Deutscher Bundestag Drucksache 18/1942 18. Wahlperiode 30.06.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1732 – Kenntnis der Bundesregierung über Vorbereitungen einer „Geheimarmee“ Anfang der 1950er-Jahre und Konsequenzen hieraus Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach Forschungen des Historikers Dr. Agilolf Keßelring hat es in der Bundesrepublik Deutschland Anfang der 1950er-Jahre massive Bestrebungen zum illegalen Aufbau einer militärischen Truppe gegeben, in die mindestens 2 000 ehemalige Offiziere der Wehrmacht involviert waren („Die Organisation Gehlen und die Verteidigung Westdeutschlands“, www.uhk-bnd.de/wp-content/ uploads/2013/05/UHK-BND_Bd3_online.pdf). Das „amerikanisch initiierte“ Unternehmen sei der damaligen Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer nicht nur bekannt gewesen, sondern von ihr unterstützt worden, um für den Fall eines Krieges gegen die DDR einen eigenständigen deutschen Kampfbeitrag leisten zu können – und das bereits etliche Jahre vor Gründung der Bundeswehr und obwohl solche Bestrebungen damals illegal waren. Anstatt gegen die ehemaligen Wehrmachtsoffiziere vorzugehen, wurden führende Angehörige dieses Geheimclubs in der später gegründeten Bundeswehr auf hohe Posten gesetzt. Die Initiative für das Projekt ging vom ehemaligen Offizier der Wehrmacht Albert Schnez aus, der später Heeresinspekteur der Bundeswehr wurde. Sein Ziel war die Aufstellung einer Truppe von 40 000 ehemaligen Wehrmachtssoldaten für einen Krieg gegen die DDR und zur Bekämpfung westdeutscher Kommunisten. Dazu hat Albert Schnez eine Namensdatei angelegt, die Namen von 2 000 bis 3 000 ehemaligen Wehrmachtsoffizieren umfasst habe. Hinzu kamen 8 000 weitere ehemalige Soldaten, die von den Plänen aber nicht unterrichtet worden waren. Die notwendigen Waffen sollte Anton Grasser, ehemaliger Wehrmachtsgeneral und nach 1950 Generalinspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder, besorgen , dazu hätten auch Maschinengewehre und Granatwerfer gehört. Zu den Personen im Umfeld von Albert Schnez soll auch der SS-Mann Otto Skorzeny Die Antwort wurde namens des Bundeskanzleramtes mit Schreiben vom 26. Juni 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. gehört haben. Geführt wurden diese Bestrebungen von der Organisation Gehlen, dem Vorgänger des Bundesnachrichtendienstes (BND). Drucksache 18/1942 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Hervorzuheben bei diesen Planungen ist, dass es sich nicht um reine Phantasiegebilde handelte, wie damals in der Szene von Altnazis und Militaristen nicht unüblich, sondern um offiziell abgesegnete, relativ weit fortgeschrittene Planungen. Dr. Agilolf Keßelring schreibt dazu: „Fünf Jahre vor dem NATOBeitritt der Bundesrepublik Deutschland gab es bereits eine national organisierte Milizformation mit Verteidigungsaufgaben.“ Unter anderem waren laut Dr. Agilolf Keßelring bereits „Depots mit Lebensmitteln und Betriebsstoff“ angelegt worden. Von einer Stunde Null bei Gründung der Bundeswehr könne keine Rede mehr sein. Vielmehr, so Dr. Agilolf Keßelring, müsse nun danach gefragt werden, welchen Einfluss dieser frühe Vorläufer der Bundeswehr auf deren innere Verfasstheit gehabt habe. Dr. Agilolf Keßelring verweist unter anderem darauf, dass Albert Schnez, obwohl in der Wehrmacht nur Oberst, 1957 als Brigadegeneral in die Bundeswehr eingestellt wurde – offenbar eine Belohnung für dessen – es sei wiederholt: rechtswidrige – Tätigkeiten. Als Inspekteur des Heeres stellte sich Albert Schnez gegen Ende seiner militärischen Laufbahn strikt gegen die Prinzipien der inneren Führung (vgl. Studie „Gedanken zur Verbesserung der inneren Ordnung des Heeres“). Die Fragesteller halten es für eine fällige Konsequenz, dass die Bundesregierung den Berichten mit Hochdruck nachgeht und die Traditionspolitik der Bundeswehr überprüft. