Deutscher Bundestag Drucksache 18/2092 18. Wahlperiode 11.07.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralph Lenkert, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1716 – Altlastensanierungen im Rahmen des Kalifusionsvertrags vom 13. Mai 1993 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der so genannte Kalifusionsvertrag (Rahmenvertrag) zwischen der Treuhandanstalt (THA), der Kali und Salz AG und der Mitteldeutschen Kali AG (MDK) vom 13. Mai 1993 beinhaltet u. a. Regelungen zu umfangreichen Freistellungen des neuen Unternehmens K+S KALI GmbH von Altlasten. Mit dem Abschluss des „Generalvertrages über die abschließende Finanzierung der ökologischen Altlasten im Freistaat Thüringen“ wurde der Bund aus der Verantwortung für die Altlastensanierung entlassen, während sie an den Freistaat Thüringen überging. Auf bisher unabsehbare Zeit verlangt die K+S KALI GmbH monatlich über 1,5 Mio. Euro für Altlastensanierungen. Der Kalifusionsvertrag stellt noch heute eine erhebliche Belastung für die Steuerzahler dar, über die in Zukunft noch anstehenden Kosten herrscht Unklarheit (Thüringer Allgemeine, 10. April 2014; „Thüringer zahlen monatlich 1,5 Millionen Euro an Kali und Salz“). Die trotz Geheimhaltungsbemühungen bekannt gewordenen Unterlagen wecken Befürchtungen, dass mit dem Vertrag der freie Wettbewerb im Bereich des Kalibergwerkbaus verhindert wurde und somit Nachteile für die Kunden, und die Beschäftigten der stillgelegten Bergwerke, durch das Entstehen eines Marktmonopols und den Verlust wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze entstanden (siehe z. B. DIE ZEIT, Nr. 33; 13. August 1993; http://pdfarchiv.zeit.de). Da die Bundesregierung die Verantwortung und die Aufsicht über die THA hatte, ist sie für die Kontrolle der rechtmäßigen Umsetzung des Vertrages zuständig . 1. Welche Eckdaten waren diejenigen, die laut Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf BundestagsDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. Juli 2014 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. drucksache 18/1445 vom Verwaltungsrat der THA zur Privatisierung der MDK „im Wege der Zusammenfassung mit den Kali- und Salzaktivitäten der Kali und Salz AG […] zustimmend zur Kenntnis“ genommen wurden, Drucksache 18/2092 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode und zu welchen dieser Eckdaten wurden im Zuge der Vertragsverhandlungen Veränderungen durchgeführt (bitte Eckdaten auflisten)? Die Privatisierung der MDK ist im Rahmen eines Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages unter Wahrung der Vertraulichkeitsanforderungen aufgearbeitet worden. Details können der Beschlussempfehlung und dem Bericht des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes vom 28. Mai 1998 (Deutscher Bundestag – 13. Wahlperiode, Bundestagsdrucksache 13/10900) entnommen werden. 2. Wurden vom Verwaltungsrat der THA andere Optionen der Privatisierung (ganz oder teilweise) der MDK als die Fusion mit der Kali und Salz AG diskutiert , und welche Gründe wurden für die Ablehnung dieser Optionen angeführt (bitte Optionen und Ablehnungsgründe auflisten)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Gab es Mitarbeiter der THA, ihres Verwaltungsrates, Vorstandes oder des Aufsichtsrates, die vor, während und/oder nach ihrer Tätigkeit für die THA für K+S KALI GmbH bzw. ein Vorgängerunternehmen von K+S KALI GmbH tätig waren oder wurden (bitte nach Funktion und Dauer der Tätigkeit für THA und Funktion und Tätigkeit bei K+S KALI GmbH bzw. der Vorgängerunternehmen auflisten)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 4. Zu welchen Zeitpunkten, jeweils zu welchem Zweck und in welcher Höhe wurden im Laufe des Prozesses der Fusion zwischen der Kali und Salz AG Kassel, der THA und der MDK zum Gemeinschaftsunternehmen öffentliche Gelder an das Gemeinschaftsunternehmen gezahlt? Angaben über die dem Gemeinschaftsunternehmen im Rahmen der Privatisierung von der THA zur Verfügung gestellten Finanz- und Sachmittel unterliegen der Vertraulichkeitsvereinbarung gemäß Artikel 23 des Rahmenvertrages. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. Wirtschaftsgüter und Anlagevermögen mit welchem Wertumfang hat die THA dem Gemeinschaftsunternehmen wann zur Verfügung gestellt? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 6. Zu welchen Zeitpunkten und in welcher Höhe stellte die THA dem Gemeinschaftsunternehmen Finanzmittel für Investitionen, Reparaturen, den Ausgleich von Personal- und Sozialplankosten, für Rückstellungen (z. B. für Bergbaurisiken, Demontagen, Versatz oder Stilllegungen), für die Sanierung von Altlasten sowie ggf. für weitere Zwecke zur Verfügung? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2092 7. Wie viel Verlustausgleich wurde in den Folgejahren nach Abschluss des Kalifusionsvertrages vom Gemeinschaftsunternehmen beantragt bzw. von der THA nachgezahlt? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 8. Wie viele Barmittel stellte die THA der MDK zweckgebunden bereit? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 9. Wurden vereinbarte Zweckbindungen für Zahlungen an das Gemeinschaftsunternehmen aufgehoben und diese Mittel trotzdem im neu entstandenen Gemeinschaftsunternehmen verbraucht (bitte Auflistung aller zweckgebundenen Zahlungen und ob diese der Zweckbindung entsprechend eingesetzt wurden, und falls nicht, wann, und wer die Aufhebung der Zweckbindung für welche Mittel bestätigte)? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 10. Auf welcher Rechtsgrundlage wurden in der Zeit von 1993 bis 1999 Altlastensanierungen im Bereich der K+S KALI GmbH durch wen finanziert ? In Artikel 16 des Rahmenvertrages vom 13. Mai 1993 hat sich die THA dazu verpflichtet, das Gemeinschaftsunternehmen von Ansprüchen zur Durchführung von Gefahrenabwehrmaßnahmen freizustellen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. 11. Welche Sanierungsmaßnahmen (u. a. horizontaler Versatz, Maßnahmen zur Reduzierung der Salzbelastung der Werra) gingen über die üblichen bzw. vereinbarten Freistellungsbestimmungen hinaus? Der Rahmenvertrag vom 13. Mai 1993 regelt in Artikel 16 die Umweltaltlastenfreistellung der THA. Die Freistellung umfasst die zwischen den Vertragsparteien einvernehmlich abgestimmten und vertraglich vereinbarten Altlastenmaßnahmen . Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden in dem Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Generalvertrages im Jahr 1999 keine Sanierungsmaßnahmen, die über die vereinbarten Freistellungen hinausgingen, durchgeführt und finanziert . 12. Welche Übersicht über Altlasten des Kalibergbaus war Grundlage der Vereinbarung über die Altlastensanierung (bitte Auflistung nach Altlast und geschätztem Sanierungsaufwand je Standort)? Im Zusammenhang mit dem Kalifusionsvertrag liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse über eine derartige Übersicht vor. 13. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Laufe der Sanierungen neue, bei Vertragsabschluss zur Fusion im Jahr 1993 unbekannte Altlasten Drucksache 18/2092 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode entdeckt, für die zusätzliche Sanierungsmittel zu zahlen sind (bitte Auflistung mit geschätzten Sanierungsaufwand)? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis über unbekannte Altlasten, die nach Abschluss des Rahmenvertrages vom 13. Mai 1993 neu entdeckt wurden. 