Deutscher Bundestag Drucksache 18/1705 18. Wahlperiode 06.06.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulle Schauws, Katja Dörner, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/1512 – Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit dem Prostitutionsgesetz, das am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, wurde ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Lage von Prostituierten unternommen. Wesentliche Ziele des Prostitutionsgesetzes waren es, die Sittenwidrigkeit der Prostitution abzuschaffen und den Prostituierten damit die Einklagbarkeit ihres Lohns zu sichern, den Zugang zur Sozialversicherung zu erleichtern, kriminellen Begleiterscheinungen den Boden zu entziehen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, das „Prostitutionsgesetz im Hinblick auf die Regulierung der Prostitution umfassend zu überarbeiten und ordnungsbehördliche Kontrollmöglichkeiten gesetzlich zu verbessern“. Auch die CDU/CSU-Fraktion hat sich Anfang April 2014 auf Eckpunkte zur Reform des Prostitutionsgesetzes geeinigt. Die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Elke Ferner, hat in ihrer Rede im Deutschen Bundestag am 11. April 2014 zur Entschließung des Bundesrates über Maßnahmen zur Regulierung von Prostitution und Prostitutionsstätten einen Gesetzentwurf zur Überarbeitung des Prostitutionsgesetzes noch in diesem Jahr angekündigt und einige Eckpunkte und Zielsetzungen vorgestellt. 1. Wie hoch schätzt die Bundesregierung aktuell die Anzahl der Menschen, die in der Prostitution arbeiten? Auf welchen Studien oder Erhebungen basieren diese Schätzungen? Der Bundesregierung liegen zur Gesamtzahl der Personen, die in Deutschland Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 5. Juni 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. der Prostitution nachgehen, keine verlässlichen Daten vor. Schätzungen aus unterschiedlichen Quellen können gewisse Anhaltspunkte für die tatsächliche Situation leisten; sie sind jedoch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Drucksache 18/1705 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 31. Juli 2013 auf Bundestagsdrucksache 17/14467 Bezug genommen. 2. Wie hoch ist der Anteil der Prostituierten, die im Jahr 2000 krankenversichert waren? 3. Wie hat sich der Anteil der Prostituierten, die krankenversichert sind, seit dem Jahr 2002 verändert (vgl. Berichte des Bundesministeriums für Familie , Senioren, Frauen und Jugend – BMFSFJ)? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Zum Anteil der im Jahr 2000 krankenversicherten Prostituierten sowie zu den seit dem Jahr 2002 eingetretenen Veränderungen stehen keine Daten zur Verfügung . Ergänzend wird auf den Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes vom 24. Januar 2007 auf Bundestagsdrucksache 16/4146, S. 12 ff. verwiesen. 4. a) Plant die Bundesregierung, Bundesmittel einzusetzen bzw. zu erhöhen, um die Personalstärke für eine flächendeckende Beratung von Prostituierten – gerade auch mit Fokus auf die Altersgruppe der 18- bis 21-Jährigen – zu erhöhen, und wenn ja, in welchem Titel, und in welchem Umfang ? c) Welche Maßnahmen zum Ausbau der Sozial- und Beratungsangebote für Prostituierte plant die Bundesregierung? d) Welche Haushaltsmittel stehen für Sozial- und Beratungsangebote für Prostituierte zur Verfügung, und welche Rolle spielen hier die Selbstorganisationen der Prostituierten? Die Fragen 4a, 4c und 4d werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Förderung der Beratung von Prostituierten – unabhängig von ihrem Alter – fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundes. Ausnahme sind Modellprojekte, die für einen zeitlich befristeten Zeitraum bestimmte Vorgehensweise erproben. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fördert seit dem Jahr 2009 einen Modellversuch zum Themenbereich „Ausstieg aus der Prostitution“ an den Standorten Nürnberg, Berlin und Freiburg. Das Modellprojekt , das wissenschaftlich begleitet wird, endet im Jahr 2014; der Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung wird in der zweiten Jahreshälfte 2015 vorliegen. Für das fünfjährige Modellprojekt stehen inklusive der wissenschaftlichen Begleitung insgesamt rund 2,3 Mio. Euro zur Verfügung. Weitere Förderungen von Beratungsangeboten vor Ort mit Bundesmitteln sind nicht vorgesehen . Prostituierte, die von Gewalt betroffen sind – sei es Gewalt durch Freier, Zuhälter oder Dritte –, können darüber hinaus das bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen nutzen, das rund um die Uhr unter der Nummer 08000 116 016 und per E-Mail und Onlinechat anonyme Beratung durch Fachkräfte anbietet. Das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen ist beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben eingerichtet und wird aus Bundesmitteln finanziert . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1705 b) Wie wird die Bundesregierung Selbstorganisationen von Prostituierten in die Vorbereitung gesetzgeberischer Schritte zur Regelung der Prostitution einbeziehen, und welche Organisationen bzw. Interessenverbände hat sie bisher bei ihren Überlegungen einbezogen? Das BMFSFJ wird zur Vorbereitung gesetzgeberischer Maßnahmen zur Regulierung von Prostitution am 12. Juni 2014 eine Anhörung mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis durchführen, zu der auch Vertretungen der Selbstorganisation von Prostituierten eingeladen sind und Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Kontakte bestehen unter anderem zum Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e. V. sowie zum Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen e. V. 5. Wie soll die von der Parlamentarischen Staatssekretärin Elke Ferner (Rede zur Entschließung des Bundesrates über Maßnahmen zur Regulierung von Prostitution und Prostitutionsstätten im Deutschen Bundestag am 11. April 2014) genannte Einführung einer Erlaubnispflicht konkret ausformuliert werden? Soll die Erlaubnispflicht nur für Großbordelle (wenn ja, nach welcher Definition ) oder auch für die selbständige Wohnungsprostitution gelten? Einzelheiten der geplanten gesetzgeberischen Schritte stehen noch nicht fest. Vor einer Konkretisierung und Festlegung sollen die Ergebnisse der Anhörung Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis am 12. Juni 2014 ausgewertet werden. 6. Welche Auswirkungen sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung von einer Erlaubnisprüfung für Prostitutionsstätten zu erwarten? Die Auswirkungen einer Erlaubniserteilung lassen sich erst dann prognostizieren , wenn der konkrete Regelungsrahmen bestimmt wurde. Da dies zurzeit noch nicht erfolgt ist (vgl. Antwort zu Frage 5), ist eine konkretisierte Einschätzung der Folgen noch nicht möglich. 7. Welche verfassungsrechtlichen Bedenken hätte die Bundesregierung hinsichtlich der Einführung einer Altersgrenze von 18 auf 21 Jahren für Prostituierte ? Ob und ggf. welche Festlegungen zu einer Altersgrenze für Prostituierte getroffen werden sollen, steht noch nicht fest (vgl. Antwort zu Frage 5). Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass gesetzliche Altersgrenzen, die die berufliche Betätigung betreffen, an Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) zu messen sind. Altersgrenzen sind subjektive Zulassungsbeschränkungen. Sie sind gerechtfertigt, wenn sie zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsguts, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht, erforderlich sind, zum angestrebten Zweck nicht außer Verhältnis stehen sowie keine übermäßigen unzumutbaren Belastungen enthalten (vgl. etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 7. April 2007, 1 BvR 1941/07 juris-Rn. 9 m. w. N.). Die Bundesregierung wird dies bei ihren Überlegungen berücksichtigen . Drucksache 18/1705 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Welche Auswirkungen würde die Bundesregierung durch die Einführung einer Altersgrenze von 21 Jahren für Prostituierte in Bezug auf a) die Entwicklung des Dunkelfelds der Prostitution, b) den Schutz Heranwachsender, c) ihren Schutz vor psychischen und/oder ökonomischen Abhängigkeiten erwarten? Auch die tatsächlichen Auswirkungen einer Regelung zur Altersgrenze lassen sich nur im Kontext der konkreten Ausgestaltung beurteilen. Da es hierzu noch keine Festlegung gibt, ist eine Prognose der Folgen nicht zuverlässig möglich. 9. Sind der Bundesregierung Statistiken oder Studien bekannt, aus denen eine steigende Nachfrage nach immer jüngeren Frauen in der Prostitution hervorgeht, und wenn ja, welche sind das und welches Ergebnis hatten diese? Was tut die Bundesregierung, um konkrete Zahlen zu erheben? Der Bundesregierung sind keine Statistiken oder Studien bekannt, aus denen eine steigende Nachfrage nach immer jüngeren Frauen hervorgeht. Diesbezügliche repräsentative Aussagen über Erfahrungen liegen weder aus der aus der polizeilichen Praxis noch aus anderen Quellen vor. Eine statistische Erhebung mit dem Ziel, Zahlen zur altersdifferenzierten Struktur der Nachfrage nach Prostitution zu gewinnen, ist aus methodischen Gründen grundsätzlich nicht möglich. 