Deutscher Bundestag Drucksache 18/1763 18. Wahlperiode 17.06.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Tempel, Richard Pitterle, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1587 – Kritik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an Deutschland bei der Geldwäschebekämpfung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut „WirtschaftsWoche“ vom 26. April 2014 forderte der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, in einem Schreiben den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, dazu auf, eine Gesetzesvorlage zur Verschärfung des Straftatbestandes der Geldwäsche vorzulegen (www.wiwo.de/politik/deutschland/geldwaesche-oecd-deutschland-versagtim -kampf-gegen-geldwaesche/9804692.html). Diese Vorlage solle möglichst rasch erfolgen, um den Forderungen der Geldwäsche-Task-Force (FATF) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nachzukommen. Andernfalls drohe Deutschland ein FATF-Überwachungsverfahren und eine Aufstufung als Hochrisikoland, was mit wirtschaftlichen Schäden für die Bundesrepublik Deutschland durch mögliche Reputationsschäden verbunden ist. Insbesondere ein fehlender Straftatbestand zur sogenannten Selbstgeldwäsche wird durch die FATF kritisiert, also die Geldwäsche von selbst begangenen Straftaten. Bereits im Jahr 2012 berichtete „SPIEGEL ONLINE“, dass Ermittlerinnen und Ermittler aufgrund der kaum greifenden Gesetze beim Straftatbestand der Geldwäsche vor einem Geldwäsche -Boom in Deutschland warnten (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ ermittler-warnen-vor-geldwaesche-in-deutschland-a-863950.html). Damit werden auch der Einfluss und die Gefahr organisierter Kriminalität größer. 1. Was sind die wesentlichen inhaltlichen Punkte aus dem Schreiben des Bundesfinanzministers Dr. Wolfgang Schäuble an den Bundesjustizminister Heiko Maas? Der Bundesminister der Finanzen Dr. Wolfgang Schäuble hat sich in dem angeDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Juni 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. sprochenen Schreiben mit der Bitte an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas gewandt, bei der Systematik einzelner Strafrechtsnormen die Einleitung gesetzgeberischer Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der Standards der Financial Action Task Force (FATF) im justiziellen Bereich zu prüfen. Drucksache 18/1763 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Erwägt die Bundesregierung, das Schreiben von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble an den Bundesminister Heiko Maas der Transparenz wegen zu veröffentlichen und so den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zugänglich zu machen (bitte Begründung anfügen)? Eine Veröffentlichung des Briefs an den Bundesjustizminister Heiko Maas ist nicht geplant. Es handelt sich um ein Schreiben zur ressortübergreifenden Abstimmung der Positionierung Deutschlands gegenüber der FATF und damit um einen rein regierungsinternen Schriftwechsel. Unabhängig davon ist eine Information des Deutschen Bundestages auch aus Gründen der Transparenz nicht erforderlich : Alle Prüfberichte der FATF und damit die aktuellen Bewertungen des deutschen Systems der Bekämpfung und Verhinderung von Geldwäsche werden auf der Website der FATF (www.fatf-gafi.org) veröffentlicht und sind damit den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zugänglich. 3. Welche Begründung führt die Bundesregierung dafür an, dass bisher die sogenannte Selbstgeldwäsche straffrei ist? Der Straftatbestand des § 261 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) erfasst auch den Fall, dass der Vortäter einer Geldwäschestraftat den aus der Vortat erlangten Vermögenswert selbst „wäscht“. Allerdings sieht § 261 Absatz 9 Satz 2 StGB vor, dass nicht wegen Geldwäsche bestraft wird, wer bereits wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Mit diesem persönlichen Strafausschließungsgrund soll eine Doppelbestrafung in den Fällen verhindert werden, in denen der Vortäter die Geldwäschehandlung vornimmt (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD und FDP vom 1. Oktober 1997, Bundestagsdrucksache 13/8651, S. 11). 