Deutscher Bundestag Drucksache 18/2070 18. Wahlperiode 07.07.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1775 – Zunahme von Ausschreibungen zur verdeckten Kontrolle oder Registrierung im Schengener Informationssystem SIS II Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die heimliche Verfolgung von Personen und Sachen steigt nach einem Bericht der Europäischen Kommission rapide an. Der jüngste „Halbjahresbericht zum Funktionieren des Schengen-Raums“ (COM(2014) 292 final) der Europäischen Kommission meldet eine 30-prozentige Zunahme bei der Zahl der betreffenden Ausschreibungen im Schengener Informationssystem (SIS). Gründe für die Zunahme werden in dem Papier nur angedeutet: Demnach habe sich die Europäische Kommission „effektiv“ daran beteiligt, Lösungen für eine „intensivere Nutzung“ einer Verfolgung unter Zuhilfenahme digitaler Informationssysteme zu finden. Von Interesse sind Daten über Personen oder Fahrzeuge, darunter auch Wasserfahrzeuge, Luftfahrzeuge und Container. Immer, wenn die heimlich Verfolgten innerhalb des Schengen-Raums angetroffen werden, erfolgt eine Meldung an diese ausschreibende Polizeidienststelle. Bei „Grenzkontrollen und sonstigen polizeilichen und zollrechtlichen Überprüfungen“ werden der ausschreibenden Stelle dann eine Reihe von Daten übermittelt. Hierzu gehören Ort, Zeit und Anlass der Überprüfung, Reiseweg und Reiseziel, Begleitpersonen oder Insassen sowie mitgeführte Sachen. Die Fahrzeuge können auch unter einem Vorwand durchsucht werden. Die Maßnahme darf sowohl zur Strafverfolgung als auch zur Gefahrenabwehr vorgenommen werden: Etwa wenn „konkrete Anhaltspunkte“ vorliegen, dass schwere Straftaten geplant oder begangen werden. Als Erwägungsgrund gilt aber auch, wenn eine „Gesamtbeurteilung des Betroffenen“ erwarten lasse, dass auch künftig außergewöhnlich schwere Straftaten begangen würden. Schließlich eröffnet der ebenfalls vorgesehene Einsatz im Falle einer „erheblichen Gefährdung oder anderer erheblicher Gefahren für die innere oder äußere Sicherheit des Staates“ weitere Anlässe für eine „verdeckte Kontrolle“ mithilfe des SIS. In der Neufassung des „Schengener Informationssystems“ der zweiten Generation (SIS II) wurde der frühere im Schengener Durchführungsübereinkommen Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 3. Juli 2014 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. (SDÜ) festgelegte Artikel 99 nun als Artikel 36 gefasst. Neu hinzugekommen ist ein Paragraf, der nach Beendigung der Maßnahme eine nachträgliche Benachrichtigung vorsieht. Sofern Ausschreibungen von deutschen Polizeibehörden in das SIS eingegeben worden sind, erfolgt die Benachrichtigung im Einvernehmen mit dem Bundeskriminalamt (BKA). Eine etwaige Löschung müs- Drucksache 18/2070 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode sen die ausschreibenden Landes- oder Zollbehörden gegenüber dem BKA bestätigen . Sofern eine Unterrichtung dann trotzdem unterbleiben soll, braucht es eine gerichtliche Zustimmung. Fünf Jahre nach Beendigung der Ausschreibung kann das Gericht dem „endgültigen Absehen von der Benachrichtigung“ zustimmen . Komplizierter ist die nachträgliche Unterrichtung, wenn ein anderer Mitgliedstaat die Daten in das EU-Fahndungssystem eingegeben hat. Sind etwa deutsche Staatsangehörige betroffen, darf das BKA eine Auskunft nur erteilen , wenn dem ausschreibenden Mitgliedstaat vorher Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Auch hier kann die Auskunftserteilung unterbleiben, wenn dies aus polizeilicher Sicht „unerlässlich ist“. Bei der Umsetzung des neuen SIS II kommt es anscheinend zu weiteren Problemen bei Ausschreibungen . Im Bericht der Europäischen Kommission heißt es hierzu, mehrere Mitgliedstaaten würden diese nicht fristgerecht löschen. Nicht mehr relevante Ausschreibungen könnten den betroffenen Personen aber „Unannehmlichkeiten bereiten und Schäden zufügen“. Als Hauptgründe für das verspätete Löschen führt die Europäische Kommission das Fehlen von Verfahren und Kontrollen durch die zuständigen nationalen Behörden an, auch fehle es teilweise an klaren Rechtsvorschriften. So sei häufig kein Zeitpunkt, wann eine Ausschreibung gelöscht werden muss, festgelegt. Andere Ausschreibungen seien sogar ungültig, etwa wenn eine Aufforderung zur Festnahme nicht mit einem Europäischen Haftbefehl verknüpft würde. In welchen Ländern die Verfehlungen vorkommen, teilt die Europäische Kommission nicht mit. Man wolle aber an die „betroffenen Mitgliedstaaten“ herantreten, „um die Situation zu klären“. Gegebenenfalls würden aber auch Untersuchungen eingeleitet. 