Deutscher Bundestag Drucksache 18/1852 18. Wahlperiode 24.06.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Dr. Alexander S. Neu, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1685 – Sanktionen gegen die Russische Föderation Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 28. April 2014 gab die US-Regierung bekannt, weitere Sanktionen gegen Einzelpersonen und Unternehmen in der Russischen Föderation veranlasst zu haben (www.washingtonpost.com/world/national-security/us-imposes-newsanctions -on-russia/2014/04/28/974c579e-ced6-11e3-b812-0c92213941f4_ story.html). Unter den von Sanktionen betroffenen Russen ist unter anderem auch der Vizeministerpräsident der Regierung der Russischen Föderation, Dmitri Kosak, zu finden (www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/ 2014/04/28/u-s-announces-new-sanctions-on-russians-whos-on-the-list/). Auf den einzelnen Sanktionslisten der EU-Staaten, der USA, Kanadas, Norwegens, Liechtensteins und der Schweiz befinden sich insgesamt 103 Bürger Russlands , der Ukraine, Finnlands und Armeniens. Führende Vertreter der deutschen Wirtschaft haben sich bereits gegen Sanktionen gegen die Russische Föderation ausgesprochen. So hat der BASF-Chef Dr. Kurt Bock im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ angemahnt, dass überlegt werden sollte, „wie man von Sanktionen wieder herunterkommt“ (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutsche-industrie-basf-chef-zweifelt-ansanktionen -gegen-russland-1.1936801). „Der Ost-Ausschuss ist nach wie vor gegen Wirtschaftssanktionen und für eine diplomatische Lösung“ hat Prof. Dr. Rainer Lindner, der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft , kommentiert (www.handelsblatt.com/politik/deutschland/schaerferesanktionen -befuerchtet-ukraine-eskalation-alarmiert-deutsche-wirtschaft-seiteall /9770034-all.html). Führende Politiker aus EU- und NATO-Partnerländern haben sich auch bereits gegen Sanktionen ausgesprochen. So hat der slowakische Premierminister Robert Fico am 30. April 2014 erklärt, dass die Slowakei nicht an wirtschaftlichen Sanktionen gegen die Russische Föderation interessiert ist (spectator. sme.sk/articles/view/53815/10/sanctions_against_russia_could_potentially_ Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 20. Juni 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. harm_slovakia_says_fico.html). Auch der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka verlautbarte, dass sein Land Sanktionen skeptisch gegenüber steht (www.reuters.com/article/2014/04/24/us-ukraine-crisis-czech-slovakiaidUSBREA 3N18M20140424). Ähnliche Äußerungen kamen aus Bulgarien, Zypern und Griechenland. Drucksache 18/1852 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Auswirkungen auf die Bevölkerung Russlands können nach den bisher verabschiedeten Sanktionen seitens der EU, den USA und weiterer Verbündeter dieser Staaten nicht ausgeschlossen werden. Der durch die Sanktionen aufgebaute Druck fällt in eine Phase der Schwäche der russischen Wirtschaft. So hatte der Rubel bereits lange vor dem Beginn der Ukrainekrise mit einer Schwächephase zu kämpfen. Bereits im Jahr 2013 hatte die russische Wirtschaft mit einem verstärkten Kapitalabfluss zu kämpfen (de.ria.ru/business/20130722/266525008. html). Vor den zuletzt auf EU-Ebene beschlossenen Sanktionen „hatten die Minister die Rechtsgrundlage der EU-Sanktionen so geändert, dass auch Geschäftsbeziehungen zu einzelnen Unternehmen verboten werden können“ (www. tagesschau.de/ausland/eusanktionen104.html). Derzeit droht die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel immer wieder mit der Einführung einer so genannten dritten Stufe der Sanktionen gegen die Russische Föderation. Diese neue Welle der ökonomischen Kriegsführung gegen Russland sieht erweiterte Strafmaßnahmen gegen