14. Wer kontrolliert den ordnungsgemäßen Einsatz der Steuermittel zur Sanierung der Altlasten und den Fortgang der Sanierungsarbeiten? Die Finanzierung und die Kontrolle der Sanierungsmaßnahmen obliegen seit dem Inkraftreten des Generalvertrages im Jahr 1999 dem Freistaat Thüringen. 15. Inwieweit hatte die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob, und wenn ja, in welcher Höhe, Fördermittel aus dem Thüringer Landeshaushalt (ggf. aus EU-Fonds kofinanziert) für Kaligruben des Gemeinschaftsunternehmens ausgereicht wurden? In der beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission werden zusätzliche Beihilfen aus dem Investitionszulagengesetz für die Jahre 1993 bis 1997 für neue Anlagen erwähnt. Da die Fördermaßnahmen gemäß diesem Gesetz aus dem Einkommensteuer- und Körperschaftsteueraufkommen refinanziert wurden, hat der Freistaat Thüringen folglich – entsprechend der föderalen Verteilung dieses Steueraufkommens – einen Teil der Förderung getragen. Weitere Erkenntnisse über ausgereichte Fördermittel des Freistaates liegen der Bundesregierung nicht vor. 16. Welche Altlasten wurden mit welchem Aufwand abschließend saniert, und wie erfolgte die Kontrolle des Einsatzes der Mittel zur Sanierung (in Bezug zur Auflistung zu Frage 15)? Es wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 17. Wie gliedern sich diese Summen ggf. auf Jahresbeträge und Betriebsstandorte auf? Es wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 18. Sollten Fördermittel im Sinne der Frage 10 geflossen sein, wie stellte die Bundesregierung sicher, dass eventuelle Doppelzahlungen (z. B. aus dem Bundeshaushalt) bzw. unrechtmäßige Zahlungen vermieden werden konnten ? Hinsichtlich der in der Antwort zu Frage 15 erwähnten Investitionszulage hat die Europäische Kommission in ihrer Entscheidung darauf hingewiesen, dass ausdrücklich keine Doppelförderung vorliege. Ansonsten liegen der Bundesregierung über den Einsatz von Fördermitteln neben den vertraglichen Zahlungsverpflichtungen der THA gemäß Artikel 16 des Rahmenvertrages keine Erkenntnisse vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2092 19. Falls es ein beihilferechtliches Prüfverfahren der Europäischen Kommission im Verlauf des Fusionsprozesses gegeben hat, wer hat dieses angemeldet ? Das Bundesministerium für Wirtschaft hat nach Abschluss des Rahmenvertrages sowohl die Zustimmung der Europäischen Kommission zum Zusammenschluss der Unternehmen sowie die beihilferechtliche Genehmigung eingeholt. 20. Wie war der Verlauf dieses Verfahrens, welche Produktionszeiträume und Betriebsstandorte waren Gegenstand der Prüfung? Im Rahmen des EU-Beihilfeverfahrens N 476/1993 hat die Europäischen Kommission im Jahr 1993 die finanziellen Hilfen der Treuhandanstalt an die von ihr gehaltene Gesellschaft Mitteldeutsche Kali AG im Zusammenhang mit der Fusion mit der Kali + Salz AG geprüft und am 31. Dezember 1993 genehmigt. Gegenstand dieser Prüfung der Europäischen Kommission war der damals vorgelegte Geschäftsplan zur Umstrukturierung des Gemeinschaftsunternehmens mit einer fünfjährigen Laufzeit (bis zum Jahr 1997). Die fusionskontrollrechtliche Prüfung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 4064/ 89 des am 14. Juli 1993 angemeldeten Fusionsvorhabens wurde von der Europäischen Kommission mit einer Freigabeentscheidung vom 14. Dezember 1993 abgeschlossen (Fall Nr. IV/M.308 – Kali + Salz/MDK/Treuhand, ABl. EG v. 21. Juli 1994, S. 38 ff.). Den Zusammenschluss sah sie als nicht kausal für die erwartete faktische Monopolstellung von Kali + Salz auf dem deutschen Kalimarkt (Sanierungsfall der MDK). Die Freigabe wurde aber an bestimmte Zusagen geknüpft, da auf dem Markt außerhalb Deutschlands das Entstehen eines