1. Inwiefern kann die Bundesregierung den Bericht der Europäischen Kommission bestätigen, wonach die heimliche Verfolgung von Personen und Sachen mittels Ausschreibungen im Schengener Informationssystem (SIS) deutlich zunimmt? Die Bundesregierung bestätigt die Zunahme der Ausschreibungen von Personen und Sachen nach Artikel 36 SIS-II-Ratsbeschluss zum Zweck der verdeckten oder gezielten Kontrolle. Nachfolgend werden die Gesamtausschreibungszahlen aller Teilnehmerstaaten am Schengener Informationssystem zum jeweiligen Stichtag mitgeteilt: 2. Welche Angaben oder Mutmaßungen kann die Bundesregierung zum Grund für den deutlichen Anstieg machen, bzw. was ist ihr darüber aus Ratsarbeitsgruppen zu anderen Mitgliedstaaten bekannt? Eine Ursache für die Zunahme der Ausschreibungen in dieser Fahndungskategorie dürfte der Beitritt weiterer Mitgliedstaaten der Europäischen Union zum SIS sein. Darüber hinaus wurden im Jahr 2012 Initiativen der Europäischen Kommission im Hinblick auf eine verbesserte Nutzung dieser Fahndungskategorie gestartet (Thematisierung in verschiedenen Ratsarbeitsgruppen auf EUEbene ), u. a. auch vor dem Hintergrund der Problematik der Ausreise von Extremisten nach Syrien, um sich an dortigen Kampfhandlungen zu beteiligen. Zudem wurden die rechtlichen Voraussetzungen zur Nutzung dieser Fahndungs- 01.01.2010 49 700 01.01.2011 55 066 01.01.2012 58 403 01.01.2013 63 268 01.01.2014 75 863 01.06.2014 80 136 kategorie geändert. Während die Bestimmungen des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) in Artikel 99 Absatz 2 von „schweren Straftaten“ Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2070 ausgingen, genügt gemäß Artikel 36 Absatz 2 SIS-II-Ratsbeschluss das Vorliegen einer (einzigen) schweren Straftat. 3. Wie viele Daten haben Behörden der Bundesregierung bzw. (soweit der Bundesregierung bekannt) der Landesregierungen von 2009 bis 2014 in das SIS eingespeist (bitte für jedes Jahr entsprechende Zahlen angeben)? 4. Welche Zahlen für Ausschreibungen zur „verdeckten Kontrolle“ bzw. „verdeckten Registrierung“ im SIS haben Behörden der Bundesregierung bzw. (soweit der Bundesregierung bekannt) der Landesregierungen von 2009 bis 2014 vorgenommen (bitte für jedes Jahr und jede Behörde entsprechende Zahlen angeben)? a) Wie verteilen sich diese Daten auf Personen und Fahrzeuge, Wasserfahrzeuge , Luftfahrzeuge und Container? b) In wie vielen Fällen dienten die Maßnahmen der Strafverfolgung und inwiefern einer Gefahrenabwehr? c) Inwiefern liegen Zahlen vor, wonach ersichtlich ist, ob Ausschreibungen auch zunehmen, da vermehrt Personen ausgeschrieben werden, denen unterstellt wird, es lägen „konkrete Anhaltspunkte“ vor, dass schwere Straftaten geplant oder begangen würden, oder die „Gesamtbeurteilung des Betroffenen“ lasse erwarten, dass auch künftig außergewöhnlich schwere Straftaten begangen würden (sofern der Bundesregierung hierzu keine Zahlen vorliegen, inwiefern kann sie näherungsweise mitteilen , ob derartige Ausschreibungsgründe zu- oder abnehmen)? Eine Aufschlüsselung nach Behörden ist nicht möglich, da diese Daten retrograd nicht verfügbar sind. Es werden daher im Folgenden die Gesamtausschreibungen der deutschen Behörden im Schengener Informationssystem dargestellt – Ausschreibungen von Personen nach Artikel 36 SIS-II-Ratsbeschluss (zur verdeckten und gezielten Kontrolle): Eine Darstellung der Ausschreibungszahlen von Sachfahndungen gemäß Arti- 01.01.2009 4 320 977 (davon 142 971 von den Bundesbehörden BKA, Bundespolizei, Zoll und Nachrichtendienste) 01.01.2010 4 850 703 (davon 130 385 von Bundesbehörden) 01.01.2011 5 489 812 (davon 121 740 von Bundesbehörden) 01.01.2012 6 151 820 (davon 113 316 von Bundesbehörden) 01.01.2013 6 796 597 (davon 106 324 von Bundesbehörden) 01.01.2014 7 520 915 (davon 109 746 von Bundesbehörden) 01.06.2014 7 867 571 (davon 102 472 von Bundesbehörden) Bund Gesamt 01.01.2009 109 781 01.01.2010 282 765 01.01.2011 315 1 000 01.01.2012 409 1 035 01.01.2013 327 1 379 01.01.2014 548 1 790 01.06.2014 566 2 136 kel 36 SIS-II-Ratsbeschluss ist nicht möglich, da hierzu keine statistischen Da- Drucksache 18/2070 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ten vorliegen. Daher werden hier die Gesamtausschreibungszahlen nach Sachen gemäß Artikel 36 SIS-II-Ratsbeschluss genannt (zur verdeckten und gezielten Kontrolle): d) Inwiefern liegen Zahlen vor, wonach ersichtlich ist, ob Ausschreibungen auch wegen einer „erheblichen Gefährdung oder anderer erheblicher Gefahren für die innere oder äußere Sicherheit des Staates“ zunehmen (sofern der Bundesregierung hierzu keine Zahlen vorliegen, inwiefern kann sie näherungsweise mitteilen, ob derartige Ausschreibungsgründe zu- oder abnehmen)? Hierüber liegen keine Daten vor. Die entsprechenden Zahlen sind in den Gesamtausschreibungszahlen enthalten, die einen generellen Anstieg der deutschen SIS-Ausschreibungen gemäß Artikel 36 Absatz 3 SIS-II-Ratsbeschluss bestätigen: 5. