Deutscher Bundestag Drucksache 18/2076 18. Wahlperiode 08.07.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Inge Höger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1767 – Produktion und Verbreitung von Landminen und Verlegesysteme für diese Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Unter Landminen werden nicht nur Antipersonenminen, sondern auch Antifahrzeugminen gefasst, die sich gegen Fahrzeuge aller Art richten. Antifahrzeugminen reagieren z. B. auf Überfahren oder auf Motorwärme, Motorgeräusche oder Bodenerschütterung und werden so zur Auslösung gebracht. Die Ächtung von Antipersonenminen ist durch die Ottawa-Konvention festgeschrieben , die den Einsatz, die Produktion, den Transfer und den Handel von Antipersonenminen verbietet. Die Konvention gilt für „Minen, die der Konstruktion nach gegen Personen gerichtet sind […]. Minen, die nicht gegen Personen sondern gegen Fahrzeuge gerichtet sind, fallen nicht unter das Verbot.“ (www.landmine.de/infos-ueber-minen-und-streumunition/welche-minen-sindverboten .html). Für Antifahrzeugminen existiert eine solche Ächtung nicht. Diese Minen gefährden aber ebenfalls die Zivilbevölkerung, die in zivilen Fahrzeugen, wie Bussen , Lkw, landwirtschaftlichen Fahrzeugen, fahren bzw. transportiert werden. Zudem gibt es als Antifahrzeugminen definierte Minen, die auch von Personen ausgelöst werden können und damit wie Antipersonenminen wirken; je nach Bauart auch noch lange Zeit nach Verlegung der Minen. Deshalb kritisieren zivilgesellschaftliche Organisationen, wie z. B. die Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen, schon lange, dass es unzureichend ist, die technischen Eigenschaften oder Bestandteile einer Mine als Kriterium der Ächtung zu nehmen und fordern dagegen eine „effektorientierte Definition dieser Waffe“ (vgl. www.landmine.de). In dieser Kleinen Anfrage werden unter dem Begriff „Landmine“ alle Landminentypen , wie Antipanzerminen, Antifahrzeugminen, Anti-Material-Submunitionsminen , intelligente Wirksysteme u. a., subsumiert. Unter „Verlegesysteme “ werden alle solche Systeme verstanden, die über die Fähigkeit verfügen , Landminen zu verlegen. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 2. Juli 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/2076 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie viele Landminen, die nicht dem Ottawa-Abkommen unterliegen, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2005 von in Deutschland ansässigen oder tätigen Unternehmen oder Tochterfirmen im europäischen und nichteuropäischen Ausland hergestellt? Nach Kenntnis der Bundesregierung produziert aktuell kein Unternehmen in Deutschland Landminen. Über die Produktion von Landminen im Ausland von in Deutschland ansässigen oder tätigen Unternehmen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, die über allgemein zugängliche Informationen hinausgehen. 2. Wie viele Exportgenehmigungen für Landminen, die nicht dem Ottawa-Abkommen unterliegen, hat die Bundesregierung an in Deutschland ansässige oder tätige Firmen seit dem Jahr 2005 erteilt (bitte unter Angabe des jeweiligen Jahres, Stückzahl, Empfängerland und Wert)? Es wurde im Jahr 2013 für insgesamt 103 Minen eine Ausfuhrgenehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen nach Italien zum Zweck der Entsorgung erteilt. 3. Wie viele Landminen wurden aufgrund dieser Exportgenehmigungen seit dem Jahr 2005 exportiert (bitte unter Angabe des jeweiligen Jahres, Stückzahl , Empfängerland und Wert)? Siehe Antwort zu Frage 2; eine gesonderte statistische Erfassung tatsächlicher Ausfuhren von Minen durch das Statistische Bundesamt erfolgt nicht. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2076 4. Wie viele Exportgenehmigungen für Komponenten von Landminen, die nicht dem Ottawa-Abkommen unterliegen, hat die Bundesregierung an in Deutschland ansässige oder tätige Firmen seit dem Jahr 2005 erteilt (bitte unter Angabe der genauen Bezeichnung der Komponente, des jeweiligen Jahres, Stückzahl, Empfängerland und Wert)? Es wurden folgende Exportgenehmigungen erteilt: 5. Stellen nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche oder in Deutschland tätige Firmen in einem Drittland Landminen her (bitte unter Angabe des Drittlandes und der genauen Bezeichnung des Minentyps)? Über die Produktion von Landminen im Ausland durch deutsche oder in Deutschland tätige Firmen liegen der Bundesregierung keine über allgemein zugängliche Informationen hinausgehenden Erkenntnisse vor. Zeilenbeschriftungen MENGE in Stück WARENWERT in € 2006 Schweiz Teile f. Landminen Starrflex-Leiterplatten für Zündermechanismus 120 2.820 Vereinigte Staaten Teile f. Landminen AT Mine BfMiBaIII delaboriert, Übungsversion , Sammlerstück 1 120 Teile f. Landminen AT Mine TM62P3 delaboriert, Übungsversion , Sammlerstück 1 350 2006 Ergebnis 122 3.290 2007 Vereinigte Staaten Teile f. Landminen AT Mine DK delaboriert, Sammlerstück 1 75 Teile f. Landminen AT Mine Prac delaboriert, Sammlerstück 1 75 Teile f. Landminen EAPAMI ) KG delaboriert, Sammlerstück 1 75 2007 Ergebnis 3 225 2011 Republik Korea Bauteile für Panzerabwehrmine K442: Spiralfedern aus NIVAROX CT und NiSpan 80000 323.400 2011 Ergebnis 80000 323.400 2012 Vereinigte Staaten AT Mine VTM-1A Üb Ausführung 500 6.250 AT Mine VTMA-3 Üb Ausführung 200 2.000 AT Mine VTMA-4 Üb Ausführung 200 2.000 AT-Mine VTMA-2A Üb 500 6.250 AT-Mine VTMA-5 Trainings Ausführung 500 6.250 Mine Mod. SPMA-1 1000 6.000 2012 Ergebnis 2900 28.750 2013 Italien Minen aller Art 3 4 Minen aller Art KWL-Nr.: 43 103 515 Vereinigte Staaten Ungarischer Zünder für Panzerminen Model: MVP-62 ÜB 1000 15.750 2013 Ergebnis 1106 16.269 Drucksache 18/2076 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Wie hoch waren die Ausgaben für die Ersatzbeschaffung von Landminen zur Aus- und Aufrüstung der Bundeswehr ab dem Jahr 2005, und welche Mittel sind hierfür im Jahr 2014 vorgesehen? Seit dem Jahr 2005 wurden keine Haushaltsmittel für die Ersatzbeschaffung von Minen verausgabt. In den Jahren 2007 bis 2009 wurden 5 600 000 Euro zur Umrüstung bereits im Bestand befindlicher Panzerabwehrrichtminen ausgegeben, um diese im Einklang mit dem Geänderten Protokoll II zum VN-Waffenübereinkommen mit einer Wirkzeitbegrenzung auszurüsten. Im Jahr 2014 sind keine Ausgaben zur Ersatzbeschaffung von Minen vorgesehen . 7. Welche Position vertritt die Bundesregierung gegenüber der Forderung einiger Nichtregierungsorganisationen, die Entwicklung, Produktion und den Export aller Landminentypen, das heißt, auch solcher, die nicht vom Ottawa-Abkommen betroffen sind, zu stoppen sowie auf eine Neuanschaffung eben dieser Landminen zu verzichten? Antifahrzeugminen, das heißt, nicht gegen Personen gerichtete Minen (MOTAPM – Mines Other Than Antipersonnel Mines), werden zwar durch die Ottawa-Konvention nicht erfasst, unterliegen aber den sich aus dem Geänderten Protokoll II zum VN-Waffenübereinkommen für Minen ergebenden Verboten und Beschränkungen. Zur Verringerung der Gefährdung der Zivilbevölkerung durch Antifahrzeugminen wurde das Thema auf deutsche Initiative wiederholt