Deutscher Bundestag Drucksache 18/2079 18. Wahlperiode 07.07.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Kunert, Annette Groth, Inge Höger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1601 – Konfliktvermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in der Republik Moldau Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach Auflösung der UdSSR erhielt die Republik Moldau unter dem Einfluss einer breiten (panrumänischen) Nationalbewegung eine starke ethnonationale Prägung. Deshalb verfolgte anfangs die oghusisch-türkische Minderheit der Gagausen wie die überwiegend russisch-sprachige Bevölkerung in der Region Transnistrien (vornehmlich die Gebiete östlich des Flusses Dnjestr/Dnister) die Trennung von Moldau. Der Konflikt mit der gagausischen Minderheit konnte im Jahr 1994 mit der Bildung der Autonomen Territorialen Einheit Gagausien (UTA Găgăuzia) innerhalb Moldaus vorläufig beigelegt werden. Demgegenüber eskalierten im Jahr 1992 die Auseinandersetzungen um die Region Transnistrien zu einem mehrmonatigen Krieg, der ca. 1 000 Menschen das Leben kostete. Die Republik Moldau verlor faktisch die Kontrolle über das Gebiet, dessen Bevölkerung zu jeweils einem Drittel aus Russen, Ukrainern und Moldauern besteht. Unter der Selbstbezeichnung „Pridnestrowische Moldauische Republik“ hat sich dort ein international nicht anerkanntes De-factoRegime etabliert. In völkerrechtlicher Hinsicht gehört Transnistrien weiterhin zum Staatsgebiet Moldaus. Russland unterhält in der abtrünnigen Region eine Sicherheitspräsenz von ca. 1 500 Soldaten. Teile der transnistrischen Bevölkerung wurden mit russischen Pässen ausgestattet. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist seit dem Jahr 1993 als Vermittlerin im Transnistrienkonflikt aktiv. Aktuell gilt das 5+2-Verhandlungsformat, das neben den beiden Konfliktparteien Moldau und Transnistrien noch die OSZE, die Ukraine und Russland sowie als Beobachterinnen auch die USA und die EU umfasst. Die Aussichten für eine Konfliktlösung verbesserten sich deutlich, nachdem die im Jahr 2001 neu ins Amt gewählte moldauische Führung unter StaatsDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 3. Juli 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. präsident Vladimir Voronin anders als ihre Vorgängerinnen auch Bereitschaft für die Föderalisierung des Landes zeigte (vgl. Claus Neukirch: Die OSZEMission in Moldau, Zentrum für OSZE-Forschung Jahrbuch 2003, Hamburg 2003, S. 168). Russland unterstützte zu diesem Zeitpunkt die Konfliktlösungs- Drucksache 18/2079 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bemühungen der OSZE aktiv, indem es den ersten Teil seiner auf dem Istanbuler OSZE-Gipfel im Jahr 1999 eingegangenen Verpflichtungen erfüllte und sein in der Region stationiertes und unter den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) fallendes, schweres militärisches Gerät und Waffen zerstören bzw. abtransportieren ließ (vgl. ebd., S. 174). Nachdem die EU im Jahr 2003 Visasanktionen gegen Mitglieder der transnistrischen Führung verhängte, denen sich die USA sofort anschlossen, kühlte sich die Bereitschaft Russlands zu einem Truppenabzug merklich ab. Infolgedessen konnte die seit Kriegsende in verschiedenen Sicherheitszonen stationierte , trilaterale Friedenstruppe – die russische, moldauische und transnistrische Soldaten umfasst – bis heute nicht in eine Friedensmission der OSZE unter internationalem Mandat umgewandelt werden. Bereits seit einiger Zeit erschweren die verhärteten Standpunkte beider Konfliktparteien in den Statusverhandlungen die Vermittlungsmission der OSZE. Hinzu kommt die repressive Minderheitenpolitik der moldauischen MitteRechts -Regierung seit dem umstrittenen Machtwechsel im Jahr 2009 (vgl. Towards Equality, Discrimination in Moldova, www.amnesty.org/en/library/ info/EUR59/006/2012/en). Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise haben sich die Fronten im Transnistrienkonflikt deutlich verhärtet. Nachdem die ukrainische Übergangsregierung Einreisesperren gegen russische Staatsangehörige verfügte, haben die Inhaberinnen und Inhaber von russischen Pässen aus der Region Transnistrien offenbar Schwierigkeiten, in die Ukraine zu gelangen (vgl. www.nzz.ch/aktuell/ international/auslandnachrichten/hoffen-auf-das-krim-szenario-1.18289105). Die russischen Truppen in Transnistrien unternahmen wiederum Ende März 2014 großangelegte Militärmanöver (vgl. www.reuters.com/article/2014/03/ 25/us-russia-military-exercises-idUSBREA2O1KB20140325). Das De-factoParlament in Tiraspol forderte zuletzt am 23. April 2014 Russland und die Vereinten Nationen in einer einstimmigen Resolution auf, die Region künftig als „souveränen und unabhängigen Staat“ anzuerkennen (vgl. www.zeit.de/politik/ ausland/2014-04/transnistrien-ukraine-un-unabhaengigkeit). Darüber hinaus befürwortet schon seit einem Referendum im Jahr 2006 eine Bevölkerungsmehrheit ebenso den Anschluss der Region Transnistrien an die Russische Föderation als mögliche Alternative. Demgegenüber bekräftigten der Bundesminister des Auswärtigen Dr. FrankWalter Steinmeier und sein französischer Amtskollege Laurent Fabius bei einem gemeinsamen Besuch in Chisinau am 23. April 2014 ihre Unterstützung für den voraussichtlichen Abschluss eines EU-Assoziierungsabkommens mit der Republik Moldau noch im Sommer dieses Jahres (vgl. www.stern.de/ politik/ausland/deutschland-und-frankreich-versprechen-moldau-annaeherungan -eu-2105376.html). Zudem können moldauische Staatsangehörige seit kurzem visumfrei in die EU reisen. Der intensivierte Annäherungsprozess Moldaus an die EU beeinflusst laut Einschätzung der OSZE-Missionsleiterin auch die laufenden 5+2-Gespräche (vgl. www.ukrinform.ua/deu/news/ leiterin_der_osze_mission_in_moldau_im_transnistrien_konflikt_volles_ vertrauen_in_die_absichten_der_ukraine_8377). Angesichts dessen stellt sich die Frage nach der Bilanz der bisherigen Arbeit der OSZE und den künftigen Rahmenbedingungen der OSZE-Konfliktvermittlung in der Republik Moldau. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Beantwortung der Fragen 7, 8 und 12 kann aus Gründen des Staatswohls nicht in vollem Umfang offen erfolgen. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des Bundesnachrichtendienstes sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) besonders schutzwürdig. Ebenso schutzbedürftig sind Ein- zelheiten zu der nachrichtendienstlichen Erkenntnislage. Eine Veröffentlichung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2079 von solchen Einzelheiten würde zu einer wesentlichen Schwächung der dem Bundesnachrichtendienst zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen und ließe Rückschlüsse auf die Aufklärungsschwerpunkte , Methoden der Erkenntnisgewinnung und Kooperationen mit anderen Nachrichtendiensten zu. Dies würde für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes Nachteile zur Folge haben. Insofern könnte die Offenlegung entsprechender Informationen für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) mit dem VS-Grad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. 1. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die konkreten Ausgaben der OSZE seit Beginn der Mission in der Republik Moldau in den einzelnen Bereichen entwickelt (bitte möglichst nach Einzelbereich und pro Jahr auflisten)? Der Bundesregierung liegen die unten tabellarisch dargestellten Zahlen zur Entwicklung des Budgets der Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Republik Moldau vor. Seit dem Jahr 2005 ist das Budget der OSZE-Mission um 43 Prozent gestiegen. Über die Entwicklung des Budgets vor dem Jahr 2005 liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 2. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Personalausstattung der OSZE-Mission in der Republik Moldau seit Missionsbeginn entwickelt (bitte möglichst pro Jahr auflisten)? Der Bundesregierung liegen die unten tabellarisch dargestellten Zahlen zur Entwicklung des Personals der OSZE-Mission in der Republik Moldau vor. Seit dem Jahr 2005 ist der Anteil des lokalen Personals an der Mission um 95 Prozent gestiegen, während der des internationalen Personals an der Mission um 27 Prozent aufgewachsen ist. Dies entspricht einem Anstieg des Gesamtpersonals von Jahr Budget (Euro) 2005 1 485 900 2006 1 622 500 2007 1 868 800 2008 1 956 400 2009 1 960 100 2010 2 083 900 2011 2 083 900 2012 2 072 900 2013 2 125 200 2014 k. A. Drucksache 18/2079 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 70 Prozent seit dem Jahr 2005. Über die Personalentwicklung an der Mission vor dem Jahr 2005 liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 3. Mit wie vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat sich Deutschland an der Personalausstattung der OSZE-Mission in Moldau seit Missionsbeginn beteiligt (bitte möglichst pro Jahr auflisten)? Seit Beginn der Mission im Jahr 1993 hat nahezu durchgehend bis heute mindestens jeweils eine Deutsche bzw. ein Deutscher für sie gearbeitet. Insgesamt waren über den Zeitraum acht Deutsche beschäftigt. 4. Wie sehen die konkreten Missionsbefugnisse der OSZE für den Transnistrienkonflikt aus, und über welche Mitentscheidungskompetenzen verfügen die OSZE-Missionsteilnehmerinnen und -Missionsteilnehmer insbesondere in Fragen der militärischen Sicherheit und bei der Mitarbeit in der trilateralen Gemeinsamen Kontrollkommission? Die OSZE-Mission in der Republik Moldau wurde im April 1993 mit dem Ziel eingerichtet, eine friedliche Beilegung des Transnistrien-Konflikts zu unterstützen . Das Mandat der OSZE-Mission umfasst im Kern: 1. Schaffung eines politischen Rahmens für Dialog und Verhandlungen über eine dauerhafte Lösung des Transnistrien-Konfliktes auf der Basis der territorialen Integrität Moldaus und eines Sonderstatus für Transnistrien; 2. Förderung eines Einverständnisses über den Abzug fremder Truppen einschließlich der Zerstörung von Waffen und Munition; 3. Förderung der Durchsetzung von Menschen- und Minderheitenrechten in Moldau und Transnistrien. Die OSZE-Mission in Moldau nimmt auch die Aufgabe des Sekretariats für den 5+2-Prozess zur Beilegung des Transnistrien-Konflikts wahr. In der „Joint Control Commission“, dem Aufsichtsgremium der Friedensschaffenden Kräfte in der Sicherheitszone, besitzt die OSZE einen Beobachterstatus. Jahr Lokale Missionsmitarbeiter Internationale Missionsmitarbeiter Gesamt 2005 20 11 31 2006 26 13 39 2007 34 13 47 2008 29 13 52 2009 41 13 54 2010 39 14 53 2011 39 13 52 2012 39 13 52 2013 39 13 52 2014 39 14 53 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2079 5. Wie viele Sicherheitszonen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der Region Transnistrien vorhanden, und wie viele Sicherheitskräfte/Militärangehörige sind dort im Rahmen der trilateralen Gemeinsamen Kontrollkommission jeweils stationiert (bitte möglichst nach Sicherheitszone, Personalstärke und Kontingentzugehörigkeit auflisten)? Über Sicherheitszonen in der Region Transnistrien liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12a der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1745 vom 12. Juni 2014 verwiesen. 