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Betroffene nach Beendigung einer Ausschreibung durch Bundes- und Landesbehörden nach Artikel 36 seit dem Jahr 2009 benachrichtigt, und wer nahm diese Benachrichtigung vor? a) In wie vielen Fällen unterblieb seit dem Jahr 2009 eine Unterrichtung, und in wie vielen Fällen ist hierfür eine gerichtliche Zustimmung eingeholt worden? b) In wie vielen Fällen haben nach Kenntnis der Bundesregierung Gerichte dem „endgültigen Absehen von der Benachrichtigung“ zugestimmt? d) Inwiefern wurden nach Beendigung einer Maßnahme alle vorgeschriebenen Löschungen bei ausschreibenden Landes- oder Zollbehörden gegenüber dem BKA bestätigt, bzw. was ist der Bundesregierung zu entsprechenden Verfahrensdefiziten bekannt? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. c) Inwiefern bzw. in welchem Umfang konnte zu einer Benachrichtigung oder Löschung von Landesbehörden kein Einvernehmen mit dem Bundeskriminalamt (BKA) hergestellt werden? 01.01.2009 2 390 (nur Kategorie Fahrzeug) 01.01.2010 579 (nur Kategorie Fahrzeug) 01.01.2011 372 (nur Kategorie Fahrzeug) 01.01.2012 548 (nur Kategorie Fahrzeug) 01.01.2013 296 (nur Kategorie Fahrzeug) 01.01.2014 360 (Fahrzeuge, Wasserfahrzeuge, Luftfahrzeuge, Container) 01.06.2014 359 (Fahrzeuge, Wasserfahrzeuge, Luftfahrzeuge, Container) 01.01.2009 66 01.01.2010 206 01.01.2011 221 01.01.2012 156 01.01.2013 262 01.01.2014 437 01.06.2014 476 Bisher gab es keinen solchen Fall. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2070 6. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland lebende Personen nach Beendigung einer Ausschreibung nach Artikel 36 durch einen anderen Mitgliedstaat seit dem Jahr 2009 benachrichtigt , und wer nahm diese Benachrichtigung vor? In wie vielen Fällen haben die ausschreibenden Mitgliedstaaten nach einer Stellungnahme gefordert, dass eine Benachrichtigung zu unterbleiben habe? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7. Inwiefern trifft die von der Europäischen Kommission kritisierte Praxis, mehrere Mitgliedstaaten würden Ausschreibungen nicht fristgerecht löschen , nach Kenntnis der Bundesregierung auch auf die Handhabung des SIS durch deutsche Polizeibehörden zu? a) Welche Gründe für ein verspätetes Löschen kann die Bundesregierung anführen? b) Inwiefern ist bei deutschen Ausschreibungen stets ein Zeitpunkt, wann eine Ausschreibung gelöscht werden muss, festgelegt? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Erkenntnissen trifft die Aussage der Europäischen Kommission nicht auf Ausschreibungen durch deutsche Polizeibehörden zu. Durch das in Deutschland von der Polizei genutzte Informationssystem der Polizei (INPOL) werden Fristen vergeben, nach deren Ablauf Fahndungsausschreibungen automatisch gelöscht werden, sofern vor Fristablauf keine Verlängerung eingetragen wird. Die Löschung einer SIS-aktiven Fahndung in INPOL bewirkt automatisch auch die technische Löschung dieser Fahndung im SIS. Darüber hinaus ist in den Polizeidienstvorschriften geregelt, wann eine Ausschreibung auch vor Fristablauf zu löschen ist (z. B. Wegfall des Ausschreibungsgrundes , Festnahme, Ingewahrsamnahme, Überstellung der gesuchten Person aus dem Ausland). c) Inwiefern bzw. in welchem Umfang sind auch deutsche Ausschreibungen ungültig, etwa wenn eine Aufforderung zur Festnahme nicht mit einem Europäischen Haftbefehl verknüpft wurde? Die Polizeidienststellen des Bundes und der Länder müssen den Europäischen Haftbefehl zwecks Einleitung einer internationalen Fahndung im SIS in INPOL einstellen (sogenannte Q-Gruppe). Ohne Bestückung einer Q-Gruppe kann der Datensatz nicht für das SIS aktiviert werden. Insofern gibt es im SIS keine ungültigen Ausschreibungen zur Festnahme von deutschen Behörden aufgrund einer fehlenden Verknüpfung mit einem Europäischen Haftbefehl. Auch zu anderen SIS-Fahndungskategorien sind der Bundesregierung keine ungültigen deutschen SIS-Fahndungen bekannt. d) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, in welchen Staaten diese im Bericht der Europäischen Kommission aufgezählten Verfehlungen vorkommen? Die Bundesregierung kann hierzu keine Aussage treffen, da insbesondere nicht bekannt ist, nach welchen Kriterien die Europäische Kommission ihre Bewertungen vorgenommen hat. Drucksache 18/2070 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode e) An welche „betroffenen Mitgliedstaaten“ ist die Europäische Kommision nach Kenntnis der Bundesregierung herangetreten, „um die Situation zu klären“? f) Inwiefern wurden nach Kenntnis der Bundesregierung auch Untersuchungen eingeleitet? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 8. Auf welche Weise hat sich die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung „effektiv“ daran beteiligt, Lösungen für eine „intensivere Nutzung“ der Nutzung verdeckter Ausschreibungsmöglichkeiten hinsichtlich des SIS zu finden? Die Europäische Kommission hat die intensivere Nutzung der SIS-Ausschreibungen gemäß Artikel 36 SIS-II-Ratsbeschluss in verschiedenen EU-Ratsarbeitsgruppen und Komitees als Tagesordnungspunkt eingebracht und mit den Mitgliedstaaten erörtert. Ziel war die bestmögliche Nutzung dieser Ausschreibungskategorie zu Zwecken der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr – insbesondere im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. 9. Auf welche Weise will die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung nun eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um die neuen Funktionen des SIS II „in vollem Umfang zu nutzen“? Die Europäische Kommission nutzt hierzu den fachlichen Austausch mit Vertretern der Mitgliedstaaten in den EU-Gremien. 10. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Behauptung der Europäischen Kommission, das SIS erweise sich als ein „wichtiges Hilfsmittel bei der Verfolgung von Terroristen und reisenden kriminellen Banden“, und was ist aus ihrer Sicht darunter zu verstehen? Vonseiten des Bundeskriminalamts (BKA) erfolgt bei entsprechender Erkenntnislage und Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eine Anregung zur Ausschreibung von mutmaßlichen Terroristen zur Einreiseverweigerung aus präventiven Gründen nach Artikel 24 SIS-II-Ratsverordnung der EU bei der Bundespolizei . Den betroffenen Personen wird durch die Ausschreibung die legale Einreise ins Gemeinschaftsgebiet verwehrt. Im Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren gemäß §§ 129a/129b des Strafgesetzbuchs erfolgen weiterhin Ausschreibungen zur Festnahme sowie zur verdeckten Registrierung im Bereich des Terrorismus (polizeilichen Beobachtung) im SIS. Meldungen über das Antreffen der ausgeschriebenen Personen führen zu Erkenntnissen hinsichtlich Reisebewegungen bzw. Aufenthaltsorten von Beschuldigten und Begleitpersonen. Vor allem die Ausschreibung zur verdeckten Registrierung ist ein unverzichtbares ermittlungstaktisches Mittel, durch das regelmäßig weiterführende Erkenntnisse erlangt werden. a) Inwiefern kann die Bundesregierung derartige „Erfolge“ auch für die eigene Arbeit bestätigen, und um welche signifikanten Fälle handelt es sich dabei? Die Möglichkeiten der Ausschreibungen im SIS stellen grundsätzlich die wichtigste Informationsquelle zum Detektieren von Reisebewegungen bei- spielsweise des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials im europäischen Ausland dar. Ein Verzicht auf entsprechende Ausschreibungen würde im Einzel- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2070 fall zu wesentlichen Informationsverlusten führen und die weiteren Ermittlungen bzw. die weitere Informationserhebung erheblich erschweren. b) Sofern es sich bei dem Begriff „reisende kriminelle Banden“ um Angehörige von Sinti und Roma handeln soll, inwiefern nehmen entsprechende Ausschreibungen im SIS nach Kenntnis der Bundesregierung zu oder ab? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. c) Inwiefern bzw. auf welche Weise nutzen Behörden der Bundesregierung bei der Verfolgung von „reisenden kriminellen Banden“ auch das Visa-Informationssystems (VIS)? Gemäß dem Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 22. Juli 2013 (2013/ 392/EU) i. V. m. dem Beschluss des Rates vom 23. Juni 2008 (2008/633/JI) dürfen Strafverfolgungsbehörden seit dem 1. September 2013 Daten zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerwiegender Straftaten im VIS abfragen. Der Zugriff der Behörden auf die im VIS gespeicherten Daten erfolgt nach den Bestimmungen des VIS-Zugangsgesetzes anlassbezogen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung der in § 3 des VIS-Zugangsgesetzes genannten terroristischen oder sonstigen schwerwiegenden Straftaten. Unter den in Artikel 18 ff. der VIS-Verordnung ((EG) Nr. 767/2008) genannten engen Voraussetzungen können die dort genannten Behörden (keine Strafverfolgungsbehörden) ggf. auch die mit einem Datensatz verknüpften weiteren Datensätze abfragen, sofern solche Datensätze zu der betreffenden Person im VIS überhaupt vorhanden sind. Insofern lassen sich aus den im VIS gespeicherten Antragsdaten in begrenztem Umfang Rückschlüsse auf Reisebewegungen von Tätergruppierungen sowie deren Kontakte ziehen. Eine Statistik zur Nutzung des VIS in Bezug auf die Abfrage verknüpfter Datensätze liegt nicht vor. 11. Wie war die Bundesregierung in das Zustandekommen der Abschlusserklärung des Rates für Justiz und Inneres hinsichtlich der Empfehlungen zur verstärkten Nutzung des SIS II beteiligt (www.consilium.europa.eu/ uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/jha/143107.pdf)? Die Bundesregierung war über die zuständigen Ratsarbeitsgruppen („Schengen Matters“ und „Terrorism Working Party“) in den Entscheidungsprozess einbezogen . 