4. Welche strategischen Leitlinien verfolgt die Bundesregierung beim Kampf gegen Geldwäsche (Prävention, Transparenz, Selbstkontrolle, Repression), und wie sind diese miteinander abgestimmt? Im Rahmen der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung lässt sich die Bundesregierung von einem globalen Konzept leiten. Geldwäsche ist ein weltweites Phänomen, das keine nationalen Grenzen kennt und deshalb internationaler Antworten bedarf. Durch die zunehmende Vernetzung der Finanzmärkte haben sich die Möglichkeiten krimineller Organisationen zur Legalisierung von Finanzmitteln und deren Methoden erheblich verbessert. Die Akkumulation deliktisch erlangten Kapitals wird von der Bundesregierung im Zeitalter globalisierter Finanzmärkte als Gefährdungsfaktor für die wirtschaftliche und politische Stabilität und für legal handelnde Wirtschaftssubjekte angesehen . Dies macht ein konzertiertes Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft erforderlich. Grundgerüst für die nationale Strategie sind dementsprechend die 40 Empfehlungen der FATF – dem internationalen Standardsetzer zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) – die in mehr als 180 Staaten anerkannt worden sind. Sie werden laufend aktualisiert und im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen in nationales Recht umgesetzt. Diese 40 Empfehlungen basieren auf den von der FATF laufend analysierten Geldwäscherisiken in einzelnen Wirtschaftsbereichen und Regionen sowie bei einzelnen Produkten und spezifischen Kundenstrukturen. Die Strafbarkeit der Geldwäsche, eine verbesserte internationale Zusammenarbeit der Ermittlungs- und Finanzmarktaufsichtsbehörden und eine effektivere Rechtshilfe, Kooperationspflichten von privaten Finanzinstituten gegenüber Ermittlungsbehörden Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1763 ohne Einschränkung durch das Bankgeheimnis und sonstige vertragliche Verschwiegenheitspflichten , die Transparenz aller Finanztransaktionen und gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen wie etwa Trusts oder Stiftungen, ein vorwiegend präventiv wirkender Pflichtenkatalog gegen Geldwäsche für Finanzinstitute und besonders gefährdete Berufsgruppen und Unternehmensbereiche außerhalb des Finanzsektors werden dabei als Instrumente angesehen, die nach internationalem Standard Voraussetzung zur Aufdeckung und zur Verhinderung von Geldwäschehandlungen sind. Die nationale Strategie gegen Geldwäsche muss sich schon auf Grund des grenzüberschreitenden Phänomens der Geldwäsche, aufgrund der Globalisierung der Finanzmärkte und der Freiheit des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs an diesen internationalen Standards ausrichten. Es kann deshalb keinen deutschen Sonderweg bei der Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung geben. Ein solcher wäre angesichts der globalen Dimension dieser Bedrohung für Wirtschaft und Gesellschaft von vornherein zum Scheitern verurteilt. Diese internationale Strategie verfolgt einen multidisziplinären Ansatz. Dieser Ansatz bezieht strafrechtliche Vorschriften (Straftatbestände der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Vorschriften zum Verfall und zur Einziehung von Vermögensgegenständen), aufsichtsrechtliche Vorgaben (Kundensorgfaltspflichten zur Früherkennung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf Basis umfassender Kenntnisse der vorhandenen Risikolandschaft; Regeln zum unternehmensinternen Risikomanagement der rechtsverpflichteten Branchen), Vorgaben zum Verdachtsmeldewesen sowie organisatorische Regelungen zur Ausgestaltung und Arbeitsweise der Financial Intelligent Unit (FIU), der