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g 1. Die in der Kleinen Anfrage erwähnte Studie von Dr. Agilolf Keßelring beruht im Wesentlichen auf einen Aktenband, der sich im Archiv des Bundesnachrichtendienstes (BND) befand. Der betreffende Band wurde im Rahmen der Arbeit der Unabhängigen Historikerkommission (UHK) entdeckt, die im Auftrag des BND dessen Frühgeschichte erforscht. Der Band enthält Unterlagen aus den Jahren 1949 bis 1953, in denen unter dem Decknamen „Unternehmen Versicherungen“ Überlegungen und Planungen zum Aufbau einer Mobilisierungsarmee im Südwesten Deutschlands für den Fall eines bewaffneten Angriffs durch „DDR-Streitkräfte“ festgehalten werden. 2. Das Projekt „Unternehmen Versicherungen“ ist der Bundesregierung nach jetzigem Kenntnisstand erst durch die Arbeiten der UHK und des Verfassers bekannt geworden. Über die Studie – und die ihr zugrunde liegenden Unterlagen hinausgehende Erkenntnisse zu diesem Projekt liegen der Bundesregierung derzeit nicht vor. Die Studie ist unter der in der Vorbemerkung der Fragesteller erwähnten Adresse im Internet abrufbar. 3. In historischen Fachkreisen war bekannt, dass es bereits vor Gründung der Bundeswehr innerhalb der damaligen Bundesregierung und in den Alliierten Überlegungen zu einer Mobilisierungsarmee gab. Öffentlich bekannt geworden ist dies durch einen Bericht des Magazins „DER SPIEGEL“ aus dem Jahr 1950 (Nr. 9, S. 5 bis 8) über die so genannte Windhundbewegung. Inwieweit es hier Zusammenhänge mit dem „Unternehmen Versicherungen“ gibt, kann derzeit nicht beantwortet werden. Dazu bedarf es weiterer historischer Forschungen. 4. Die Studie von Dr. Agilolf Keßelring hat im In- und Ausland große Aufmerksamkeit gefunden. Der Verfasser selbst hat in seiner Studie auf zahlreiche unbeantwortete Fragen hingewiesen, die vertiefter Forschungsarbeiten bedürfen . Insofern ist die Studie als wichtiger Ausgangspunkt für die zukünftige Forschung zu bewerten. Als Grundlage für abschließende Bewertungen eignet sie sich derzeit nicht. Hier bleiben die Ergebnisse der jetzt erst beginnenden Diskussion in historischen Fachkreisen abzuwarten. Das der Studie zu- grunde liegende Aktenmaterial des BND wurde inzwischen deklassifiziert Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1942 und steht Interessierten auf Antrag beim BND zur Einsichtnahme zur Verfügung . 5. Die Keßelring-Studie hebt auch hervor, dass das „Unternehmen Versicherungen “ sowohl in den Augen der Organisation Gehlen als auch des Amtes Blank stets nur ein „Plan B“ für den Fall war, dass „das Himmeroder Konzept eines stehenden Heeres mit 12 Panzerdivisionen nicht verwirklicht werden konnte bzw. zum Zweck der Deckung in den schwachen Phasen der Militarsierung “ (vgl. S. 71). Vor diesem Hintergrund legt die Bundesregierung Wert auf die Feststellung, dass die ehemaligen Generale Dr. Hans Speidel und Adolf Heusinger wie auch die militärischen Sachverständigen, die im Herbst 1950 in Himmerod erste Überlegungen für einen möglichen westdeutschen Wehrbeitrag entwickelten, jede Form von verdeckter Aufrüstung abgelehnt und der Bundesregierung die Aufstellung regulärer Streitkräfte im Rahmen der Nordatlantischen Allianz oder einer Europaarmee empfohlen hatten (Himmeroder Denkschrift). Mit der Aufnahme von offiziellen Verhandlungen mit der Alliierten Hohen Kommission in Bonn sowie mit Regierungen weiterer Staaten in Paris im Januar 1951 ist die Bundesregierung diesem Vorschlag gefolgt. 6. Die Erforschung historischer Sachverhalte ist nicht Aufgabe der Bundesregierung . Dies bleibt grundsätzlich der historischen Forschung überlassen. Die Bundesregierung unterstützt allerdings diese Forschungsarbeiten in vielfältiger Weise. 7. Wie bereits mehrfach an anderer Stelle (u. a. auf Bundestagsdrucksache 18/683, S. 3 , Antwort zu Frage 5) erwähnt, ist das Archiv des BND weiterhin zu großen Teilen nicht erschlossen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass im Verlaufe der weiteren Erschließungsarbeiten auch neue Dokumente zum „Unternehmen Versicherungen“ gefunden werden, die neue Einsichten gewähren könnten. 