6. Mit wie vielen Militärbeobachtern ist die Ukraine an der Gemischten Kontrollkommission aktuell beteiligt, und wie sieht der konkrete Auftrag aus? Die Ukraine hat aktuell das Mandat, zehn Militärbeobachter in der Sicherheitszone einzusetzen und zu bewegen. Sie haben den Auftrag, die eingerichteten Checkpoints und den allgemeinen Dienstbetrieb zu kontrollieren. Darüber hinaus führen sie im zugewiesenen Sicherheitsbereich Patrouillen durch. Im Falle einer militärischen Eskalation leiten sie die notwendigen Schutz-und Sicherheitsmaßnahmen ein. Die Ukraine ist zusätzlich in der „Joint Control Commission “ vertreten. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12a der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1745 vom 12. Juni 2014 verwiesen. 7. Wie viele Militärangehörige Russlands halten sich nach Kenntnis der Bundesregierung darüber hinaus derzeit noch im Zusammenhang mit der Sicherung von alten Munitionsdepots in der Region Transnistrien auf? Laut jährlichem Informationsaustausch der Russischen Föderation im Rahmen des Wiener Dokuments hatte das russische militärische Kontingent in Transnistrien (eine „Operative Gruppe“) zum Stichtag 1. Januar 2014 einen Personalumfang von 1 132 Soldaten. Ein Teil dieses Personals wird zur Bewachung des Munitionsdepots in Kolbasna eingesetzt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und die als Verschlusssache „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestufte Anlage verwiesen.* 8. In welchem Umfang sind nach Kenntnis der Bundesregierung noch Altbestände an Waffen und Munition in der Region Transnistrien vorhanden, und worum handelt es sich dabei konkret? In dem Munitionsdepot Kolbasna in Transnistrien lagern noch ca. 20 000 Tonnen Munition (ursprünglich ca. 44 000 Tonnen). Der Bundesregierung sind keine weiteren Lagerstätten von Altbeständen an Waffen und Munition in der Region Transnistrien bekannt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und die als Verschlusssache „VS – Nur für den Dienstgebrauch “ eingestufte Anlage verwiesen.* * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Anlage ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 18/2079 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die von den Munitionsdepots ausgehenden Gefahren für die Umwelt und den Gesundheitsschutz der Bevölkerung? Die OSZE hat im Jahr 2001 die möglichen Auswirkungen bei einem GAU (größten anzunehmenden Unfall) im Munitionsdepot Kolbasna abgeschätzt. Demnach wäre in einem solchen Fall ein Gebiet mit einem Radius von bis zu 15 Kilometern um das Munitionsdepot betroffen, dabei auch Teile des Hoheitsgebiets der Ukraine. Die Bundesregierung hat keine darüber hinausgehenden eigenen Erkenntnisse über von dem Munitionsdepot ausgehende Gefahren für die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung. 10. Wie ist der Zugang der OSZE-Beobachterinnen und -Beobachter zu den Sicherheitszonen im Konfliktgebiet geregelt, und inwieweit kann die OSZE hierbei auch ohne Zustimmung moldauischer Behörden bzw. der De-facto-Behörden Transnistriens vor Ort Inspektionsbesuche durchführen ? Einer Übereinkunft aus dem Jahre 1993 entsprechend hat die OSZE-Mission in der Republik Moldau grundsätzlich das Recht, ohne Zustimmung durch die Defacto -Behörden Transnistriens und ohne vorherige Anmeldung die Einhaltung des Waffenstillstands und die Vorgänge in der Sicherheitszone zu beobachten. Seit dem Jahr 2011 versucht die transnistrische Seite, diese Praxis zu unterbinden und strebt