Deutscher Bundestag Drucksache 18/1754 18. Wahlperiode 13.06.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1561 – Befugnisse und Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes im Ausland Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit den Stimmen der regierenden islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt (AKP) beschloss das türkische Parlament im April 2014 ein Gesetz, das den Nationalen Nachrichtendienst (MIT) mit neuen Befugnissen versieht. Laut Medienberichten ermöglicht das Gesetz weitergehende Abhörmaßnahmen ohne Gerichtsbeschluss sowie den Zugang des Geheimdienstes zu Daten von Banken, staatlichen Institutionen, Privatunternehmen und Gewerkschaften. Zudem bekommt der Geheimdienst mehr Rechte bei Auslandseinsätzen . Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Geheimdienstes sollen auch im Falle schwerer, im Staatsauftrag begangener Straftaten Immunität gegenüber Strafverfolgung besitzen. Dagegen drohen Journalistinnen und Journalisten oder sonstigen Informantinnen und Informanten, die als geheim klassifizierte Dokumente des MIT veröffentlichen, nun Haftstrafen bis zu zehn Jahren . Die Veröffentlichung von Dokumenten über MIT-Mitglieder wird mit bis zu zwölf Jahren Haft bedroht. Während die Regierung das Gesetz mit der Anpassung an die Regelung anderer Staaten rechtfertigte, sieht die Opposition, die das Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof anfechten will, dahinter vor allem einen weiteren Machtzuwachs für den Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Beobachterinnen und Beobachter sehen in den neuen Befugnissen für den Geheimdienst zudem den Versuch der türkischen Regierung, Waffengleichheit mit der Gülen-Bewegung herzustellen, die die Regierung beschuldigt , tausende Telefonate und Gespräche von hochrangigen AKP-Politikern aber auch Geheimdienstvertretern und Militärs abgehört und belastende Aufnahmen im Internet veröffentlicht zu haben (www.handelsblatt.com/politik/ international/machtkampf-mehr-befugnisse-fuer-den-tuerkischen-geheimdienst/ 9781628.html; www.zeit.de/politik/ausland/2014-04/tuerkei-geheimdienst-mit; www.hurriyetdailynews.com/turkish-parliament-approves-controversial-intelbill .aspx?page ID=238&nID=65214&NewsCatID=338). Die Regierung begründete die Ausweitung der Rechte des Geheimdienstes im Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 11. Juni 2014 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Umgang mit als terroristisch eingestuften Organisationen mit den seit mehreren Jahren zwischen dem MIT und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zuerst in Oslo und ab dem Jahr 2012 mit ihrem inhaftierten Vorsitzenden Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali geführten Gesprächen über ein Ende des Drucksache 18/1754 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode jahrzehntelangen gewalttätigen Konfliktes. Solche Verhandlungen waren in der Vergangenheit von mutmaßlichen Gegnerinnen und Gegnern eines Friedensprozesses innerhalb des Staatsapparates durch die Veröffentlichung geheimer Gesprächsmitschnitte im Internet oder einen mit dem Verdacht des Landesverrats begründeten Haftbefehl eines türkischen Staatsanwaltes gegen Geheimdienstchef Hakan Fidan sabotiert worden. Der hochrangige Funktionär der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Duran Kalkan, erklärte zu dem neuen Geheimdienstgesetz allerdings, dieses gäbe dem MIT das Recht, „in der Türkei und überall auf der Welt schmutzige Operationen durchzuführen“ und „politische Gegner überall zu liquidieren“. Es stelle sich also die Frage, ob das Gesetz für den Friedensprozess oder für den Kampf gegen die PKK erlassen wurde, so Duran Kalkan im Interview mit der Nachrichtenagentur Firat News (8. Mai 2014). Im Januar 2014 waren im Internet ein Gesprächsmitschnitt von mutmaßlichen MIT-Agenten sowie ein Dokument des Geheimdienstes veröffentlicht worden, die