gesamte Bereiche der russischen Wirtschaft vor (www.dw.de/ schlagkraft-oder-gerede-die-dritte-stufe-der-sanktionen-gegen-russland/a- 17627998). Jahrzehntelang aufgebaute wirtschaftliche deutsch-sowjetische bzw. deutsch-russische Verflechtungen könnten somit ein Ende finden. Die Sanktionen der USA hingegen reihen sich in eine lange Liste von Sanktionsregimen gegen die Sowjetunion bzw. die Russische Föderation ein. Im Jahr 1948 begannen die USA erstmals, Sanktionen gegen die UdSSR zu verhängen . Manche Sanktionen, wie die Jackson-Vanik-Klausel, behielten ihre Gültigkeit bis ins Jahr 2012 hinein. Die Jackson-Vanik-Klausel wurde jedoch unmittelbar mit Abschaffung durch das sogenannte Magnitski-Gesetz der USA abgelöst. Somit betreiben die verschiedenen US-Regierungen seit 66 Jahren ununterbrochen Sanktionen gegen die Sowjetunion bzw. Russland. 1. Welche konkreten politischen Forderungen richten die EU und Deutschland an die russische Führung als Bedingung für eine Lockerung bzw. Aufhebung der Sanktionen? Die Forderungen der EU an Russland wurden in den Schlussfolgerungen und Erklärungen des Rates für Außenbeziehungen am 17. März 2014, 14. April 2014 und 12. Mai 2014 sowie des Europäischen Rates am 6. März 2014 und in der Erklärung zum informellen Abendessen der Staats- und Regierungschefs am 27. Mai 2014 formuliert. Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die territoriale Unversehrtheit und innere Stabilität der Ukraine sowie auf die Zusammenarbeit mit der ukrainischen Regierung. Die Aufhebung ist wie die Verhängung der Sanktionen eine politische Entscheidung , über die unter Berücksichtigung der politischen Gesamtlage zu entscheiden sein wird. 2. Bezeichnet die Bundesregierung die nun von der EU gegen Russland, russische, ukrainische, finnische und armenische Bürger verhängten Sanktionen als „smart sanctions“ (bitte mit Begründung)? Bei den Sanktionen gegenüber Personen und Entitäten, die für Aktionen verantwortlich sind, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine unterminieren oder gefährden, handelt es sich um gezielte restriktive Maßnahmen entsprechend der Richtlinien zur Umsetzung und Evaluierung restriktiver Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU. Der Begriff „smart sanctions“ ist keine Legaldefinition und kann unterschied- liche Maßnahmen umfassen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1852 a) Wenn ja, wie kann die Bundesregierung davon ausgehen, dass die nun verhängten Sanktionen nicht die Bevölkerung Russlands treffen? Die restriktiven Maßnahmen gegenüber Personen und Entitäten, die für Aktionen verantwortlich sind, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine unterminieren oder gefährden, betreffen ausschließlich Einreisesperren und Konteneinfrierungen von natürlichen Personen sowie von zwei Entitäten auf der Krim. Von Auswirkungen auf die Bevölkerung Russlands ist daher – mit Ausnahme der direkt betroffenen Personen – nicht auszugehen . b) Wenn nein, warum ist sie von dem zuvor beispielsweise lange Zeit gegenüber dem Iran propagierten Konzept der „smart sanctions“ abgerückt ? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 3. Welche Bedingungen müssen die von den EU-Sanktionen betroffenen Unternehmen und Einzelpersonen erfüllen, damit ihre Konten und finanziellen Ressourcen wieder freigegeben werden? Die Verhängung von Sanktionen ist eine politische Entscheidung, ebenso deren Aufhebung. Diese Entscheidungen müssen im Kreis der 28 EU-Mitgliedstaaten getroffen werden. Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Hat die Bundesregierung genaue Analysen der wirtschaftlichen, politischen , sozialen Auswirkungen der beschlossenen und der angedachten „drittstufigen“ EU-Sanktionen auf Russland und die russische Bevölkerung angestellt? Hat die Bundesregierung verlässliche Zahlen, wie viele Arbeitsplätze in Deutschland durch die Verhängung von Sanktionen gegen gesamte Bereiche der russischen Wirtschaft verlorengehen könnten? Die Bundesregierung und die Europäische Kommission beobachten bzw. prüfen die Auswirkungen bereits beschlossener und möglicher künftiger Sanktionen auf Russland sorgfältig. Im Falle der Verhängung von Wirtschaftssanktionen durch die EU wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, solchen Maßnahmen den Vorzug zu geben, die deutliche politische Signalwirkung entfalten und dabei möglichst geringe Auswirkungen auf weite Kreise der Bevölkerung haben . Eine Aussage über gegebenenfalls betroffene deutsche Arbeitsplätze ist nicht möglich, solange keine Entscheidung über die möglichen Maßnahmen getroffen wurde. Auch im Falle der Verhängung von Sanktionen dürfte eine Aussage hierzu aufgrund der dann zu erwartenden Verlagerung von Wirtschaftsströmen nicht möglich sein. 5. Was genau bezeichnet nach Kenntnis der Bundesregierung der Begriff „Sektorale Wirtschaftssanktionen“? Hat die EU bzw. die EG ähnliche Sanktionen bereits in der Vergangenheit verhängt? Wenn ja, gegen wen, und wie sahen diese genau aus? Sektorale Wirtschaftssanktionen sind kein fest definierter Begriff. Mögliche restriktive Maßnahmen unter Sanktionsregimen können u. a. Exportbeschrän- Drucksache 18/1852 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode kungen für einzelne, klar definierte Gütergruppen beinhalten. Denkbar sind auch Maßnahmen, die umfassend an bestimmte Sektoren anknüpfen, so zum Beispiel an den Öl- und Gasbereich. Die EU hat bisher in drei Fällen Maßnahmen ergriffen, die sich gegen einen gesamten Sektor, nämlich den Öl- und Gassektor, gerichtet haben: Republik Serbien im Jahr 1999 sowie aktuell Islamische Republik Iran und Arabische Republik Syrien. 6. In welcher Weise würden sich sektorale Wirtschaftssanktionen konkret auf die angesprochenen Wirtschaftssektoren auswirken? Sektorspezifische Sanktionen würden sich auf die betreffenden Sektoren in Form einer Einschränkung der Wirtschaftstätigkeit auswirken. Weitergehende Aussagen können erst dann getroffen werden, wenn entsprechende Maßnahmen beschlossen wurden. 7. Welchen Umfang hatten die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland im Zeitraum von 1998 bis 2013 (bitte getrennt nach Import, Export und Handelsvolumen auflisten)? Die Angaben sind in nachfolgender Tabelle dargestellt (in Tausend Euro; Quelle: Statistisches Bundesamt). Jahr Ausfuhr aus Deutschland Einfuhr nach Deutschland Außenhandelsumsatz 1998 7 419 940 7 700 843 15 120 783 1999 5 057 267 8 376 864 13 434 131 2000 6 659 408 14 700 503 21 359 911 2001 10 267 587 14 558 193 24 825 780 2002 11 373 665 13 178 037 24 551 702 2003 12 119 910 14 230 725 26 350 635 2004 14 988 042 16 335 096 31 323 138 2005 17 277 524 22 283 922 39 561 446 2006 23 362 721 30 020 425 53 383 146 2007 28 161 685 28 890 726 57 052 411 2008 32 312 356 37 086 781 69 399 137 2009 20 620 899 25 187 825 45 808 724 2010 26 354 293 31 840 174 58 194 467 2011 34 458 754 40 886 211 75 344 965 2012 38 103 300 42 765 059 80 868 359 2013 36 106 960 40 410 614 76 517 574 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1852 8. Welche Gremien sollen nach Kenntnis der Bundesregierung die so genannte dritte Stufe der Sanktionen gegen die Russische Föderation beschließen? Beschlüsse werden nach Maßgabe der EU-Verträge, hier insbesondere Artikel 29 des Vertrages über die Europäische Union (EUV), durch den Rat der Europäischen Union getroffen. Eine vorangehende politische Entscheidung zur Ausweitung der Sanktionen könnte ggf. auch durch die Staats- und Regierungschefs der EU im Europäischen Rat erfolgen. a) Müssten laut Ansicht der Bundesregierung solche außenpolitische Richtungsentscheidungen nicht vom Deutschen Bundestag beschlossen werden? Beschlüsse des Rates der Europäischen Union bezüglich restriktiver Maßnahmen gegenüber Drittstaaten werden nach Maßgabe der Verträge über die Europäische Union getroffen. Der Bundestag ist nach Maßgabe des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) einbezogen. b) Wenn nein, wieso nicht? Auf die Antwort zu Frage 8a wird verwiesen. 