im Rahmen des VN-Waffenübereinkommens behandelt. Bislang blieb dieses Bemühen ohne konkretes Ergebnis, da ein notwendiger Konsens zu Regelungen in diesem Bereich bislang nicht möglich war. Deutschland hat in Umsetzung des Ottawa-Abkommens nicht nur die Bestände an Antipersonenminen (APM) zerstört, sondern auch bis Ende des Jahres 2010 die Anzahl an Antifahrzeugminen erheblich reduziert. Alle in der Bundeswehr gegenwärtig vorgehaltenen Antifahrzeugminen-Typen entsprechen den völkerrechtlichen Verpflichtungen. Darüber hinaus sind die verbliebenen Antifahrzeugminentypen des Einsatzbestandes der Bundeswehr sämtlich detektierbar und mit variablen Wirkzeitbegrenzungen von drei Stunden bis maximal 40 Tagen ausgestattet. Diese Standards liegen damit deutlich über den bestehenden Anforderungen im Rahmen des VN-Waffenübereinkommens. Die Bundesregierung setzt sich auch weiterhin für die Internationalisierung der in Deutschland angewandten hohen Standards ein. 8. Welche Landminen sind heute noch im Bestand der Bundeswehr (bitte unter Angabe der Stückzahl, der genauen Typbezeichnungen und des Lagerortes )? 1. MINE, PANZERABWEHR DM12, HOHLLADUNG, RICHTMINE 2. MINE, PANZERABWEHR DM22, HOHLLADUNG, RICHTMINE 3. MINE, PANZERABWEHR DM31, 8 KG, METALL UND MINENZUEN- DER DM1002 (befinden sich aufgrund Nutzungsverzichts in der Aussonderung ) 4. MINENAUSSTOSSANLAGE, LANDFAHRZEUG DM12 mit AT-2 Panzerabwehrminen DM1274/DM1274 A1 (befinden sich aufgrund Nutzungsverzichts in der Aussonderung) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2076 5. RAKETE, MINENAUSSTOSS, 110 MM, DM711 mit AT-2 Panzerabwehrminen DM1233 (befinden sich aufgrund Nutzungsverzichts in der Aussonderung ) 6. RAKETE, MINENAUSSTOSS, 110 MM, DM711A1, mit AT-2 Panzerabwehrminen DM1233 (befinden sich aufgrund Nutzungsverzichts in der Aussonderung ) 7. STARTROHRBÜNDEL UND RAKETEN, 298 MM, MINENAUSSTOSS, DM72, Raketen mit AT-2 Panzerabwehrminen DM1399. (Der Einsatz dieser Raketen ist nur unter besonderen Einsatzbedingungen wie z. B. im Verteidigungsfall zulässig.) Die Stückzahl der Minen unterliegt aus Gründen des Staatswohls amtlicher Geheimhaltung . Die Angaben sind als „VS-Vertraulich“ eingestuft und wurden der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages übermittelt. Sie können dort von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages eingesehen werden.* Die Minen und Minenausstoßraketen lagern im Schwerpunkt im Munitionslager Köppern. Über operative Bestände an Schützenabwehrminen (umgangssprachlich „Antipersonenminen “) verfügt die Bundeswehr nicht mehr, da Deutschland dem Ottawa-Übereinkommen beigetreten ist. Dieses verbietet die Herstellung, den Einsatz, die Weitergabe und die Lagerung von Antipersonenminen. Ausgenommen sind lediglich die Zurückbehaltung und Weitergabe einer Anzahl von Antipersonenminen für die Entwicklung von Verfahren zur Minensuche, Minenräumung oder -vernichtung und die Ausbildung in diesen Verfahren. Bis zum Inkrafttreten des Abkommens im Jahr 1999 wurden alle Einsatzbestände an Schützenabwehrminen vernichtet. Über die oben aufgeführten Munitionsarten hinaus verfügt die Bundeswehr über geringe Bestände an Antipersonenminen u. a. für Zwecke der Ausbildung. Sie tragen dazu bei, dass die Bundeswehr über die Expertise verfügt, bei der Minenräumung im internationalen Rahmen als kompetenter Partner wichtige Unterstützung leisten zu können. 