eine neue Übereinkunft mit der OSZE-Mission in der Republik Moldau an. Seit November 2013 hat die transnistrische Seite durch die Verabschiedung eines „Gesetzes über Internationale Organisationen“ den Zugang für die OSZE nach Transnistrien und in den transnistrischen Teil der Sicherheitszone stark eingeschränkt. Derzeit dürfen sich nur die OSZE-Missionsleitung bzw. die stellvertretende Missionsleitung sowie Missionsangehörige der „Joint Control Commission“ in der Sicherheitszone bewegen. Die Bundesregierung setzt sich nachdrücklich für die uneingeschränkte Ausübung des Mandats der OSZE-Mission in der Republik Moldau ein. 11. Wie viele Feldmissionen haben die OSZE-Beobachterinnen und -Beobachter seit Missionsbeginn in der Region Transnistrien oder entlang der administrativen Sicherheitsgrenze durchgeführt, und worum ging es dabei zumeist? Der Bundesregierung liegen darüber keine Erkenntnisse vor. 12. Über welche eigenen, konventionellen Waffensysteme verfügen die Defacto -Streitkräfte in der Region Transnistrien nach Kenntnis der Bundesregierung , und wie sieht ihre aktuelle Personalstärke aus? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und die als Verschlusssache „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestufte Anlage verwiesen.* * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Anlage ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2079 13. Über welche konventionellen Waffensysteme verfügt die Republik Moldau entlang der Sicherheitsgrenze zur Region Transnistrien nach Kenntnis der Bundesregierung, und wie sieht die aktuelle Personalstärke der moldauischen Armee aus? Gemäß dem weltweiten Austausch militärischer Informationen der Republik Moldau verfügten die moldauischen Streitkräfte zum Stichtag 1. Januar 2014 über insgesamt 201 gepanzerte Kampffahrzeuge, 181 Artilleriewaffen und sechs militärische Transporthubschrauber. Ihre Personalstärke betrug rund 6 300 Soldaten . Hinsichtlich einer etwaigen Stationierung von Waffensystemen entlang der Sicherheitsgrenze zur Region Transnistrien liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 14. Welche Rolle spielt das im Juni 2010 zwischen Deutschland und Russland vereinbarte „Meseberger Memorandum“ über eine vertiefte Sicherheitszusammenarbeit im Hinblick auf die Beilegung des Transnistrienkonflikts , und inwieweit ist dieses für den 5+2-Verhandlungsprozess oder die OSZE-Mission bislang von konkreter Bedeutung gewesen? Infolge des Meseberg-Memorandums kam es zur Wiederaufnahme offizieller Verhandlungen im 5+2-Format im November 2011. Die letzte Runde fand am 5./6. Juni 2014 in Wien statt. Seit dem Meseberg-Memorandum wurden fünf Konferenzen der OSZE zu vertrauensbildenden Maßnahmen im Transnistrienkonflikt in Deutschland mit Mitteln des Auswärtigen Amts gefördert, zuletzt am 10./11. Juni 2014 in Freising. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 14 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1745 vom 12. Juni 2014 verwiesen. 15. Wie sieht die aktuelle Position der Bundesregierung zur Fortführung der „Meseberg-Initiative“ über eine vertiefte Sicherheitszusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland hinsichtlich der künftigen Bemühungen für eine Beilegung des Transnistrienkonflikts aus? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1745 vom 12. Juni 2014 wird verwiesen. 16. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich der aktuellen Passiermöglichkeiten im transnistrischen Abschnitt der moldauischukrainischen Grenze für die Inhaberinnen und Inhaber von russischen Reisepässen? Nach Informationen der Grenzmission der Europäischen Union für die Republik Moldau und die Ukraine (EUBAM Moldau/Ukraine) haben die ukrainischen Grenzschutzbehörden ihre Kontrollen verschärft (u. a. intensive Einreisebefragung ). Dies führt zu einer erhöhten Zahl von Einreiseverweigerungen. Davon sind auch russische Staatsangehörige betroffen. Informationen über die konkreten Begründungen zur Einreiseverweigerung liegen nicht vor. Die durch die Experten von EUBAM Moldau/Ukraine regelmäßig durchgeführten Beobachtungen ließen keine Störungen der Reisebewegungen erkennen. Während der ausführlichen Gespräche, die der Beauftragte des Auswärtigen Amts für Osteuropa, Kaukasus und Zentralasien, Botschafter Meier-Klodt, am 25. Mai 2014 in Moskau mit dem russischen Sonderbotschafter für den TransnistrienKonflikt , Gubarew, führte, wurde das Thema von russischer Seite nicht auf- gebracht. Drucksache 18/2079 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Welche eigenen Grenzsicherungsmaßnahmen haben nach Kenntnis der Bundesregierung die ukrainischen Behörden in letzter Zeit entlang des transnistrischen Abschnitts der moldauisch-ukrainischen Grenze durchgeführt , und wie wird dadurch die Lebensmittelversorgung und wirtschaftliche Situation der Bevölkerung in der Region Transnistrien beeinflusst ? Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation haben die ukrainischen Behörden seit März 2014 die Sicherheitsmaßnahmen im transnistrischen Abschnitt der moldauisch-ukrainischen Grenze angepasst. Die Grenzkontrolle, auch der zweiten Kontrolllinie, wurde personell und materiell ausgebaut. In diesem Rahmen wurde auch die Befragung bzw. Vernehmung sowie die Durchsuchung von Reisenden und Fahrzeugen nach Waffen und Munition verstärkt. Konkrete Zahlen zu den eingesetzten Kräften liegen nicht vor. Die durch die Grenzexperten der Mission EUBAM Moldau/Ukraine regelmäßig durchgeführten Beobachtungen ließen keine Veränderung des Warenverkehrs feststellen. 18. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die aktuelle Situation bei der Durchführung der European Union Border Assistance Mission to Moldova (EUBAM) im transnistrischen Abschnitt der moldauisch-ukrainischen Grenze, und welche Probleme sind hierbei ggf. festzustellen? Die Mission EUBAM Moldau/Ukraine überwacht entsprechend ihrem Mandat auch die Aktivitäten an der Grenze zwischen der Ukraine und der Republik Moldau. Sie ist dabei nicht auf transnistrischer Seite tätig. Die Zusammenarbeit mit den moldauischen und ukrainischen Partnern stellt sich weiterhin als gut und vertrauensvoll dar. 19. Wie beurteilt die Bundesregierung die aktuelle Sicherheitslage in der Region Transnistrien, und wie viele sicherheitsrelevante Vorfälle hat es nach Kenntnis der Bundesregierung seit Jahresbeginn in den Sicherheitszonen gegeben (bitte mit Datum, Ortsangabe und Art des Vorfalls auflisten)? Die Lage in Transnistrien ist nach Einschätzung der Bundesregierung ruhig. Kurzfristige Änderungen sind nicht auszuschließen. Über etwaige sicherheitsrelevante Vorfälle hat die Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse. 20. Wie wirken sich nach Einschätzung der Bundesregierung die gegenwärtig angespannten Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland auf den laufenden 5+2-Verhandlungsprozess, die OSZE-Mission und die Zusammenarbeit in der Gemeinsamen Kontrollkommission aus? Die formellen 5+2-Gespräche zur Lösung des Transnistrienkonflikts verzeichnen bereits seit der zweiten Jahreshälfte 2012, nach einer Verhärtung der Positionen Russlands und der transnistrischen „Führung“, keine Veränderungen bei der Diskussion des dritten Korbes der gemeinsamen Agenda (Konfliktlösung). Die Gespräche fokussieren seitdem auf Fortschritte bei