Deutscher Bundestag Drucksache 18/214 18. Wahlperiode 19.12.2013 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Agnieszka Brugger, Katja Keul, Omid Nouripour, Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/125 – Möglichkeiten der Vernichtung syrischer Chemiewaffen in Deutschland Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OVCW) hat entschieden, dass bis zum 5. Februar 2014 das komplette syrische Chemiewaffenarsenal außer Landes gebracht werden muss. Albanien hat es kürzlich abgelehnt, die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen durchzuführen. Deutschland könnte mit seiner langjährigen praktischen Abrüstungsexpertise im Bereich der Chemiewaffen einen engagierten Beitrag zur Vernichtung liefern. Da es auf die Vernichtung von Chemiewaffen spezialisierte Unternehmen in Deutschland gibt, sollte geprüft werden, ob eine Vernichtung hierzulande möglich ist. Ebenso muss untersucht werden, wie der Transport der syrischen Chemiewaffen nicht nur unter höchsten technischen Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch im Einklang mit den Bestimmungen der Chemiewaffenkonvention durchgeführt werden kann. Aus den deutschen Chemikalienlieferungen an Syrien bis zum Jahr 2011 (vgl. ZEIT ONLINE vom 30. September 2013) ergibt sich auch eine Verantwortung, die Vernichtung maßgeblich zu unterstützen. Mitglieder und Vertreter der Bundesregierung haben sich hinsichtlich des deutschen Beitrags zur Vernichtung syrischer Chemiewaffen in den letzten Wochen widersprüchlich geäußert. So sagte der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, im September 2013 „Wir haben bei der Vernichtung von Chemiewaffen erhebliche Erfahrung und auch entsprechende Programme“ (www.zeit.de). Auch der außen- und sicherheitspolitische Berater der Bundeskanzlerin , Christoph Heusgen, erklärte am Dienstag, den 18. November 2013: „Es ist gar nicht ausgeschlossen, dass auch Deutschland einen Beitrag leistet“. Niemand sage, dass „in Deutschland nicht auch nachgedacht wird über bestimmte Produkte, die wir hier vernichten können“ (http://augengeradeaus. net). Am gleichen Tag äußerte sich Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle gegenteilig : Die Frage einer Vernichtung der syrischen Chemiewaffenbestände in Deutschland stelle sich nicht, „weil es wirklich aus unserer Sicht weit geeignetere Regionen und Wege gibt“ (www.handelsblatt.com). Der Sprecher der BunDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 17. Dezember 2013 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. desregierung, Steffen Seibert, bekräftigte dies gegenüber „Reuters Deutsch- Drucksache 18/214 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode land“ am Mittwoch, den 20. November 2013: „Es ist für uns nicht denkbar, dass die Vernichtung in Deutschland stattfindet“. Eine Begründung dieser Aussagen blieb bisher aus. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ist eine präzedenzlose und außerordentlich komplexe Herausforderung. In enger Abstimmung mit internationalen Partnern nimmt Deutschland bei dieser wichtigen abrüstungspolitischen Initiative eine aktive Rolle ein. Es werden jedoch keine Chemiewaffen in Deutschland vernichtet werden, vielmehr wird sich die Bundesregierung in dieser Frage in den internationalen Verbund einordnen. Bereits am 19. September 2013 hat das Auswärtige Amt der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) eine freiwillige Soforthilfe von 2 Mio. Euro für Aktivitäten zur Verfügung gestellt, die die Beseitigung des syrischen Chemiewaffen -Programms betreffen. Zur Unterstützung der OVCW-Inspektoren hat die Bundesregierung auf verschiedene Weise logistische Unterstützung geleistet (Sicherheitstrainings und Lufttransport). Deutschland steht bereit, sich auch in Zukunft aktiv an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen zu beteiligen. Die Bundesregierung ist willens, weitere technische und finanzielle Unterstützung zu leisten. Daher hat die Bundesregierung der OVCW aktuell eine weitere Unterstützung von 3 Mio. Euro für die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung wirbt insbesondere im Rahmen der Europäischen Union für die Bereitstellung von zusätzlichen Finanzmitteln. Diese werden dringend für eine schnelle und umfassende Vernichtung aller syrischen C-Kampfstoffe benötigt. 