1. Hatte die Bundesregierung schon vor Veröffentlichung der Arbeit von Dr. Agilolf Keßelring Kenntnis über die Bestrebungen von Albert Schnez, und wenn ja, seit wann und aus welchen Quellen? Auf Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 2. Welche über den Bericht von Dr. Agilolf Keßelring hinausgehenden Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, a) dass ehemalige Wehrmachtsoffiziere schon mehrere Jahre vor der Aufstellung der Bundeswehr Bestrebungen zum gleichsam „privaten“ Aufbau einer (west-)deutschen Streitmacht unternommen haben (bitte möglichst Angaben dazu machen, wer die Initiatoren waren, welche konkreten Schritte diese unternommen hatten, wie weit die Umsetzung des Vorhabens gediehen war, in welchem Umfang die damalige Bundesregierung Kenntnis von dem Vorhaben hatte und wie sie hierüber mit den Initiatoren kommunizierte), b) dass die damalige Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer das von Albert Schnez betriebene Projekt zur Aufstellung einer Miliz aus bis zu 40 000 Mann unterstützt hat? Auf die Nummern 2, 3 und 6 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen . Drucksache 18/1942 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. Ist der Bundesregierung bekannt, ob außer dem Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer und der Organisation Gehlen/dem BND weitere deutsche Behörden Kenntnis von dem Vorhaben hatten (bitte ggf. näher ausführen)? Eine Recherche in den Aktenbeständen des Bundeskanzleramtes hat keine einschlägigen Informationen erbracht. Im Übrigen wird auf die Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 4. Inwieweit gab es nach Kenntnis der Bundesregierung personelle oder organisatorische Verbindungen zwischen dem von Albert Schnez geschaffenen Kader einer Geheimarmee und der später als Stay-Behind-Organisation des BND bzw. als „Gladio“ bekannt gewordenen NATO-Geheimtruppe? Der Verfasser der Studie hat unterstrichen, dass es sich bei der geplanten Mobilisierungsarmee „nicht um … eine ‚Stay-behind-Truppe‘ sondern um eine Evakuierungsarmee “ handelt. (vgl. S. 50 f.). Über personelle Verbindungen zwischen den in der Frage erwähnten Organisationen hat die Bundesregierung zurzeit keine eigenen Erkenntnisse, die Keßelring-Studie erwähnt aber z. B. auf Seite 41 eine entsprechende personelle Verflechtung. Insofern wird auch hier auf die Nummern 2, 4 und 6 der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 5. Wie viele der 2 000 bis 3 000 ehemaligen Wehrmachtsoffiziere, die laut „DER SPIEGEL“ (Ausgabe 20/2014) in Albert Schnez’ Unternehmen eingeweiht waren, sind der Bundesregierung im Einzelnen bekannt, und um welche Offiziere handelt es sich dabei (bitte vollständig anführen)? Welche dieser Offiziere wurden später in die Bundeswehr aufgenommen (bitte mit letztem Dienstrang in der Wehrmacht angeben)? Wie viele ehemalige Angehörige der Waffen-SS waren nach Kenntnis der Bundesregierung in die Pläne eingeweiht, und welche von diesen wurden später in die Bundeswehr aufgenommen? Auf die Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Die Frage lässt sich beim jetzigen Stand der Forschungen nicht beantworten, da die in der Frage benannten Offiziere derzeit der Bundesregierung nicht im Einzelnen bekannt sind. 6. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der BND Albert Schnez auch finanziell oder materiell unterstützt hat, und wenn ja, um welche Summen für welchen Verwendungszweck handelte es sich nach ihrer Kenntnis? Welche Kosten entstanden nach ihrer Kenntnis für die Bereitstellung der Depots, und was genau war darin gelagert (bitte Mengen angeben)? 7. Welche Firmen und Privatpersonen spendeten nach Kenntnis der Bundesregierung an die Schnez-Organisation (bitte soweit möglich Spender, Jahr, Art der Spende und ggf. deren Wert angeben)? 