nahelegen, dass der MIT die Ermordung der drei kurdischen Politikerinnen Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Saylemez am 9. Januar 2013 in den Räumen des Kurdistan-Informationsbüros in Paris angeordnet hatte. Der deutsche Verfassungsschutz hat aufgrund dieses Verdachts laut „DER SPIEGEL“ seine Zusammenarbeit mit dem MIT eingeschränkt (www.spiegel.de/spiegel/print/d-124956822.html). Nach Meinung von Kritikerinnen und Kritikern gibt das neue Geheimdienstgesetz dem MIT zudem freie Hand bei der logistischen Unterstützung von Aufständischen in Syrien. So werden Militärpolizisten, die im Januar 2014 verdeckte Transporte des Geheimdienstes für syrische Rebellengruppen gestoppt hatten, nun wegen Geheimnisverrats angeklagt (www.hurriyetdailynews.com/ lawsuit-opened-on-spying-charges-on-soldiers-who-searched-syria-bound-inteltrucks .aspx?pageID=238&nID=66533&NewsCatID=338). Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Es ist Ausdruck staatlicher Souveränität, im Rahmen völkerrechtlicher Grenzen nationale Angelegenheiten allein und ohne Einmischung anderer Staaten zu regeln. Unter diese Souveränität fallen insbesondere die Einrichtung staatlicher Behörden und deren Ausstattung mit Befugnissen. Die Bundesregierung bezieht ihre Informationen aus den öffentlich zugänglichen türkischen und deutschen Quellen sowie über ihre Auslandsvertretungen vor Ort. Das dieser Anfrage gegenständliche Änderungsgesetz Nr. 6532 wurde am 17. April 2014 von der Großen Türkischen Nationalversammlung beschlossen. Es wurde am 26. April 2014 im türkischen Amtsblatt veröffentlicht und trat damit in Kraft. Die Bundesregierung enthält sich einer völkerrechtlichen Bewertung der Gesetzes und von Aktivitäten des MIT. Eine solche wäre ohnehin nur bei Kenntnis aller relevanten Fakten und eines konkreten Einzelfalles möglich. Bezüglich der Vorgänge um die Tötungen in Paris wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 17. März 2014 auf Bundestagsdrucksache 18/827 verwiesen. 1. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die im April 2014 vom türkischen Parlament beschlossenen Gesetzesänderungen, die dem Nationalen Nachrichtendienst (MIT) mehr Befugnisse geben? a) Auf welche Weise und über welche Informationskanäle hat die Bundesregierung Kenntnis über die Gesetzesänderungen erlangt? b) Falls die Bundesregierung keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Kenntnisse über diese Gesetzesänderungen hat, inwieweit bemüht sie sich um entsprechende Informationen durch Kontakte zur türkischen Regierung? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1754 c) Welche Absichten verfolgt die türkische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung mit den Gesetzesänderungen? In der allgemeinen Begründung des Änderungsgesetzes werden als Beweggründe genannt: „In diesem Rahmen ist es wichtig, Regelungen zu treffen, damit der Nationale Nachrichtendienst (MIT) effizienter und erfolgreicher seine Aufgaben umsetzen kann, die Koordination mit anderen staatlichen Institutionen und Organisationen besser sicherstellen kann, einen besseren Zugang zu Informationen , Nachrichten, zur Kommunikationsinfrastruktur und zu Dokumenten erhalten kann, gemäß des Prinzips der Geheimhaltung arbeiten kann, ohne dass Mitarbeiter des MIT durch rechtlose und ungerechtfertigte Anschuldigungen während der Ausführung ihrer Aufgaben enttarnt werden. […] Auf der anderen Seite hat sich die Notwendigkeit ergeben, auch durch die Struktur des Nationalen Sicherheitsrates bedingt, dass dem Ministerrat in Bereichen wie dem Kampf gegen den Terror, Fragen der äußeren Sicherheit und der nationalen Sicherheit die Befugnis gegeben wird, den MIT mit operationellen Aufgaben zu betrauen. Mit diesem Vorschlag werden die nötigen Änderungen gemacht, um den Nationalen Nachrichtendienst den Anforderungen der Moderne anzupassen und ihm die gleichen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu verleihen, die andere Nachrichtendienste genießen, sowie seine Kapazitäten im Bereich der Gewinnung von technischen und menschlichen nachrichtendienstlichen Instrumenten zu erhöhen.