12. Inwiefern wurden mit der Einführung des SIS II auch in Deutschland neue Endnutzersysteme eingerichtet oder Upgrades der bestehenden Systeme vorgenommen? Die bestehenden Systeme wurden im Hinblick auf die Nutzung des SIS II angepasst . a) Inwiefern können nun auch in Deutschland parallel mehrere SIS-IIAbfragen nach verschiedenen Kriterien vorgenommen werden, und um welche Kategorien handelt es sich dabei? Die Abfragemöglichkeiten haben sich mit der SIS II Einführung nicht verändert. Bei einer Abfrage zu einer Person werden automatisch alle Personenkategorien abgefragt; bei einer Abfrage zu einer Sache werden automatisch alle Sachfahndungskategorien abgefragt. Dieser Umstand gilt für INPOL sowie für das SIS. Drucksache 18/2070 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Inwiefern bzw. in welchem Umfang hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung auch in Deutschland die „Trefferquote“ im Vergleich zum früheren SIS erhöht? Da sich die Funktionalitäten nicht geändert haben, besteht in dieser Hinsicht auch keine Veränderung der „Trefferquote“ bei Abfragen im SIS. 13. Inwiefern sind auch deutsche Behörden von einer Prüfung durch Sachverständige der neuen Agentur für IT-Großsysteme sowie aus den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Datenschutzbeauftragten zur Effizienz nationaler Sicherheitsmaßnahmen betroffen? a) Wann und wo wurden bzw. werden diese vorgenommen? b) Wann und wo sollen die Empfehlungen nach Kenntnis der Bundesregierung vorgestellt werden? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über eine solche Prüfung bei deutschen Behörden vor. 14. Inwiefern wird nach Kenntnis der Bundesregierung auch untersucht, ob der Hackerangriff auf die dänische Kontaktstelle des SIS aus dem Jahr 2011 womöglich doch nicht unter Urheberschaft des derzeitigen Verdächtigen, des Pirate-Bay-Mitgründers G. S. W., ausgeführt wurde (The Register, 7. Juni 2013)? a) Inwiefern wird bei den Prüfungen zur Effizienz nationaler Sicherheitsmaßnahmen nach Kenntnis der Bundesregierung auch untersucht, ob sich Sicherheitsrisiken auch deshalb ergeben, wenn SIS-Endnutzersysteme (wie in Dänemark) durch US-Konzerne programmiert werden , die für ihre intensive Kooperation mit US-Geheimdiensten bekannt sind? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. b) Sofern die Bundesregierung hierüber keine Kenntnis hat, inwiefern würde sie eine solche Prüfung begrüßen? Die Bundesregierung stünde einer entsprechenden Prüfung grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. 15. Inwiefern, auf welche Weise, und in welchem Umfang will die Bundesregierung „verdeckte Kontrollen“ oder „verdeckte Registrierungen“ zukünftig vermehrt gegen sogenannte ausländische Kämpfer (foreign fighters ) nutzen? Auf die Antwort zu Frage 10 wird verwiesen. Die Ausschreibung einer Person zur verdeckten Kontrolle unterliegt jeweils einer Einzelfallentscheidung. 16. Wer ist demnach mit „ausländischen Kämpfern“ (foreign fighters) gemeint , und wie werden diese von Bundesbehörden definiert? Für den Begriff „foreign fighters“ gibt es keine Legaldefinition. Der international verwandte Begriff „foreign fighters“ beschreibt das Phänomen der Reisebewegungen von Personen aus ihrem Herkunftsland in Konfliktzonen mit dem Ziel der Beteiligung an Kampfhandlungen oder der Ausbildung in sogenannten Terrorcamps. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2070 In den letzten Jahren hat das BKA Reisebewegungen in die Konfliktzonen Afghanistan/Pakistan und Somalia festgestellt. Seit dem Jahr 2011 reisen deutsche Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland insbesondere nach Syrien, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen oder den Widerstand gegen das AssadRegime in sonstiger Weise zu unterstützen. 17. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, inwiefern auch Ausreiseverbote für „in Deutschland lebende Salafisten“ verhängt werden könnten oder man die betreffenden Personen zwar ausreisen lassen, sie jedoch an einer Wiedereinreise nach Deutschland hindern könne (FOCUS, 6. Juni 2014)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 16 bis 19 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 17. Juli 2013, Bundestagsdrucksache 17/14391, wird verwiesen. 