vertrauensbildenden Maßnahmen, so auch bei der letzten Runde am 5./6. Juni 2014 in Wien. Konkrete Auswirkungen der Krise in der Ukraine auf die Arbeit der OSZE-Mission in Moldau sind der Bundesregierung nicht bekannt. Die Arbeit der „Joint Control Commission“ verläuft nach Kenntnis der Bundesregierung entsprechend der Vereinbarungen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2079 21. Wie beurteilt die Bundesregierung die Bedeutung des von der autonomen Regierung Gagausiens ohne Zustimmung der moldauischen Zentralregierung initiierten Referendums vom 2. Februar 2014, bei dem sich 98 Prozent der gagausischen Bevölkerung für die künftige Zollunion mit Russland aussprachen, vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen für ein EU-Assoziierungsabkommen mit der Republik Moldau? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1745 vom 12. Juni 2014 wird verwiesen. 22. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Beziehungen zwischen der gagausischen Autonomieregierung und der moldauischen Zentralregierung seit dem politischen Machtwechsel in der Republik Moldau im Jahr 2009 entwickelt? Der Gouverneur von Gagausien ist seit der Zuerkennung des Status der Verwaltungsautonomie im Jahr 1992 Mitglied der Regierung (ex officio). Dies ist in der Geschäftsordnung der Regierung verankert, die Gesetzesrang besitzt. Der aktuelle Amtsinhaber übt seine Funktion seit dem Jahr 2006 aus. Gegenwärtig werden Fragen, die den Autonomiestatus betreffen, in einer gemeinsamen Kommission erörtert. 23. Welchen Stellenwert besitzt nach Einschätzung der Bundesregierung der Lösungsansatz einer stärkeren Föderalisierung der Republik Moldau in den gegenwärtigen 5+2-Verhandlungen und den Vermittlungsbemühungen der OSZE im Transnistrienkonflikt? Wie in der Antwort zu Frage 20 geschildert, verzeichnen die formellen 5+2-Gespräche seit der zweiten Jahreshälfte 2012 keine Veränderungen bei der Diskussion des dritten Korbes der gemeinsamen Agenda (Konfliktlösung). Dementsprechend wird in den gegenwärtigen 5+2-Verhandlungen nach Kenntnis der Bundesregierung auch eine Föderalisierung nicht erörtert. 24. Welche aktuelle Position vertritt nach Kenntnis der Bundesregierung die amtierende moldauische Regierung zum Lösungsansatz einer Föderalisierung im Transnistrienkonflikt? Auf die Antwort zu Frage 23 wird verwiesen. 25. Wie wirken sich nach Einschätzung der Bundesregierung die aktuell angespannten Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland auf die Fortführung der Verhandlungen mit der Republik Moldau über den Abschluss eines EU-Assoziierungsabkommens aus? Die Verhandlungen des Assoziierungsabkommens der Europäischen Union mit der Republik Moldau wurden bereits im Juli 2013 abgeschlossen. Das Abkommen wurde auf dem Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Wilna am 28./29. November 2013 paraphiert. Die Unterzeichnung erfolgte am 27. Juni 2014 am Rande des Europäischen Rates in Brüssel. Drucksache 18/2079 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 26. Welche Vorkehrungen gedenkt die Bundesregierung zu treffen, um zu verhindern , dass die EU-Verhandlungen mit der Republik Moldau über den Abschluss eines Assoziierungsabkommens angesichts der mehrheitlich ablehnenden Haltung der transnistrischen und gagausischen Bevölkerung zur weiteren Zuspitzung in den bereits bestehenden bzw. latent vorhandenen , innerstaatlichen Konflikten beitragen oder den weiteren Verlauf der OSZE-Mission nachteilig beeinflussen? Auf die Antwort zu Frage 25 wird verwiesen. 