9. Welche konkreten Forderungen, Bedingungen und Maßnahmen muss die russische Regierung erfüllen, um nach Kenntnis der Bundesregierung EUSanktionen der „dritten Stufe“ zu vermeiden? Der Europäische Rat hat in seinen Schlussfolgerungen vom 6. März 2014 deutlich gemacht, dass Schritte zur Destabilisierung der Situation in der Ukraine seitens der Russischen Föderation zu schwerwiegenden und weitreichenden Konsequenzen in den Beziehungen zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie der Russischen Föderation andererseits führen würden. Dies wurde durch die Schlussfolgerungen des Rates für Außenbeziehungen am 17. März 2014 und am 14. April 2014 bestätigt. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Regierungserklärung vom 4. Juni 2014 in diesem Zusammenhang erklärt: „… Indem Russland seine Grenzen nicht oder nicht ausreichend kontrolliert, sodass in großem Umfang Kämpfer und Munition in den Südosten der Ukraine gelangen können, trägt es weiter zur Destabilisierung des Nachbarn bei. Wenn dies nicht aufhört, dann … werden wir uns nicht scheuen, weitere Sanktionen zu verhängen, Sanktionen der im März beschlossenen Stufe 3.“ Im Übrigen gilt, wie in der Antwort zu Frage 3 dargestellt, dass der Verhängung und der Aufhebung von Sanktionen politische Entscheidungen von 28 Mitgliedstaaten zugrunde liegen und dabei das Verhalten der russischen Regierung im Gesamtkontext gewürdigt wird. 10. Welche konkreten Forderungen, Bedingungen und Maßnahmen werden über die gemeinsam beschlossenen hinaus nach Kenntnis der Bundesregierung von EU-Mitgliedstaaten, die Sanktionen grundsätzlich befürworten , gegenüber der russischen Regierung erhoben, die Sanktionen der „dritten Stufe“ zu vermeiden, d. h. welche divergierenden Forderungen werden nach Kenntnis der Bundesregierung seitens der EU-Mitgliedstaaten über die Tiefe von Sanktionen gegen die Russische Föderation disku- Drucksache 18/1852 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tiert (bitte entsprechend den EU-Mitgliedstaaten divergierende Positionen bzw. Forderungen auflisten)? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass ein EU-Mitgliedstaat grundsätzlich andere Forderungen oder Bedingungen an Russland stellt, als die in der Antwort zu Frage 9 beschriebenen. 11. Welche derzeit amtierenden Regierungen in der EU haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung grundsätzlich gegen die Verhängung von Sanktionen ausgesprochen, und welche haben Sanktionen der „ersten“ bzw. „zweiten Stufe“ abgelehnt (bitte entsprechend der grundsätzlichen Ablehnung bzw. der einzelnen Sanktionsstufen auflisten)? Alle Sanktionsmaßnahmen der EU im Zusammenhang mit der Krise in der Ukraine wurden unter den EU-Mitgliedstaaten einstimmig beschlossen. 12. Inwieweit wird nach Auffassung der Bundesregierung der angeblich beabsichtigte politische Effekt der Sanktionen gegen die Russische Föderation, die russische Regierung zu bestimmten Handlungen zu veranlassen bzw. sie davon abzuhalten, durch die nach Auffassung der Fragesteller unklare Formulierung der politischen Ziele der Sanktionen konterkariert (www. dw.de/schlagkraft-oder-gerede-die-dritte-stufe-der-sanktionen-gegenrussland /a-17627998)? Die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung der Fragesteller, dass die politischen Ziele der Sanktionen unklar formuliert sind. Deshalb kann sie nicht nachvollziehen , dass der politische Effekt der Sanktionen konterkariert werde. 