“ d) Welche neuen Befugnisse im Einzelnen hat der türkische Geheimdienst nach Kenntnis der Bundesregierung mit den jüngsten Gesetzesänderungen erhalten? Nach Kenntnis der Bundesregierung werden die Befugnisse des MIT insbesondere beim Zugriff auf personenbezogene Daten erweitert. Er erhält Zugriff auf Informationen und Daten sämtlicher Behörden. Zukünftig kann er ohne Entscheidung eines Richterkollegiums nur mit Autorisierung des MIT-Leiters Abhöraktionen durchführen. Seine Immunität wird ausgebaut sowie ein spezieller rechtlicher Status für MIT-Mitarbeiter geschaffen (Einführung eines Sondergerichts ), der diesen größere Immunität gegenüber Strafverfolgung garantiert. Staatsanwälte müssen den MIT bei Vorwürfen oder der Einleitung von Ermittlungsverfahren umgehend informieren. Betreffen diese Vorwürfe die Aufgaben des MIT, so wird kein Verfahren eingeleitet. Außerdem werden die Strafen für illegale Beschaffung und Verbreitung von Informationen über den MIT erhöht. Zur Aufsicht über den MIT wird ein parlamentarischer Ausschuss für Sicherheit und nachrichtendienstliche Tätigkeit eingerichtet, der Empfehlungen aussprechen , jedoch keine Untersuchungen einleiten oder Geheimdienstangehörige vorladen kann. 2. Inwieweit kommt es nach Einschätzung der Bundesregierung in der Türkei zur Einschränkung demokratischer Rechte und Freiheiten, wie der Pressefreiheit , durch die Gesetzesänderungen für den Geheimdienst? Der Bundesregierung ist bekannt, dass der MIT durch die neuen Bestimmungen weitreichenden Zugriff auf personenbezogene Daten erhält. Sie verfolgt die Diskussion in der Türkei hierzu mit großer Aufmerksamkeit, u. a. die Einschätzung von Beobachtern, die durch die neuen Bestimmungen die Freiheit von Eingriffen in die Privatsphäre gefährdet sehen. Kritisiert wird auch, dass künftig eine unabhängige richterliche Überprüfung der Tätigkeiten des MIT erschwert wird. Die Erhöhung von Strafen im Umgang mit MIT-Informationen wird von Beobachtern als eine Einschränkung der Pressefreiheit gewertet, da dies dazu führen könnte, dass bestimmte Informationen künftig nicht mehr publiziert wer- Drucksache 18/1754 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode den können. Auch die Möglichkeit einer effektiven Überwachung der Aktivitäten des MIT durch das neue parlamentarische Aufsichtsgremium wird von ihnen in Frage gestellt. Ob diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, wird sich letztlich in der Umsetzung des neuen Gesetzes zeigen. 3. Inwiefern sind der Bundesregierung Klagen von Oppositionsparteien oder zivilgesellschaftlichen Institutionen in der Türkei über eine Einschränkung demokratischer Rechte und Freiheiten durch das neue Geheimdienstgesetz bekannt geworden? Die Bundesregierung hat Kenntnis von öffentlichen Stellungnahmen sowie von in den türkischen Medien geäußerter Kritik von Seiten der im Parlament vertretenen Oppositionsparteien und zivilgesellschaftlicher Organisationen. 4. Hat der türkische Geheimdienst nach Kenntnis der Bundesregierung durch die jüngsten Gesetzesänderungen Befugnisse zur Tötung von politischen Gegnern oder Terrorverdächtigen im In- und Ausland erhalten, und wenn ja, in welchen Fällen, und in welcher Form? a) Inwieweit verfügte der MIT nach Kenntnis der Bundesregierung bereits vor den Gesetzesänderungen vom April 2014 über Befugnisse zur Tötung von politischen Gegnern oder Terrorverdächtigen im In- und Ausland? b) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über gezielte Tötungen von politischen Gegnern oder Terrorverdächtigen durch den MIT im In- und Ausland seit dem Jahr 1990? Das Gesetz über den Nationalen Nachrichtendienst (MIT) Nr. 2937 von 1983 enthält nach den hier vorliegenden Erkenntnissen der Bundesregierung keine rechtliche Grundlage im Sinne der Fragestellung, noch enthielt es eine solche Grundlage vor der Änderung durch das Änderungsgesetz Nr. 6532. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verweisen; der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine weiteren Erkenntnisse vor. 5. Bewegen sich die neuen Befugnisse des MIT für Auslandseinsätze nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des internationalen Rechts, und wenn nein, gegen welche völkerrechtlichen Regelungen verstoßen sie? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 6. Bewegen sich die neuen Befugnisse des MIT nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der Kriterien für einen EU-Beitritt der Türkei, und wenn nein, wo sieht die Bundesregierung mögliche Diskrepanzen zu den EU-Vorgaben? Der Europäische Rat von Kopenhagen vom 22. Juni 1993 hat als eine der politischen Voraussetzungen für einen Beitritt zur Europäischen Union die Garantie demokratischer und rechtsstaatlicher Ordnung, der Wahrung der Menschenrechte sowie der Achtung und des Schutzes von Minderheiten genannt. Ausnahmsweise dürfen Freiheitsrechte, wie das Post- und Telekommunikationsgeheimnis oder der Schutz personenbezogener Daten eingeschränkt werden. Diese Einschränkungen müssen aber den EU-rechtlichen Vorgaben hierfür, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, entsprechen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1754 Eine Bewertung des am 26. April 2014 in Kraft getretenen Gesetzes über den Nationalen Nachrichtendienst MIT wird die Europäische Kommission im Rahmen ihres jährlichen, für Oktober avisierten Fortschrittsberichts vornehmen. 7. Inwieweit sind die Gesetzesänderungen vom April 2014, die dem türkischen Geheimdienst mehr Befugnisse geben, für deutsche Sicherheitsbehörden ein Grund, ihre weitere Zusammenarbeit mit dem MIT zu überdenken und gegebenenfalls einzuschränken? Das Bundeskriminalamt arbeitet nicht mit dem MIT zusammen. Generelle Grundlage für die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste mit ausländischen öffentlichen Stellen sind die jeweiligen Gesetze (etwa § 19 Absatz 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes ). Die Normen verpflichten zu einer einzelfallbezogenen Prüfung als Voraussetzung für jedwede Datenübermittlung. In diese Prüfung werden seit jeher alle im Einzelfall erheblichen Umstände einbezogen soweit sie der Behörde bekannt sind. Eine weitere Einschränkung ist vom Gesetz nicht vorgesehen. 8. Inwieweit sind der Bundesregierung Abhör- und sonstige Überwachungsmaßnahmen des türkischen Geheimdienstes in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 1990 zur Kenntnis gelangt? Derartige Maßnahmen sind der Bundesregierung nicht bekannt. 9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Beobachtung, Verfolgung und Infiltrierung türkischer und kurdischer Oppositionsgruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 1990 durch den MIT? Wenn sie keine eigenen derartigen Erkenntnisse haben sollte, inwieweit sind der Bundesregierung Klagen und Beschwerden solcher Gruppierungen über eine Beobachtung, Verfolgung oder Infiltrierung durch den MIT bekannt geworden? 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Beobachtung, Verfolgung und Infiltrierung türkischer und kurdischer Gemeinden und religiöser Gruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 1990 durch den MIT? Wenn sie keine eigenen derartigen Erkenntnisse haben sollte, inwieweit sind der Bundesregierung Klagen und Beschwerden solcher Gemeinden und religiösen Gruppierungen über eine Beobachtung, Verfolgung oder Infiltrierung durch den MIT bekannt geworden? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Die Antwort zu den Fragen sind als „VS – Vertraulich“ einzustufen, da die Antwort Rückschlüsse auf Aufklärungsaktivitäten und -schwerpunkte der deutschen Dienste zulassen. Die Bundesregierung ist daher nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die erbetenen Auskünfte einzeln und insbesondere in ihrer Zusammenschau geheimhaltungsbedürftig sind. Gleichwohl ist die Bundesregierung selbstverständlich bereit, das Informationsrecht des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltung zu befriedigen. Die entsprechenden Informationen sind als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – Drucksache 18/1754 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode VSA) mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft und werden in dieser Form an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages übermittelt.* 11. In welchem Umfang dienten seit dem Jahr 2002 Erkenntnisse des MIT nach Kenntnis der Bundesregierung als Tatsachen oder Hinweise zur Begründung von asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen gegen türkische Staatsangehörige in der Bundesrepublik Deutschland (Widerruf/ Rücknahme von Asyl- oder Flüchtlingsanerkennungen, Ausweisungen, Überwachung ausgewiesener Ausländer etc.)? Die Bundesregierung verfügt über keinerlei Kenntnis, dass Informationen des MIT als Tatsachen oder Hinweise zur Begründung von asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen gegen türkische Staatsangehöriger in der Bundesrepublik dienten oder dienen. 12. Zu welchen Gelegenheiten hat das MIT in den vergangenen Jahren seit dem Jahr 2002 die Bundesregierung ersucht, im Hinblick auf den asyloder den aufenthaltsrechtlichen Status von türkischen Staatsangehörigen aktiv zu werden, und um welche konkreten Personen oder Organisationszusammenhänge ging es dabei jeweils? Der Bundesregierung lagen oder liegen keinerlei Ersuchen des MIT vor. 13. Über welche Stützpunkte und Operationsbasen genau verfügt der MIT nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland? Die Antwort zu der Frage ist als „VS – Vertraulich“ einzustufen, da die Antwort Rückschlüsse auf Aufklärungsaktivitäten und -schwerpunkte der deutschen Dienste zulassen. Die Bundesregierung ist daher nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die erbetenen Auskünfte einzeln und insbesondere in ihrer Zusammenschau geheimhaltungsbedürftig sind. Gleichwohl ist die Bundesregierung selbstverständlich bereit, das Informationsrecht des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltung zu befriedigen. Die entsprechenden Informationen sind als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft und werden in dieser Form an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages übermittelt.* 14. In wie vielen und welchen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung von deutschen Behörden gegen mutmaßliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes aufgrund ihrer Aktivitäten in der Bundesregierung ermittelt, und wie gingen die Verfahren aus? Die Bundesregierung gibt zu möglichen Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof keine Stellungnahme ab. Trotz ihrer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter die berechtigten Geheimhaltungsinteressen zurück. * Das Bundesministerium des Innern hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1754 Bereits die Nennung, ob und gegebenenfalls wie viele Verfahren im Zusammenhang mit einem bestimmten Straftatbestand und einem bestimmten Land geführt werden, könnte gegebenenfalls Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder gar vereiteln, weshalb aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass vorliegend das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung (vgl. dazu BVerfGE 51, 324 (343 f.)) Vorrang vor dem parlamentarischen Informationsinteresse hat. 15. Wurden seit dem Jahr 1990 Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes wegen ihrer Agententätigkeit oder sonstiger Straftaten aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, und wenn ja, wann, in welchen Fällen, und auf welcher rechtlichen Grundlage? Nein. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333