27. Sind der Bundesregierung über die bisherige Mission der OSZE hinausgehende Absichten der moldauischen Regierung bekannt, unabhängige Militärbeobachter aus OSZE-Staaten nach dem Wiener Dokument zur Untersuchung der aktuellen Sicherheitslage in den Sicherheitszonen anzufordern , und falls ja, erwägt die Bundesregierung, sich daran zu beteiligen ? Der Bundesregierung sind keine Absichten der moldauischen Regierung bekannt , unabhängige Militärbeobachter aus OSZE-Staaten nach dem Wiener Dokument zur Untersuchung der aktuellen Sicherheitslage in den Sicherheitszonen anzufordern. Auf dem Hoheitsgebiet der Republik Moldau führen OSZE-Teilnehmerstaaten jährlich bis zu drei Inspektionen im Rahmen der Quotenverteilung des Wiener Dokuments aus dem Jahr 2011 durch. Die Inspektionen können auch Gebiete einschließen, die zur Sicherheitszone gehören. 28. Erwägt die Bundesregierung, unter anderem als mögliche Konsequenz aus den Erfahrungen in der Ukraine-Krise, sich innerhalb der OSZE für die künftige Erweiterung der konkreten Missionsbefugnisse der OSZE in der Republik Moldau einzusetzen, und falls nein, weshalb nicht? Die OSZE-Mission in Moldau spielt eine wichtige Rolle im Transnistrien-Konfliktlösungsprozess . Sie fungiert als Sekretariat des 5+2-Prozesses, unterstützt zahlreiche vertrauensbildende Maßnahmen zwischen beiden Seiten, fördert den Abzug russischer Militärgüter, stärkt durch Projekte die Zivilgesellschaften beiderseits des Nistru/Dnjestr und fördert informelle Kontakte zwischen den 5+2- Verhandlungspartnern. Die Bundesregierung schätzt die Arbeit der OSZE-Mission in der Republik Moldau, die ein unverzichtbares Bindeglied im 5+2-Prozess darstellt, als vorbildlich ein. Dies manifestiert sich u. a. in der engen Kooperation der Bundesregierung mit der Mission bei der Organisation der jährlich in Bayern stattfindenden OSZE-Konferenzen zu vertrauensbildenden Maßnahmen im Transnistrien -Konflikt. Eine Erweiterung des Mandats der OSZE-Mission in Moldau hält die Bundesregierung aus diesen Gründen für nicht notwendig. 29. Wie positioniert sich die Bundesregierung grundsätzlich zu einer möglichen Aufwertung der Rolle der OSZE als regionale Sicherheitsorganisation in Europa in Anbetracht des Scheiterns bzw. der Stagnation der Konfliktbeilegungsprozesse in der Republik Moldau und in anderen osteuropäischen /postsowjetischen Staaten? Die OSZE bildet die einzigartige sicherheitspolitische Klammer aller Staaten in Europa, den Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada. Sie reicht mit ihren 57 Teilnehmerstaaten von Vancouver bis Wladiwostok. Die OSZE wurde seinerzeit zur Überwindung der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2079 Block-Gegensätze durch Dialog und Kooperation gegründet und verfügt inzwischen über ein einzigartiges, ausdifferenziertes Instrumentarium zur Unterstützung beim Auf- und Ausbau rechtsstaatlicher und demokratischer Strukturen sowie bei der Umsetzung ihrer umfangreichen menschenrechtlichen Normen und Standards. Sie ist einem breiten Sicherheitsbegriff verpflichtet. Die Bundesregierung bekennt sich zur OSZE als einer Schlüsselorganisation für Frühwarnung und Krisenprävention ebenso wie für Konfliktlösung, -management und -nachsorge. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD heißt es dazu: „Wir wollen die OSZE stärken. Die Bundesregierung erklärt sich in Absprache mit den OSZE-Partnernationen, insbesondere Polen und Frankreich, dazu bereit, mehr Verantwortung in der OSZE zu tragen.“ In diesem Sinne engagiert sich Deutschland in der OSZE dafür, dass innerhalb der Organisation die Gemeinsamkeiten stärker betont und Lösungen für politische Krisen gefunden werden. Deutschland übernimmt hier durch sein Engagement eine Vorbildfunktion. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333