18. Mit welcher Kategorie war der französische Staatsbürger M. N. nach Kenntnis der Bundesregierung im SIS II gespeichert? a) Wann wurde die Ausschreibung eingestellt, und wer war die ausschreibende Behörde? Mehdi NEMMOUCHE war nach Kenntnis der Bundesregierung seitens der französischen Behörden gemäß Artikel 36 SIS-II-Ratsbeschluss am 10. Dezember 2012 zur verdeckten Kontrolle ausgeschrieben worden. Er wurde am 1. Juni 2014 von den belgischen Behörden gemäß Artikel 26 Ratsbeschluss zur Festnahme zwecks Auslieferung wegen Mordes und versuchtem Mord im Zusammenhang mit Terrorismus zur Strafverfolgung ausgeschrieben. b) Wann genau wurde M. N. von deutschen Behörden festgestellt, und wann genau erfolgten Mitteilungen an welche in- und ausländischen Behörden? Auf Grundlage der SIS-Ausschreibung hat die Bundespolizei Mehdi NEMMOUCHE bei der grenzpolizeilichen Einreisekontrolle am Flughafen Frankfurt am Main am 18. März 2014 festgestellt und daraufhin das BKA als „Nationale SIRENE“ informiert. Dieser Treffer wurde seitens der SIRENE Deutschland am 18. März 2014 an die SIRENE Frankreich übermittelt. c) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Fall (auch dass M. N. trotz SIS-Speicherung mutmaßlich einen Anschlag beging), und was hat sie in welchen EU-Gremien hierzu vorgetragen? Die deutschen Sicherheitsbehörden gehen bereits seit längerer Zeit davon aus, dass die derzeit größte Gefahr islamistischer Anschläge und Gewalttaten von Einzeltätern und autonom agierenden Gruppen ausgeht. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese sich in einem terroristischen Ausbildungslager aufgehalten haben oder aber aktiv an entsprechenden Kampfhandlungen (bspw. in Syrien) beteiligt waren und sich hierdurch entsprechende Kompetenzen angeeignet haben. Der derzeitige Kenntnisstand zum Fall NEMMOUCHE lässt eine abschließende Bewertung des Sachverhaltes nicht zu. Deutschland hat sich zum Anschlag in Brüssel am 5. Juni 2014 im Rat der Justiz- und Innenminister geäußert, die Drahtberichte der Bundesregierung über Sitzungen von EU-Gremien wie diesem gehen auch dem Deutschen Bundestag zu. Drucksache 18/2070 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Worum handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung bei einer Arbeitsgruppe, die nach Medienberichten Deutschland „und mehrere andere EU-Staaten“ eingesetzt hätten, um Maßnahmen gegen „foreign fighters “ zu entwickeln (DIE WELT, 11. Juni 2014)? a) Welche Behörden welcher Länder bzw. EU-Einrichtungen gehören der Gruppe an? b) Worin besteht die Rolle des Vorsitzes? c) Welches Ziel und welchen Zweck verfolgt die Arbeitsgruppe? d) Wann sollen Berichte vorliegen bzw. weitere Treffen stattfinden? Im Rahmen einer Initiative Belgiens haben sich in besonderem Maße von dem Phänomen der Reisebewegungen von Personen in Krisengebiete betroffene EUMitgliedstaaten ausgetauscht. Belgien hatte hierzu Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Niederlande, Schweden und Spanien eingeladen , am letzten Treffen nahm auch Italien teil. Ziel ist ein Erfahrungsaustausch zu den aus diesem Phänomen resultierenden Herausforderungen und den im jeweiligen Mitgliedstaat initiierten oder beabsichtigten Mechanismen, um der Situation gerecht zu werden. Die Gespräche dienen auch dazu, den weiteren Handlungsbedarf herauszuarbeiten. Die Gespräche finden auf ministerieller Ebene, in der Regel der Innenressorts, unter Teilnahme der Europäischen Kommission und von Mitarbeitern des EU-Koordinators für Terrorismusbekämpfung statt. 20. Inwiefern existieren nach Kenntnis der Bundesregierung auch auf Ebene der Bundes- und Landespolizeien entsprechende Arbeitsgruppen zum Umgang mit „foreign fighters“? a) Welche Bund-Länder-Arbeitsgruppen existieren hierzu, welches Ziel und welchen Zweck verfolgen diese, und wer führt diese an? b) Inwiefern existieren auch im „Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum “ entsprechende Arbeitsgruppen, welches Ziel und welchen Zweck verfolgen diese, und wer gehört diesen an? Zur Bearbeitung der Reisebewegungen des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials in Konfliktzonen werden sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene verschiedene Arbeitsgruppen genutzt. Generell erfolgen Absprachen zwischen Bund und Ländern neben dem normalen polizeilichen Schriftverkehr über die Zusammenarbeit im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ). Es tagen insbesondere die Arbeitsgruppen Gefährdungsbewertung, Operativer