8. Welche Unterstützung hat es für die Schnez-Organisation nach Kenntnis der Bundesregierung von ausländischen Behörden oder Unternehmen gegeben (bitte soweit möglich Art und ggf. Wert der Unterstützung angeben)? Die Fragen 6 bis 8 werden zusammengefasst beantwortet. Auf die Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1942 9. Hat es von Seiten der Bundesbehörden jemals Versuche gegeben, strafrechtlich gegen Albert Schnez und seine Mitstreiter vorzugehen, und wenn ja, welche und welchen Verlauf haben sie genommen? Entsprechende Akten konnten im Rahmen einer anlässlich der Kleinen Anfrage durchgeführten Recherche weder im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz noch beim Generalbundesanwalt festgestellt werden. Aus dem Bundesarchiv in Hoppegarten konnten allerdings zwei Aktenbände des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz beschafft werden, die Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts gegen Otto Rietdorf, Dieter von Glahn sowie Paul Lüth u. a. wegen Staatsgefährdung und Geheimbündelei betrafen. In den Ermittlungsverfahren ging es insbesondere um den Vorwurf, dass die Beschuldigten als leitende Funktionäre des BDJ bzw. einer „Organisation Peters“ eine Ausbildung von Partisanen zu Bürgerkriegszwecken betrieben und Listen von Gegnern der Wehrpflicht aufgestellt hätten, die der Zuneigung zum Kommunismus verdächtigt seien. Sämtliche Ermittlungsverfahren sind mangels Beweise eingestellt worden. Der VS-Schutz dieser beiden Aktenbände ist aufgehoben worden. Die 19 Verfahrensakten des Generalbundesanwalts zu diesem Ermittlungsverfahren sind an das Bundesarchiv in Koblenz abgegeben worden und können dort eingesehen werden. Sie stehen der historischen Forschung damit zur Verfügung. Ob diese Vorgänge von den Fragen ebenfalls umfasst sind, kann von der Bundesregierung mangels Kenntnis der Akteninhalte nicht beurteilt werden. Ob im Zuge der bis zum Jahr 2015 andauernden Arbeiten der „Unabhängigen Wissenschaftlichen Kommission beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit“ zu den Fragestellungen belastbare Erkenntnisse gewonnen werden können, kann derzeit noch nicht abgesehen werden. 10. Hat es nach Kenntnis der Bundesregierung gegen Angehörige der Organisation von Albert Schnez jemals dienstrechtliche Sanktionen oder Untersuchungen wegen eines möglichen Dienstvergehens gegeben (bitte angeben , gegen wen, von welcher Behörde und mit welchem Ergebnis das Verfahren geführt wurde)? Der Bundesregierung sind entsprechende Verfahren nicht bekannt. Vergleiche dazu auch die Antwort zu Frage 5. 11. Hat die Organisation Schnez nach Kenntnis der Bundesregierung tatsächlich Bürgerinnen und Bürger bzw. Politikerinnen und Politiker beobachtet bzw. „Warnlisten“ verfasst, und wenn ja, wie viele, aus welchem Spektrum und wen? Sind Bundesbehörden schriftlich von der Beobachtung bzw. deren Ergebnissen unterrichtet worden, und falls ja, wo sind diese Schriftsätze verblieben ? Der Begriff „Warnliste“ wird in den der Keßelring-Studie zugrunde liegenden Unterlagen erwähnt. Es handelt sich dabei um eine Aufstellung zur Überprüfung von Bürgerinnen und Bürgern, insbesondere um Polizeibeamte, Journalisten und ehemalige Wehrmachtsoffiziere. Die Unterlagen enthalten keine Informationen darüber, ob andere Bundesbehörden über die Personen unterrichtet wur- den. Drucksache 18/1942 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Inwieweit hat man vonseiten der Organisation Gehlen und später des BND die von den Alliierten als verbrecherische Organisation verbotene SS noch als bestehend oder jedenfalls wirkmächtig angesehen, auf welche persönlichen Netzwerke und Zusammenschlüsse (auch solche im Untergrund) bezog man sich bei dieser Einschätzung in der Organisation Gehlen bzw. im BND, und wie weit waren diese SS-Angehörigen in polizeiliche und politische Funktionen eingebunden, um nach einer aus der Organisation Gehlen kolportierten Äußerung „ein Faktor“ sein zu können, dessen Auffassungen man vor einem Entschluss sondieren müsse? Der in der Frage angesprochene Aspekt der Frühgeschichte des BND ist einer der Schwerpunkte der Forschungstätigkeit der UHK. Erste Forschungsergebnisse dazu sind in der UHK-Studie Nr. 2 „Die Geschichte der Organisation Gehlen und des BND 1945–1968: Umrisse und Einblicke. Dokumentation der Tagung am 2. Dezember 2013“ dargestellt worden, die auf der Homepage der UHK www.uhk-bnd.de publiziert ist. Weitere Forschungsergebnisse bleiben abzuwarten . 