Deutscher Bundestag Drucksache 18/2069 18. Wahlperiode 07.07.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1625 – Kompetenzen und Zuständigkeiten einer Europäischen Staatsanwaltschaft Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit über zehn Jahren diskutieren die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft (KOM(2001) 715 endgültig ). So sollen (zunächst) „Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union“ bekämpft werden. Im Juli 2013 hatte die Europäische Kommission den ersten Entwurf einer Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft präsentiert (COM(2013) 534 final). Das Papier wird derzeit im Deutschen Bundestag beraten. Die Europäische Staatsanwaltschaft soll Strafverfolgungsbefugnisse erhalten und „Ermittlungen in grenzübergreifenden oder komplexen Fällen durchführen “. Neu ist auch, dass die Europäische Staatsanwaltschaft nicht nur dann tätig würde, wenn mindestens zwei Mitgliedstaaten betroffen sind. Dieses Prinzip war bisher für die Arbeit anderer EU-Agenturen grundlegend. Für die operative Tätigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft sollen in jedem Mitgliedstaat „Abgeordnete Europäische Staatsanwälte“ benannt werden. Diese würden dann über eigene Büros, Personal und Ausrüstung verfügen. Die Europäische Staatsanwaltschaft solle dennoch als „unteilbares Ganzes“ angesehen werden. Wo sie schließlich ihren Hauptsitz hat, ist noch nicht festgelegt. Dänemark, Großbritannien und Irland scheiden aus, denn die Länder wollen zunächst nicht partizipieren. Der „Sitzmitgliedstaat“ soll ein „Sitzabkommen“ aushandeln. Dort würde die Überlassung eines Gebäudes, einer ersten Ausstattung sowie „sämtliche[n] Büro-, IT- und Sicherheitsgerät[s]“ geregelt. Für die spätere Anklageerhebung wären Gerichte der Mitgliedstaaten zuständig . Die benötigten rechtlichen Grundlagen werden gerade auf EU-Ebene angeglichen : Noch in diesem Jahr soll eine Richtlinie zur Zusammenarbeit von Ermittlungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten verabschiedet werden (Bundestagsdrucksache 18/1179). Diese „Europäische Ermittlungsanordnung“ würde die grenzüberschreitende Anordnung von Zwangsmaßnahmen vereinfachen. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 2. Juli 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Hierzu gehören Hausdurchsuchungen, die Überwachung von Telekommunikation oder das Entsenden verdeckter Ermittler. Bevor die Europäische Staatsanwaltschaft aktiviert werden könnte, muss für Zuständigkeiten und Verfahren eine entsprechende Verordnung verabschiedet werden. Hierfür hatten das EU- Drucksache 18/2069 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Parlament und der Rat bereits im Jahr 2012 eine Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von „gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug“ vorgeschlagen (COM(2012) 363 final). Zusammen mit der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft bilden die Maßnahmen ein sogenanntes Legislativpaket. Mit dem europäischen Polizeiamt Europol und der europäischen Stelle für justizielle Zusammenarbeit Eurojust verfügt die EU bereits über zwei Agenturen, um Ermittlungen zu koordinieren und Informationen auszutauschen. Auch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) übernimmt schon jetzt Aufgaben , die der Europäischen Staatsanwaltschaft übertragen werden sollen. An der Struktur der vorhandenen Agenturen würde sich aber nach der Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft nichts ändern: Im Gegenteil sollen sie der neuen Behörde zuarbeiten. Europol könne etwa Erkenntnisse bereitstellen und „einzelstaatliche Strafverfolgungsmaßnahmen“ unterstützen. Laut dem Verordnungsvorschlag soll auch Eurojust erhalten bleiben, aber eng mit der Staatsanwaltschaft kooperieren. Vorgesehen sei, dass Eurojust in Verwaltungsangelegenheiten , Personal-, Finanz- und IT-Fragen „auf Nullkostenbasis“ praktische Unterstützung leiste. Die neue Behörde darf auch die IT-Infrastruktur von Eurojust nutzen, darunter ein Fallbearbeitungssystem, Arbeitsdateien und ein Indexsystem. Für Einzelheiten soll eine Vereinbarung zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft und Eurojust geschlossen werden. Die Europäische Staatsanwaltschaft soll „einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden “ Weisungen erteilen dürfen. Diese müssten dann der EU-Institution zuarbeiten. Hierzu gehört etwa die Bearbeitung richterlicher Anordnungen oder anderer Genehmigungen. Dadurch wird die Europäische Staatsanwaltschaft mit erheblichen Kompetenzen ausgestattet. So soll sie befugt werden, die Durchsuchung und Versiegelung von Gebäuden, Grundstücken, Fahrzeugen oder Privatwohnungen anzuordnen. Hiervon sind auch „Computersysteme “, „Verkehrsdaten“ und „Bankkontodaten“ in verschlüsselter oder entschlüsselter Form erfasst. Telekommunikationsverkehre und Finanztransaktionen dürfen in Echtzeit überwacht werden, auch Verkehrsdaten zur Ermittlung des Aufenthaltsorts können verarbeitet werden. Die Maßnahmen können laut dem Verordnungsvorschlag nicht nur gegen Verdächtige, sondern auch gegen Kontaktpersonen eingesetzt werden. Zwangsmaßnahmen schließen auch die Observation mittels verdeckter „Video- und Audioüberwachung“ ein. Sogar die Entsendung verdeckter Ermittler soll zum Repertoire gehören. Schließlich kann die Europäischen Staatsanwaltschaft Verdächtige und Zeugen vorladen oder im Rahmen von „Identifikationsmaßnahmen“ fotografieren lassen. Selbst die Erhebung biometrischer Merkmale soll möglich sein. Sofern bei den Maßnahmen Vermögen gefunden wird, darf es „eingefroren“ werden. Bei den Ermittlungen erhobene Daten dürfen auch außerhalb der EU weitergegeben werden. Dies beträfe nicht nur die „Behörde eines Drittlandes“, sondern auch „internationale Organisationen“. Hierunter ist nicht nur die Polizeiorganisation Interpol zu verstehen, denn diese wird ebenfalls eigens aufgeführt. Allerdings sollen zunächst mit allen genannten Einrichtungen Arbeitsvereinbarungen abgeschlossen werden. Viele polizeiliche und justizielle Maßnahmen auf EU-Ebene verwässern die Rechte von Verdächtigen und Beschuldigten. Häufig ist unklar, wer im Falle von Beschwerden zuständig ist oder welches Recht beachtet werden muss. In diese Richtung geht die Kritik der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltsvereins: So sollten Beschuldigten- und Verteidigerrechte stärker gewichtet werden (Stellungnahme Nr. 48/2013, Bundesrechtsanwaltskammer und Deutscher Anwaltverein, Oktober 2013). Betroffene müssten sofort unterrichtet werden, wenn gegen sie strafrechtlich ermittelt wird. Die Verbände fordern , für die Verteidigung in Verfahren der Europäischen Staatsanwaltschaft einen eigenen Rechtsrahmen zu schaffen. Notwendig sei es, Anwälte aus allen Mitgliedstaaten vor Gericht zuzulassen. Ebenfalls müssten Beschuldigte eine bessere Rechtshilfe in Anspruch nehmen können und Verteidiger zur Verfügung gestellt bekommen. In jedem Mitgliedstaat solle daher ein permanenter Anwaltsnotdienst eingerichtet werden. Laut der Bundesrechtsanwaltskammer und dem Deutschen Anwaltverein liefe der Verordnungsvorschlag auf eine Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2069 „europäische Aufsichtsbehörde über die nationalen Staatsanwaltschaften“ und auf „ein weiteres Instrument der gegenseitigen Anerkennung“ hinaus. Unterschiede im Recht der Mitgliedstaaten würden „weiter zementiert“. Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller müssen die Beschuldigtenund Verteidigerrechte auch deshalb ausdrücklich gestärkt werden, da die Ausweitung von Kompetenzen der Europäischen Staatsanwaltschaft schon in entsprechenden Papieren verankert ist. So heißt es im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, eine „Ausdehnung der Befugnisse“ auf eine „Bekämpfung der schweren Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension “ sei möglich. Dies müsse aber vom Europäischen Parlament befürwortet werden. Nach Anhörung der Europäischen Kommission muss der Europäische Rat eine Änderung einstimmig beschließen. 