1. Wurde die Bundesregierung von offizieller Seite oder auf informellem Weg angefragt, ob ein Teil des syrischen Chemiewaffenarsenals bzw. der zur Herstellung benötigten Vorprodukte in Deutschland vernichtet werden können , und wenn ja, von wem? a) Um welche Mengen welcher Stoffe der rund 1 000 Tonnen würde es sich handeln? b) Wie wurde die Anfrage – im Wortlaut – beantwortet? c) Wenn keine Anfrage erfolgt ist, hat die Bundesregierung eine Vernichtung von syrischen Chemiewaffen oder ihrer Komponenten in Deutschland eigeninitiativ angeboten? Die Bundesregierung hat eine Anfrage erhalten. Der Vorgang aufgrund der sensiblen Thematik und Geheimschutzabsprachen mit einer ausländischen Regierung als Verschlusssache „Geheim“ eingestuft. Eine entsprechende Information hierzu ist bei der Geheimschutzstelle des Bundestages hinterlegt.* * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheim- schutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/214 2. Gab es Vorgespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Vereinten Nationen oder der OVCW bzw. mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Staaten über eine mögliche Vernichtung syrischer Chemiewaffen in Deutschland ? Wenn ja, was war der Gegenstand dieser Gespräche, und zu welchem Ergebnis kamen sie? Hinsichtlich der Beseitigung des syrischen Chemiewaffen-Programms steht die Bundesregierung im engen Kontakt mit internationalen Partnern. Vorgespräche, die die Vernichtung von syrischen Chemiewaffen in Deutschland zum Gegenstand hatten, gab es nicht. 3. Welche Gründe sprechen nach Auffassung der Bundesregierung für und welche gegen die Vernichtung eines Teils des syrischen Chemiewaffenarsenals in Deutschland (bitte detaillierte Erklärung)? Grundsätzlich ordnet sich Deutschland bei der schnellstmöglichen Vernichtung der syrischen Chemiewaffen in den internationalen Verbund ein. Es werden jedoch keine Chemiewaffen in Deutschland vernichtet werden. Eine Einfuhr von Chemiewaffen nach Deutschland ist gesetzlich verboten (§ 18 des Kriegswaffenkontrollgesetzes ). Nach aktuellem Planungsstand soll die Vernichtung der syrischen C-Kampfstoffe und ihrer wesentlichen Vorprodukte in einem zweistufigen Verfahren erfolgen . Im ersten Schritt ist die seegestützte Unbrauchbarmachung mittels der sogenannten Hydrolyse-Technik vorgesehen. Die Vereinigten Staaten von Amerika werden diese Aufgabe federführend übernehmen. Laut Zeitplan, den der Exekutivrat der OVCW am 15. November 2013 für die Beseitigung des syrischen Chemiewaffen -Programms beschlossen hat, soll diese Phase der ChemiewaffenVernichtung bis zum 31. März 2014 abgeschlossen sein. Im zweiten Schritt sollen die durch die Hydrolyse unbrauchbar gemachten C-Kampfstoffe sowie deren Vorprodukte (verschiedene Dual Use-Chemikalien) möglichst in kommerziellen Abfallentsorgungsanlagen verbrannt werden. Hierzu hat der Generaldirektor der OVCW, Botschafter Ahmet Üzümcü, am 20. November 2013 ein weltweites Interessensbekundungs-Verfahren (Expression of Interest) eingeleitet. Als nächsten Schritt plant er eine internationale Ausschreibung. Er handelt hierbei im Auftrag der internationalen Gemeinschaft. Die Chemikalien des syrischen Chemiewaffenprogramms konnten von den OVCW-Inspektoren bisher nicht auf