nationalen und internationalen Kooperation und Transparenzvorschriften zur Identifizierung der natürlichen Personen, die hinter einem Unternehmen oder Trust stehen sowie weitere Sondervorschriften ein. Auf der Vollzugsseite schlägt sich dieser multidisziplinäre Ansatz in einer engen nationalen und internationalen Zusammenarbeit der zuständigen Aufsichts- und Ermittlungsbehörden unter Einbeziehung der Industrie nieder, wobei ein präventives und repressives Agieren gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gebündelt werden kann. Durch den globalen Ansatz wird zudem ein international einheitliches Schutzniveau hergestellt. Auf EU-Ebene wird im Zusammenhang mit der Umsetzung der kommenden 4. EU-Geldwäscherichtlinie begleitend ein dreistufiges Risikoanalyseverfahren eingeleitet werden, um den europäischen Binnenmarkt wirksam gegen Geldwäsche zu schützen. Die Europäische Kommission soll ein supranationales Verfahren koordinieren, in dem – unter Einbeziehung der Experten aus den Mitgliedstaaten und anderer europäischer Organismen – pan-europäische Gefährdungslagen identifiziert und analysiert werden. Die Kommission wird auf Grundlage des Analyseergebnisses Empfehlungen an die Mitgliedstaaten formulieren , wie mit den einzelnen Risiken umzugehen ist. Parallel und in Ergänzung dazu werden auch die Mitgliedstaaten ihre spezifischen nationalen Risiken untersuchen. Entsprechende nationale Koordinationsstrukturen zwischen den Ressorts, den Aufsichtsbehörden in Bund und Ländern und mit der Industrie und der Wissenschaft wie das beim Bundesministerium der Finanzen etablierte Forum für Geldwäscheprävention haben bereits ihre Arbeit aufgenommen. Aber auch die verpflichteten Branchen müssen sich einer qualifizierten Selbstbetrachtung unterziehen. Dabei müssen Kundenstruktur, Geschäftsmodelle, die angebotenen Produkte und Vertriebswege auf ihr Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiko hin überprüft und eine darauf abgestimmte und durch die Aufsichtsbehörden überprüfbare Geschäftspolitik formuliert werden. Die Erkenntnisse der drei Bewertungsebenen sollen im Rahmen eines Top- down- und Bottom-up-Verfahrens zusammengeführt werden und so ein ausgewogenes und schlagkräftiges Präventionskonzept bilden. Drucksache 18/1763 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Financial Action Task Force (FATF) der OECD, wonach die Strafen für Geldwäsche in Deutschland noch immer zu gering sind (bitte begründen)? Geldwäsche wird nach § 261 Absatz 1 StGB mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe sechs Monate bis zu zehn Jahre (§ 261 Absatz 4 StGB). Dieser Strafrahmen entspricht mit seinem Höchstmaß der Strafandrohung bei vergleichbaren Delikten wie etwa Betrug (§ 263 StGB), Untreue (§ 266 StGB), Hehlerei (§ 259 StGB) und Begünstigung (§ 257 StGB) und geht hinsichtlich der Mindeststrafe von drei Monaten darüber hinaus. In der Praxis fallen die Strafen nicht besonders milde aus, im Gegenteil: Freiheitsstrafen werden in Geldwäschefällen relativ häufiger verhängt als bei anderen Straftaten. Vergleicht man die Strafen, die im Jahr 2012 für alle Delikte verhängt worden sind (Quelle: Statistisches Bundesamt, Strafverfolgung, Fachserie 10 Reihe 3), mit den für Geldwäsche verhängten Strafen, ergibt sich das folgende Bild: Während 17,6 Prozent aller Verurteilungen Freiheitsstrafe (einschließlich Jugendstrafe ) als Sanktion vorsahen, war dies bei 21,6 Prozent aller Verurteilungen wegen Geldwäsche der Fall. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die wegen Geldwäsche verhängten Freiheitsstrafen (einschließlich Jugendstrafen) im Vergleich zu den insgesamt verhängten Freiheitsstrafen auch höher ausfallen. Während insgesamt 27,2 Prozent aller verhängten Freiheitsstrafen solche von einer Dauer unter sechs Monaten sind, liegt dieser Anteil bei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen wegen Geldwäsche lediglich bei 10,8 Prozent. Entsprechend höher ist der Anteil längerer Freiheitsstrafen bei Verurteilungen wegen Geldwäsche im Vergleich zu den Verurteilungen insgesamt. 