marktbeherrschenden Duopols von K + S/MDK und dem französischen Unternehmen SCPA angenommen wurde. Auf die deshalb erfolgte Anfechtung durch Frankreich und SCPA hat der Europäische Gerichtshof die Entscheidung mit Urteil vom 31. März 1998 für nichtig erklärt. Die Europäische Kommission habe die Entstehung des Duopols nicht hinreichend begründet. Gegenstand der Prüfung waren die Wettbewerbsverhältnisse auf den Kalimärkten in Deutschland und in der europäischen Gemeinschaft vor und nach dem Zusammenschluss. Die Europäische Kommission hat hierzu die Entwicklung der Umsätze (seit 1990) und der Marktanteile in den verschiedenen sachlichen und geographisch relevanten Kalimärkten untersucht. 21. Wen hat die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung in das Prüfverfahren einbezogen? Die EU-Beihilfeverfahren sind bilaterale Verfahren, in die regelmäßig nur der betroffene Mitgliedstaat und die Europäische Kommission eingebunden sind. Dies war nach Kenntnis der Bundesregierung auch bei diesem Prüfverfahren der Fall. In Fusionskontrollverfahren werden die zuständigen Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten einbezogen (vgl. Artikel 19 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/ 89). Nach Kenntnis der Bundesregierung geschah dies auch in diesem Prüfverfahren . Drucksache 18/2092 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 22. Welche deutschen bzw. internationalen Wettbewerber wurden neben K+S KALI GmbH und MDK nach Kenntnis der Bundesregierung in diesem Verfahren betrachtet? Für eine solche Betrachtung der Europäischen Kommission gibt es in ihrer Beihilfeentscheidung keine Hinweise. Der fusionskontrollrechtlichen Freigabeentscheidung der Europäischen Kommission ist zu entnehmen, dass die auf den Märkten der Europäischen Gemeinschaft als Erzeuger, Importeure und Exporteure präsenten Unternehmen betrachtet wurden. Dazu zählten u. a. Kalibergwerk Bischofferode, SCPA, Cleveland Potash, Coposa, Unternehmen aus Weissrussland und Russland (vgl. ABl. EG v. 21. Juli 1994, S. 38, 46 ff.). 23. Wurde nach Kenntnis der Bundesregierung im Verlauf des Fusionsprozesses die Stellungnahme einer Kartellbehörde eingeholt, bzw. hat sich eine Kartellbehörde selbst an die Bundesregierung (bzw. direkt an die THA) gewandt? Wenn ja, welche Behörde wurde wie im Verfahren aktiv? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde das Bundeskartellamt einbezogen. Einzelheiten können dem Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1993/1994 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet – zweiter Abschnitt, Nummer 2. Kali – vom 14. Juni 1995 (Deutscher Bundestag – 13. Wahlperiode, Bundestagsdrucksache 13/1660) sowie der Beschlussempfehlung und dem Bericht des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes vom 28. Mai 1998 (Deutscher Bundestag – 13. Wahlperiode, Drucksache 13/10900) entnommen werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. 24. Wann und mit welchem Prüfergebnis wurde das Verfahren nach Kenntnis der Bundesregierung beendet? Es wird auf die Antwort zu Frage 20 verwiesen. 25. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung die DEUSA International GmbH (Deusa Solbergwerke und Aufbereitung GmbH Bleicherode; Firmenname ab dem Jahr 1993) bzw. ihr Vorgängerbetrieb in den Verlauf des beihilferechtlichen Prüfverfahrens einbezogen worden, und wenn ja, auf wessen Antrag hin, auf welche Weise, und mit welchem Prüfergebnis? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob die DEUSA Solbergwerke und Aufbereitung GmbH Bleicherode bzw. ihr Vorgängerbetrieb in den Verlauf des beihilferechtlichen Prüfverfahrens einbezogen worden ist. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333