Deutscher Bundestag Drucksache 18/1735 18. Wahlperiode 12.06.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Ulla Jelpke, Katrin Kunert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1547 – Das Internetportal „Politikforen.net“ als möglicher Nachfolger für das abgeschaltete neonazistische Forum Thiazi.net Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mitte Juni 2012 ging das „Thiazi-Forum“ nach bundesweiten Razzien offline. Damit verschwand eines der wichtigsten deutschsprachigen neonazistischen Internetforen. Im gleichen Zeitraum wurden auch verschiedene andere neonazistische Internetseiten abgeschaltet, darunter die „Spreelichter“ und der Blog „Deutschlandecho“ (Süddeutsche Zeitung, 25. Juli 2012, „Wir sind verboten , na und?“). Das „Thiazi-Forum“ hatte zuletzt über eine Million Beiträge und mehrere Tausend registrierte Nutzer und Nutzerinnen. Unter den Beiträgen fanden sich unter anderem offener Rassismus, Holocaustleugnung und Gewaltaufrufe . Diese Inhalte waren für jeden frei zugänglich, auch ohne Registrierung im Forum (Störungsmelder/Zeit, 14. Juni 2012, Weiterer Schlag gegen Neonazi -Szene). Nach Einschätzung einer Vertreterin von „No-Nazi.net“, einer Initiative zur Aufklärung über extrem rechte Aktivitäten im Internet, gibt es jedoch auch nach den Exekutivmaßnahmen gegen das „Thiazi-Forum“ noch immer eine große Anzahl extrem rechter Websites, Foren und Blogs, die als Ausweichmöglichkeiten für ehemalige Thiazi-Nutzerinnen und Thiazi-Nutzer dienen könnten. Zudem ist die Zahl extrem rechter Auftritte und Aktivitäten in sozialen Netzwerken nach Ansicht unabhängiger Beobachter und Beobachterinnen gestiegen (Süddeutsche Zeitung, 25. Juli 2012, „Wir sind verboten, na und?“). Auch die Webseite „politikforen.net“ könnte sich zu einer solchen Ausweichmöglichkeit entwickelt haben. Eigenen Angaben zufolge besteht das Forum seit April 2003 und hat heute knapp 5 000 registrierte Nutzer und Nutzerinnen und über 6,5 Millionen Beiträge. Die Diskussionskultur ist geprägt von Vorurteilen bis hin zu offen extrem rechten und neonazistischen Beiträgen. Als Beispiel sei der User „Bulldog“ genannt, der in einem Beitrag fragt, ob „Adolf Hitler [bezogen auf das Judentum] Recht hatte“, und der zu der Antwort Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 10. Juni 2014 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. kommt: „unumwunden: Ja“ (http://politikforen.net/showthread.php?152024- Hatte-Adolf-Hitler-Recht). Einige Nutzer diskutieren auch offen darüber, dass „politikforen.net“ eine interessante Alternative zum abgeschalteten „ThiaziForum “ sei, wie beispielsweise der User „Volksaufklärer“, der erklärt, er sei im Drucksache 18/1735 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode „Thiazi-Forum“ angemeldet gewesen und dieses sei ihm aber „langweilig, ob all dem gegenseitigen Schulterklopfen der Kameraden. Es fehlte irgendwie die Spannung, die wir hier [gemeint ist politikforen.net] mit unseren netten Genossen und unseren türkischen Gästen haben!“ (http://mail.politikforen.net/showthread .php?126813-quot-Thiazi-quot-Internetforum-geht-es-an-den-Kragen/ page14). 1. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Aktivitäten auf der Internetseite „politikforen.net“? Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sichtet im Rahmen der „Koordinierten Internetauswertung Rechtsextremismus“ (KIA-R) auch das Internetforum „politikforen.net“. In den Kommentarbereichen des Internetforums werden tagespolitische Themen zum Teil zugespitzt, rechtspopulistisch oder mit verschwörungstheoretischem Ansatz diskutiert. Dabei kommt es vereinzelt auch zu drastischen Äußerungen, die aber insgesamt keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung bieten. 2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierungen zu Straf- und Ermittlungsverfahren , die aus Beiträgen auf der Internetseite „politikforen.net“ resultieren (bitte spezifizieren nach Straftatbeständen, ermittlungsführende Behörde , Verurteilungen)? Das Bundeskriminalamt (BKA) als Zentralstelle ist im Jahr 2013 über ein im Land Niedersachsen eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen § 130 des Strafgesetzbuches (StGB) im Zusammenhang mit der Internetseite „politikforen.net“ informiert worden. Die Bundesregierung vermag zu laufenden Verfahren keine weitere Auskunft zu erteilen. 3. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu den Betreibern der Internetseite „politikforen.net“ und zu deren Verbindungen zu neonazistischen Kameradschaften und der NPD sowie zu Vereinen und Gruppierungen der extremen Rechten vor? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu den Betreibern der anonym über einen ausländischen Provider gehosteten Internetseite „politikforen.net“ und deren etwaige Verbindungen zu den genannten Personenzusammenschlüssen des rechtsextremistischen Spektrums vor. 4. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu Nutzern der Internetseite „politikforen.net“ und deren Verbindungen zu neonazistischen Kameradschaften und der NPD sowie zu Vereinen und Gruppierungen der extremen Rechten vor? Gemäß der foreneigenen Statistik, die allerdings nicht automatisch als zuverlässig zu bewerten ist, sind in dem Forum etwa 5 000 Nutzer angemeldet. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse zu Nutzern oder deren etwaige Verbindungen zu den genannten Personenzusammenschlüssen des rechtsextremistischen Spektrums vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1735 5. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass auf der Internetseite „politikforen.net“ Liedtexte oder Tonträger zugänglich gemacht werden, die indiziert sind oder den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen? Das BKA hat vor kurzem auf der Internetseite eine Verlinkung auf eine bei YouTube eingestellte, indizierte Tonspur festgestellt, die den Verdacht des Verstoßes gegen § 130 StGB nahelegt. Dieser Vorgang ist vom BKA an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen weitergeleitet worden. 6. Inwieweit zählt die Bundesregierung die Inhalte der Internetseite „politikforen .net“ anhand der Indizierungskriterien zu der Liste der jugendgefährdenden Medien im Sinne des § 18 des Jugendschutzgesetzes? Der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) liegen bisher keine Anträge bzw. Anregungen auf Indizierung von Inhalten des Internetportals vor. 7. Wurde die Internetseite „politikforen.net“ bereits in einem Jahresbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) oder nach Kenntnis der Bundesregierung in einem Jahresbericht eines Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) erwähnt (wenn ja, bitte unter Angabe des LfV/BfV, Jahr)? Das Internetforum „politikforen.net“ wurde bislang nicht in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes erwähnt. Die Jahresberichte der Länder sind auf ihren einschlägigen Internetseiten eingestellt. 8. Wurde oder wird die Internetseite „politikforen.net“ von Bundesbehörden beobachtet? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333