10. Welche Möglichkeiten bestehen nach Ansicht der Bundesregierung, bei einer Anmeldepflicht für Prostituierte, den Datenschutz zu gewährleisten, die Prostituierten vor Stigmatisierung zu schützen sowie die Anonymität der Prostituierten gegenüber Familienmitgliedern und Dritten zu wahren? Vorab ist zu bemerken, dass zur Frage einer Anmeldepflicht von Prostituierten noch keine Festlegung getroffen wurde und insoweit zunächst die Ergebnisse der Anhörung vom 12. Juni 2014 ausgewertet werden sollen. Sollte eine Anmeldepflicht gesetzlich geregelt werden, ist die Bundesregierung verpflichtet, den Anforderungen an den Schutz der personenbezogenen Daten Rechnung zu tragen. 11. Welche Behörden wären nach Ansicht der Bundesregierung für die Kontrolle der Anmeldepflicht von Prostituierten zuständig? Grundsätzlich gilt, dass die Länder die für die Ausführung von Bundesgesetzen zuständigen Stellen bestimmen. Wie schon ausgeführt (Antwort zu Frage 10), ist zudem noch keine Entscheidung dazu getroffen, ob eine Anmeldepflicht für Prostituierte eingeführt werden soll. Damit kann es auch noch keine Entscheidung über eine zuständige Behörde geben. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1705 12. Sollen nach Ansicht der Bundesregierung die Gesundheitsuntersuchungen von Prostituierten durch das Gesundheitsamt in die Zuständigkeit von Kommunen fallen? Nach § 19 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) bieten die zuständigen Gesundheitsbehörden der Länder und Kommunen (Gesundheitsämter) bezüglich sexuell übertragbarer Krankheiten und Tuberkulose Beratung und Untersuchung an oder stellen diese in Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Einrichtungen sicher. Die Beratung und Unterstützung sollen für Personen, deren Lebensumstände eine erhöhte Ansteckungsgefahr für sich oder andere mit sich bringen, auch aufsuchend angeboten werden, und können im Einzelfall die ambulante Behandlung durch einen Arzt oder eine Ärztin des Gesundheitsamtes umfassen, soweit dies zur Verhinderung der Weiterverbreitung der sexuell übertragbaren Krankheiten und der Tuberkulose erforderlich ist. In den Anwendungsbereich der Regelung fallen auch Beratungs- und Untersuchungsangebote für Prostituierte. Welche Behörde „Gesundheitsamt“ im Sinne der Regelung ist, bestimmt sich gemäß § 2 Nummer 14 IfSG nach Landesrecht. In der Regel haben die Länder die Aufgabe auf die kommunale Ebene übertragen. 13. Wie viele Gesundheitsämter bieten nach Kenntnis der Bundesregierung auch fremdsprachige Beratungsangebote für Prostituierte an, und in welchen Sprachen? Verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesundheitsämter über Informationsbroschüren für Prostituierte in allen gängigen Sprachen Europas? Die Entscheidung über das Beratungsangebot der über 400 Gesundheitsämter liegt in der Zuständigkeit der jeweiligen Länder und Kommunen. Die Bundesregierung hat keine Kenntnis über das Sprachenangebot der Gesundheitsämter. 14. Inwiefern sieht die Bundesregierung die medizinische Versorgung von Prostituierten derzeit ohne verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen als gefährdet an? Die Bundesregierung hat keine Informationen über eine Gefährdung der medizinischen Versorgung von Prostituierten (männlich/weiblich). Da es sich um eine sehr heterogene Gruppe mit teilweiser hoher Fluktuation handelt, liegen keine repräsentativen Daten zur Gesundheitsversorgung vor. Prostituierte haben aufgrund häufig wechselnder Sexualpartner ein erhöhtes Risiko, sich mit Erregern sexuell übertragbarer Infektionen (STI) zu infizieren und deshalb ein hohes Eigeninteresse, die eigene Gesundheit zu schützen und ihr Schutzverhalten an das erhöhte Risiko anzupassen. Inwieweit das gelingt, ist von den Arbeitsbedingungen abhängig. Hieraus resultieren unterschiedliche STI-Prävalenzen. Im Durchschnitt liegt die STI-Prävalenz bei Prostituierten nur geringfügig höher als in der Allgemeinbevölkerung. Erhöhte STI-Prävalenzen wurden bei denjenigen Prostituierten festgestellt, die weniger als ein Jahr in der Sexarbeit tätig sind, unzureichende Deutschkenntnisse haben und/oder auf dem „Straßenstrich“ tätig sind. Drucksache 18/1705 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Wie beurteilen nach Kenntnis der Bundesregierung Organisationen zur Prävention von sexuell übertragbaren Erkrankungen (STD) und