9. Welche Landminenverlegesysteme und wie viele davon wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2005 von in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen oder tätigen Firmen oder deren Tochterfirmen im europäischen und nichteuropäischen Ausland produziert (bitte unter Angabe der Stückzahl, der genauen Bezeichnung, des Produktionsortes und ggf. des Ziellandes eines Exports)? Über die Produktion von Landminenverlegesystemen im Ausland durch in Deutschland ansässige oder tätige Firmen oder deren Tochterfirmen liegen der Bundesregierung keine über allgemein zugängliche Informationen hinausgehende Erkenntnisse vor. 10. Wie viele Exportgenehmigungen hat die Bundesregierung für Landminenverlegesysteme an in der Bundesrepublik Deutschland ansässige oder tätige Firmen seit dem Jahr 2005 erteilt (bitte unter Angabe des jeweiligen Jahres, der Stückzahl, des Wertes und des Empfängerlandes)? Es wurden keine entsprechenden Exportgenehmigungen erteilt. * Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Drucksache 18/2076 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Welche Systeme, die über die Fähigkeit verfügen, Landminen zu verlegen, wie beispielsweise der indische Militärhubschrauber Druhv, werden in welchen Ländern in deutscher Lizenz bzw. mit deutschen Lizenzen hergestellt (bitte unter Angabe der genauen Bezeichnung des Waffensystems und des Jahres bzw. der Jahre der Lizenzvergaben? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 12. Für welche Komponenten für solche Systeme, die über die Fähigkeit verfügen , Landminen zu verlegen, hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2005 Exportgenehmigungen erteilt (bitte unter Angabe des jeweiligen Jahres, der genauen Bezeichnung des Systems, des jeweiligen Wertes und der jeweiligen Stückzahl und des Empfängerlandes)? Eine Beantwortung der Frage ist aufgrund der Systematik der Ausfuhrliste nicht möglich, da die betreffenden Komponenten unter nachfolgend aufgeführten unterschiedlichen Ausfuhrlistenpositionen erfasst sein könnten, die jeweils sehr umfangreiche Datenbestände aufweisen: – Landfahrzeuggestützte Systeme A0006a-01 oder A0006a-02 (= bewaffnete oder gepanzerte Fahrzeuge) oder A0004b-01 (= Ausrüstung für Tätigkeiten im Zusammenhang u. a. mit Landminen) – Luftfahrzeuggestütze Systeme A0004a-01 (= Bomben) oder A0004b-01 (= Ausrüstung für Tätigkeiten im Zusammenhang u. a. mit Landminen) – Systeme der Rohr- und Raketenartillerie A0004a-05 (= Raketen) oder A0003a-07 (= Munition für Geschütze) oder A0003a-08 (= Munition für Haubitzen). Diese Ausfuhrlistenpositionen beziehen sich jedoch nicht konkret auf Verlegesysteme für Landminen, sondern erfassen einen viel größeren Güterkreis. Eine händische Auswertung kann in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht erfolgen. 13. Welche der mit den Fragen 11 und 12 erfragten Systeme wurden vom jeweiligen Drittland seit dem Jahr 2005 an welches Empfängerland exportiert (bitte unter Angabe des jeweiligen Jahres, der Stückzahl und des Wertes )? Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. 14. Welche Länder verfügen mit Stand 2014 nach Kenntnis der Bundesregierung noch über aus Deutschland gelieferte Landminen (bitte unter Angabe der genauen Bezeichnung der Landmine, der Stückzahl und des Jahres der jeweiligen Exportgenehmigung bzw. Abgabe)? Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. 15. Welche Länder produzieren mit Stand 2014 nach Kenntnis der Bundesregierung noch Landminen, die auf deutschen Entwicklungen bzw. Lizenzen beruhen? Der Bundesregierung liegen dazu keine über allgemein zugängliche Informationen hinausgehenden Erkenntnisse vor. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333