1. Welche Defizite sollte eine Europäische Staatsanwaltschaft aus Sicht der Bundesregierung ausgleichen? Die Europäische Kommission hat festgestellt, es gebe in den Mitgliedstaaten Defizite bei der strafrechtlichen Verfolgung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union. Der Bundesregierung liegen keine eigenen statistisch verwertbaren diesbezüglichen Erkenntnisse zu den einzelnen Mitgliedstaaten vor. Sie hat jedoch keinen Anlass, die Feststellungen der Europäischen Kommission in Zweifel zu ziehen. Als EU-Mitgliedstaat und größter „Nettozahler“ liegt es nach Auffassung der Bundesregierung auch im Interesse Deutschlands, derartige Defizite in der Strafverfolgung mit geeigneten Mitteln zu beheben. Die Bundesregierung hält es daher für richtig, von der Kompetenznorm des Artikels 86 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) durch Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft für die Zwecke der Verfolgung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union Gebrauch zu machen. 2. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Europäischen Kommission, wonach die Mitgliedstaaten über zu wenig „Strafverfolgungskapazitäten “ verfügen würden? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Inwiefern trifft es nach Ansicht der Bundesregierung zu oder nicht zu, das Vorgehen der Mitgliedstaaten sei, wie von der Europäischen Kommission behauptet, derzeit nicht als effektiv, gleichwertig und abschreckend zu bezeichnen (COM(2013) 534 final)? a) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass von der Europäischen Kommission konkrete Defizite in einzelnen Mitgliedstaaten benannt werden? b) Wie sollte also umgesetzt werden, dass diejenigen Mitgliedstaaten, bei denen ein Ermittlungsdefizit bestehen soll, an Maßnahmen der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnehmen werden? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Ob sich alle Mitgliedstaaten an der Europäischen Staatsanwaltschaft beteiligen werden, kann heute noch nicht beantwortet werden. Die Einführung einer Europäischen Staatsanwaltschaft (EU-StA) im Rahmen der Verstärkten Zusammen- arbeit ist gemäß Artikel 86 Absatz 1 Satz 2 AEUV zwar grundsätzlich möglich, sofern sich mindestens neun Staaten daran beteiligen. Die Bundesregierung setzt Drucksache 18/2069 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode sich aber mit Nachdruck dafür ein, dass sich möglichst alle, zumindest aber eine ausreichend große Zahl der Mitgliedstaaten an der Errichtung der EU-StA beteiligen . Dies entspricht auch der Haltung der Länder. 4. Welche Delikte sind aus Sicht der Bundesregierung unter „Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union“ zu fassen? Der Verordnungs-Vorschlag der Kommission bezeichnet als „Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union“ solche Delikte, die in der zurzeit noch in Verhandlung begriffenen Richtlinie über die Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug (Ratsdokument 10232/13, 9024/14) geregelt werden sollen (Artikel 2 Buchstabe b des Verordnungs -Vorschlags). Vorbehaltlich des Ergebnisses der Verhandlungen über den Vorschlag für diese sogenannte PIF-Richtlinie hält die Bundesregierung den Ansatz für richtig, dass die dort bezeichneten Delikte auch in Bezug auf die Europäische Staatsanwaltschaft als Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union gelten sollen. a) Für welche konkreten Delikte sollte eine Europäische Staatsanwaltschaft aus Sicht der Bundesregierung zuständig sein? Nach gegenwärtigem Stand der Verhandlungen über den Vorschlag für eine „PIF“-Richtlinie würde die EU-StA zuständig sein sollen für bestimmte Betrugsdelikte sowie Delikte der Geldwäsche, Bestechlichkeit und Untreue nach Maßgabe der Artikel 3 und 4 des Richtlinien-Vorschlags in der Fassung des Ratsdokuments 10232/13 vom 3. Juni 2013. Aus Sicht der Bundesregierung ist es ferner geboten, der EU-StA unter bestimmten Voraussetzungen auch die Zuständigkeit für bestimmte mit einer „PIF“-Tat unmittelbar zusammenhängende Straftaten („gemischte Delikte“) zu übertragen (vgl. Artikel 13 des Verordnungs -Vorschlags zur Errichtung der EU-StA in der Fassung der Beratungen im Rat (Ratsdokument 9834/1/14 – dort Artikel 18)). Die Bundesregierung begrüßt daher auch die diesbezüglichen Ausführungen in der Stellungnahme des Deutschen Bundestages (Bundestagsdrucksache 18/1658) vom 5. Juni 2014 (S. 3 unten). b) Welche Zuständigkeiten sollten hingegen weiter von dem europäischen Polizeiamt Europol, der europäischen Stelle für justizielle Zusammenarbeit Eurojust oder dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) übernommen werden? Die deliktspezifischen Zuständigkeiten der genannten Stellen für Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union werden sich durch die Errichtung einer EU-StA nicht grundsätzlich ändern. Soweit mitgliedstaatliche Strafverfolgungsbehörden auch künftig zuständig sein werden, um Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union zu verfolgen, sollten auch Europol und Eurojust ihre diesbezüglichen Zuständigkeiten behalten, um die Ermittlungstätigkeit der mitgliedstaatlichen Behörden zu unterstützen. Ferner sieht der Verordnungs -Vorschlag zur EU-StA spezifische Zusammenarbeitsformen zwischen EU-StA und Eurojust, Europol und OLAF vor (Artikel 21, 57 und 58 des Verordnungs -Vorschlags); auch dies setzt voraus, dass diese Einrichtungen ihrerseits weiterhin bestimmte Aufgaben im Bereich der Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union haben. In Bezug auf Eurojust wird das insbesondere auch dann der Fall sein, wenn sich nicht alle Mitgliedstaaten an der Errichtung der EU-StA beteiligen sollten. Das gilt aber auch, soweit die mitgliedstaatlichen Behörden künftig eine konkurrie- rende Zuständigkeit für „PIF“-Delikte ausüben (vgl. dazu Artikel 19 des Verord- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2069 nungs-Entwurfs in der Fassung des Ratsdokuments 9834/1/14 sowie dazu auch die vorbezeichnete Stellungnahme des Deutschen Bundestages, S. 3 unten). Und das gilt ferner für die Fälle, in denen die mitgliedstaatlichen Behörden bei „gemischten Delikten“ ihrerseits die Verfolgung auch unter dem Gesichtspunkt eines „PIF“-Deliktes übernehmen sollen, weil der Schwerpunkt der Tat bei dem anderen Delikt liegt (vgl. Antwort zu Frage 4a). Zwar werden mit der Errichtung der EU-StA die diesbezüglichen Aufgaben von Eurojust voraussichtlich zahlen- bzw. umfangmäßig abnehmen; das sollte jedoch nicht dazu führen, Eurojust künftig von einer materiellen Zuständigkeit auch für „PIF“-Delikte grundsätzlich auszunehmen. Führen die Polizeibehörden der Mitgliedstaaten künftig im Auftrag der EU-StA oder im Auftrag der nationalen Staatsanwaltschaften Ermittlungen im Zusammenhang mit Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union durch, ist eine Unterstützung durch Europol möglich, soweit dessen Mandatsbereich eröffnet ist. Hierzu ist es nach Artikel 4 Absatz 1 des Europol-Ratsbeschlusses vom 6. April 2009 erforderlich, dass durch eine Straftat, z. B. einen Subventionsbetrug, zwei oder mehr Mitgliedstaaten in einer Weise betroffen sind, die aufgrund des Umfangs, der Bedeutung und der Folgen der Straftat ein gemeinsames Vorgehen der Mitgliedstaaten erfordert. Die Zuständigkeit Europols zur Bekämpfung von Kriminalität zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union soll in einer neuen Rechtsgrundlage für Europol , über die aktuell verhandelt wird, ausdrücklich klargestellt werden (vgl. dazu Ratsdokument 10033/14 – dort Artikel 3 Absatz 1 und Anhang 1). Das OLAF wird weiterhin verwaltungsrechtliche Ermittlungen in Bezug auf finanzielle Unregelmäßigkeiten zu tätigen haben. Und jedenfalls in Bezug auf Mitgliedstaaten, die an der Errichtung der EU-StA nicht mitwirken, wird OLAF auch künftig mit den dortigen Strafverfolgungsbehörden zum Zwecke strafrechtlicher Verfolgung zusammenzuarbeiten haben. 5. Inwiefern waren welche Behörden der Bundesregierung am Zustandekommen des ersten Entwurfs der Verordnung für die Europäische Staatsanwaltschaft beteiligt? Behörden der Bundesregierung waren nicht am Zustandekommen des Kommissions -Vorschlags beteiligt. Allerdings hat die Kommission im Vorfeld der Erstellung ihres Entwurfs Gespräche auch mit den Regierungen der Mitgliedstaaten geführt. 6. Was ist der Bundesregierung über die Haltung von Dänemark, Großbritannien und Irland bezüglich der Mitarbeit an der Europäischen Staatsanwaltschaft bekannt, und welche Gründe gaben die Länder hierfür an? Gemäß Artikel 1 des Protokolls (Nr. 22) über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme von Maßnahmen nach dem Dritten Teil Titel V AEUV, zu denen auch die Rechtsgrundlage für die Errichtung der EU-StA (Artikel 86 AEUV) gehört. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass Dänemark erwägen würde, eine nachträgliche Beteiligung gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls anzustreben. Entsprechendes gilt für das Vereinigte Königreich und Irland nach Artikel 2 bzw. 4 des Protokolls Nr. 21. Eine Erklärung nach Artikel 3 des Protokolls Nr. 21 haben das Vereinigte Königreich und Irland nicht abgeben. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob diese Staaten insoweit eine Begründung angegeben haben. Drucksache 18/2069 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Auf welche Weise sollte ein europäischer Staatsanwalt bzw. eine europäische Staatsanwältin aus Sicht der Bundesregierung gewählt oder benannt werden? Aus Sicht der Bundesregierung erschien das von der Kommission vorgesehene Verfahren für die Ernennung des Behördenleiters oder der Behördenleiterin (also des „Europäischen Staatsanwalts“ in der Terminologie des KommissionsVorschlags ) durchaus erwägenswert. Nachdem im Zuge der Verhandlungen im Rat jetzt vorgesehen ist, dass bei der EU-StA ein Kollegium eingerichtet werden soll, das sich aus je einem Europäischen Staatsanwalt für jeden Mitgliedstaat zusammensetzt , hat sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten für ein zweistufiges Ernennungsverfahren ausgesprochen. Zunächst soll das Kollegium einen oder mehrere Kandidaten bzw. Kandidatinnen für das Amt des Behördenleiters oder der Behördenleiterin („Generalstaatsanwalt“) aus ihrer Mitte wählen; die eigentliche Ernennung soll dann im Zusammenwirken von Europäischem Parlament und Rat erfolgen. Im Einzelnen sind die Verhandlungen über diese Frage noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung wird bei den weiteren Verhandlungen die diesbezüglichen Ausführungen in der Stellungnahme des Deutschen Bundestages (Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 3 oben) berücksichtigen. 8. Worin sieht die Bundesregierung eine „europäische Ausrichtung“ des Vorschlags zur Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft? Schon allein die Gründung einer Europäischen Staatsanwaltschaft ist ein bedeutender Schritt hin zur europäischen Integration im Bereich der Strafverfolgung. Zwar sollen die Ermittlungen dezentral in den Mitgliedstaaten durch sogenannte Abgeordnete Staatsanwälte und Staatsanwältinnen erfolgen. Diese Abgeordneten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte arbeiten aber als Teil der neuen europäischen Behörde und sind insoweit auch nur an die Weisungen der Zentrale gebunden . Ihre Arbeit wird von der Zentrale beaufsichtigt werden. Nach den derzeit diskutierten Vorstellungen werden dazu Kammern gebildet werden, so dass sichergestellt ist, dass die Kontrolle jedenfalls auch durch Europäische Staatsanwälte und Staatsanwältinnen erfolgt, die nicht aus dem Mitgliedstaat stammen, in dem die Ermittlungen geführt werden. 9. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zum Vorschlag einer „dezentralen “ Struktur für die Europäische Staatsanwaltschaft? Die Bundesregierung begrüßt den Vorschlag der Kommission in Bezug auf eine „dezentrale Struktur“. Das gilt sowohl für das Konzept, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in den Mitgliedstaaten zu „Abgeordneten Europäischen Staatsanwälten “ zu ernennen, als auch für den von der Kommission gewählten Lösungsansatz , in der EU-StA-Verordnung ergänzend auf das jeweilige einzelstaatliche Recht zu verweisen. 10. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zum Vorschlag der Ernennung von „Abgeordneten Europäischen Staatsanwälten“? Die Bundesregierung begrüßt das Konzept der Kommission für die Ernennung von „Abgeordneten Europäischen Staatsanwälten“ durch die Mitgliedstaaten. Der konkrete EU-dienstrechtliche Status bedarf jedoch noch weiterer Klärung und Beratung auf EU-Ebene. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2069 a) Wo könnten diese in Deutschland organisatorisch und administrativ angesiedelt werden, und welcher Behörde gegenüber wären diese nachgeordnet? Die Frage der organisatorischen Ansiedlung bedarf noch einer weiteren Erörterung mit den Ländern. Denkbar wären etwa Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Wirtschaftskriminalität oder die Generalstaatsanwaltschaften der Länder. Soweit die Abgeordneten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte als solche tätig werden, unterstehen sie ausschließlich der Zentrale der EU-StA. Gegenüber den Behörden des eigenen Mitgliedstaats, wie etwa Polizeibehörden, haben sie dieselben Befugnisse wie nationale Staatsanwälte und Staatsanwältinnen. In Deutschland wird dies voraussichtlich durch eine entsprechende Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) zu regeln sein. Bislang vorgesehen ist zudem , dass die Abgeordneten Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, soweit ihre Tätigkeit für die EU-StA dies zeitlich zulässt, weiterhin auch als nationale Staatsanwälte und Staatsanwältinnen tätig sein dürfen. b) Wie würden Büros, Personal und Ausstattung finanziert? Diese Frage bedarf noch der vertieften Erörterung im Rahmen der Verhandlungen im Rat wie auch der Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Der Verordnungs -Vorschlag der Kommission sieht einerseits vor, dass die Mitgliedstaaten Ressourcen und Ausrüstung zur Verfügung stellen (Artikel 54 Absatz 5), und bestimmt andererseits, dass die mit der Tätigkeit der Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte verbundenen Ausgaben als operative Ausgaben der EU-StA gelten (Artikel 49 Absatz 5) und mithin aus dem Unionshaushalt zu finanzieren sind (Artikel 49 Absatz 3). 11. Wie sollte aus Sicht der Bundesregierung juristisch, organisatorisch und administrativ umgesetzt werden, dass die Europäische Staatsanwaltschaft dennoch als „unteilbares Ganzes“ angesehen wird? Die Europäische Staatsanwaltschaft als „unteilbares Ganzes“ zu sehen, ist ein Kernanliegen der Kommission, das in Erwägungsgrund Nr. 14 zu dem Verordnungs -Vorschlag der Kommission zum Ausdruck kommt. Die Bundesregierung wird in den weiteren Verhandlungen darauf hinwirken, dass auch bei der jetzt ins Auge gefassten kollegialen Struktur durch geeignete Regelungen über Aufsichts - und Weisungsbefugnisse gewährleistet wird, dass die EU-StA ein „unteilbares Ganzes“ ist. Dazu wird es erforderlich sein, dass in der Zentrale der EU-StA wesentliche Entscheidungen, die im Zuge der Aufsicht über die dezentral geführten Ermittlungsverfahren zu treffen sind, nicht allein in der Hand des Europäischen Staatsanwalts des im konkreten Fall betroffenen Mitgliedstaats liegen. Das Kollegium wird die Aufgabe haben müssen, auf zentraler Ebene Entscheidungen über strategische Fragen, insbesondere mit Blick auf Kohärenz und Konsistenz in der Strafverfolgungspolitik, zu treffen. 12. Wo könnte die Europäische Staatsanwaltschaft aus Sicht der Bundesregierung ihren Hauptsitz einrichten? Die Frage des Sitzes der Europäischen Staatsanwaltschaft ist in den Verhandlungen im Rat bislang nicht thematisiert worden. Drucksache 18/2069 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Welche Vorschläge anderer Mitgliedstaaten oder der Europäischen Kommission sind der Bundesregierung hierzu bekannt? Die Kommission hat (in Erwägungsgrund Nr. 49 zum Verordnungs-Vorschlag) auf die Entscheidung des Europäischen Rates vom 13. Dezember 2003 hingewiesen , wonach der Sitz der Europäischen Staatsanwaltschaft in Luxemburg sein solle. Im Hinblick auf die Absicht, die EU-StA solle „ausgehend von Eurojust “ errichtet werden (Artikel 86 AEUV) und bei Eurojust bestehende Ressourcen nutzen, wird auch Den Haag als Sitz der EU-StA in Erwägung gezogen. b) Welche Regelungen sollte ein „Sitzabkommen“ aus Sicht der Bundesregierung für den „Sitzmitgliedstaat“ treffen? Über das Sitzabkommen wird zu gegebener Zeit zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft und dem Sitzland zu verhandeln sein. Aus Sicht der Bundesregierung sollte dieses sich an vergleichbaren Abkommen in Bezug auf andere Agenturen mit eigener Rechtspersönlichkeit orientieren. c) Wie sollten die Kosten für die Überlassung eines Gebäudes, einer ersten Ausstattung sowie „sämtliche[n] Büro-, IT- und Sicherheitsgerät[s]“ geregelt werden? Die Kommission hat in dem dem Verordnungs-Vorschlag beigefügten Finanzbogen im Rahmen der Kostenschätzung darauf hingewiesen, die dortigen Angaben gingen davon aus, dass diese Kosten von dem Sitzstaat getragen werden. Über diese Frage wird zu gegebener Zeit mit einem prospektiven Sitzstaat zu verhandeln sein. 13. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zu der Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft auch zuständig sein sollte, wenn nur ein Mitgliedstaat betroffen ist, und wie begründet sie dies? Gemäß Artikel 86 AEUV soll eine Europäische Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union eingesetzt werden können. Dabei wird nicht einschränkend vorausgesetzt, dass von einem konkreten Fall mehr als ein Mitgliedstaat betroffen sein muss, um eine Kompetenz der Europäischen Staatsanwaltschaft zu begründen. Das ist aus Sicht der Bundesregierung auch sachgerecht, da – anders als im Fall von Eurojust – die EU-StA nicht die Aufgabe haben soll, lediglich grenzüberschreitende Ermittlungsmaßnahmen zu erleichtern oder zu koordinieren. Zweck der Errichtung der EU-StA soll vielmehr sein, zu gewährleisten, dass Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union in allen Mitgliedstaaten in gleichem Maße verfolgt werden. Soweit hier bislang Defizite bestehen, ist dies unabhängig davon, ob im Einzelfall ein oder mehrere Mitgliedstaaten betroffen sind. 14. Inwiefern sollte die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft aus Sicht der Bundesregierung auf „grenzübergreifende“ oder „komplexe“ Fälle beschränkt bleiben, und was ist hierunter zu verstehen? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. Aus Sicht der Bundesregierung sollte die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft nicht auf „grenzübergreifende“ oder „komplexe“ Fälle beschränkt werden. Vielmehr sollte sie umfassend für Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union zuständig sein. Die Bundes- regierung ist allerdings mit dem Deutschen Bundestag der Auffassung, dass der Vorschlag der Ratspräsidentschaft zu einem Konzept der „konkurrierenden Zu- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2069 ständigkeit“ mit Evokationsrecht der Europäischen Staatsanwaltschaft zu begrüßen ist (vgl. dazu Stellungnahme des Deutschen Bundestages – Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 3 unten). a) Wer ist nach Ansicht der Bundesregierung bei Straftaten gegen die finanziellen Interessen der EU mit „direkten Opfern“ gemeint, zumal es ja um die EU als potentielles Opfer gehen soll? Diese Frage wurde u. a. von der deutschen Delegation in den Verhandlungen in der zuständigen Ratsarbeitsgruppe aufgeworfen, konnte aber noch nicht abschließend geklärt werden. Die Bundesregierung weist allerdings darauf hin, dass es bei den sogenannten „gemischten“ Delikten (Artikel 13 des Verordnungs -Vorschlags) neben der Europäischen Union auch andere finanziell Geschädigte geben kann; so kann etwa im Fall eines Subventionsbetrugs zugleich auch eine nationale Behörde Geschädigte sein, wenn es sich um Haushaltsmittel handelt, die im Wege der Kofinanzierung bereitgestellt wurden. b) Inwiefern könnte dies als geeignetes Kriterium für die Wahl des Ortes der Anklageerhebung dienen? Ob dieses Kriterium für die Wahl des Ortes der Anklagerhebung geeignet ist, hängt zunächst davon ab, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates eine Zuständigkeit der dortigen Gerichte für Taten begründet ist, die im Ausland begangen wurden, sofern diese sich gegen eine juristische Person richten, die ihren Sitz im Inland hat (in Deutschland ist diese Frage streitig: vgl. Fischer, StGB-Kommentar , 61. Aufl. 2014, § 7 StGB Rn. 4). Nur wenn dies der Fall ist, könnte ein solcher Anknüpfungspunkt für sich genommen geeignet sein, als Kriterium für die Wahl des Ortes der Anklageerhebung zu dienen. Andernfalls käme es allenfalls als zusätzliches Kriterium neben der ebenfalls begründeten Zuständigkeit des Gerichts im Hinblick auf den Tatort oder die Staatsangehörigkeit des Täters in Betracht. Die Bundesregierung geht davon aus, dass dieses Kriterium allenfalls nachrangig entscheidend bei der Wahl sein sollte; insbesondere käme der Sitz des Geschädigten in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als möglicher Anklageort dann in Betracht, wenn die Tat außerhalb des Territoriums der Europäischen Union durch Drittstaatsangehörige begangen worden ist. 15. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zu der Frage, wie in Fällen zu verfahren wäre, in denen die zu ermittelnden Vorwürfe sowohl Straftaten gegen die finanziellen Interessen der EU als auch andere Vorwürfe betreffen und wer zu entscheiden hätte, inwiefern die Europäische Staatsanwaltschaft zuständig wäre? Auf die Antwort zu Frage 4a wird verwiesen. Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Deutschen Bundestages (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 3 unten), dass geeignete Regelungen gefunden werden müssen für Fälle der Identität der materiellen Tat im Sinne eines Komplexes untrennbar miteinander verbundener Tatsachen. Hier sollte die Strafverfolgung insgesamt in einer Hand liegen und der Betroffene sich nicht wegen derselben Tat sowohl einem Ermittlungsverfahren der EU-StA wie auch einem Verfahren der einzelstaatlichen Behörden stellen müssen. Die Bundesregierung begrüßt auch, dass die aktuelle Fassung des Ratsdokuments (9834/1/ 14 REV 1) insoweit mit Artikel 18 deutliche Verbesserungen gegenüber der Regelung in Artikel 13 des Verordnungs-Vorschlags der Kommission aufweist, wenn sie auch noch nicht in jeder Hinsicht zu überzeugen vermag. Drucksache 18/2069 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Welche Rechtsmittel sollten für die Beschuldigten bezüglich dieser Entscheidung vorgesehen werden? Die Bundesregierung teilt auch insoweit die Auffassung des Deutschen Bundestages , dass diese Entscheidung Auswirkungen auf den Beschuldigten hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte und hinsichtlich der Straferwartung haben kann und daher justitiabel sein sollte (Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 4 oben). Daher ist auch aus Sicht der Bundesregierung zu begrüßen, dass in dem aktuellen Ratsdokument jedenfalls die noch in Artikel 13 Absatz 4 des Kommissions-Vorschlags vorgesehene Regelung gestrichen wurde, die eine solche gerichtliche Überprüfung ausdrücklich ausgeschlossen hätte. Dies hat zur Folge, dass – nach gegenwärtigem Verhandlungsstand – jedenfalls etwaige Rechtsmittel nach Maßgabe des mitgliedstaatlichen Verfahrensrechts bestehen würden. Ob darüber hinaus eine spezifische Regelung in Bezug auf Rechtsmittel geboten erscheint, wird im weiteren Verlauf der Verhandlungen auch im Zusammenhang mit der Frage, welche Stelle über etwaige diesbezügliche Streitigkeiten zwischen den Behörden entscheiden soll und wie der Rechtsschutz gegen Entscheidungen der EU-StA insgesamt ausgestaltet wird, (vgl. Artikel 36 des Verordnungs-Vorschlags der Kommission) zu klären sein. b) Nach welchen Maßgaben müsste ein Akteneinsichtsrecht für die Betroffenen ausgestaltet werden? Über die Frage des Akteneinsichtsrechts sind bislang noch keine eingehenden Erörterungen in der Ratsarbeitsgruppe geführt worden. Der Verordnungs-Entwurf in der Fassung des aktuellen Ratsdokuments sieht jetzt in Artikel 5 Absatz 3 vor, dass auf die von einem Abgeordneten Europäischen Staatsanwalt geführten Ermittlungsverfahren – ergänzend zur EU-StA-Verordnung – das einzelstaatliche Verfahrensrecht dieses Staates Anwendung findet. Das würde nach Auffassung der Bundesregierung auch gelten für das Recht auf Einsicht in die von dem Abgeordneten Europäischen Staatsanwalt geführte Ermittlungsakte. Das diesbezügliche einzelstaatliche Recht ist insoweit wiederum an die Grundsätze der Richtlinie 2012/13/EU gebunden, die Mindestgewährleistungen in Bezug auf das Recht auf Einsicht in die Verfahrensakte vorsieht. Es wird zu prüfen sein, wie durch geeignete ergänzende Regelungen in der EU-StA-Verordnung sichergestellt werden kann, dass sich das nach einzelstaatlichem Recht geltend zu machende Recht auf Akteneinsicht dann auf die gesamte einschlägige Verfahrensakte der EU-StA bezieht und nicht allein auf Aktenbestandteile, die von dem jeweiligen Abgeordneten Europäischen Staatsanwalt geführt werden. Das sollte dann auch gelten für die etwaige Einsichtnahme in Akten oder Aktenteile in Bezug auf Entscheidungen nach Artikel 13 des Verordnungs-Vorschlags der Kommission bzw. Artikel 18 des aktuellen Ratsdokuments über die Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft eine Zuständigkeit „kraft Sachzusammenhangs “ ausüben sollte. c) Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass es von erheblicher Bedeutung sein kann, ob sich ein Beschuldigter bzw. eine Beschuldigte den Ermittlungen eines nationalen oder eines europäischen Staatsanwalts gegenüber sieht? Die Bundesregierung teilt diese Auffassung. Auf die Antwort zu Frage 15a wird verwiesen. d) Inwiefern sollte aus Sicht der Bundesregierung der Ort, an dem sich die Beweismittel befinden, als Anknüpfungspunkt für den Ort der Anklageerhebung dienen können? Es wird zunächst auf die Antwort zu Frage 14b verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2069 Auch hier gilt, dass Kriterien für die Wahl des Ortes der Anklageerhebung nur solche sein können, die nach dem einschlägigen Recht dieses Mitgliedstaates eine Zuständigkeit der dortigen Gerichte begründen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch in anderen Mitgliedstaaten Gerichte eigene Gerichtsbarkeit nicht ausschließlich wegen der dortigen Belegenheit der Beweismittel ausüben können. Sie hat daher in den Verhandlungen in der Ratsarbeitsgruppe darauf hingewiesen , dieses Kriterium könne allenfalls ergänzend berücksichtigt werden, wenn die EU-StA etwa vor der Wahl steht, ob die Anklage in dem Tatortstaat oder dem Staat der Staatsangehörigkeit des Täters erfolgen soll. 16. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass bei einer Entscheidung einer nationalen Behörde zum Ort des Verfahrens auch maßgeblich sein könnte, das aus fiskalischen Gründen auf den europäischen Staatsanwalt abzuwälzen? a) Wie könnte derart sachfremden Entscheidungen begegnet werden? b) Auf welche Weise könnte dies gerichtlich überprüfbar sein? c) Inwiefern könnte hierfür auch der Europäische Gerichtshof zuständig sein? Die Bundesregierung weist darauf hin, dass weder der Verordnungs-Vorschlag der Kommission noch der Entwurf in der Fassung des aktuellen Ratsdokuments eine „Entscheidung einer nationalen Behörde zum Ort des Verfahrens“ vorsehen . Im Übrigen ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Europäische Staatsanwaltschaft das Recht haben muss zu entscheiden, ob sie ein Ermittlungsverfahren selbst einleitet oder von einer nationalen Behörde übernimmt. 17. Wie sollte aus Sicht der Bundesregierung der Gefahr eines „Forumshoppings “ begegnet werden, um also den Ort des Verfahrens danach auszusuchen , wo das günstigste nationale Recht herrscht, und es dadurch zu einer europaweiten Absenkung des rechtsstaatlichen Standards kommen kann? Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Deutschen Bundestages, dass die Regelungen des Verordnungs-Vorschlags der Kommission zur Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Europäischen Staatsanwaltschaft nicht zu überzeugen vermögen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 4). Es bedarf geeigneter Regelungen in der EU-StA-Verordnung über Kriterien und Entscheidungsverfahren in Bezug auf die Wahl des für die Ermittlungen zuständigen Abgeordneten Europäischen Staatsanwalts in grenzüberschreitenden Fällen. Die EU-StA sollte insoweit nicht über ein freies Ermessen verfügen, da bereits die Wahl des für die Ermittlungen zuständigen Abgeordneten Europäischen Staatsanwalts Auswirkungen auf Ort und Gang des Ermittlungsverfahrens sowie des insoweit ergänzend anwendbaren einzelstaatlichen Rechts (vgl. Artikel 5 Absatz 2 des Entwurfs in der Fassung des aktuellen Ratsdokuments (9834/1/14 REV 1)) haben wird. Da möglichst auch vermieden werden sollte, die Anklage später in einem anderen Mitgliedstaat zu erheben als dem, in dem der Abgeordnete Europäische Staatsanwalt das Ermittlungsverfahren geführt hat, werden durch die Wahl des zuständigen Abgeordneten Europäischen Staatsanwalts in der Regel auch bereits die Weichen für die spätere Wahl des Ortes der Anklageerhebung gestellt. Die Bundesregierung teilt auch insoweit die Auffassung des Deutschen Bundestages (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 5 oben), dass die in Artikel 27 Absatz 4 des Verordnungs-Vorschlags der Kommission genannten Kriterien, die ein weitgehend freies Ermessen gewähren würden, einer Präzisierung und Gewichtung bedürfen. Drucksache 18/2069 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Wie sollte aus Sicht der Bundesregierung dem Umstand begegnet werden , dass die gleiche Maßnahme des europäischen Staatsanwalts bzw. der europäischen Staatsanwältin in einem Mitgliedstaat als rechtmäßig , in einem anderen aber als unrechtmäßig behandelt werden könnte? Der Verordnungs-Vorschlag der Kommission sieht in Bezug auf Ermittlungsmaßnahmen vor, dass sich deren Voraussetzungen nach dem Recht des Mitgliedstaates bemessen, in dem die Maßnahme ergriffen werden soll (Artikel 26 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 11 Absatz 3). Das kann zur Folge haben, dass die EU-StA bestimmte Maßnahmen in einem Mitgliedstaat ergreifen kann, die in einem anderen Mitgliedstaat in dem konkreten Fall nicht zulässig wären. Vollständig vermeidbar wäre dies nur, wenn man – abweichend von dem Konzept des Kommissions-Vorschlags – eine eigenständige Strafverfahrensordnung für die EU-StA schaffen würde, die jedenfalls in Bezug auf Ermittlungsmaßnahmen abschließende Regelungen trifft und insoweit nicht auf das einzelstaatliche Recht verweist. Die Bundesregierung teilt jedoch nach gegenwärtigem Stand die Auffassung des Deutschen Bundestages, dass vielmehr der Weg zu bevorzugen ist, in der EU-StA-Verordnung noch eindeutiger klar zu stellen, dass Ermittlungsmaßnahmen von der EU-StA nur beantragt oder angeordnet werden können, wenn das anwendbare nationale Recht dies vorsieht (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 6). Dann wird es aber auch – vorbehaltlich einer weiteren Harmonisierung des Strafverfahrensrechts der Mitgliedstaaten – hinzunehmen sein, dass in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die Zulässigkeit von Ermittlungsmaßnahmen bestehen. Diese Unterschiede können im Hauptsacheverfahren zu Problemen bei der Verwertbarkeit der in einem anderen Mitgliedstaat nach dortigem Recht erhobenen Beweise führen. Hier werden geeignete Lösungen gefunden werden müssen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Regelung in Artikel 30 des Verordnungs -Vorschlags der Kommission nicht überzeugend. Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Deutschen Bundestages, dass das Gericht der Hauptsache die Möglichkeit haben muss, die Verwertung eines Beweismittels abzulehnen , und zwar ausnahmsweise auch dann, wenn die in einem anderen Mitgliedstaat erfolgte Beweiserhebung nach Maßgabe des dortigen Verfahrensrechts rechtmäßig war. b) Welche Regelungen sollten in der Verordnung hierzu getroffen werden? Auf die einleitende Antwort zu Frage 17 wird verwiesen. c) Welche Kriterien für die Wahl des Ortes der Anklage sollten demnach gelten? Nach Auffassung der Bundesregierung sollte primär der Tatort (und zwar der Handlungsort, nicht der bloße Erfolgsort) maßgeblich sein. Auch die Staatsangehörigkeit des Beschuldigten kann für die Wahl des Ortes der Anklage Berücksichtigung finden. Beides sind Kriterien, die jedenfalls nach Maßgabe der noch in Verhandlungen befindlichen sogenannten PIF-Verordnung (Ratsdokument 10232/13 – dort Artikel 11) die Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten begründen sollen. d) Welche Anforderungen sollte die Verordnung an den Grad eines Tatverdachts stellen, der Ermittlungen zugrunde liegen müsste? Artikel 16 Absatz 1 des Verordnungs-Vorschlags der Kommission sieht vor, dass ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass eine in die Zuständigkeit der EU-StA fallende Straftat begangen wird oder Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/2069 wurde. Aus Sicht der Bundesregierung ist dieses Kriterium grundsätzlich geeignet und dürfte dem der „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte“ (§ 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO)) entsprechen. Allerdings würde dieses Kriterium nur für die Einleitung des Verfahrens gelten. Da für die Zulässigkeit bestimmter Ermittlungsmaßnahmen das Verfahrensrecht des Mitgliedstaats Anwendung finden soll, in dem die Maßnahme vorgenommen werden soll (Artikel 26 Absatz 2 Satz 2, Artikel 11 Absatz 3 des Verordnungs-Vorschlags der Kommission), würden insoweit gegebenenfalls strengere Voraussetzungen gelten können. Zum Beispiel setzt die Telekommunikationsüberwachung nach § 100a StPO über zureichende tatsächliche Anhaltspunkte hinaus voraus, dass bestimmte Tatsachen vorliegen müssen, die den Verdacht einer Katalogtat begründen . Als weitere Voraussetzung muss die Tat auch im Einzelfall schwer wiegen und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthalts des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein. Die Maßnahme darf sich auch nicht darauf richten, allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zu erlangen. Ferner darf die Maßnahme sich nur gegen den Beschuldigten oder dessen Nachrichtenmittler richten. e) Wie ist es nach Ansicht der Bundesregierung zu definieren, wann „kein vernünftiger Grund“ vorliegt, um eine Ermittlungsmaßnahme anzuordnen ? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass dieses in Artikel 26 Absatz 3 des Verordnungs-Vorschlags der Kommission genannte Kriterium Unklarheiten aufweist und gegebenenfalls der näheren Präzisierung bedarf. 18. Wie sollte die Arbeit von Eurojust aus Sicht der Bundesregierung weiter gestaltet werden? Die Arbeit von Eurojust ist aus Sicht der Bundesregierung so zu gestalten, dass sie eine wechselseitige Unterstützung und Kooperation zwischen Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft ermöglicht und fördert. Artikel 41 des von der Kommission im Sommer 2013 vorgelegten Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) verfolgt u. a. das Ziel, diese Kooperation rechtlich auszugestalten. Die Beratungen zu dem Verordnungs-Vorschlag dauern gegenwärtig an. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 4b verwiesen. 19. Inwiefern ist es aus Sicht der Bundesregierung notwendig, zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft und Eurojust ein Arbeitsabkommen zu schließen? Der Rechtsrahmen für eine Kooperation zwischen Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft soll mit der EU-StA-Verordnung und der neuen Eurojust -Verordnung geschaffen werden. Die Beratungen dazu dauern an; auf die Antwort zu Frage 18 wird verwiesen. Ob darüber hinaus noch ein Arbeitsübereinkommen erforderlich sein wird, ist nach Abschluss der Arbeiten an den Verordnungen zu Eurojust bzw. zur EU-StA zu prüfen. Gegenwärtig können dazu keine Aussagen getroffen werden. a) Welche Regelungen müssten dort zwingend getroffen werden? Auf die vorstehende Antwort wird verwiesen. Drucksache 18/2069 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zu dem Vorschlag, Eurojust könne für die Europäische Staatsanwaltschaft in Verwaltungsangelegenheiten , Personal-, Finanz- und IT-Fragen praktische Unterstützung leisten? Die Bundesregierung steht dem Ansatz der Kommission, mögliche Synergieeffekte zu nutzen, indem die Europäische Staatsanwaltschaft auf Verwaltungsstrukturen von Eurojust zurückgreift, grundsätzlich offen gegenüber, weil dadurch Kosten eingespart werden könnten. Ob und wie weit sich Synergieeffekte nutzen lassen, muss aber im Zuge der laufenden Verhandlungen zur EurojustVerordnung noch geklärt werden. Auch steht diese Frage im Zusammenhang mit der nach dem künftigen Sitz der EU-StA. Ein umfassender Rückgriff der EUStA auf diesbezügliche Ressourcen von Eurojust erscheint nur praktikabel, wenn beide Einrichtungen ihren Sitz am gleichen Ort hätten. c) Inwiefern bzw. auf welcher rechtlichen Grundlage sollte dies „auf Nullkostenbasis“ geschehen? Auch die Kostenfrage muss im Zuge der laufenden Verhandlungen zur EurojustVerordnung und zur EU-StA-Verordnung noch geklärt werden. Die Kommission ist bei Vorlage ihres Vorschlags für eine Eurojust-Verordnung von einer Kostenneutralität ausgegangen. d) Inwiefern könnte die Europäische Staatsanwaltschaft aus Sicht der Bundesregierung auch die IT-Infrastruktur von Eurojust nutzen? Eine Nutzung der IT-Infrastruktur von Eurojust durch die Europäische Staatsanwaltschaft erscheint nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Auf die Antwort zu Frage 19b wird verwiesen. Aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben der Europäischen Staatsanwaltschaft und von Eurojust und voraussichtlich auch aufgrund von unterschiedlichen Teilnehmerkreisen muss allerdings technisch sichergestellt sein, dass die Nutzung von gemeinsamen IT-Infrastrukturen nicht zu einer Vermengung von Datenbeständen und von jeweiligen Zugriffsmöglichkeiten führt. e) Welche Regelungen müsste die Verordnung für die Nutzung des Fallbearbeitungssystems von Eurojust treffen? Diese Frage wird gemeinsam mit den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in den weiteren Beratungen zu beiden Verordnungen zu prüfen sein. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen der Nutzung der bei Eurojust insoweit bestehenden Infrastruktur für die Zwecke eines eigenen Fallbearbeitungssystems , das die EU-StA gemäß Artikel 22 ff. des Vorschlags der Kommission für eine EU-StA-Verordnung einrichten soll, und dem Zugriff durch die EU-StA auf Datenbestände, die Eurojust in dem dortigen Fallbearbeitungssystem vorhält (vgl. Artikel 57 Absatz 3 des EU-StA-Verordnungs-Vorschlags). f) Wer ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Hersteller des Systems, wie ist es aufgebaut, und wer ist mit der Wartung betraut? Der Bundesregierung liegen dazu keine eigenen Erkenntnisse vor. g) Inwiefern könnte die Europäische Staatsanwaltschaft aus Sicht der Bundesregierung auch auf Arbeitsdateien und ein Indexsystem bei Eurojust zugreifen? Auf die Antwort zu Frage 19e wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/2069 Der von der Kommission in Artikel 57 Absatz 3 des Verordnungs-Vorschlags vorgesehene nichtdirekte Zugriff erscheint aus Sicht der Bundesregierung ein möglicher Lösungsweg. h) Nach welchen Bestimmungen sollte die Sammlung und Auswertung von Daten erfolgen, die nicht durch Zwangsmaßnahmen in einem der Mitgliedstaaten, etwa durch die Zusammenarbeit mit Europol oder OLAF, erlangt wurden? Der Informationsaustausch mit Europol und OLAF ist allgemein in Artikel 58 des Verordnungs-Vorschlags geregelt; die Informationsauswertung soll gemäß Artikel 15 des Verordnungs-Vorschlags erfolgen. Diese Entwurfs-Regelungen bedürfen noch der eingehenderen Erörterung mit der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten in den Ratsgremien. 20. Unter welchen Voraussetzungen sollte der europäische Staatsanwalt bzw. die europäische Staatsanwältin ein Ermittlungsverfahren selbst und nicht durch „Abgeordnete Europäische Staatsanwälte“ führen? a) Wer sollte die Ermittlungstätigkeit dann überwachen? b) Wie ist es aus Sicht der Bundesregierung zu verstehen, wenn Ermittlungsmaßnahmen „in Verbindung mit den Behörden des Mitgliedstaates “ durchführen seien? c) Wie sollte eine dann „zuständige nationale Behörde“, für die der europäische Staatsanwalt nicht weisungsbefugt ist, Zwangsmaßnahmen in einem nicht von ihr betriebenen Verfahren durchführen? Der Verordnungs-Vorschlag der Kommission hatte vorgesehen, dass der Behördenleiter oder die Behördenleiterin („Europäischer Staatsanwalt“ in der Terminologie des Verordnungs-Vorschlags) auch selbst die Leitung eines Ermittlungsverfahrens übernehmen kann (Artikel 18 Absatz 5 des Verordnungs-Vorschlags ). Nach dem gegenwärtigen Stand der Beratungen in den Ratsgremien ist eine solche Kompetenz des Behördenleiters nicht mehr vorgesehen. Aus Sicht der Bundesregierung würde die Übernahme der Leitung eines Ermittlungsverfahrens durch den Behördenleiter selbst eine Reihe von schwierigen rechtlichen und praktischen Fragen aufwerfen. Sie hält es daher für richtig, dem Behördenleiter eine solche Kompetenz nicht zu geben. 21. Inwiefern erfordert die unmittelbare Tätigkeit eines europäischen Staatsanwalts bzw. einer europäischen Staatsanwältin, soweit sie nicht nach dem Recht eines Mitgliedstaates vorgenommen wird, nach Ansicht der Bundesregierung auch eine europäische Rechtskontrolle? a) Sofern die Bundesregierung die Auffassung vertritt, dies könne von nationalen Gerichten übernommen werden, wie begründet sie diese Haltung? b) Wie sollte die Aufsicht über die Erfüllung von Auskunftsersuchen ausgestaltet werden? Auf die Antwort zu Frage 20 wird verwiesen. Drucksache 18/2069 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 22. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zu der Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft ermächtigt werden sollte, Verdächtigen oder Beschuldigten vor einer Anklageerhebung einen Vergleich vorzuschlagen? Die Bundesregierung hält es für richtig, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch vor Anklageerhebung eine Einstellung gegen Geldauflage (sogenannter Vergleich gemäß Artikel 29 des Verordnungs-Vorschlags) möglich ist. Die Voraussetzungen hierfür sollten aber in der Verordnung näher präzisiert werden. Auch sollte der „Vergleich“ nur mit Zustimmung des Gerichts möglich sein, bei dem andernfalls Anklage zu erheben wäre. a) Inwiefern sollte die Europäische Staatsanwaltschaft ermächtigt sein, auch eine „Geldstrafe“ verhängen zu können? Nach Auffassung der Bundesregierung sollte die EU-StA nicht ermächtigt werden , eine „Geldstrafe“ zu verhängen, sondern lediglich eine Geldauflage ähnlich wie in Deutschland nach Maßgabe von § 153a Absatz 1 StPO festlegen dürfen. b) Welche Rechtsmittel müssten dann eingelegt werden können, und welche Gerichte wären dann zuständig? Auf die Antworten zu den Fragen 22 und 22a wird verwiesen. Unter der Voraussetzung, dass die Einstellung (gegen Geldauflage) durch die EU-StA nur mit Zustimmung des Verdächtigen sowie mit Zustimmung des Gerichts erfolgen kann, bedarf es keines Rechtsbehelfs für den Verdächtigen. Eine andere Frage wird – auch in Bezug auf die Einstellungsentscheidungen nach Artikel 28 des Verordnungs-Vorschlags – sein, ob der oder den Geschädigten ein Klageerzwingungsverfahren – etwa zum Europäischen Gerichtshof – eröffnet werden sollte. c) Wie sollte ausgeschlossen werden, dass finanziell gutgestellte Beschuldigte von dieser Regelung besonders profitieren? Es sollte gewährleistet werden, dass bei der Festsetzung der Höhe der Geldauflage auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen berücksichtigt werden . 23. Inwiefern steht aus Sicht der Bundesregierung auch die Verabschiedung einer Richtlinie zur Zusammenarbeit von Ermittlungsbehörden der EUMitgliedstaaten (Europäische Ermittlungsanordnung) im Zusammenhang mit der Europäischen Staatsanwaltschaft, bzw. inwiefern könnte diese von der neuen Richtline profitieren? Die Verabschiedung der Richtlinie 2014/41/EU über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen erfolgte unabhängig von dem Projekt zur Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft. Inwieweit die EU-StA gleichwohl hiervon wird profitieren können, bedarf noch der vertieften Beratung in den Ratsgremien. Der Verordnungs-Vorschlag der Kommission hat nur rudimentäre und aus Sicht der Bundesregierung unzureichende Regelungen zu grenzüberschreitenden Ermittlungsmaßnahmen getroffen. Soweit es um grenzüberschreitende Ermittlungen in anderen Mitgliedstaaten, die ebenfalls an der Errichtung der EU-StA beteiligt sind, geht, handelt es sich grundsätzlich um eine behördeninterne Zusammenarbeit, für die die EU-StA-Verordnung allerdings geeignete Regelungen treffen muss. Die Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung wird für die EU-StA möglicherweise nutzbar gemacht werden kön- nen in Fällen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Mitgliedstaaten, die sich nicht an der Errichtung der EU-StA beteiligen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/2069 24. Welche Strafverfolgungsbefugnisse sollte eine Europäische Staatsanwaltschaft aus Sicht der Bundesregierung erhalten? Die Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte sollten in ihrem eigenen Mitgliedstaat grundsätzlich die gleichen Ermittlungsbefugnisse haben, die nach einzelstaatlichem Recht auch sonst den Staatsanwaltschaften zur Verfügung stehen. 25. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft „einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden“ Weisungen erteilen dürfte? Der Verordnungs-Vorschlag der Kommission sieht vor, dass die Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte den zuständigen Strafverfolgungsbehörden ihres Mitgliedstaats Weisungen erteilen können (Artikel 18 Absatz 1 des Verordnungs -Vorschlags). Die von der Kommission hier vorgesehene Regelung bedarf noch der vertieften Beratung mit den anderen Mitgliedstaaten in den Ratsgremien . Grundsätzlich wäre aus Sicht der Bundesregierung eine solche Regelung angemessen, die der Regelung im deutschen Recht entspricht, wonach die Polizeibehörden verpflichtet sind, einem Ersuchen der Staatsanwaltschaft zu genügen (§ 161 Absatz 1 Satz 2 StPO). a) Wie will die Bundesregierung dies juristisch, organisatorisch und administrativ umsetzen? Auf die Antwort zu Frage 10a wird verwiesen. Durch eine entsprechende Regelung im GVG könnte bestimmt werden, dass die deutschen Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte die gleichen Befugnisse haben wie die Staatsanwälte in einem deutschen Ermittlungsverfahren. b) Auf welche Weise würden die „Weisungen“ dann hinsichtlich richterlicher Anordnungen oder anderer erforderlicher Genehmigungen geprüft ? Da auf die Ermittlungsmaßnahmen das einzelstaatliche Recht des Mitgliedstaates Anwendung finden soll, in dem die Maßnahme ergriffen werden soll, richtet sich auch die gegebenenfalls erforderliche richterliche Anordnung oder sonstige Genehmigung nach dem Recht dieses Mitgliedstaates. c) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft die Durchsuchung und Versiegelung von Gebäuden , Grundstücken, Fahrzeugen, Computersystemen oder Privatwohnungen anordnen dürfte? Über die in Artikel 26 des Verordnungs-Vorschlags der Kommission aufgeführten Ermittlungsmaßnahmen sind bislang noch keine vertieften Erörterungen in der Ratsarbeitsgruppe geführt worden. Die Bundesregierung teilt nach gegenwärtigem Stand die Auffassung des Deutschen Bundestages, dass in der EU-StAVerordnung noch eindeutiger klar zu stellen ist, dass Ermittlungsmaßnahmen von der EU-StA nur beantragt oder angeordnet werden können, wenn das anwendbare nationale Recht dies vorsieht (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 6). In diesem Fall wäre die Europäische Staatsanwaltschaft in gleicher Weise wie eine innerstaatliche Staatsanwaltschaft an die Regelungen der Strafprozessordnung gebunden. Die Bundesregierung wird auch in den weiteren Verhandlungen darauf hinwirken, Regelungen zu verhindern, die zu einem Absenken der hohen Standards der Strafprozessordnung führen könnten oder die Deutschland zum Einführen zusätzlicher Ermittlungsmaßnahmen verpflichten würden. Drucksache 18/2069 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode d) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft auch Telekommunikationsverkehre und Finanztransaktionen in Echtzeit überwachen sowie „Verkehrsdaten“ oder „Bankkontodaten“ verarbeiten dürfte? Es wird auf die Antwort zu Frage 25c verwiesen. e) Inwiefern ist nach Kenntnis der Bundesregierung mit der vorgesehenen Möglichkeit der technischen Ermittlung des Aufenthaltsorts auch der Einsatz sogenannter stiller SMS gemeint, und welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft diese anordnen können sollte? Es wird auf die Antwort zu Frage 25c verwiesen. f) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft auch die Observation mittels verdeckter „Video- und Audioüberwachung“ oder die Entsendung verdeckter Ermittlerinnen und Ermittler anordnen dürfte? Es wird auf die Antwort zu Frage 25c verwiesen. 26. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen erhobene Daten auch außerhalb der EU weitergeben dürfte, und welche Beschränkungen müssten hierfür gelten? a) Welche „Behörden eines Drittlandes“ oder „internationale Organisationen “ könnten aus Sicht der Bundesregierung hierunter gefasst werden ? b) Inwiefern müssten mit den Einrichtungen zuvor eigene Arbeitsvereinbarungen abgeschlossen werden, und welche Regelungen müssten diese treffen? Nach Auffassung der Bundesregierung sind die diesbezüglichen Regelungen in Artikel 61 des Verordnungs-Vorschlags der Kommission unzureichend. Sie bedürfen noch der eingehenden Prüfung und Erörterung in den Ratsgremien. Dabei werden auch die weiteren Verhandlungen in Bezug auf die Vorschläge einer Datenschutz-Grundverordnung und einer Richtlinie für die Datenverarbeitung bei Polizei und Justiz zu beachten sein. 27. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass der Verordnungsentwurf in Artikel 26 einen umfassenden Katalog von Ermittlungsmaßnahmen vorsieht, ohne gleichzeitig – wie in Erwägungsgrund 34 angekündigt – einen Katalog von Beschuldigtenrechten festzulegen? Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Deutschen Bundestages (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 7 unten), dass in den von der EU-StA geführten Ermittlungsverfahren ein hoher Mindeststandard an Beschuldigtenrechten gewährleistet sein muss und dass es nicht ausreichend wäre, in Bezug auf die in den Artikeln 33 bis 35 genannten Beschuldigtenrechte allein auf das jeweilige einzelstaatliche Recht zu verweisen. Daher sollte parallel zu den Verhandlungen über die EU-StA-Verordnung zunächst auch eine weitere Harmonisierung in Form von Mindeststandards auf der Grundlage von Artikel 82 Absatz 2 AEUV erfolgen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/2069 a) Wie sollte aus Sicht der Bundesregierung praktisch sichergestellt werden , dass Betroffene sofort unterrichtet werden, wenn gegen sie durch die Europäische Staatsanwaltschaft strafrechtlich ermittelt wird? Der Verordnungs-Vorschlag der Kommission enthält hierzu keine Regelung. Nach Artikel 11 Absatz 3 Satz 2 des Verordnungs-Vorschlags findet in einem solchen Fall nationales Recht Anwendung. Die Strafprozessordnung sieht nicht vor, dass ein Beschuldigter „sofort“ unterrichtet wird, wenn gegen ihn ermittelt wird. Vielmehr ist der Beschuldigte bei der ersten Vernehmung über seinen Beschuldigtenstatus zu belehren, vgl. § 136 StPO. Diese Regelung befindet sich im Einklang mit der Richtlinie 2012/13/EU, in der u. a. geregelt ist, dass spätestens vor der ersten offiziellen Vernehmung durch die Polizei oder eine andere zuständige Behörde die Belehrung des Beschuldigten zu erfolgen hat. b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Forderung der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins , für die Verteidigung in Verfahren der Europäischen Staatsanwaltschaft einen eigenen Rechtsrahmen zu schaffen? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass auch hinsichtlich der Verteidigungsrechte ein hoher Mindeststandard gewährleistet sein muss, und verweist auf die Antwort zu Frage 27. c) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Forderung der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins , Verteidigerinnen und Verteidiger aus allen EU-Mitgliedstaaten bei Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft vor Gericht zuzulassen ? Die Bundesregierung verweist auf die durch das Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) vom 9. März 2000 (BGBl. I S. 182, 1349) und die in den Umsetzungsgesetzen entsprechender Richtlinien zur Erleichterung der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in anderen EU-Mitgliedstaaten vorgesehenen Möglichkeiten. d) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Forderung der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins , in jedem Mitgliedstaat solle hierfür ein permanenter Anwaltsnotdienst eingerichtet werden, und wie könnte dieser finanziert werden? Die Bundesregierung hält die Forderung für zu weitgehend, für Ermittlungen in Bezug auf Straftaten zum Nachteil des EU-Haushalts einen permanenten Anwaltsnotdienst einzurichten. e) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Forderung der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins , für die Prozesskostenhilfe ein europäisches Budget zu schaffen, um allen Beschuldigten eines Verfahrens, das von der Europäischen Staatsanwaltschaft geführt wird, gleichermaßen Unterstützung zu gewähren ? Der Verordnungs-Vorschlag lässt die Kostenfrage bislang offen. Diese Frage bedarf noch der Beratung auf EU-Ebene. f) Hat die Bundesregierung, um die Folgen von Artikel 26 der Verordnung absehen zu können, eine Evaluation über die rechtlichen Voraussetzungen der in Artikel 26 Absatz 1a bis 1u aufgeführten, nach Auffassung der Fragesteller teilweise sehr weitreichenden Ermittlungs- Drucksache 18/2069 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode befugnisse nach den nationalen Verfahrensordnungen der anderen 27 Mitgliedstaaten der EU vorgenommen? Wenn ja, was war das Ergebnis der Prüfung? Wenn nein, warum nicht, und anhand welcher Informationen wurde ansonsten eine Folgenabschätzung für den deutschen Strafprozess und die in der Verordnung angestrebte Anerkennung von in anderen EUMitgliedstaaten gewonnenen Beweisen vorgenommen? Die Bundesregierung ist nicht Verfasser des Verordnungs-Vorschlags und hatte keinen Anlass, eine solche Folgenabschätzung vorzunehmen. Die Frage der Verwertbarkeit grenzüberschreitend gewonnener Beweise stellt sich auch nicht erstmals im Zuge der Verhandlungen über den Vorschlag einer Verordnung zur Errichtung der EU-StA, sondern auch bislang schon regelmäßig bei im Wege der Rechtshilfe in Strafsachen beigebrachten Beweismitteln. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 17a verwiesen. 28. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, wie eine parlamentarische Kontrolle der Europäischen Staatsanwaltschaft ausgestaltet werden sollte? Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Deutschen Bundestages (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1658, S. 2 oben) zu den Rechenschaftspflichten gemäß Artikel 70 des Verordnungs-Vorschlags. a) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zum Vorschlag der Europäischen Kommission, wonach diese ausschließlich beim Europäischen Parlament liegen sollte? Der Verordnungs-Vorschlag der Kommission sieht vor, dass der Europäische Staatsanwalt (Behördenleiter oder -leiterin) und die Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte auch von den nationalen Parlamenten aufgefordert werden können , an einer Aussprache teilzunehmen. Dies hält die Bundesregierung auch für richtig. Im Zuge der künftigen Verhandlungen über den Verordnungs-Vorschlag wird darüberhinausgehend auch ein Verfahren zur gemeinsam ausgeübten Kontrolle durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente zu erwägen sein. b) Wie wäre dies aus Sicht der Bundesregierung mit dem Diktum des Bundesverfassungsgerichts zum Europäischen Parlament im Hinblick auf seine Repräsentanzmängel zu vereinbaren? Die Bundesregierung hält dies auch im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für richtig. Das Bundesverfassungsgericht sieht das Europäische Parlament als supranationales Vertretungsorgan der Völker der Mitgliedstaaten (BVerfG v. 30. Juni 2009, 2 BvE 2/08 u. a. – Lissabon). Auch in seiner letzten Entscheidung zur Drei-Prozent-Sperrklausel vom 26. Februar 2014 (2 BvE 2/13 u. a.) betont das Bundesverfassungsgericht die Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments als Volksvertretung. Das spricht für eine ausgewogene parlamentarische Kontrolle einer Europäischen Staatsanwaltschaft. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/2069 29. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft später weitere Kompetenzen erhalten könnte, und welche wären hierunter zu verstehen? a) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob eine „Ausdehnung der Befugnisse“ auf eine „Bekämpfung der schweren Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension“ rechtlich möglich ist? b) Inwiefern und unter welchen Umständen würde die Bundesregierung dies befürworten? c) Wie hat sich die Bunderegierung in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen zu dieser Frage positioniert, und wie haben andere Mitgliedstaaten dies kommentiert? Diese Fragen stellen sich zurzeit nicht und die Bundesregierung geht auch nicht davon aus, dass Anlass besteht, die Frage einer etwaigen künftigen Erweiterung der materiellen Kompetenzen der EU-StA zu erörtern, bevor sie, dem Verordnungs -Vorschlag der Kommission folgend, zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union errichtet worden ist und insoweit Erfahrungen mit einer Europäischen Staatsanwalt gemacht und ausgewertet werden konnten. d) Wie wird die Bundesregierung bei den Verhandlungen im Rat am 26./ 27. Juni 2014 darauf hinwirken, dass im zu beratende Mehrjahresprogramm der Justiz- und Innenpolitik, dass das „Stockholmer Programm “ ablösen soll, die Gefahr der Kompetenzausweitung der Europäischen Staatsanwaltschaft ausgeschlossen wird und entsprechende, eine spätere Kompetenzergänzung nahelegende Formulierungen aus der Mitteillung der Kommission zur EU-Justizagenda für 2020 (KOM(2014)144 endg.; Ratsdok.-Nr: 7838/14; dort unter 4.1.v, 4.3., Seite 9/10 des deutschen Dokuments) nicht in das neue Programm übernommen werden? Der Europäische Rat hat bei seinem Treffen am 26./27. Juni 2014 die zukünftigen rechtspolitischen Leitlinien gemäß Artikel 68 AEUV festgelegt. Wie zu erwarten , wurden dabei bestimmte Aspekte einzelner Gesetzgebungsvorhaben nicht thematisiert. Die Leitlinien verweisen darauf, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind, um u. a. durch das Voranbringen der Verhandlungen über die EU-StA betrügerisches Verhalten und Verhalten zum Nachteil des EU-Haushalts zu bekämpfen. 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