Deutscher Bundestag Drucksache 18/1629 18. Wahlperiode 04.06.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Monika Lazar, Volker Beck (Köln), Irene Mihalic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/1373 – Kritik des Europarates an Rassismus und Intoleranz in Deutschland Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) rügt in ihrem am 25. Februar 2014 veröffentlichten Bericht die Bundesregierung für ihren Umgang mit Rassismus und Intoleranz. Die ECRI bescheinigt Deutschland ein Rassismus-Problem, das die gesamte Gesellschaft, und damit auch ausdrücklich staatliche Behörden, betrifft. Das sei zuletzt durch das Komplettversagen bei der Aufklärung der NSU-Mordserie deutlich geworden. Gleichzeitig dürfe sich die Bundesrepublik Deutschland bei der Bekämpfung der Hassdelikte nicht nur auf den organisierten Rechtsextremismus fixieren. In diesem Kontext werden beispielsweise auch antisemitisches Verhalten, Teile der öffentlichen Debatte über Einwanderer und Diskriminierung von Homosexuellen genannt. Aktionspläne Die Expertinnen und Experten des Europarates monieren, dass die Bundesregierung trotz entsprechender Kritik den Aktionsplan gegen Rassismus und Intoleranz seit dem Jahr 2008 nicht überarbeitet hat. Der Nationale Aktionsplan für Integration enthält zudem keinen Abschnitt über die Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz. Und obwohl Sinti und Roma immer noch unter einer erheblichen Diskriminierung leiden, werden sie dort nur kurz erwähnt. Racial profiling Gerügt werden außerdem willkürliche, verdachtsunabhängige Identitätsüberprüfungen durch die Polizei. Diese führen in der Praxis zu diskriminierenden Kontrollen und stigmatisieren Menschen in der Öffentlichkeit. Das so genannte racial profiling sei in Deutschland immer noch nicht ausdrücklich verboten. Hassverbrechen Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 2. Juni 2014 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Die Kommission stellt fest, dass in Deutschland keine verlässliche statistische Methode Anwendung findet, um das Ausmaß der durch Rassismus und Homobzw . Transphobie motivierten Gewalt und Hassreden zu messen. Deshalb sollte das System für die Erfassung und Nachverfolgung solcher Fälle reformiert Drucksache 18/1629 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode werden. Bei der Polizei und den Staatsanwaltschaften in allen Bundesländern sollen Kontaktstellen für die Meldung diesbezüglicher Beschwerden eingerichtet werden. Antidiskriminierung Die Kommission bemängelt die noch immer ausstehende Ratifizierung des Protokolls Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), das ein allgemeines Diskriminierungsverbot enthält und bereits vor 13 Jahren verabschiedet wurde. Die Kommission fordert die Ausweitung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf den öffentlichen Sektor und die bessere finanzielle Ausstattung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS). Alternativ schlagen die Expertinnen und Experten des Europarates vor, regionale Stellen der ADS in allen Bundesländern einzurichten. Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) Nach Meinung der Kommission gibt es darüber hinaus eine erhebliche Diskriminierung von LGBT-Personen. Dies führe tendenziell dazu, dass LGBT-Personen ihre sexuelle Identität verbergen. Homophobie und Transphobie sind laut Europaratbericht besonders in den Schulen verbreitet. Auch im Gesundheitswesen und, bezogen auf transsexuelle Menschen auf dem Arbeitsmarkt, kommt es weiterhin häufig zu Diskriminierungen. Die Kommission fordert diesbezüglich die Bundesregierung sowie jene Bundesländer , die bisher keinen Aktionsplan oder ein umfassendes Programm zur Förderung der Toleranz gegenüber LGBT-Personen und zur Bekämpfung von Homo- bzw. Transphobie angenommen haben, zur Verabschiedung eigener Maßnahmen oder Aktionspläne auf. Gerügt werden außerdem die staatliche Diskriminierung und die daraus resultierenden rechtlichen Unterschiede zwischen eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehepaaren. Antiziganismus Sinti und Roma leiden in Deutschland immer noch unter erheblichen und vielschichtigen Diskriminierungen. Hierauf wird – so ECRI – seitens der Bundesregierung nur unzureichend reagiert. So komme es immer wieder auch zu gewalttätigen Übergriffen und Anschlägen auf Angehörige der Minderheit der Sinti und Roma. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte in zwei Kleinen Anfragen (Bundestagsdrucksache 17/14754 und 18/1085) versucht, das Ausmaß antiziganistischer Straftaten in Deutschland zu erfahren – mit mäßigem Erfolg: Erst im Zuge einer Kleinen Anfrage sei mittels einer „händischen Recherche“ ermittelt worden, dass es in den Jahren 2008 bis 2010 antiziganistische Straftaten in Deutschland im unteren zweistelligen Fallzahlenbereich gegeben hätte. Auf die Frage, ob die Bundesregierung die Aufnahme des Merkmals „Antiziganismus “ in den so genannten Themenfeldkatalog zur Erfassung der politisch motivierten Kriminalität (PMK) für angezeigt hält, antwortete die Bundesregierung , diese Frage solle im Rahmen der ohnehin anstehenden Überprüfung des „Definitionssystems PMK“ beraten werden. Das zu entscheiden, sei aber nicht die Aufgabe der Bundesregierung, sondern der Bundesländer. Um eine eigenständige Positionierung bzw. Empfehlung drückt sich die Bundesregierung damit erneut. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Vonseiten der Fragesteller wird auf den Bericht der vom Europarat ins Leben gerufenen European Commission against Racism and Intolerance (ECRI) über Deutschland Bezug genommen. Im Hinblick auf die Bewertung der Annahmen im Bericht ist zu berücksichtigen, dass es sich bei ECRI um ein unabhängiges Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1629 Gremium handelt. Die Feststellungen in den ECRI-Berichten über die Mitgliedsstaaten beruhen, wie aus dem Vorwort ersichtlich, auf einer Vielzahl von Informationen aus verschiedensten Quellen. Dazu gehören die Sichtung zahlreicher nationaler und internationaler schriftlicher Quellen sowie die Auswertung von Gesprächen mit staatlichen und nicht staatlichen Quellen. ECRI stellt ausdrücklich klar, dass der Bericht nicht das Ergebnis von (offiziellen) Auskunftsersuchen oder Zeugenaussagen ist. Der Bundesregierung sind diese Quellen nur insoweit bekannt, als sie im Bericht konkret ausgewiesen sind. Über die Hintergründe, aus denen ECRI seine Schlussfolgerungen ableitet, hat die Bundesregierung vielfach keine Kenntnis. Rassismus und Intoleranz 1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass versteckter Rassismus in Teilen der Bevölkerung existiert? Wenn ja, wie würde die Bundesregierung das Ausmaß der Verbreitung rassistischen Gedankenguts innerhalb der Bevölkerung beschreiben? Welche Vorschläge für eigene, auch haushaltswirksame, Maßnahmen leitet die Bundesregierung (mit welchem Zeitplan) aus dieser Problembeschreibung ab? Wenn nein, warum nicht (bitte auch unter Hinweis auf die Ergebnisse der beiden vom ECRI herangezogenen Studien begründen: Decker/Kiess/ Brähler: „Die Mitte in Umbruch – Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012“, herausgegeben für die Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin 2012 sowie Universität Bielefeld, Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung: „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland “)? Der Bundesregierung ist bewusst, dass rassistische und andere diskriminierende Vorurteile, Einstellungen und Handlungen nach wie vor in unterschiedlichem Ausmaß in der Gesellschaft vorhanden sind. Der Bundesregierung sind verschiedene wissenschaftliche Studien zum Ausmaß der Verbreitung rassistischen Gedankenguts bzw. diskriminierender Vorurteile innerhalb der Bevölkerung bekannt, die entsprechend Berücksichtigung finden. Die Auseinandersetzung mit rassistischen und diskriminierenden Einstellungen stellt eine wichtige gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe dar. Seit Jahren verfolgt die Bundesregierung deshalb mit beachtlichem Wirkungsgrad einen ganzheitlichen Ansatz zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, der darauf zielt, alle gesellschaftlichen Ebenen zu erreichen. Er umfasst sowohl Prävention als auch Repression und betrifft alle Bereiche der Gesellschaft. Hierzu gehören auch die Beobachtung extremistischer Organisationen durch den Verfassungsschutz und das Angebot von Aussteigerprogrammen für Extremisten. Gemäß dem Koalitionsvertrag wird die Bundesregierung die Präventionsprogramme zur Extremismusprävention verstetigen und dafür die notwendigen finanziellen Mittel längerfristig zur Verfügung stellen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Stärkung der gesellschaftlichen Initiativen gegen Rechtsextremismus “ (Bundestagsdrucksache 18/719 vom 6. März 2014) verwiesen. Drucksache 18/1629 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die vom Bundesministerium des Innern herausgegebene Studie „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland “, Berlin 2011, auf Seite 592 sinngemäß zu der Feststellung gekommen ist, Negativdiskurse (wie insbesondere die Sarrazin-Debatte) würden der Integration schaden und gleichzeitig Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit fördern? Wenn ja, ist die Bundesregierung der Ansicht, dass sie damals den auch nach Auffassung der Vereinten Nationen rassistischen Äußerungen von Thilo Sarrazin entschieden genug entgegengetreten ist (bitte unter Hinweis auf entsprechender Zitate und Quellen darlegen)? Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung dann, dass sie sich von einem der zentralen Ergebnisse dieser von ihr veröffentlichten Studie distanziert ? Nein. In der angeführten Studie „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ heißt es auf Seite 592: „Bedenkt man, dass es in den Debatten um das Buch von Thilo Sarrazin vor allem um die Unterschiede zwischen muslimischer Kultur und Lebenswelt einerseits und den christlich-jüdischen Traditionen und kulturellen Werten andererseits ging, so legen unsere Befunde zumindest die Annahme nahe, dass die kontrovers geführten Debatten (an denen die Muslime in Deutschland nur teilweise beteiligt waren) auch einen konträren und sicher von niemandem gewollten Effekt gehabt haben könnten.“ Es handelt sich bei dem Fazit somit nicht um eine Feststellung sondern um eine Annahme. Insoweit distanziert sich die Bundesregierung auch nicht von Ergebnissen der genannten Studie. 3. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung im Hinblick auf die Feststellung der Kommission, dass rassistische Gedanken und Sympathien für rechtsextreme Organisationen bei der Polizei weit verbreitet sind? Welche wissenschaftlichen Untersuchungen hierüber sind der Bundesregierung bekannt? Hält die Bundesregierung es angesichts der Feststellung für angebracht, solche Untersuchungen zu fördern? Die in der Fragestellung zitierte allgemeine Feststellung wird im ECRI-Bericht aus Einzelsachverhalten abgeleitet, die sich im Bereich der Länderzuständigkeit ereignet haben und über deren Hintergründe die Bundesregierung keine konkrete Kenntnis hat. Den Vorwurf eines institutionellen Rassismus durch die Polizei hält die Bundesregierung jedoch für nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich der Tätigkeit der Bundespolizei wird ferner auf Antwort zu Frage 21 der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „racial profiling bei verdachtslosen Personenkontrollen der Bundespolizei“ (Bundestagsdrucksache 17/11971 vom 20. Dezember 2012) und die Antwort der Bundesregierung zu Frage 10 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Problematik anlassloser Polizeikontrollen und „racial profiling“ (Bundestagsdrucksache 18/453 vom 6. Februar 2014) verwiesen. Im Hinblick auf etwaige Einstellungen im Sinne der Fragestellung sind der Bundesregierung folgende wissenschaftliche Untersuchungen bekannt: Im Jahr 1995 wurde im Auftrag des Arbeitskreises II „Innere Sicherheit“ (AK II) und der Innenministerkonferenz (IMK) unter Betreuung der Polizeiführungsakademie eine wissenschaftliche Studie von Bornewasser, Eckert und Willems unter dem Titel „Fremdenfeindlichkeit in der Polizei?