HIV (z. B. Deutsche AIDS-Hilfe e. V.) und Selbstvertretungsorganisationen von Prostituierten die Frage der zwangsweise regelmäßigen Gesundheitsuntersuchungen von Prostituierten? Nach Kenntnis der Bundesregierung lehnen sowohl die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) als auch der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e. V. verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen für Prostituierte ab. 16. Sind Prostituierte nach Auffassung der Bundesregierung nach § 2 oder § 3 des Prostitutionsgesetzes weisungsgebunden, und wenn ja, inwiefern (bitte erläutern)? § 2 des Prostitutionsgesetzes (ProstG) regelt zum einen, dass eine Forderung aus dem Prostitutionsvertrag nicht abgetreten werden kann. Hiermit wird vermieden, dass Dritten, insb. Zuhältern, ein Erpressungspotential in die Hand gegeben wird. Zum anderen regelt § 2 ProstG, dass nur der Einwand der Erfüllung und die Einrede der Verjährung gegen die Forderung geltend gemacht werden können. Andere Einreden – wie etwa die der Schlechtleistung – sind damit ausgeschlossen. Diese Vorschrift zielt in erster Linie auf den Vertrag zwischen der Prostituierten und dem Kunden und hat insoweit nichts mit der Frage der Weisungsgebundenheit zu tun. § 3 ProstG ermöglicht eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit als Prostituierte : § 1 Satz 2 ProstG stellt klar, dass Prostitution auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden kann. Bei entsprechenden Beschäftigungsverhältnissen ist allerdings zu beachten, dass dem Bordellbetreiber bzw. der Bordellbetreiberin mit Rücksicht auf die Menschenwürde und das Persönlichkeitsrecht der Prostituierten kein Direktionsrecht zustehen kann, das über die Bestimmung von Arbeitszeit und Arbeitsort der Leistung hinausgeht (Looschelders, in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB, Allgemeiner Teil/ EGBGB, 2. Auflage 2011, § 1 ProstG Rn. 17). Bordellbetreibende können den Prostituierten daher keine wirksamen Vorgaben machen, die etwa die Auswahl der Kunden und die Form und Art der Ausübung der Dienstleistung betreffen. Außerdem müssen Prostituierte jederzeit die Möglichkeit haben, das Beschäftigungsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden (vgl. Bundestagsdrucksache 14/5958, S. 4 f.). Das Bestehen eines Weisungsrechts des Arbeitgebers wird jedoch im Allgemeinen als charakteristisches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses und damit auch als notwendige Voraussetzung einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit angesehen. § 3 ProstG stellt daher klar, dass trotz des sehr eingeschränkten Weisungsrechtes des Arbeitgebers gegenüber einer bei ihm beschäftigten Prostituierten dennoch eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit vorliegt . Ohne diese klarstellende Regelung könnten gerade hieran Zweifel bestehen . Damit hat ein Arbeitgeber einer Prostituierten gemäß § 1 ProstG ein ausgesprochen eingeschränktes Weisungsrecht, das ausschließlich die Arbeitszeit und den Arbeitsort betrifft. Auch außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 1 ProstG besteht kein weitergehendes Weisungsrecht Dritter gegenüber Prostituierten hinsichtlich der Ausübung der Prostitution. Strafrechtlich findet dies seinen Niederschlag in den Vorschriften zum Schutz des sexuellen Selbstbestimmungsrechts , insbesondere in § 181a sowie § 180a des Strafgesetzbuchs (StGB). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1705 17. Welche Schritte hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2002 unternommen , um das eingeschränkte Weisungsrecht bei Behörden, bei Betreibern von Prostitutionsstätten, Prostituierten sowie der Öffentlichkeit bekannt zu machen? Die Bundesregierung hat verschiedene Wege und Anlässe zur Bekanntmachung des Prostitutionsgesetzes in der allgemeinen Öffentlichkeit sowie in Fachöffentlichkeit genutzt. Thema war dabei auch immer die Regelung der §§ 1, 3 ProstG und des darin enthaltenen eingeschränkten Weisungsrechtes des Arbeitgebers. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE., vom 31. Juli 2013 auf Bundestagsdrucksache 17/14467 hingewiesen. 