6. Bis wann plant die Bundesregierung, die von der OECD angemahnten Defizite zu beheben? Das innerhalb der Bundesregierung federführend zuständige Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz beabsichtigt, den Entwurf eines Gesetzes zu erarbeiten, mit dem ein eigenständiger Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung geschaffen werden soll. Im Bereich der Bekämpfung der Geldwäsche ist geplant, im Hinblick auf die sog. Selbstgeldwäsche zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, der entsprechend den Empfehlungen der FATF eine Bestrafung auch des Vortäters ermöglicht und zugleich das verfassungsrechtliche Verbot einer Doppelbestrafung desselben Unrechts achtet. 7. Wie hoch werden die wirtschaftlichen Schäden für Deutschland eingeschätzt , sollte es zu Reputationsschäden durch die Einführung eines OECDÜberwachungsverfahrens gegen Deutschland kommen? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Voraussetzungen für ein solches Überwachungsverfahren der FATF im Falle Deutschlands nicht erfüllt sind. 8. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Europäischen Kommission, wonach die geringe Verfolgung bei der Geldwäsche zur Einnahmesicherung von kriminellen Organisationen und Terrororganisationen führt (www.dw.de/germany-a-safe-haven-for-money-laundering/a-16343313, bitte begründen)? Nein. Geldwäsche- bzw. Finanzermittlungen mit dem Ziel der Vermögensab- schöpfung sind fester Bestandteil in nahezu allen von Bund und Ländern geführten Ermittlungsverfahren, in denen Täter oder Teilnehmer Vermögenswerte aus Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1763 oder für die Tat erlangt haben. Diese werden zentral oder dezentral bei den deliktsspezifisch oder deliktsübergreifend arbeitenden Dienststellen durchgeführt und von allen Strafverfolgungsbehörden in Bund und Ländern genutzt. 9. Wie viele Verdachtsfälle wegen Geldwäsche gibt es jährlich seit dem Jahr 1994 (bitte nach Jahren auflisten)? Es wird davon ausgegangen, dass sich die Fragestellung auf Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz bezieht. Die Entwicklung dieser Meldungen von 1994 bis 2013 ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: 10. Wie viele Verurteilungen gab es in Deutschland aufgrund des Verstoßes gegen § 261 des Strafgesetzbuchs (StGB, bitte seit dem Jahr 1994 auflisten )? Die Verurteilungen seit dem Jahr 1994 ergeben sich aus nachstehender Tabelle des Statistischen Bundesamtes, das im Rahmen der Veröffentlichung darauf hinweist , dass die Zahlen sich auf unterschiedliche Grundgesamtheiten beziehen. 1994: Gebiet der früheren Bundesrepublik einschließlich West-Berlin; 1995 bis 2006: Gebiet der früheren Bundesrepublik einschließlich Gesamt-Berlin; ab dem Jahr 2007 Deutschland insgesamt. Die Strafverfolgungsstatistik weist immer nur das schwerste Delikt aus, das einer Verurteilung zugrunde lag; es handelt sich bei der Tabelle also nur um Fälle, bei denen Geldwäsche nicht zusammen mit anderen, schwereren Straftaten abgeurteilt wurde. Entwicklung der Verdachtsmeldungen Jahr Anzahl 1994 2 873 1995 2 759 1996 3 019 1997 3 137 1998 3 134 1999 3 765 2000 4 401 2001 7 284 2002 8 261 2003 6 602 2004 8 062 2005 8 241 2006 10 051 2007 9 080 2008 7 349 2009 9 046 2010 11 042 2011 12 868 2012 14 361 2013 19 095 Drucksache 18/1763 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Verurteilungen wegen Geldwäsche gemäß § 261 StGB 11. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die jährlichen Schäden durch Geldwäsche ein (bitte seit dem Jahr 1994 auflisten)? Vermögensrechtliche Schäden werden durch die Vortaten der Geldwäsche verursacht , nicht durch die Geldwäschehandlung selbst. Eine Bezifferung der Schäden durch Geldwäsche ist daher nicht möglich. Unabhängig von der Bezifferung des Schadens der rechtlich verfolgten Fälle, existiert – auch auf internationaler Ebene – keine belastbare Berechnungsgrundlage zur Errechnung oder Schätzung der insgesamt durch Geldwäsche generierten Vermögenswerte bzw. des dadurch verursachten ökonomischen Schadens. Die insbesondere von einigen Interessenverbänden und Nichtregierungsorganisationen veröffentlichten Zahlen basieren auf Schätzungen, die nicht belastbar sind. Diese Aussagen sind nicht durch eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Dunkelfeldstudie abgesichert. 12. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kreditinstituten die latente Gefahr besteht, sich selbst unwissentlich wegen leichtfertiger Geldwäsche strafbar zu machen, weil sie die Herkunft von Geldern ihrer Kundinnen und Kunden aus einer zuvor begangenen Straftat nicht nachvollziehen können (bitte Begründung anfügen )? Diese Einschätzung wird von der Bundesregierung nicht geteilt. Gemäß § 261 Absatz 5 StGB macht sich nur derjenige der leichtfertigen Geldwäsche strafbar, wer leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus einer der Katalogtaten des § 261 Absatz 1 StGB stammt. An die Auslegung des Merkmals „Leichtfertigkeit“ sind strenge Anforderungen zu stellen. Leichtfertigkeit liegt immer dann vor, wenn sich die Herkunft des Gegenstandes aus der Katalogtat nach der Sachlage nahezu aufdrängt und der Täter dennoch handelt, weil er dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Acht lässt (BGHSt 43, S. 158/168). Die Anforderungen sind damit so hoch, dass nur solche Fälle erfasst sind, in denen die rechtswidrige Herkunft offenkundig ist und sich aufdrängt. Der subjektive Tatbestand knüpft hier an eine Unachtsamkeitsschwelle an, die fast an den Eventualvorsatz heranreicht. Hierdurch ist sichergestellt , dass die reine Entgegennahme von Geldbeträgen durch Bankmitarbeiter ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht zu einer Strafbarkeit führen kann. 13. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, wonach viele Finanztransaktionen immer intransparenter werden und dadurch die Geldwäschebekämpfung Jahr Verurteilte Jahr Verurteilte Jahr Verurteilte 1994 16 2001 110 2008 578 1995 15 2002 159 2009 416 1996 24 2003 128 2010 704 1997 22 2004 112 2011 903 1998 25 2005 97 2012 897 1999 51 2006 216 2000 82 2007 603 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1763 erschwert wird (www.dw.de/germany-a-safe-haven-for-money-laundering/ a-16343313, bitte Begründung anführen)? Geldwäsche ist ein internationales Phänomen. Die im Bundeskriminalamt (BKA) geführten Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche im Bereich der Wirtschafts - und Finanzkriminalität sind zunehmend durch intransparente Finanz-, Handels- sowie Warentransaktionen geprägt. Scheinlegale, aufwändige Gestaltungen von Unternehmensgeflechten dienen dabei der Verschleierung inkriminierter Vermögenswerte. 14. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um mit den in den Fragen 12 und 13 angesprochenen Problemen umzugehen? Eine Antwort bezüglich Frage 12 entfällt, da kein Handlungsbedarf gegeben ist. Hinsichtlich Frage 13 ist in Ergänzung zu den Maßnahmen zur Aktualisierung des gesetzlichen Regelwerks auf Folgendes zu verweisen: Die Bekämpfung der Geldwäsche erfolgt durch eine enge Zusammenarbeit aller zuständigen nationalen und internationalen Behörden, Einrichtungen und Organisationen. Auf nationaler Ebene kooperieren die zuständigen Strafverfolgungsbehörden u. a. mit den Zollbehörden, der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ) sowie mit Steuerbehörden. Auf internationaler Ebene sind Netzwerke wie INTERPOL, Europol, ARO (Asset Recovery Office), Verbindungsbeamte sowie der weltweite FIU-Verbund der EGMONT-Group im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäsche zu nennen. Die Aktivitäten werden fortgesetzt. Auf die Beantwortung der Frage 4 wird ergänzend hingewiesen. 15. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil des konfiszierten Geldes nach Aufdeckungen von Geldwäschestraftaten in Deutschland im Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedstaaten (bitte nach EUStaaten seit dem Jahr 1994 auflisten)? Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Eine bundesweite Statistik , die eingezogene Vermögenswerte ausweist, existiert nicht. 16. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die jährlichen Schäden ein, die insbesondere durch die Geldwäsche der italienischen Mafia in Deutschland entstehen (bitte seit dem Jahr 1994 auflisten)? Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. 17. Wie viele Rechtshilfegesuche erhielt die Bundesrepublik Deutschland von italienischen Behörden, und bei wie vielen Gesuchen kam es anschließend zu Verurteilungen wegen Geldwäsche (bitte seit dem Jahr 1994 auflisten)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, wie viele Rechtshilfeersuchen die Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 1994 von italienischen Behörden erhalten hat und wie viele Ersuchen zu einer Verurteilung wegen Geldwäsche geführt haben. Die sogenannte sonstige Rechtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union liegt in der Verantwortung der Länder und es gilt der unmittelbare Rechtshilfeverkehr. Bundesweite Rechtshilfestatistiken existieren im Bereich der „sonstigen Rechtshilfe“ nicht. Drucksache 18/1763 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Welche Projekte sind zur Verbesserung der polizeilichen und juristischen Zusammenarbeit zwischen italienischen und deutschen Behörden geplant, um die Bekämpfung von organisierter Kriminalität auf dem Gebiet der Geldwäsche zu verbessern? Seit Ende 2007 besteht die Deutsch-Italienische Task-Force (DITF), die zwischen dem BKA und dem Dipartimento della Pubblica Sicurezza der Republik Italien eingerichtet wurde, um die deutsch-italienische Zusammenarbeit zur Bekämpfung der internationalen organisierten Kriminalität zu verbessern. Im Jahr 2010 wurde – unter dem Dach der DITF – zur Intensivierung und Optimierung des Aufspürens und Sicherns von Mafia-Vermögenswerten die Unterarbeitsgruppe (UAG) „Aufspüren und Sichern von illegalen Mafiavermögenswerten“ eingerichtet. Für das Jahr 2014 wurde beschlossen, die Arbeit der UAG weiter zu intensivieren. Auch auf Justizebene wurde eine Arbeitsgruppe beim BKA, die deutsch-italienische Polizei-Justizkooperation, eingerichtet. Als Kooperationspartner stehen die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt und die Direzione Nazionale Antimafia (D.N.A.-Antimafiastaatsanwaltschaft) in Rom zur Verfügung. Zwischen den Kooperationspartnern wurde vereinbart, aktuelle Erkenntnisse bei Mafia-Verfahren mit Deutschlandbezug auszutauschen. Auch sollen die Möglichkeiten zum Aufspüren und Abschöpfen von aus kriminellen Aktivitäten erlangten Vermögen vertieft und Maßnahmen zur Abschöpfung ergriffen werden. Zur Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen führt die Bundesregierung bedarfsabhängig und in wiederkehrenden Abständen bilaterale Konsultationen mit der Republik Italien durch. Soweit veranlasst, können dabei auch Einzelfälle besprochen werden, denen der Verdacht auf Geldwäsche zugrunde liegt. Derzeit sind allerdings keine Konsultationen mit Italien anberaumt. 