“ durchgeführt, deren Ergebnisse im Jahr 1996 veröffentlicht wurden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1629 Im März 2013 führte das Bundeskriminalamt (BKA) eine schriftliche Abfrage bei allen Länderpolizeien, der Deutschen Hochschule der Polizei und der Bundespolizei durch, ob und welche weiteren Studien zu den Thematiken „Fremdenfeindlichkeit in der Polizei“ bzw. „Polizei und (institutioneller) Rassismus“ bekannt sind. Es wurden dabei keine Studien und Untersuchungen, die auf aktuelleren Erhebungen beruhen, bekannt. Im April 2013 veröffentlichte die Amadeu-Antonio-Stiftung ihren Report „Staatsversagen – Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden“. Im Juni 2013 erschien beim Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin eine Studie zur Thematik „Racial Profiling – Empfehlungen an den Gesetzgeber, Gerichte und die Polizei“. Im Mai 2014 wurden vom Max-Planck-Institut Freiburg Ergebnisse der im Rahmen des Projektes POLIS (Political Economy and the Life Course in Advanced Societies) durchgeführten Schülerbefragungen zum Thema „Polizei und Jugendliche in multiethnischen Gesellschaften“ veröffentlicht. Ob Projekte im Sinne der Fragestellung gefördert werden können, hängt im Einzelfall , wie bei jeder wissenschaftlichen Untersuchung, von den zu erwartenden Erkenntnissen und zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln ab. 4. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung im Hinblick auf die in dem Bericht erhobene Forderung, Kontaktstellen bei Polizei und Staatsanwaltschaften in allen Bundesländern mit der besonderen Zuständigkeit einzurichten , Beschwerden von Personen mit Migrationshintergrund, einer ethnischen , religiösen oder sprachlichen Minderheit, die historisch in Deutschland ansässig ist, von LGBT-Personen (schutzbedürftige Gruppen) und von Einzelpersonen oder eines Verbandes, der sich für deren Rechte einsetzt, zu erfassen und in diesen Fällen zu ermitteln sowie einen regelmäßigen Dialog mit Interessenvertretungen betroffener Gruppen zu führen? Die Beantwortung der Frage, ob eine Einrichtung von opfergruppenspezifischen Kontaktstellen bei Polizei und Staatsanwaltschaften in den Bundesländern sinnvoll wäre, ist u. a. von regionalen Gegebenheiten abhängig und bleibt daher den jeweils in ihrer Zuständigkeit betroffenen Ländern vorbehalten. Soweit es die Bundespolizei betrifft, deren Aufgaben mit denen der Polizeien der Länder im Übrigen nicht deckungsgleich sind, hält die Bundesregierung die Einrichtung von Kontaktstellen im Sinne der Fragestellung nicht für erforderlich. 5. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung in Bezug auf die Forderung der Kommission ergreifen, den Umgang von Polizei und Justizbehörden mit Neonaziversammlungen zu überarbeiten und sicherzustellen, dass die Einschränkungen für das bürgerliche Engagement von Gegendemonstranten nicht unverhältnismäßig sind? Die Bundesregierung kann keine Maßnahmen in Bezug auf polizeiliche Einsatzlagen im Zusammenhang mit Demonstrationen und Versammlungen ergreifen, da hierfür ausschließlich die Zuständigkeit der Länder gegeben ist. Zudem ist mit der Föderalismusreform I vom 28. August 2006 die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Versammlungsrecht auf die Länder übergegangen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass vor dem Wegfall der Bundeskompetenz für das Versammlungsrecht durch das am 1. April 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuches die Möglichkeiten, rechtsextremistische Versammlungen zu verbieten, wesentlich verbessert wurden: Drucksache 18/1629 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode § 15 Absatz 2 des Versammlungsgesetzes ermöglicht es, Versammlungen an Orten zu verbieten oder mit Auflagen zu beschränken, die als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnern, wenn zu besorgen ist, dass durch die Versammlung die Würde der Opfer beeinträchtigt wird. Ferner ist durch die Ausweitung des strafrechtlichen Volksverhetzungsparagraphen (§ 130 Absatz 4 des Strafgesetzbuchs – StGB) die Strafbarkeit desjenigen begründet, der öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt . Aktionspläne 6. Vor dem Hintergrund, dass der derzeitige Nationale Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit , Antisemitismus und darauf bezogene Intoleranz aus dem Jahr 2008 mit den Worten, er sei „nicht statisch, sondern die einzelnen Maßnahmen bedürfen der Evaluierung und Nachsteuerung“ endet, ist zu fragen, ob der Aktionsplan tatsächlich evaluiert worden ist? Wenn ja, wann, durch wen, und mit welchem Ergebnis? Und anhand welchen Zeitplans plant die Bundesregierung, diese Evaluationsergebnisse umzusetzen? Wie gedenkt die Bundesregierung, die Zivilgesellschaft in diesen Umsetzungsprozess einzubeziehen? Wenn nein, warum nicht? Für wann plant die Bundesregierung dann die angekündigte Evaluierung? Wie gedenkt die Bundesregierung, die Zivilgesellschaft in diese Evaluation einzubeziehen? 7. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, diesen Aktionsplan ggf. auch konzeptionell weiterzuentwickeln? Wenn ja, in welche inhaltliche Richtung? Welche Stellen wird die Bundesregierung innerhalb welchen Zeitraums damit befassen? Wie gedenkt die Bundesregierung, die Zivilgesellschaft hierbei einzubeziehen ? 8. Inwieweit soll der Aktionsplan um die Themen Homophobie und Transphobie ergänzt werden? Die Fragen 6, 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Der Nationale Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und darauf bezogene Intoleranz (NAP) aus dem Jahr 2008 fasst alle wesentlichen Maßnahmen der Bundesregierung zum genannten Themenfeld zusammen. Die entsprechenden Maßnahmen zur Demokratieförderung, politischen Bildung und Extremismusprävention unterliegen Evaluierungen. Zivilgesellschaftliche Akteure sind u. a. als Träger evaluierter Projekte und Maßnahmen sowie als Adressaten von diesbezüglichen Publikationen und Veranstaltungen in diese Evaluierungsprozesse eingebunden. Einzelne im NAP enthaltene Maßnahmen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1629 und Programmansätze sind in der Vergangenheit auch unter Berücksichtigung von Evaluationsergebnissen weiter entwickelt und aktualisiert worden. Gemäß dem Koalitionsvertrag soll der NAP zukünftig um die Themen Homound Transphobie ergänzt werden. Eine Neufassung des NAP in der laufenden Legislaturperiode unter Konsultation der Zivilgesellschaft ist folglich beabsichtigt und wird zeitnah aufgesetzt werden. 