in den einzelnen Jahren Kinder auf Kosten der Jugendhilfe im Heim untergebracht und haben für die Tage, in denen sie zu Besuch bei den Eltern waren, Leistungen nach dem SGB II erhalten? 27. Wie hoch waren in den einzelnen Jahren die in diesem Zusammenhang erbrachten jährlichen Leistungen? 28. Wie hat sich der Anteil der temporären Bedarfsgemeinschaften entwickelt, die aufgrund von Trennungen und/oder Scheidungen entstanden sind? Wie viele Personen waren davon in den einzelnen Jahren betroffen? Die Fragen 25 bis 28 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Hierzu liegen der Bundesregierung keine statistischen Angaben vor. 29. Wie viele selbstständig Erwerbstätige beziehen Leistungen nach dem SGB II (bitte jährliche Angaben seit dem Jahr 2005)? 30. Wie hoch ist die durchschnittliche SGB-II-Leistung pro selbstständig erwerbstätiger Person (bitte jährliche Angaben seit dem Jahr 2005, wenn möglich differenziert nach Bedarfsgemeinschaftstyp)? 31. Wie hoch ist die durchschnittliche SGB-II-Leistung pro selbstständig erwerbstätiger Person (bitte jährliche Angaben seit 2005, wenn möglich differenziert nach Bedarfsgemeinschaftstyp)? Die Fragen 29 bis 31 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Im Dezember 2013 gab es 126 000 selbstständig erwerbstätige Arbeitslosengeld -II-Bezieher. Eine Zeitreihe ab dem Jahr 2007 kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Auswertungen zu den Geldleistungen (Zahlungsansprüche: Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, Leistungen für Unterkunft und Heizung, Sozialversicherungsbeiträge und Sonstige Leistungen) werden in der Regel nur nach dem Bedarfsgemeinschaftskonzept durchgeführt, da der Leistungsanspruch in Abhängigkeit vom Haushaltskontext (Größe, Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft) entsteht. Hierfür können die Bedarfsgemeinschaften identifiziert werden, in denen mindestens ein selbstständig erwerbstätiger Arbeitslosengeld-II-Bezieher lebt. Informationen zu den Zahlungsansprüchen liegen derzeit nur bis zum Dezember 2012 vor. In diesem Monat gab es etwa 121 000 Bedarfsgemeinschaften mit mindestens einem selbstständig erwerbstätigen Arbeitslosengeld-II-Bezieher . Die gesamten Zahlungsansprüche beliefen sich auf etwa 104 Mio. Euro. Der durchschnittliche Zahlungsanspruch je Bedarfsgemeinschaft lag damit bei knapp 855 Euro. Informationen zu den Zahlungsansprüchen nach Typ der Bedarfsgemeinschaft können den folgenden Tabellen entnommen werden. Drucksache 18/1628 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Tabelle 9: Selbständig erwerbstätige Alg-II-Bezieher und Zahlungsansprüche für deren Bedarfsgemeinschaften differenziert nach Bedarfsgemeinschaftstypen Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dezember-Monate 2007 bis 2013, Datenstand: Mai 2014 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/1628 32. Wie viele dieser selbstständig erwerbstätigen SGB-II-Leistungsberechtigten wurden durch Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung (insbesondere Ich-AG und Existenzgründerzuschuss) gefördert? 33. Wie viele selbstständig erwerbstätige SGB-II-Leistungsberechtigte sind im Jahr vor der Leistungsbeantragung nach Deutschland zugezogen? Die Fragen 32 und 33 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Hierzu liegen der Bundesregierung keine statistischen Angaben vor. 34. Wie lange ist die durchschnittliche Verweildauer von selbstständig Erwerbstätigen im SGB-II-Bezug (Bestand und Abgang – wenn möglich, jährliche Angaben seit dem Jahr 2005)? Eine Auswertung der Verweildauer ist nur für den Bestand möglich. Unterbrechungen von unter 31 Tagen (z. B. durch einen Wechsel zu einem anderen Träger der Grundsicherung) bleiben unberücksichtigt und sind für die Dauermessung unschädlich. Die Daten sind auf Basis der Personen mit Informationen zur Dauer hochgerechnet. Es ist ein Ausweis nach Dauerkategorien möglich. Zum Berichtsmonat Dezember 2013 gab es etwa 126 000 selbstständig erwerbstätige Arbeitslosengeld-II-Bezieher. Mit etwa 55 000 oder 43 Prozent war der größte Teil bereits seit mindestens 4 Jahren im Bezug. Eine Aufstellung nach weiteren Dauerkategorien ist der folgenden Tabelle zu entnehmen. Tabelle 10: Bisherige Verweildauer der selbständig erwerbstätige ALG-IIBezieher 35. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass selbstständig Erwerbstätige ihren SGB-II-Leistungsanspruch durch ihre Erwerbstätigkeit verringern und damit der Aufforderung des § 1 SGB II („alle Möglichkeiten zur […] Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen“) nachkommen? Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nur eingeschränkt. Der Leistungsanspruch wird selbstredend nur verringert, wenn aus der selbstständigen Tätigkeit anrechenbares Einkommen erwirtschaftet wird. Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dezember-Monate 2007 bis 2013, Datenstand: Mai 2014 Die Jobcenter unterstützen dabei selbständig erwerbstätige Leistungsberechtigte bei der Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Mit den Leistungen zur Eingliede- Drucksache 18/1628 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode rung von Selbstständigen nach § 16c SGB II stehen umfassende Fördermöglichkeiten zur Verfügung, um eine ausreichende wirtschaftliche Tragfähigkeit der Selbstständigkeit zu erreichen und somit die Hilfebedürftigkeit dauerhaft zu beenden. Kann die Hilfebedürftigkeit mit der selbständigen Erwerbstätigkeit nicht überwunden werden, kann der zuständige Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende einen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auf eine andere Tätigkeit verweisen, die mit höherer Wahrscheinlichkeit zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit führt. Nach § 10 Absatz 2 Nummer 5 SGB II ist die Aufnahme einer Arbeit nicht allein deshalb unzumutbar, weil dadurch eine bereits ausgeübte, aber nicht die Existenz sichernde Erwerbstätigkeit aufgegeben werden muss. 36. Hält die Bundesregierung eine Begrenzung der Dauer des SGB-II-Leistungsbezugs für selbstständig erwerbstätige Hartz-IV-Beziehende – etwa zwei Jahre – für verfassungsrechtlich zulässig? Auch selbständig Erwerbstätige sind solange hilfebedürftig, wie sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern können und die erforderliche Hilfe nicht von anderen , insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalten. Aus Verfassungsgründen erhalten sie in diesen Fällen Leistungen zur Bedarfsdeckung. 37. Welche Vor- und Nachteile erkennt die Bundesregierung in einer möglichen Begrenzung der SGB-II-Anspruchsberechtigung für selbstständige SGB-II-Leistungsberechtigte? Eine Begrenzung des Leistungsanspruchs für selbstständige SGB-II-Leistungsberechtigte ist nicht vorgesehen. 38. Gibt es bei der Bundesregierung Überlegungen, eine eigenständige Definition des Arbeitnehmer- bzw. Selbstständigenstatus im SGB II einzuführen? Eine eigenständige Definition des Arbeitnehmer- bzw. Selbstständigenstatus im SGB II ist nicht vorgesehen. 39. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Vorschlag, dass eine Antragstellerin bzw. ein Antragsteller zur Erreichung des Arbeitnehmer- bzw. Selbstständigenstatus nachweisen muss, dass er oder sie in den drei Monaten vor der Antragstellung ein existenzsicherndes Erwerbseinkommen erzielt hat? Die Bundesregierung sieht insoweit derzeit keinen Handlungsbedarf. 40. Wie hoch waren die eingesetzten Mittel der Arbeitsförderung, um selbstständige Leistungsberechtigte bei der Existenzgründung und der Erreichung bedarfsdeckender Einkommen in der Selbstständigkeit zu unterstützen (bitte jährliche Zahlen seit dem Jahr 2005)? Zur Unterstützung von Gründerinnen und Gründer bzw. bereits selbstständigen Beschäftigten im SGB-II-Leistungsbezug stellt der arbeitsmarktpolitische In- strumentenkasten verschiedene Förderleistungen zur Verfügung. Allerdings gibt es vergleichbare Zahlen erst ab dem Jahr 2006. Grund dafür ist, dass die Daten- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/1628 lage zum Haushaltsjahr 2005 insgesamt nicht valide darzustellen ist. Während der Einführungsphase der Grundsicherung gab es deutliche Schwankungen in der Datenqualität bzw. oft auch gar keine vollständigen Daten. Zudem gibt es Leistungen, die – wie Maßnahmen zur Heranführung einer selbständigen Tätigkeit (§ 16 SGB II i. V. m. § 45 Absatz 1 Nr. 4 SGB III) – erst im Jahr 2009 etabliert wurden. Tabelle 11:Ausgaben für Leistungen zur Eingliederung von Selbständigen (BA Gesamt – ohne zugelassene kommunale Träger – bzkT)1 1 Daten der Bundesagentur für Arbeit 2 Das Instrument trat erst am 1. April 2012 in Kraft 3 Im Jahr 2012 ist die Maßnahme in dem Instrument „Aktivierung und berufliche Eingliederung (Maß- nahmen nach § 45 SGB III) aufgegangen und nicht mehr separat darstellbar. 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Einstiegsgeld § 16b SGB II 18 683 715 43 873 207 36 691 839 28 844 119 25 606 514 20 168 096 13 900 489 10 534 717 Darlehen und Zuschüsse §16c Absatz 2 SGB II × × × × × 16 121 648 12 516 312 11 053 252 Beratung/Vermittlung Kenntnisse und. Fertigkeiten nach § 16c Absatz 2 SGB I,22 I × × × × × × 4 810 093 8 511 651 Maßnahmen zur Heranführung Selbständigkeit § 45 SGB III i. V. m. § 16 SGB II3 × × × 3 898 119 8 541 274 5 493 423 × × Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333