13. Inwiefern würden Sanktionen der „dritten Stufe“ laufende Verträge zwischen deutschen und russischen Unternehmen berühren? Eine Aussage hierüber ist nicht möglich, solange keine Entscheidung über mögliche Maßnahmen getroffen wurde. 14. Inwieweit dürften Produktionsstandorte von deutschen Konzernen in Russland von den Sanktionen betroffen sein? Eine Aussage hierüber ist nicht möglich, solange keine Entscheidung über mögliche Maßnahmen getroffen wurde. 15. Gegen welche Sektoren der russischen Wirtschaft könnten sich laut Kenntnis der Bundesregierung so genannte sektorale Sanktionen richten? Gezielte Maßnahmen würden das Ziel verfolgen, eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise zu fördern. In Abhängigkeit von dieser politischen Zielsetzung würde entschieden, welche Maßnahmen geeignet wären. Hierzu erarbeitet die Europäische Kommission derzeit Optionen. a) Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass sich die „sektoralen Sanktionen“ gegen den russischen Maschinenbausektor richten sollen? Es wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1852 b) Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass sich die „sektoralen Sanktionen“ gegen den russischen Energiesektor richten sollen? Auf die Antwort zu Frage 15 wird verwiesen. 16. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob im Rahmen der EU ein Importbann auf Produkte von der Krim besprochen wurde? Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Diskussionen? Der Bundesregierung ist bekannt, dass im Rahmen der EU ein Importverbot für Waren von der Krim besprochen wird. Diese Maßnahme geht auf ein Papier zur Ausarbeitung der rechtlichen Konsequenzen der Annexion der Krim zurück, das die Europäische Kommission dem Rat für Außenbeziehungen am 12. Mai 2014 vorgelegt hat. Der Rat begrüßte die Ausarbeitung und forderte die Kommission auf, die Arbeit fortzusetzen, mit dem Ziel einer zügigen Implementierung der Vorschläge. Die Bundesregierung unterstützt entsprechende Vorbereitungen als Teil der EUPolitik der Nichtanerkennung der illegalen Annexion der Krim durch Russland. 17. Hat die Bundesregierung Kenntnis von dem verstärkten Anfordern von belarussischen Transitgenehmigungen durch Griechenland (www.tovima. gr/en/article/?aid=582814)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über das verstärkte Anfordern von belarussischen Transitgenehmigungen durch Griechenland vor. 18. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen dem zwischen der EU und den USA angedachten Investitionsschutzabkommen TTIP – die so genannte Wirtschafts-NATO (www.welt.de/wirtschaft/article113604113/ Deutsche-Exporteure-warnen-vor-Wirtschafts-Nato.html) – und den Sanktionen der USA und EU gegen Russland? Die Bundesregierung sieht keinen Zusammenhang zwischen den Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft und den Sanktionen gegen Russland. 19. Erwartet die Bundesregierung, mögliche Einbrüche in der deutschen Exportindustrie durch verschärfte Sanktionen gegen Russland durch vereinfachte Handelsbeziehungen mit den USA oder Kanada ausgleichen zu können? Nein. Zudem kann eine solche Erwartung nicht bestehen, solange keine Entscheidung über die möglichen Maßnahmen getroffen wurde. 20. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung von den Sanktionen gegen Russland in Bezug auf den wirtschaftlich eng verflochtenen Raum der Gemeinschaft der Unabhängigen Staaten? Eine Aussage hierüber ist nicht möglich, solange keine Entscheidung über mögliche Maßnahmen getroffen wurde. Grundsätzlich hat die Wirtschaftsentwick- lung in Russland Auswirkungen auf alle Staaten, die mit Russland in wirtschaftlichen Beziehungen stehen. Drucksache 18/1852 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Teilt die Bundesregierung die Ansicht des Sprechers der ostdeutschen Parlamentarier im Europaparlament, Hermann Winkler (CDU), dass vor allem ostdeutsche Unternehmen unter den Sanktionen gegen Russland leiden würden (www.weser-kurier.de/news/politik3_artikel,-CDU-Europapolitikerwarnt -vor-weiteren-Sanktionen-gegen-Russland-_arid,843016.html)? Im Hinblick auf die bisherigen Maßnahmen teilt die Bundesregierung diese Ansicht nicht. Bezüglich künftiger Maßnahmen kann keine Aussage getroffen werden , solange keine Entscheidung über mögliche Maßnahmen vorliegt. 