9. Unterstützt die Bundesregierung das Anliegen des ECRI-Berichts, den Nationalen Aktionsplan für Integration um einen Abschnitt bzw. um Selbstverpflichtungen zur Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz zu ergänzen, und wenn nein, warum nicht? Der NAP wurde auf dem 5. Integrationsgipfel am 31. Januar 2012 vorgestellt. Die darin enthaltenen Maßnahmen befinden sich derzeit in der Umsetzungsphase . Insofern stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt die Frage der Ergänzung des Nationalen Aktionsplans Integration um weitere Themenbereiche nicht. 10. Wie reagiert die Bundesregierung auf die Kritik der ECRI, dem Nationalen Aktionsplan für Integration würde es an Indikatoren und Zielvorgaben fehlen bzw. an quantifizierten Verpflichtungen seitens der Bundesländer mangeln, wirksame Maßnahmen für das Erreichen der festgelegten Ziele zu ergreifen? Im NAP sind zahlreiche Zielvorgaben und Indikatoren enthalten. Insofern teilt die Bundesregierung die diesbezügliche Auffassung von ECRI nicht. Die Länder haben einen umfassenden eigenen Beitrag zum NAP geleistet. Hierzu gibt die Bundesregierung grundsätzlich keine Bewertung ab. 11. Wie reagiert die Bundesregierung auf die Kritik der ECRI, wonach Diskriminierung von Sinti und Roma im Nationalen Aktionsplan für Integration nicht angemessen behandelt wird? Zielgruppe der Maßnahmen im NAP sind Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Der NAP unterscheidet dabei nicht nach ethnischer Zugehörigkeit . Insofern gehören Sinti und Roma, sofern sie einen Migrationshintergrund haben, zu den Zielgruppen des NAP. Gleichwohl werden die Belange der Sinti und Roma in der laufenden Arbeit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration , Flüchtlinge und Integration stärker berücksichtigt. Racial profiling 12. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung im Hinblick auf die Feststellung der Kommission, verdachtsunabhängige Kontrollen der Bundespolizei und der Polizei der Länder befördern diskriminierende Praktiken? Die Bundespolizei und die Polizeien der Länder sind als ausführende Stellen selbstverständlich an die Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und den dort festgeschriebenen Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 GG gebunden. Der Gesetzgeber hat der Bundespolizei die Befugnisnorm zur Durchführung lageabhängiger Befragungen in Verbindung mit Identitätsfeststellungen nach § 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes übertragen. Die Vorschrift wurde im Gesetzgebungs- verfahren von den parlamentarischen Fachgremien des Bundestages und des Bundesrates intensiv geprüft. Nach Auffassung der Bundesregierung werden Drucksache 18/1629 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode durch die Anwendung der Befugnisnorm keine diskriminierenden Praktiken im Sinne der Fragestellung befördert. Zur etwaigen Durchführung verdachtsunabhängiger Kontrollen durch die Polizeien der Länder und deren Wirkung nimmt die Bundesregierung mangels Zuständigkeit keine Stellung. 13. Welche Maßnahmen werden die Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesregierung die Länder ergreifen, um diese Praxis zu unterbinden? Auf die Antwort zu Frage 12 wird verwiesen. Hassverbrechen 14. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung der Kommission, die bisherige statistische Erfassung lasse keine Erkenntnisse über das tatsächliche Ausmaß von Rassismus und Homo- bzw. Transphobie zu? In der Statistik zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK) werden im Oberthema Hasskriminalität die Unterthemen fremdenfeindlich, antisemitisch, Rassismus, Religion, gesellschaftlichen Status und sexuelle Orientierung gesondert erfasst. Rassistische und homo-/transphobe Straftaten werden demnach im Rahmen der geltenden Erfassungskriterien abgebildet. Eine weitere Untergliederung der unter dem Begriff der sexuellen Orientierung zu subsumierenden Delikte wird von der Bundesregierung, insbesondere im Hinblick auf eine praktikable Handhabung, gegenwärtig nicht angestrebt. 15. Wie erklärt die Bundesregierung in diesem Kontext die von der Kommission herausgestellte Diskrepanz zwischen der polizeilichen Statistik über politisch motivierte Straftaten in Bezug auf rassistische und homo- bzw. transphobe Beleidigungen und deren zivilgesellschaftliche Erfassung? Dass zwischen der zivilgesellschaftliche Erfassung und der polizeilichen Statistik eine Diskrepanz im Hinblick auf die Anzahl erfasster Delikte besteht, liegt auf Grund der Verschiedenheit von Aufgabenstellung und Informationszugängen in der Natur der Sache. Erhebungen der zivilgesellschaftlichen Organisationen beruhen u. a. auch auf Ergebnissen von anonym durchgeführten Umfragen. Zur Aufnahme in die polizeiliche Statistik zur politisch motivierten Kriminalität ist hingegen sowohl erforderlich, dass die Straftat den Strafverfolgungsbehörden bekannt wird als auch eine rassistische oder homo-/transphobe Tatmotivation in Würdigung aller Umstände der konkreten Tat und der Einstellung des Täters zu erkennen ist. 16. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung der Kommission, bei der Erfassung rassistischer und homo- bzw. transphober Hassreden könne die Definition des Begriffs „politisch motiviert“ Polizeibeamte irreführen und damit eine Protokollierung verhindern? Politisch motivierte Straftaten werden in der PMK-Statistik, ausgehend von den Motiven zur Tatbegehung und den Umständen der Tat, entsprechenden „Themenfeldern “ und „Unterthemen“ zugeordnet. Ausdrücklich aufgeführte Unterthemen des Themenfeldes Hassdelikte sind u. a. Rassismus und sexuelle Orientierung. Nach Auffassung der Bundesregierung droht auf Grund dieser Struktur bei der Einordnung der Delikte keine Irreführung. Vielmehr wird durch die Bezeichnung der Untergruppen unmissverständlich deutlich, dass rassistische und trans-/homophobe Straftaten grundsätzlich als PMK zu erfassen sind. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1629 17. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung der Kommission, dass mangels Vertrauens in die Strafverfolgungsbehörden häufig rassistische oder transphobe Straftaten nicht angezeigt und damit auch nicht erfasst werden? 18. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Kommission, dass das Justizsystem nicht in ausreichendem Maße für Opfer von Rassismus und Homo- bzw. Transphobie zugänglich ist? Welche vertrauensbildenden Maßnahmen kommen zur Verbesserung der Strafverfolgung in diesem Bereich nach Auffassung der Bundesregierung in Betracht? Die Fragen 17 und 18 werden gemeinsam beantwortet. Das Vertrauen aller Bevölkerungsgruppen in die Strafverfolgungsbehörden in den Rechtsstaat ist ein hohes Gut. Der Bundesregierung liegt sehr daran, dass dieses Vertrauen erhalten bleibt und Opfer von Straftaten keine Bedenken haben, diese anzuzeigen. Nach Auffassung der Bundesregierung sind Polizei und Justiz in ausreichendem Maße für Opfer von Rassismus und Homo-/Transphobie zugänglich. Das geltende Strafverfahrensrecht trägt zudem grundsätzlich dafür Sorge, dass Straftaten mit rassistischem oder homo-/transphobem Hintergrund sorgfältig aufgeklärt und dabei auch die Belange der Opfer gebührend berücksichtigt werden. Allerdings hält es die Bundesregierung für sinnvoll, beispielhaft weitere Beweggründe und Ziele des Täters ausdrücklich in den Katalog der Strafzumessungsumstände des § 46 Absatz 2 Satz 2 StGB aufzunehmen, um die Bedeutung dieser Umstände für die gerichtliche Strafzumessung noch stärker hervorzuheben. Diese Änderung soll zudem unterstreichen, dass auch die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen schon frühzeitig solche Motive aufzuklären und zu berücksichtigen hat, da sich nach § 160 Absatz 3 der Strafprozessordnung die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen auch auf die Umstände erstrecken sollen, die für die Bestimmung der Rechtsfolgen der Tat von Bedeutung sind. Denn es ist eine der Lehren aus dem NSU-Untersuchungsausschuss, dass die Sensibilität der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte für derartige Motivationen gar nicht hoch genug sein kann. Ein entsprechender Referentenentwurf wurde am 25. April 2014 an Länder und Verbände zur Stellungnahme übermittelt. Dabei stellt der Entwurf ausdrücklich klar, dass durch das Merkmal „sonstige menschenverachtende “ Beweggründe und Ziele auch weitere anerkannte Diskriminierungsverbote erfasst werden, so z. B. hinsichtlich der sexuellen Identität bzw. Orientierung des Opfers. 19. In welchem Umfang ist der Bundesregierung auch vor dem Hintergrund der NSU-Taten bekannt, dass – wie von der Kommission festgestellt – Polizeibeamte zögerlich sind, Anzeigen von Straftaten mit einem rassistischen oder homo- bzw. transphoben Motiv aufzunehmen und im Jahr 2013 türkische Stellen die Polizei mehrfach daran erinnern mussten, nach schweren Bränden in Häusern, die von türkischstämmigen Menschen bewohnt wurden, rassistische Tatmotive zu untersuchen? Welche Möglichkeiten zur Sensibilisierung und Effektivierung der Bearbeitung sieht die Bundesregierung? Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, dass Polizeibeamte im Allgemeinen zögerlich bei der Aufnahme von Straftaten mit rassistischen oder homo-/ transphoben Motiven handeln. Anzumerken ist diesbezüglich, dass im ECRIBericht entgegen der Darstellung in der Frage lediglich Folgendes ohne nach- verfolgbare Quellenangabe festgestellt wird: „ECRI wurde auch mitgeteilt, dass Drucksache 18/1629 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Polizeibeamte zögerlich sind, Anzeigen von Straftaten mit einem rassistischen oder homo-/transphoben Motiv aufzunehmen. Dies bezieht sich nicht nur auf Beleidigungen, sondern auch auf die Beschädigung von Eigentum. Einige Polizeibeamte fürchten die Formalitäten, die mit dieser Art Anzeigen verbunden sind.“ Um zu diesen Einzelfällen Stellung zu nehmen, ermangelt es der Bundesregierung an der dafür erforderlichen Kenntnis der konkreten Umstände. Auf die grundsätzliche Zuständigkeit der Länder für die Aufnahme von Anzeigen bzw. die Einstufung von Straftaten als politisch motiviert wird im Übrigen hingewiesen. 20. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung: a) aus der Feststellung des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD), § 130 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) sei nicht mit Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD) vereinbar, und b) aus der Empfehlung der ECRI, § 130 StGB so zu reformieren, dass zum einen die Geeignetheit zur Störung des öffentlichen Friedens nicht mehr Tatbestandsvoraussetzung ist und zum anderen aber Hautfarbe und Sprache in den Tatbestand aufgenommen werden? Die Merkmale der „Hautfarbe“ und „Sprache“ werden von der Rechtsprechung unter den – abgrenzbare Personenmehrheiten bezeichnenden – Begriff „Teile der Bevölkerung“ subsumiert und sind somit bereits von § 130 StGB erfasst. Die Bundesregierung ist sich der Tatsache bewusst, dass der in § 130 Absatz 1 StGB eröffnete Bezug zur Störung des öffentlichen Friedens Fragen aufwerfen kann. Die Charakterisierung als „geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören“, dient dazu, (lediglich) zu missbilligende Äußerungen, die mit allen gesellschaftlichen Mitteln bekämpft werden sollten, von denjenigen zu unterscheiden, auf die auch strafrechtlich reagiert werden muss. Dies entspricht dem der deutschen Strafrechtsordnung zugrunde liegenden Prinzip, dass in einem Rechtsstaat das Strafrecht immer das „äußerste Mittel“ (ultima ratio) sein muss. Dabei spielt auch das Grundrecht der Meinungsfreiheit eine zentrale Rolle. Dessen fundamentale Bedeutung darf in einer Demokratie nicht aus dem Blick geraten – wie auch in einer Stellungnahme des CERD-Mitglieds Carlos Manuel Vazquez (CERD/C/82/3, Nummer 15) hervorgehoben wird. Dennoch wird derzeit geprüft, ob die momentane Fassung des § 130 Absatz 1 StGB einer effektiven Ahndung strafwürdigen Verhaltens im Wege stehen kann. 21. Sieht die Bundesregierung bei § 130 StGB anderweitigen Handlungsbedarf ? Wenn ja, welchen? § 130 StGB wurde zuletzt mit Wirkung vom 22. März 2011 aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und zur Umsetzung des Zusatzprotokolls vom 28. Januar 2003 zum Übereinkommen des Europarats vom 23. November 2001 über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art geändert. Ob darüber hinaus auch mit Blick auf die Empfehlungen internationaler Gremien weiterer Handlungsbedarf besteht, wird derzeit noch geprüft. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1629 22. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Empfehlung der ECRI, bestimmten Organisationen, z. B. Verbänden und Gewerkschaften, das Recht auf Zivilklagen für eine wirksamere Bekämpfung von Rassendiskriminierung einzuräumen? Verbände können nach geltendem Recht Zivilklage aufgrund (treuhänderischer) Abtretung des Anspruchs des rassistisch Diskriminierten erheben. Der Verband wird durch Abtretung Inhaber des (ursprünglich fremden) Anspruchs und verfolgt ihn nach Abtretung als eigenen Anspruch. Im Innenverhältnis ist er treuhänderisch gebunden. Die Verbände müssen sich im Zivilprozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, § 79 Absatz 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung. Antidiskriminierung 23. Welche Ergebnisse erbrachte die jahrelange Prüfung der Bundesregierung des vor 14 Jahren unterzeichneten Protokolls Nr. 12 zur EMRK, von deren Ergebnis die Bundesregierung die Ratifizierung des Protokolls abhängig machte? 24. Wann plant die Bundesregierung, diese Prüfung abzuschließen und das Ratifizierungsprozedere einzuleiten? Die Fragen 23 und 24 werden gemeinsam beantwortet. Protokoll Nr. 12 ist von vielen Mitgliedstaaten des Europarats noch nicht ratifiziert worden. Mehrere Staaten (u. a. Frankreich, Schweden, Schweiz) haben das Protokoll nicht einmal gezeichnet. Hintergrund der abwartenden Haltung der Bundesregierung ist hier die Frage, wie der Begriff der „nationalen Herkunft“ in Artikel 1 des Protokolls vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausgelegt werden wird. Wenn sich hierzu eine Rechtsprechung entwickelt hat, wird über die Ratifikation zu entscheiden sein. 25. Welche tatsächlichen Auswirkungen hätte die Ratifizierung nach Kenntnis der Bundesregierung auf den Zugang zu Sozialleistungen? Worauf gründet die Bundesregierung ihre Einschätzung? Ein Antwortbeitrag zu der gestellten Frage ist erst möglich, wenn der Begriff „Zugang zu Sozialleistungen“ näher spezifiziert wird. Bei Sozialleistungen kann es sich um Sozialversicherungsleistungen, Sozialfürsorgeleistungen, soziale Entschädigungsleitungen oder auch andere Sozialleistungen wie Wohngeld oder Ausbildungsförderung handeln, deren Gewährung von sehr unterschiedlichen Voraussetzungen abhängt und nicht allgemein beantwortet werden kann. 26. Wie verträgt sich die bisherige Haltung der Bundesregierung im Hinblick auf die Ratifizierung des 12. Protokolls mit der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012, wonach (im Hinblick auf die Einschränkung des Sozialleistungsbezugs im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes ) es verfassungswidrig sei, die Menschenwürde migrationspolitisch zu relativieren? Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18. Juli 2012 ergeben sich für die Ratifizierung des 12. Protokolls keine Konsequenzen. Diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gelten nur für den Bereich der Existenzsicherung von Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungs- gesetz (AsylbLG) Artikel 1 des Protokolls Nr. 12 hat jedoch einen viel weiteren Anwendungsbereich, da er die Mitgliedstaaten des Europarates dazu verpflich- Drucksache 18/1629 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tet, den Genuss eines jeden niedergelegten Rechts ohne Diskriminierung oder Anschauung des Geschlechts, der Rasse, etc. und insbesondere auch der Nationalität oder sozialer Herkunft zu gewährleisten. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 18. Juli 2012 schließen migrationspolitische Erwägungen nur bei der Festsetzung der Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge aus. Die Leistungen nach dem AsylbLG sollen nach der BVerfG-Entscheidung in Deutschland nicht bewusst niedrig gehalten werden, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden. Zentral ist jedoch die Feststellung, dass diese Vorgaben des BVerfG nur für den Bereich der Existenzsicherung von Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG gelten und nicht zugleich auch für andere Regelungsbereiche, wie z. B. den Arbeitsmarktzugang oder Visabestimmungen. Artikel 1 des Protokolls Nr. 12 verpflichtet die Mitgliedstaaten des Europarates jedoch dazu, den Genuss eines jeden niedergelegten Rechts ohne Diskriminierung oder Anschauung des Geschlechts, der Rasse, etc. und insbesondere auch der Nationalität oder sozialer Herkunft zu gewährleisten. Da somit die Reichweite des Leitsatzes der BVerfG-Entscheidung und des Allgemeinen Diskriminierungsverbots nach Artikel 1 des Protokolls Nr. 12 völlig unterschiedlich sind, stehen der Leitsatz und die Frage, ob die Bundesrepublik das Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ratifiziert oder nicht, somit in keinem zwingenden Entscheidungszusammenhang. 27. Plant die Bundesregierung, wie von der ECRI angemahnt, die Geltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf den öffentlichen Sektor auszuweiten ? Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 hat Deutschland vier europäische Antidiskriminierungsrichtlinien umgesetzt. Der Anwendungsbereich des AGG ist durch diese europäischen Richtlinien vorgegeben . Dessen ungeachtet ist der Schutz vor Diskriminierung bereits verfassungsrechtlich in Artikel 3 GG verankert und damit auch für Rechtsbeziehungen, die unter das öffentliche Recht fallen, sichergestellt. 28. Plant die Bundesregierung, wie von der ECRI angemahnt, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes finanziell besser auszustatten? Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wird in einem eigenen Kapitel im Einzelplan 17 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) jährlich mit ausreichend personellen und finanziellen Mitteln ausgestattet. Die Koalitionsfraktionen der Bundesregierung haben im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode die Umsetzung der Ergebnisse einer Evaluation, die entsprechend des festgestellten Bedarfs eine dauerhaft verstärkte finanzielle und personelle Ausstattung nach sich zieht, vereinbart. Im Regierungsentwurf für den Haushalt 2014 sind diese Verbesserungen bereits berücksichtigt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/1629 29. Plant die Bundesregierung, wie von der ECRI vorgeschlagen, regionale Stellen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in allen Bundesländern einzurichten? Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist nationale Anlaufstelle für Betroffene aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Einrichtung eines regionalen Unterbaus seitens des Bundes ist nicht geplant. Aufgrund der föderalen Verfasstheit Deutschlands liegt die Entscheidung bei den Ländern, ob sie eigene Antidiskriminierungsstellen einrichten wollen. Einige Länder haben solche Stellen eingerichtet. Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) 30. Stimmt die Bundesregierung der Meinung der ECRI, wonach LGBT-Personen immer noch erheblicher Diskriminierung ausgesetzt sind, zu? Auf welche Daten stützt sie ihre Meinung? Die ADS ist mit der Erkenntnisgewinnung über Diskriminierungen nach dem AGG befasst und hat hierzu verschiedene Projekte angestoßen. So hat sie 2010 eine Studie zur Frage der „Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben“ in Auftrag gegeben. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Trans*Personen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, insbesondere auch im Arbeitsleben, Diskriminierungen ausgesetzt sind. Die Studie kann auf der Website der ADS abgerufen werden. Außerdem hat die ADS im Rahmen einer Kampagne der Lesbenberatung Berlin e. V. – LesMigraS zu „Gewalt- und (Mehrfach-)Diskriminierungserfahrungen von lesbischen, bisexuellen Frauen und Trans* in Deutschland“ die Durchführung einer Studie zum Thema gefördert, deren Ergebnisse 2012 veröffentlicht wurden. Sie zeigt, dass lesbische, bisexuelle Frauen und Trans*Personen in Deutschland nach wie vor unterschiedlichen Diskriminierungserfahrungen im Bildungs-, Arbeits- und Gesundheitsbereich ausgesetzt sind. Die Ergebnisse der Studie können auf der Website von LesMigraS abgerufen werden. Im Moment fördert die ADS das Projekt „Inter-Trans-Queer-JugendlicheOnline – Projekt zur Verbesserung der Lebenswelten von inter- und transgeschlechtlichen sowie genderqueeren Jugendlichen in Deutschland“. Mit der Zuwendung finanziert die ADS Angebots- und Beratungsstrukturen speziell für diese Jugendliche und deren Angehörige, sowie im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe arbeitende Personen. Des Weiteren widmet sich die ADS seit 2012 in jedem Kalenderjahr jeweils einem im AGG genannten Diskriminierungsgrund in besonderer Weise, um die breite Öffentlichkeit für einzelne Diskriminierungsmerkmale sensibilisieren. Alle Themenjahre werden durch Forschungen und Studien inhaltlich untermauert . 2015 wird der Schwerpunkt auf das Merkmal Geschlecht gelegt. Ferner wird im Zuständigkeitsbereich des BMFSFJ das bundesweit agierende Jugendnetzwerk Lambda e. V. , das die Interessen junger Lesben, Schwuler, Bisexueller und Transgender (lsbt) in der Öffentlichkeit und Politik vertritt und es sich zudem zur Aufgabe gemacht hat, Jugendliche in ihrem Selbsterkennungsprozess sowie in psychosozialen Notsituationen eine Unterstützung zu sein, seit 1990 regelmäßig aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes (KJP) gefördert. Außerdem führt das Deutsche Jugendinstitut (DJI) nach erfolgreichem Ab- schluss einer Pilotstudie zum Thema „Lebenssituationen und Diskriminierungs- Drucksache 18/1629 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode erfahrungen von homosexuellen Jugendlichen in Deutschland“ seit Dezember 2013 eine zweijährige Studie mit dem Titel „Coming-out – und dann…?! – Coming -Out Verläufe und Diskriminierungserfahrungen von lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans* Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland“ durch. Zielsetzung des Projektes ist es, möglichst umfangreiche und differenzierte Daten über LGBT-Jugendliche und junge Erwachsene zu erheben. Im Zentrum stehen die Coming-out-Erfahrungen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in unterschiedlichen Personenkreisen bzw. Kontexten wie Familie , Peers und Schule sowie ihre auf das Coming-out bezogenen Bewältigungsstrategien . 31. Was unternimmt die Bundesregierung, um diese Diskriminierung zu bekämpfen (insbesondere im Gesundheitswesen und, bezogen auf transsexuelle Menschen, auf dem Arbeitsmarkt)? 32. Stimmt die Bundesregierung der Meinung der ECRI über staatliche Diskriminierung von Lesben und Schwulen in Deutschland zu (bitte mit Begründung )? Ziel des AGG ist es, Benachteiligungen u. a. aus Gründen der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Es bezweckt nicht den Schutz bestimmter Gruppen, sondern den Schutz jedes einzelnen Menschen vor Benachteiligungen u. a. aufgrund dieses Merkmals. Die sich aus dem AGG ergebenden Ansprüche, insbesondere Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche im Falle unzulässiger Diskriminierungen, können die Betroffenen vor den jeweils zuständigen Gerichten einklagen. Damit ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer diskriminierungsfreien Gesellschaft getan. Staatliche Diskriminierung ist durch das Gleichheitsgebot des Artikel 3 GG untersagt. Dies gilt auch für etwaige Diskriminierungen im Gesundheitswesen oder auf dem Arbeitsmarkt. 33. Wie beurteilt die Bundesregierung die noch bestehenden rechtlichen Unterschiede zwischen eingetragenen Lebenspartnerschaften und verheirateten Paaren? Die Bundesregierung verweist auf den Koalitionsvertrag der sie tragenden Parteien : „Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen.“ Verschiedene Entwürfe werden vorbereitet oder befinden sich bereits im Gesetzgebungsverfahren. Im Übrigen nimmt die Bundesregierung Bezug auf ihre Antwort auf die Schriftliche Frage 27 des Abgeordneten Volker Beck, Bundestagsdrucksache 18/166 vom 13. Dezember 2013. 34. Teilt die Bundesregierung die positive Bewertung der Aktionspläne oder der umfassenden Programme zur Förderung der Toleranz gegenüber LGBT-Personen und zur Bekämpfung von Homo- bzw. Transphobie durch die ECRI, die in den letzten Jahren in einigen Bundesländern verabschiedet wurden? 35. Teilt die Bundesregierung die Forderung der ECRI nach Verabschiedung solcher Aktionspläne auf der Bundesebene und in den übrigen Bundesländern ? Die Fragen 34 und 35 werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung verurteilt Homophobie und Transphobie und hält ein entschiedenes Vorgehen gegen Diskriminierung sowie für eine Verbreiterung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/1629 der Akzeptanz gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Personen bundesweit für geboten. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Bundesregierung den „Nationalen Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und darauf bezogene Intoleranz“ um das Thema Homo- und Transphobie erweitert. Damit wird der Forderung aus dem Deutschland-Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) nach einer ressortübergreifenden Strategie auf Bundesebene entsprochen. Antiziganismus 36. Wie viele antiziganistische Straftaten genau wurden durch die im Zuge der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/14754 erstellten „händischen Untersuchung“ identifiziert (angesichts dessen, dass der Hinweis der Bundesregierung auf einen diesbezüglich „zweistelligen Fallzahlenbereich “ zu unscharf ist)? Die von den Fragestellern genannte händische Untersuchung auf antiziganistische Straftaten wurde nicht im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage , sondern anlässlich des Vorschlags des Zentralrats deutscher Sinti und Roma an das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium für Justiz zur „Einrichtung einer Arbeitsgruppe gegen Rechtsextremismus im Internet “ durchgeführt. Im Zuge der händischen Untersuchung wurden im Zeitraum von 2008 bis 2011 insgesamt 100 Straftaten mit antiziganistischen Hintergrund erfasst (22 im Jahr 2008, 43 im Jahr 2009 und 35 im Jahr 2010). 37. Wie viele antiziganistische Straftaten genau gab es in den Jahren 2011 bis 2013 (bitte ggf. durch eine erneute „händische Untersuchung“ ermitteln)? Alle Straftaten, die erkennbar aus einer antiziganistischen Motivation heraus begangen werden, werden als Politisch motivierte Kriminalität (PMK) im Themenfeld „Hasskriminalität“ unter dem Unterthema fremdenfeindlich im Rahmen des KPMD-PMK erfasst. Je nach Motivlage des Täters oder den Umständen der Tatbegehung kann die Tat ggf. zusätzlich noch dem Unterthema Rassismus zugeordnet werden. Es existiert jedoch kein eigenständiges Unterthema Antiziganismus bzw. antiziganistisch. Angaben, die Detailinformationen zu Tätern und Opfern/Geschädigten von Straftaten enthalten, sind im Rahmen der Kriminaltaktischen Anfrage politisch motivierte Kriminalität (KTA-PMK), mit welcher die Länder die Sachverhalte an das BKA übermitteln, nicht als Pflichtfelder vorgesehen (vgl. hierzu auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Sachbeschädigungen und Sabotageaktionen gegen Kriegsgerät und militärische Infrastruktur“, Bundestagsdrucksache 17/14824 vom 16. Oktober 2013). So werden weder zu Opfern noch zu Tätern entsprechender Straftaten systematische Angaben über die Zugehörigkeit zu bestimmten ethnischen Gruppen oder Minderheiten erfasst und gespeichert. Entsprechende über den Inhalt der Pflichtfelder hinausgehende Informationen können zwar in den dafür vorgesehenen fakultativ auszufüllenden Freitextfeldern dargestellt werden; diese Angaben sind jedoch nicht automatisiert suchfähig . Eine automatisierte Abfrage von antiziganistischen Straftaten aus der Gesamtzahl der Hassdelikte ist somit nicht möglich (vgl. hierzu auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Antiziganistische Straftaten“, Bundestagsdrucksache 18/253 vom 4. Dezember 2013). Alternativ kommt nur eine aufwändige manuelle Recherche durch Mitarbeiter des zuständigen Fachreferats infrage. Drucksache 18/1629 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Um die antiziganistischen Straftaten im Zeitraum von 2011 bis 2013 zu ermitteln wäre daher eine manuelle Auswertung von ca. 9 000 Sachverhalten: – 2011 – Hasskriminalität/Fremdenfeindlich: 2 613 Sachverhalte (2 506 PMKrechts ) – 2012 – Hasskriminalität/Fremdenfeindlich: 3 002 Sachverhalte (2 900 PMKrechts ) – 2013 – Hasskriminalität/Fremdenfeindlich: 3 289 Sachverhalte (3 187 PMKrechts ) von Nöten, für die ein Mitarbeiter etwa drei Monate benötigen würde. Dies wäre im Rahmen der Beantwortung nur unter unverhältnismäßigem Aufwand zu leisten. Diesbezüglich wird insoweit auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1.Juli 2009 – 2BvE 5/06, Rn. 132; 144 verwiesen. Von einer entsprechenden händischen Auswertung wird daher abgesehen 38. Wie setzten sich die antiziganistischen Straftaten in den Jahren 2008 bis 2010 respektive in den Jahren 2011 bis 2013 zusammen (bitte nach a) Tötungs- und Körperverletzungdelikten, b) Brand- und Sprengstoffanschlägen, c) Schändungen von Mahnmalen oder Gräbern von Sinti und Roma bzw. d) Meinungsäußerungsdelikten aufschlüsseln)? Die Straftaten im Sinne der Fragestellung aus den Jahren 2008 bis 2010 setzen sich folgendermaßen zusammen: Im Hinblick auf die Jahre 2011 bis 2013 wird auf die Antwort zu Frage 37 verwiesen . Delikt 2008 2009 2010 Gesamt Volksverhetzung 15 25 18 58 Beleidigung 4 5 4 13 Bedrohung 1 1 2 Verw. von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 1 6 7 14 Sachbeschädigung (einschl. gemeinschädlicher). 1 3 4 8 Landfriedensbruch 1 1 Gefährliche Körperverletzung 1 1 Schwere Brandstiftung 1 1 Besonders schwerer Fall des Diebstahls 1 1 Nötigung 1 1 gesamt 22 43 35 100 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/1629 39. Wie werden Schändungen von Mahnmalen oder Gräbern von Sinti und Roma innerhalb des „Definitionssystems PMK“ derzeit klassifiziert („rassistisch “, „fremdenfeindlich“ etc.)? Die Verfahrensweise, je nach Motivlage des Täters oder den Umständen der Tatbegehung die Taten als fremdenfeindlich und zusätzlich ggf. dem Unterthema Rassismus zuzuordnen (vgl. Antwort zu Frage 37) wird auch bei Schändungen von Mahnmalen oder Gräbern von Sinti und Roma angewendet. 40. Wird sich die Bundesregierung innerhalb der Innenministerkonferenz für die Aufnahme des Merkmals „Antiziganismus“ in den „Themenfeldkatalog PMK“ einsetzen, und wenn nein, warum nicht? Auf die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Antiziganistische Straf- und Gewalttaten“ (Bundestagsdrucksache 18/253 vom 7. Januar 2014) und auf die Kleine Anfrage „Der Themenfeldkatalog der Polizei zur Erfassung der Politisch motivierten Kriminalität in Deutschland“ (Bundestagsdrucksache 17/14751 vom 13. August 2013) wird Bezug genommen. Der noch ausstehenden Diskussion im Kreis der Fachexperten im Rahmen der zuständigen IMK-Gremien soll an dieser Stelle nicht vorgegriffen werden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333