Informationsaustausch, Lageraufenthalte und Fallauswertung unter Beteiligung der betroffenen Polizeibehörden und Nachrichtendienste des Bundes und der Länder. Daneben werden Fälle von drittstaatsangehörigen Rückkehrern in der AG Statusrechtliche Begleitmaßnahmen unter Federführung des Bundeamts für Migration und Flüchtlinge beraten. Zudem hat die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) eine Bund-LänderArbeitsgruppe unter dem Vorsitz Nordrhein-Westfalens zum Thema „Foreign Fighters“ eingerichtet. c) Welche Datensammlungen existieren zu dem Phänomen, und wo sind diese jeweils angesiedelt? Es bestehen keine speziellen Datensammlungen zu diesem Phänomen. Personen werden im BKA in den polizeilichen Informationssystemen gespeichert, soweit im Einzelfall ein Speicherungsgrund vorliegt. Grundlage hierfür sind die Erkenntnisse, die dem BKA zur Wahrnehmung der Aufgaben als Zentralstelle im Rahmen des Informationsaustauschs gemäß § 13 i. V. m. § 2 des Bundes- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2070 kriminalamtgesetzes (BKAG) übermittelt werden. Die übermittelten Personendaten und Erkenntnisse werden im BKA zu Auswerte- und Statistikzwecken (u. a. für Gefährdungsbewertung, Lagebilderstellung) erfasst. 21. Inwiefern wird der „Focal Point Travellers“ bei Europol nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2013 stärker durch die Mitgliedstaaten oder andere Beteiligte genutzt? Der „Focal Point Travellers“ wurde am 29. April 2014 nach Schlusszeichnung der „opening order“ durch den Europol-Direktor eröffnet. Es kann daher keine Aussage zur Entwicklung der Beteiligung der Mitgliedstaaten oder anderer in dem Focal Point seit dem Jahr 2013 getroffen werden. a) Welche Mitgliedstaaten oder andere Einrichtungen nehmen am „Focal Point Travellers“ teil? Der Bundesregierung liegen hierzu keine abschließenden Informationen vor, da dazu derzeit eine Abstimmung erfolgt. b) Auf welche Weise bringen sich welche Bundesbehörden dort ein? Am 19. Juni 2014 fand ein außerordentliches High-Level-Expert Meeting bei Europol statt, im Rahmen dessen die Zielrichtung der Focal Points sowie die Einbindung von möglichen Drittstaaten thematisiert wurden. An dem Meeting nahm ein Vertreter des BKA teil. Darüber hinaus findet am 25./26. Juni 2014 ein Operational Meeting bei Europol im Rahmen des „Focal Points Travellers“ bei Europol statt, an welchem die Bundesregierung ebenfalls durch das BKA vertreten sein wird. 22. Inwiefern könnten aus Sicht der Bundesregierung weitere Möglichkeiten des Informationsaustauschs über „ausländische Kämpfer“ (foreign fighters ) genutzt werden? Die Möglichkeiten des nationalen und internationalen Informationsaustausches werden unter Beachtung der rechtlichen Möglichkeiten und Prüfung des Einzelfalles bereits umfassend genutzt. Inwiefern die Problematik neue Maßnahmen im Rahmen bestehender gesetzlicher Regelungen oder gegebenenfalls auch neue gesetzliche Regelungen erfordert, wird auf EU-Ebene intensiv diskutiert. Die Bundesregierung ist für eine Prüfung der entsprechenden Vorschläge. a) Für welche Maßnahmen bräuchte es demnach keine neuen gesetzlichen Regelungen? b) Für welche neuen gesetzlichen Regelungen setzt sich die Bundesregierung auf EU-Ebene ein? Auf die Antwort zu Frage 22 wird verwiesen. c) Inwiefern hält es die Bundesregierung für denkbar oder sogar erwiesen , dass „ausländische Kämpfer“ (foreign fighters) über Libyen über das Mittelmeer in die EU einreisen? Hierzu liegen der Bundesregierung aktuell keine Erkenntnisse vor. Drucksache 18/2070 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Inwiefern bzw. auf welche Weise werden von deutschen Behörden auch Informationssysteme der Polizeiorganisation INTERPOL zum Umgang mit „ausländischen Kämpfern“ (foreign fighters) genutzt? Die Zusammenarbeit mit Interpol in diesem Bereich erfolgt unter der besonderen Beachtung des Artikels 3 der Interpol-Statuten. Im Einzelfall wird von den Ausschreibungsmöglichkeiten von Personen über Interpol, beispielsweise im Rahmen von internationalen Haftbefehlen oder von Vermissten-Angelegenheiten , Gebrauch gemacht. a) Was ist der Bundesregierung über eine Initiative INTERPOLS bekannt , die Interoperabilität nationaler Systeme zu verbessern, und worum handelt es sich dabei technisch, administrativ sowie organisatorisch ? Bei Interpol wird nach Kenntnis der Bunderegierung unter dem Begriff „Interoperabilität “ diskutiert, ob und wie bisher manuell erfolgender Informationsaustausch zwischen den Polizeien der Interpol-Mitgliedsstaaten zukünftig durch Nutzung technischer Standards automatisiert und dadurch verbessert werden kann. Technisch werden hierfür meist Web Services auf