13. Welche Verbindungen hatte Albert Schnez nach Kenntnis der Bundesregierung zu rechtsextremen und neofaschistischen Kreisen? Auf die Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 14. In welchem Zusammenhang stand nach Kenntnis der Bundesregierung die Schnez-Organisation mit dem „Bund Deutscher Jugend“? Auf die Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 15. Welche allgemeinen Auswirkungen hatte nach Kenntnis der Bundesregierung die Mitgliedschaft in der Schnez-Organisation auf die späteren Bundeswehrkarrieren dieser Mitglieder? 16. Wie viele Mitglieder der Schnez-Organisation sind nach Kenntnis der Bundesregierung nach 1955 in die Bundeswehr eingetreten? Die Fragen 15 und 16 werden zusammengefasst beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 17. Inwiefern wird Albert Schnez und den möglicherweise ebenfalls in die Pläne eingeweihten Adolf Heusinger und Hans Speidel (vgl. DER SPIEGEL 20/2014) vonseiten der Bundeswehr ein ehrendes Gedenken zuteil (bitte Angaben über Äußerungen zu diesen ehemaligen Wehrmachtsund Bundeswehroffizieren auf der Homepage und in Veröffentlichungen der Bundeswehr zusammenfassen), und inwiefern sieht die Bundesregierung nach der Aufdeckung der Aktivitäten von Albert Schnez Veranlassung dazu, die Erinnerung an diese zu modifizieren? Inwiefern gilt dies auch für andere, in Albert Schnez’ Aktivitäten eingeweihte bzw. sie unterstützende (spätere) Angehörige der Bundeswehr? Ob und gegebenenfalls wie weit die ehemaligen Generale Adolf Heusinger und Dr. Hans Speidel in die von den Fragestellerinnen und Fragestellern genannten Pläne von Albert Schnez eingeweiht waren, ist eine offene Frage, die auch auf Grundlage der Keßelring-Studie derzeit nicht eindeutig beantwortet werden kann. Insoweit bleiben auch hier weitere Forschungsergebnisse abzuwarten (vgl. Nummer 4 der Vorbemerkung der Bundesregierung). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1942 Die ehemaligen Generale Adolf Heusinger und Dr. Hans Speidel haben in militärischen Spitzenfunktionen am Aufbau der Bundeswehr und ihrer Verankerung im demokratischen Rechtsstaat aktiv mitgewirkt. Sie haben sich damit bleibende Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland erworben. Die Leistungen von Adolf Heusinger und Dr. Hans Speidel wurden im Rahmen des vierbändigen Reihenwerkes „Die Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945 bis 1956“ im Gesamtkontext der Entstehungsgeschichte der Bundeswehr wissenschaftlich gewürdigt. Darüber hinaus wurde mit Unterstützung durch das Militärgeschichtliche Forschungsamt eine wissenschaftliche Biographie „Adolf Heusinger. Dienst eines deutschen Soldaten 19151964, Hamburg 2001“ herausgegeben . Die Leistungen dieser Generale werden auch auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundeswehr dargestellt. Generalleutnant Albert Schnez hat sich gleichfalls am Aufbau der Bundeswehr aktiv beteiligt und der Bundesrepublik Deutschland als Soldat gedient. Einzelne Informationen über den Dienst von Generalleutnant Albert Schnez in der Bundeswehr enthält die Publikation des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes „Ulrich de Maizière. General der Bonner Republik 1912 bis 2006, München 2012“. Dieser wird zudem auf der Internetseite des Deutschen Heeres in der Liste der ehemaligen Inspekteure geführt. 18. Inwiefern war ggf. auch der Oberst i. G. a. D. Adolf Graf Kielmansegg aus dem damaligen Amt Blank in die Pläne von Albert Schnez eingeweiht, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung hieraus für die Ehrung Adolf Graf Kielmanseggs durch die Bundeswehr? Auf die Nummern 2 und 4 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen . Die Bundesregierung legt darüber hinaus Wert auf die Feststellung, dass sich General Graf von Kielmansegg als einer der Begründer der Konzeption der Inneren Führung bleibende Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland erworben hat. 19. Nach welchen der Generäle, die an den Plänen beteiligt waren, sind Kasernen der Bundeswehr benannt, und inwiefern hält die Bundesregierung eine Umbenennung für erforderlich eingedenk ihrer Äußerung, Soldaten mit Wehrmachtsvergangenheit erschienen ihr nur dann „als Namensgeber geeignet, wenn diese als Gründerväter der Bundeswehr am Aufbau unseres demokratischen Rechtsstaats und der Verankerung der Bundeswehr in der Demokratie aktiv mitgewirkt haben“ (Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/6202, zu Frage 10) und der Tatsache, dass die geschilderten Aktivitäten Anfang der 1950er-Jahre nach Auffassung der Fragesteller rechtswidrig waren? Nach Generalleutnant a. D. Albert Schnez ist keine Kaserne benannt. Im Übrigen wird auf die Nummern 2 und 4 der Vorbemerkung der Bundesregierung sowie auf die Antworten zu den Fragen 5, 17 und 18 verwiesen. 20. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Berichten für die Erinnerungspolitik der Bundeswehr, insbesondere hinsichtlich der möglichen Beteiligung der namentlich erwähnten ehemaligen Wehrmachts - und späteren Bundeswehroffiziere? Mit Blick auf den jetzigen Stand der historischen Forschung hält es die Bundesregierung für verfrüht, Konsequenzen aus der Keßelring-Studie zu ziehen. Inso- fern wird auf die Nummern 4 und 6 der Vorbemerkung der Bundesregierung sowie auf die Antworten zu den Fragen 5, 17, 18 und 19 verwiesen. Drucksache 18/1942 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Welche Anstrengungen wird die Bundesregierung unternehmen, um genauer zu eruieren, wie sich die damalige Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer zu diesen Aktivitäten positioniert hat und aus welcher Motivation heraus? Auf die Nummern 4 und 6 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen . 22. Sieht sich die Bundesregierung nun veranlasst, die Traditionspolitik der Bundeswehr, insbesondere die Übernahme ehemaliger Offiziere der Wehrmacht, die sich trotz aller NS-Verbrechen an ihren auf Adolf Hitler geleisteten Eid gebunden fühlten, kritisch zu hinterfragen? Welche Maßnahmen will sie ggf. hierzu, außer einer Wiederholung des Traditionserlasses, konkret ergreifen? Auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse vermag die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf im Hinblick auf die Traditionspflege in der Bundeswehr erkennen. Insofern ist auf die Nummern 4 und 6 der Vorbemerkung der Bundesregierung zu verweisen. 23. Nachdem mehrere Bundesministerien und Bundesbehörden, wie etwa das Bundeskriminalamt und der BND, eine Aufarbeitung ihrer Frühgeschichte und des Einflusses von nationalsozialistisch belastetem Personal auf die eigene Behördenarbeit vorgenommen bzw. eingeleitet haben, sieht die Bundesregierung eine Veranlassung, vergleichbare Untersuchungen auch für den Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung und die Bundeswehr zu fördern (bitte begründen)? Das Bundesministerium der Verteidigung unterhält seit 1957 eine wissenschaftlich unabhängige Ressortforschungseinrichtung (Militärgeschichtliches Forschungsamt bis 2012, seitdem: Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr), die maßgebliche Beiträge zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Diktatur und des Zweiten Weltkrieges sowie zur Militärgeschichte der beiden deutschen Staaten nach 1945 geleistet hat. Die von den Fragestellerinnen und Fragestellern genannten Untersuchungen für den Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundeswehr liegen bereits vor. Eine ausführliche Liste der einschlägigen Publikationen hat die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Bundestagsdrucksache 17/4126, zur Kenntnis gegeben. Die Bundeswehr wird sich auch weiterhin an der militärhistorischen Aufarbeitung der deutschen Geschichte vor und nach 1945 beteiligen. 24. Welche Aktivitäten will die Bundesregierung generell unternehmen (inklusive der Förderung von Forschungen), um den aufgeworfenen Fragen sowie der Kenntnis der damaligen Bundesregierung nachzugehen, und bis wann will sie entsprechend tätig werden? Die Bundesregierung wird auch weiterhin wissenschaftliche Projekte, die sich mit der in der Kleinen Anfrage angesprochenen Thematik unterstützen, sei es finanziell wie im Beispiel der vom BND berufenen UHK und – soweit das rechtlich möglich ist – durch Offenlegung von Akten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333