18. a) Wie viele Betriebsprüfungen zur Scheinselbständigkeit in Bordellen gab es seit dem Jahr 2002, und wie viele Prostituierte waren von einer Scheinselbständigkeit betroffen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? b) In wie vielen Fällen, in denen Scheinselbständigkeit festgestellt wurde, musste der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen? c) Wie erklärt sich die Bundesregierung die möglicherweise geringe Zahl der Betriebsprüfungen in Bordellen? Der Bundesregierung liegen seitens der Rentenversicherungsträger keine Statistiken vor, aus denen sich Differenzierungen nach Berufsgruppen, Branchen, Nationalitäten oder Nachforderungsgründen ableiten ließen. Grundsätzlich gilt auch für Betriebe im Prostitutionsgewerbe, dass die Prüfdienste der Rentenversicherungsträger diese Betriebe im Rahmen der turnusmäßigen Betriebsprüfung nach § 28p Absatz 1 SGB IV wie alle Arbeitgeber alle vier Jahre prüfen. Für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS) liegen ebenfalls keine Daten zu Prüfungen wegen Scheinselbständigkeit in Bordellen vor. Die FKS prüft in allen Branchen auch Fragen der Sozialversicherungspflicht. Eine differenzierte Erfassung sämtlicher Branchen ist wegen des damit verbundenen Aufwandes jedoch nicht möglich; Bordelle werden nicht gesondert erfasst. Die Bundesregierung hat keine Kenntnis über die Anzahl von Betriebsprüfungen zur Scheinselbständigkeit in Bordellen seit dem Jahr 2002. Im Rahmen des Vollzugs der Steuergesetze sind für die Durchführung von Betriebsprüfungen nach der Zuständigkeitsordnung des Grundgesetzes die Länder verantwortlich . Sie entscheiden in eigener Zuständigkeit über die Fallauswahl und den Prüfungskomplex. Dabei werden Großbetriebe lückenlos geprüft. Andere Betriebe , wie Mittel-, Klein- oder Kleinstbetriebe werden unter Risikogesichtspunkten gezielt ausgewählt und geprüft. 19. Beabsichtigt die Bundesregierung, Rechtsgrundlagen zu schaffen, um Mindestanforderungen an gesundheitliche, hygienische und räumliche Bedingungen für die Arbeit in Bordellen zu schaffen, und wenn ja, welche, und bei welcher Stelle sieht die Bundesregierung die Kompetenz zu ihrer Erarbeitung? Auch zu dieser Frage hat die Bundesregierung noch keine Entscheidung getroffen , sondern wird zunächst die Ergebnisse der Anhörung von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis auswerten. Drucksache 18/1705 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 20. Gibt es vonseiten der Bundesregierung Pläne, die soziale Absicherung von Prostituierten zu verbessern, und wenn ja, welche? Zurzeit gibt es keine entsprechenden Pläne der Bundesregierung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 21. Plant die Bundesregierung eine Aufstockung des Personals zum Zwecke besserer Kontrollen von Prostitutionsstätten u. a. auch, um den Schutz der Opfer von Menschenhandel zu gewährleisten sowie voranzutreiben, und wenn ja, mit wem, und in welchem Umfang wird sie darüber Verhandlungen führen? Die Personalausstattung der Stellen für die Durchführung von ordnungsbehördlichen Kontrollen in Prostitutionsstätten fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundes . 22. Inwiefern plant die Bundesregierung das Vermieterprivileg abzuschaffen, das eine mildere Strafdrohung bei der Ausbeutung durch die Wohnungsinhaberin bzw. den Wohnungsinhaber nach § 180a Absatz 2 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs (StGB) gegenüber der Ausbeutung durch Zuhälterinnen bzw. Zuhälter nach § 181a Absatz 1 StGB vorsieht? Ob entsprechender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, wird im Zusammenhang mit der Umsetzung des Koalitionsvertrages, der u. a. Verbesserungen des Schutzes von Frauen vor Menschenhandel und Zwangsprostitution sowie die Schließung inakzeptabler Schutzlücken und die Beseitigung von Wertungswidersprüchen im Sexualstrafrecht vorsieht, geprüft werden. 23. Wie will die Bundesregierung im Rahmen des Gewerberechts sicherstellen , dass Geschäftsbeziehungen zwischen Bordellbetreiberinnen und Bordellbetreibern und Prostituierten dokumentiert werden, um eventuelle Ausbeutung besser erkennen und strafrechtlich verfolgen zu können? Auch zu dieser Frage ist noch keine Entscheidung getroffen worden. Die Ergebnisse der schon genannten Anhörung von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis sollen ausgewertet werden, um hierfür einen angemessenen rechtlichen Rahmen zu beschreiben. 24. Wie ist der genaue Zeitplan für die Überarbeitung des Prostitutionsgesetzes ? Am 12. Juni 2014 wird das BMFSFJ eine Anhörung mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis durchführen. Anschließend werden die Ergebnisse ausgewertet. Es ist beabsichtigt, gesetzgeberische Vorschläge zur Regulierung von Prostitution bis Ende 2014 zu erarbeiten. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333