Basis des Austauschformates XML verwendet. Konkrete Vorhaben und Informationen, die über den beabsichtigten Einsatz von Web Services hinausgehen, sind der Bundesregierung nicht bekannt. b) Inwiefern ist hiermit nach Einschätzung bzw. Kenntnis der Bundesregierung auch eine polizeiliche Suchanfrage in mehreren Systemen gemeint? Konkrete Vorhaben und Informationen, die über den beabsichtigten Einsatz von Web Services hinausgehen, sind der Bundesregierung nicht bekannt. c) Welche EU-Mitgliedstaaten oder EU-Agenturen haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung für die Unterstützung eines derartigen Vorhabens bereiterklärt, und worin soll diese bestehen? d) Was ist der Bundesregierung über die Problematik von EU-Mitgliedstaaten bekannt, die keine polizeilichen personenbezogenen Daten an INTERPOL als private Einrichtung übermitteln dürfen? Darüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 24. Welche Firmen oder Institute sind nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Ausarbeitung einer Studie bezüglich der Optionen zur Fortentwicklung von der Europäischen Agentur für IT-Großsysteme (eu-LISA) zu einem zentralen IT-Dienstleister für die europäischen Sicherheitsbehörden beauftragt (Schriftliche Frage 28 des Abgeordneten Andrej Hunko auf Bundestagsdrucksache 17/1434)? a) Welche Ansichten zu „Lücken in den bestehenden polizeilichen Informationsaustauschsystemen “ hat die Bundesregierung hierzu auf EU-Ebene vorgetragen? b) Auf welche Weise könnte eu-LISA nach derzeitigem Stand aus Sicht der Bundesregierung zur Unterstützung der Verwaltung dezentraler Verfahren (z. B. Prümer Beschlüsse) herangezogen werden, bzw. welche Maßnahmen wären aus ihrer Sicht hierzu wünschenswert? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 24. Juni 2014, Bundestagsdrucksache 18/1832, wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/2070 25. Auf welche Weise hat sich die Bundesregierung bei den Verhandlungen über den EU-PNR-Richtlinienentwurf (PNR: Passenger Name Record) „für ein hohes Datenschutzniveau eingesetzt“, welche Vorschläge wurden gemacht, und inwiefern konnten sich diese durchsetzen (Bundestagsdrucksache 18/1630)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 18. Januar 2013, Bundestagsdrucksache 17/12118, sowie auf die Drahtberichte (DB) über die AStV-Sitzungen am 30. März 2011 (DB Nr. 1555 vom 30. März 2011) und 18. April 2012 (DB Nr. 1875 vom 18. April 2012) und über die Ratstagung vom 11. April 2011 (Ratsdokument 1772 vom 11. April 2011) wird verwiesen. Bislang konnte die Bundesregierung ihre Kernforderung, die Speicherfrist zu verkürzen, und andere wichtige Forderungen, z. B. in Bezug auf die Datenübermittlung an Drittstaaten, wegen der Mehrheitsverhältnisse im Rat nicht durchsetzen (siehe Ratsdokument 8448/2/12 REV 2, das die letzte vom Rat der Justizund Innenminister im April 2012 mehrheitlich politisch gebilligte Fassung der Richtlinie enthält). 26. Auf welche Weise und durch welche Beteiligten prüft die Bundesregierung derzeit, inwiefern sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung auch Maßgaben für die EU-PNRRichtlinie ergeben? Innerhalb der Bundesregierung, vor allem im federführenden Bundesministerium des Innern sowie im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz , werden gegenwärtig die Auswirkungen des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. April 2014 – C-293/12, C-594/12 zur Ungültigkeit der Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsdatenspeicherung auf in der Beratung befindliche Vorschläge für Rechtsakte der Europäischen Union durch die zuständigen Fachreferate geprüft. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Insbesondere ist das Ergebnis der von der Europäischen Kommission angekündigten Prüfung abzuwarten. Auf die Antwort zu Frage 27 wird verwiesen. 27. Auf welche Weise und durch welche Beteiligten prüft die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit, inwiefern sich aus dem Urteil des EuGH zur Vorratsdatenspeicherung auch Maßgaben für die EU-PNR-Richtlinie ergeben? Die Europäische Kommission hat bei der JI-Referentensitzung am 23. April 2014 und beim CATS am 24. April 2014 erklärt, sie wolle eine gründliche Bewertung des Urteils vornehmen (siehe Drahtberichte Nr. 1963 vom 28. April 2014 und Nr. 1948 vom 25. April 2014). Auf welche Weise und mit welchen Beteiligten die Prüfung innerhalb der Europäischen Kommission erfolgt, wurde nicht mitgeteilt. Ergänzend wird auf den DB Nr. 2593 vom 6. Juni 2014 über Tagesordnungspunkt 12 des Rates für Justiz und Inneres am 5./6. Juni 2014 hingewiesen . Gesamtherstellung: H. 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