22. Welche Sanktionen der Schweiz und Liechtensteins gegen Russland haben Vertreter der Bundesregierung im Rahmen der regelmäßig stattfindenden so genannten Vierertreffen (Deutschland, Liechtenstein, Österreich und die Schweiz) besprochen? Beim Vierertreffen der deutschsprachigen Umweltministerinnen und -minister, das am 28. März 2014 stattgefunden hat, wurde nicht über Sanktionen gegen Russland gesprochen. Weitere Vierertreffen anderer Ressorts haben in diesem Jahr bislang nicht stattgefunden. 23. Welche weiteren Staaten haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung den Sanktionen gegen die Russische Föderation im Zuge der Ukrainekrise angeschlossen? Den Sanktionsbeschlüssen der EU im Zusammenhang mit der Krise in der Ukraine haben sich folgende Länder angeschlossen: Beschluss 2014/145/GASP: Montenegro, Island, Albanien, Norwegen und die Ukraine. Beschluss 2014/151/GASP: Montenegro, Island, Albanien, Norwegen und die Ukraine. Beschluss 2014/238/GASP: Montenegro, Island, Albanien, Norwegen und Liechtenstein. Beschluss 2014/265/GASP: Montenegro, Island, Albanien, Norwegen und Liechtenstein. 24. Welche EG-Strafmaßnahmen wurden seinerzeit gegen Politiker der baltischen Sowjetrepubliken verhängt, als Estland, Lettland und Litauen im Jahr 1990 ihre staatliche Unabhängigkeit erklärten und damit gegen Gesetze der UdSSR verstießen? Die Unabhängigkeit der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen erfolgte im Jahr 1990 im Einklang mit dem Völkerrecht, nachdem diese Staaten im Jahr 1940 einseitig und völkerrechtswidrig von der Sowjetunion annektiert worden waren. Daher wurden von der Europäischen Gemeinschaft keine restriktiven Maßnahmen gegen Politiker dieser Staaten beschlossen. 25. Auf welche Quellen stützen sich die Vorwürfe des Rates der Europäischen Union gegen Igor Bezler, gegen den die EU im Beschluss 2014/265/GASP Sanktionen verhängt hat? a) Stützen sich die Vorwürfe einzig und allein auf die Angaben des ukrainischen Geheimdienstes SBU? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1852 b) Wenn ja, ist es üblich, dass sich die EU derartige Vorwürfe eines Geheimdienstes eines Landes, welches nicht Mitglied der EU ist und nicht dessen Standards folgt, zu eigen macht? Die Fragen 25, 25a und 25b werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Auswahl der Personen, die mit Einreisesperren und Vermögenseinfrierung belegt wurden, erfolgte bislang auf Vorschlag des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Dieser wiederum bezieht in seine Recherchearbeiten offene Quellen, wie Medien und Stellungnahmen der betroffenen Personen, Informationen der Mitgliedstaaten, ukrainischer Behörden sowie der Leiter der Botschaften der EU-Mitgliedstaaten in Kiew und Moskau ein. c) Sind der Bundesregierung die auch gegenüber den Fragestellern artikulierten Vorwürfe gegen die Arbeitsweise des SBU – wie Korruption, Folter und Einschüchterung von Medien – bekannt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. d) Liegen nach Kenntnis der Bundesregierung eigene Erkenntnisse der EU zu den Vorwürfen des SBU gegen Igor Bezler vor? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 25 bis 25b verwiesen. e) Wenn ja, warum werden diese nicht erwähnt? Die Begründung zur Listung, die im Falle von Igor Bezler aus dem Amtsblatt L137 vom 12. Mai 2014 hervorgeht, bezieht sich generell auf die in der Antwort zu den Fragen 25 bis 25b genannten Quellen. Lediglich in Fällen, in denen Informationen nicht durch die in der Antwort zu den Fragen 25 bis 25b genannten Quellen bestätigt werden konnten, wird die Quelle, auf die sich die (Teil-)Begründung bezieht, genannt. 26. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung der einzige Vorwurf, der gegen Oleg Zarjow erhoben wird und der nun als Grundlage für Sanktionen gegen seine Person dient, sein öffentliches Eintreten für die Gründung einer „Föderativen Republik Novorossija“? Die Begründung für die restriktiven Maßnahmen gegen Oleg Zarjow lautet „(Herr Zarjow) sprach sich öffentlich für die Schaffung der Föderalrepublik Novorossia aus, die sich aus südostukrainischen Regionen zusammensetzen soll.“ 27. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass die USA seit 66 Jahren diverse Sanktionen gegen die Sowjetunion bzw. Russland verhängt haben? 28. Welche grundsätzliche Haltung nimmt die Bundesregierung zu Sanktionen gegenüber Russland ein, angesichts der Tatsache, dass die USA seit 66 Jahren diverse Sanktionen gegen die Sowjetunion bzw. Russland verhängt haben? Die Fragen 27 und 28 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die EU stimmt sich in der Sanktionspolitik, die die aktuelle Krise in der Ukraine sowie die Krimannexion betrifft, mit den G7-Partnern, darunter auch den Verei- Drucksache 18/1852 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode nigten Staaten von Amerika, ab. Andere Sanktionsmaßnahmen der USA haben keinen Einfluss auf die Politik der EU und der Bundesregierung gegenüber Russland und der Ukraine. 29. Welche Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung haben sich seit Ende Februar 2014 mit Vertreterinnen und Vertretern der deutschen Wirtschaft getroffen, um die Sanktionen gegen Russland zu besprechen (bitte nach Vertretern der Bundesregierung, Vertretern der deutschen Wirtschaft und deren Organisation und Datum auflisten)? Der Leiter der Abteilung für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung des Auswärtigen Amts und der Leiter der Abteilung für Außenwirtschaftspolitik des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie bzw. sein Vertreter haben am 18. März, 28. April und 28. Mai 2014 Vertreter der deutschen Wirtschaft über Sanktionen im Zusammenhang mit der Krise in der Ukraine informiert. An den Briefings haben Vertreterinnen und Vertreter folgender Unternehmen und Institutionen teilgenommen: Teilnahme Unternehmen/Institution 18.03. 28.04. 28.05. Airbus Group × BASF SE × × Berlin-Chemie AG × × × Robert Bosch GmbH × × × Bundesdruckerei × Claas KGaA mbH × × × Continental AG × Daimler AG × Deutsche Bank AG × Deutsche Post, DHL × E.ON AG × × × Fresenius SE & Co. KGaA × Giesecke & Devrient GmbH × Linde AG × × Metro AG × SAP AG × × Schaeffler GmbH × × × Deutsche Shell Holding GmbH × Siemens AG × SMS Meer GmbH × × VNG-Verbundnetz Gas AG × Volkswagen AG × × Wintershall Holding GmbH × Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1852 a) Bei welchen Gesprächen sind von welchen Vertretern der deutschen Wirtschaft Sanktionen gegen Russland als nicht zielführend abgelehnt worden? Ein Wortprotokoll zu den Sitzungen liegt nicht vor. Grundsätzlich haben die Vertreter der deutschen Wirtschaft anerkannt, dass Sanktionen aus außenpolitischen Gründen notwendig sein können. b) Welche Aspekte der Sanktionsstufen gegen Russland sind von welchen Vertreterinnen und Vertretern der deutschen Wirtschaft gegenüber der Bundesregierung kritisiert worden? Die bisher verhängten Sanktionen wurden von den Vertretern der Wirtschaft zur Kenntnis genommen. BDI × × Bankenverband × DIHK × × × Ost-Ausschuss der Dt. Wirtschaft (OA) × × × Teilnahme Unternehmen/Institution 18.03. 28.04. 28.05. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333