19. Wie schätzt die Bundesregierung die Fragmentierung der Zuständigkeiten zwischen Bundeskriminalamt und Landeskriminalämtern, Bundes- und Landesinnenministerien sowie Bundes- und Landesfinanzministerien in der Frage der Geldwäschebekämpfung ein? Die Zuständigkeiten bei der Geldwäschebekämpfung entsprechen der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, die das Grundgesetz vorschreibt. Die im BKA angesiedelte FIU unterstützt gemäß § 10 des Geldwäschegesetzes (GwG) die Polizeien des Bundes und der Länder bei der Verhütung und Verfolgung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. § 11 Absatz 1 GwG schreibt den nach dem GwG Verpflichteten vor, Geldwäscheverdachtsfälle dem BKA und der zuständigen Strafverfolgungsbehörde zu melden. Gemeinsame Finanzermittlungsgruppen Polizei und Zoll in den Landeskriminalämtern sowie im BKA übernehmen die Aufgabe, alle Verdachtsmeldungen einem Clearingverfahren zur Verdichtung oder Entkräftung von Verdachtsmomenten für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu unterziehen und entsprechende Ermittlungen durchzuführen. Dieses arbeitsteilige Vorgehen zwischen BKA, Landeskriminalämtern und Zollbehörden gewährleistet eine umfassende und intensive Bearbeitung aller Verdachtsmeldungen sowohl unter operativen als auch strategischen Gesichtspunkten. Auch im Geschäftsbereich von Bundes- und Landesfinanzministerien kommt es zu keinen Kollisionen bei der Beaufsichtigung der Rechtsverpflichteten des Geldwäschegesetzes bzw. der Durchsetzung des Geldwäscherechts. Die Zuständigkeit für die geldwäscherechtliche Aufsicht richtet sich nach der allgemeinen Aufsichtszuständigkeit. Vor diesem Hintergrund werden die Ver- pflichteten des Geldwäschegesetzes größtenteils auf Bundesebene beaufsichtigt. Dies betrifft in erster Linie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, Institute Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1763 im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes, Agenten und E-Geldagenten, Personen, die E-Geld vertreiben und rücktauschen, Lebens- und Unfallversicherer sowie Kapitalverwaltungsgesellschaften, die der Aufsicht der BaFin unterstehen . Die sogenannten Nicht-Finanzinstitute wie Rechtsanwälte, Steuerberater , Wirtschaftsprüfer, Notare, Immobilienmakler, Spielbanken, Veranstalter und Vermittler von Glücksspiel im Internet sowie Personen, die gewerblich mit Gütern handeln, werden hingegen von ihren Kammern bzw. von den jeweils nach Landesrecht zuständigen Behörden beaufsichtigt. 20. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Zusammenarbeit mit den Bundesländern hin zu einem kohärenten und konsistenten Gesamtsystem zur Geldwäschebekämpfung zu vereinheitlichen? Um eine einheitliche Anwendung und Beaufsichtigung der geldwäscherechtlichen Vorschriften auf Bundes- und Länderebene bzw. von Bundesland zu Bundesland sicherzustellen, arbeitet das Bundesministerium der Finanzen eng mit den Ländern zusammen. Im dreimonatigen Rhythmus erfolgen gemeinsame Sitzungen , in denen Verwaltungspraktiken zur Umsetzung der geldwäscherechtlichen Vorschriften im Nicht-Finanzsektor erarbeitet, abgestimmt und aktuelle geldwäscherechtliche Probleme erörtert werden. 21. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass bei der angestrebten Novellierung der Spielverordnung die Manipulation der geplanten gerätebezogenen Aufzeichnungspflicht ausgeschlossen wird, um Geldwäsche effektiv bekämpfen zu können (bitte Begründung anfügen)? Der Entwurf der Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung enthält mehrere Maßnahmen zur Verbesserung des Manipulationsschutzes bei Geldspielgeräten, um Möglichkeiten der Geldwäsche einzudämmen. So ist der Hersteller künftig verpflichtet, im Bauartzulassungsverfahren durch ein Gutachten einer vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik anerkannten oder gleichwertigen Prüfstelle nachzuweisen, dass das Geldspielgerät gegen Manipulationen gesichert gebaut ist. Darüber hinaus müssen die von der Kontrolleinrichtung erfassten Daten (Einsätze, Gewinne, Kasseninhalt) dauerhaft so aufgezeichnet werden, dass sie elektronisch verfügbar sind und auf das erzeugende Spielgerät zurückgeführt werden können. Die Vollständigkeit der Daten muss erkennbar und nachträgliche Veränderungen müssen feststellbar sein. So kann zum Beispiel festgestellt werden, ob Einsätze nachträglich verändert wurden . Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333