ihre genaue stoffliche Zusammensetzung hin analysiert werden. Daher verfügt die Bundesregierung derzeit nicht über eine ausreichende Informationsgrundlage, um diese sowie die folgenden, zum Teil sehr detaillierten und komplexen Fragen abschließend beantworten zu können. Auch hinsichtlich der genauen stofflichen Zusammensetzung der beim Hydrolyse-Verfahren entstehenden Abfallprodukte (Hydrolysate) gibt es Unwägbarkeiten . Nach Kenntnisstand der Bundesregierung konnten die US-amerikanischen Hydrolyse-Anlagen bisher nicht im Dauerbetrieb getestet werden. a) Was spricht nach Auffassung der Bundesregierung für und was gegen die Vernichtung eines Teils des syrischen Chemiewaffenarsenals bei der Gesellschaft zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten (GEKA) mbh in Munster? Eine Einfuhr von Chemiewaffen nach Deutschland ist gesetzlich verboten (§ 18 des Kriegswaffenkontrollgesetzes). Drucksache 18/214 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Hat die Bundesregierung mit der GEKA mbH oder anderen Betreibern infrage kommender Unternehmen erste Gespräche geführt bzw. sind solche geplant? Bezüglich der Vernichtung von Chemiewaffen in Deutschland hat die Bundesregierung weder mit der GEKA mbh noch mit anderen infrage kommenden Unternehmen Gespräche geführt. Allerdings leistet die GEKA mbH aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse im Bereich der Vernichtung chemischer Waffen für die Bundesregierung über das Bundesministerium der Verteidigung wichtige Beratungsfunktionen. Diese werden auch hinsichtlich der Beseitigung des syrischen Chemiewaffen-Programms regelmäßig in Anspruch genommen. Die beratende Tätigkeit der GEKA mbH ist jedoch nicht gleichbedeutend mit vorbereitenden Aktivitäten für eine Vernichtung syrischer Chemiewaffen in Deutschland. Darüber hinaus steht die Bundesregierung im Kontakt mit kommerziellen Unternehmen im Bereich der Abfallentsorgung. Eine ChemiewaffenVernichtung in Deutschland war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Gespräche . c) Welche Komponenten der syrischen Chemiewaffenbestände könnten in welchen Mengen und in welchem Zeitraum in Deutschland, zum Beispiel in Munster, vernichtet werden? Die Auswertung der durch die OVCW den Vertragsstaaten des Übereinkommens über das Verbot chemischer Waffen zugänglich gemachte Erstdeklaration der Arabischen Republik Syrien ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Ohne die Ergebnisse dieser Auswertung, d. h. ohne genaue Kenntnis über die stoffliche Zusammensetzung der in Rede stehenden Chemikalien, ist eine detaillierte Beantwortung dieser Frage aufgrund der fehlenden Faktengrundlage nicht möglich (vgl. Antwort zu Frage 3). aa) Welche Komponenten davon können dauerhaft nicht in Munster vernichtet werden? Auf die Antwort zu Frage 3c wird verwiesen. bb) Welche Komponenten können nach leichten Umbaumaßnahmen in Munster vernichtet werden? Auf die Antwort zu Frage 3c wird verwiesen. d) Ist die GEKA mbH gegebenenfalls dazu in der Lage, Komponenten von mittels Hydrolyse unschädlich gemachten Teilen des syrischen Chemiewaffenpotentials zu vernichten? Auf die Antwort zu Frage 3c wird verwiesen. e) Kann die Kapazität der GEKA mbH erhöht werden, und welche Mehrkosten würden hierfür entstehen? Die Durchsatzleistung von Verbrennungsanlagen wird durch die chemische Zusammensetzung der zu verbrennenden Stoffe bestimmt. Diese stoffabhängige Durchsatzleistung kann erst nach stöchiometrischen Berechnungen (chemische Reaktionsgleichung) im Detail bestimmt werden. Diese setzen jedoch die Kenntnis der genauen stofflichen Zusammensetzung voraus. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/214 f) Wie bewertet die Bundesregierung mögliche Gefahren für die Bevölkerung durch die Vernichtung von Teilen des syrischen Chemiewaffenarsenals in Deutschland, und welche Vorkehrungen sollen hier ggf. getroffen werden, um diesen entgegenzuwirken? Eine konkrete Beantwortung der Frage, welche Gefahren durch eine Vernichtung syrischer Kampfstoffe bzw. deren Vorläufersubstanzen für die Bevölkerung entstünden und mit welchen Vorkehrungen diesen zu begegnen wäre, ist ohne genaue Kenntnis der Stoffe, ihrer Mengen und der Transportbehältnisse kaum möglich. Eine Gefährdung durch die Substanzen erfolgt naturgemäß nur dann, wenn diese aus ihren Behältnissen austreten und mit ungeschützten Personen in Kontakt kommen. Der Grad der Gefährdung hängt dann zuvorderst von der Art des freigesetzten Stoffs sowie von der ausgetretenen und letztlich aufgenommenen Menge ab. Die Vorkehrungen, die für eine solche Aktion zu treffen sind, können ebenfalls ohne genaue Kenntnis der Substanzen und der Transportmengen nicht spezifiziert werden. Zudem wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen . 4. Wie ist die Aussage des Sprechers der Bundesregierung, Steffen Seibert, in der Bundespressekonferenz am 20. November 2013 „Die Vorstellung, dass die syrischen Chemiewaffen in Deutschland vernichtet werden, ist allerdings für die Bundesregierung nicht denkbar.“ mit der Aussage des außen- und sicherheitspolitischen Beraters der Bundeskanzlerin, Christoph Heusgen, vereinbar, der bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. in Berlin am 19. November 2013 zu dieser Frage wie folgt Stellung nahm: „Wir stehen auch zu unserer Verantwortung, und es gibt ja auch deutsche Unternehmen. Es gibt Orte hier in Deutschland, wo man etwas machen kann. Es ist gar nicht ausgeschlossen, dass auch Deutschland den Beitrag leistet.“? Auf welche Unternehmen und Orte bezog sich der außen- und sicherheitspolitische Berater der Bundeskanzlerin, Christoph Heusgen, dabei? Die Aussagen des Regierungssprechers Steffen Seibert in der Bundespressekonferenz am 20. November 2013 und die des außen- und sicherheitspolitischen Beraters der Bundeskanzlerin, Dr. Christoph Heusgen, am Rande einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin am 19. November 2013 ergänzen sich. Einige Chemikalien des syrischen Chemiewaffen-Programms sind Dual Use-Chemikalien, die nach den geltenden deutschen rechtlichen Bestimmungen keinem Importverbot als Chemiewaffen unterliegen. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 5. Unter welchen Bedingungen lässt sich der Abtransport der syrischen Chemiewaffen in ein anderes Land zur Vernichtung mit den Bestimmungen der Chemiewaffenkonvention vereinbaren? Der Abtransport der syrischen Chemiewaffen in ein anderes Land zur dortigen Vernichtung ist unter den folgenden beiden, unabhängig voneinander geltenden Voraussetzungen völkerrechtskonform: 1. In Wahrnehmung seiner Verantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Resolution 2118 (2013) am 27. September 2013 mit völkerrechtlicher Bindungswirkung die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen ermächtigt , die vom Generaldirektor der OVCW bezeichneten chemischen Waffen im Einklang mit Ziel und Zweck des Übereinkommens über das Ver- bot chemischer Waffen (CWÜ) in Besitz zu nehmen, zu überwachen, weiterzugeben , zu transportieren und zu zerstören, um das syrische Chemiewaffen- Drucksache 18/214 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode programm auf schnellstmögliche und sicherste Weise zu beseitigen. Die deutsche innerstaatliche Rechtslage (insbesondere das Kriegswaffenkontrollgesetz ) ist jedoch restriktiver; insofern wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 2. Das CWÜ enthält zwar keine Bestimmungen, die ausdrücklich auf den Fall abstellen, dass eine Vertragspartei zur Erfüllung ihrer Vernichtungsverpflichtung aufgrund außergewöhnlicher Umstände – wie etwa der Beteiligung als Partei an einem bewaffneten Konflikt – überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in einer mit dem Übereinkommen in Einklang stehenden Weise imstande ist. Nach allgemeinen völkerrechtlichen Auslegungsgrundsätzen, die in enger Anlehnung an Sinn und Zweck des CWÜ angewandt werden, steht ein Transfer der syrischen Chemiewaffen in ein Drittland zum Zweck der Zerstörung mit dem Völkerrecht in Einklang, sofern die Erfüllung der Vernichtungsverpflichtung und der damit verbundene Ausschluss einer möglichen Beeinträchtigung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit nicht auf eine andere Art und Weise zu gewährleisten sind. Eine Genehmigung durch den Exekutivrat der OVCW ist in einem solchen Fall anzustreben. 6. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Transportmöglichkeiten von Chemiewaffen aus Syrien heraus? Nach Stand der Planung haben sowohl das Königreich Norwegen als auch das Königreich Dänemark Transportschiffe für die Verschiffung der syrischen Chemiewaffen angeboten. 7. Inwiefern ist die Bundesregierung der Auffassung, dass ein etwaiger Abtransport der chemischen Kampfstoffe bzw. ihrer Bestandteile aus Syrien heraus besonderer Absicherungen gegen Angriffe bedarf, und inwieweit erwägt die Bundesregierung hier eine entsprechende Beteiligung? Wenn nein, warum nicht? Die Bedrohungslage innerhalb der Arabischen Republik Syrien wird mit „erheblich “ bis „hoch“ bewertet. Nach hiesiger Einschätzung bedarf der Transport einer besonderen Absicherung. Der Transport wird von syrischen Kräften in Zusammenarbeit mit der gemeinsamen Mission der OVCW und der Vereinten Nationen durchgeführt zum alleinigen Zweck, das Risiko weiterer Einsätze von chemischen Waffen in Syrien zu beseitigen. Die Verantwortung für den Transport liegt bei der syrischen Regierung. Für einen sicheren Transport der syrischen Kampfstoffe außerhalb Syriens gibt es eine ausreichende Bereitstellung durch Dritte, so dass eine deutsche Beteiligung weder angefragt wurde noch momentan notwendig erscheint. Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 8. Wie könnte ein sicherer Transport und eine sichere Lagerung der syrischen Chemiewaffen ermöglicht werden? Die Chemikalien sollen innerhalb Syriens sowie auf den Schiffen gemäß international gültigen Vorschriften in speziellen Behältnissen/Containern für Gefahrgut transportiert und gelagert werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/214 9. Hat die Bundesregierung Unterstützung für den Transport der chemischen Kampfstoffe von syrischem Kriegsgebiet geprüft? Wenn ja, welche Maßnahmen, und wie wurde entschieden? Nach gegenwärtiger Planung wird der entsprechende Transport von syrischen Kräften unter Aufsicht der gemeinsamen Mission der OVCW und der Vereinten Nationen durchgeführt. Eine Beteiligung der Bundesregierung ist nicht vorgesehen (siehe Antwort zu Frage 6). 10. Welche Regionen erachtet die Bundesregierung als besser geeignet, und warum (vgl. Äußerung von Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle in der Vorbemerkung der Fragesteller)? Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, hat mit seiner Äußerung deutlich gemacht, dass die Frage der geographischen Nähe beim Transport von Gefahrgut ein wichtiger Erwägungsgrund ist. Seine Äußerung bezog sich nicht auf einen konkreten Ort. Nach dem Übereinkommen über das Verbot chemischer Waffen ist der Besitzerstaat , d. h. im vorliegenden Fall die Arabische Republik Syrien, für alle Aktivitäten verantwortlich, die für die Vernichtung seines Chemiewaffen-Programms erforderlich sind. Auch wenn die internationale Gemeinschaft aufgrund der besonderen Bedingungen in Syrien bei der Vernichtung des syrischen Chemiewaffen -Arsenals substantielle Hilfestellungen leistet, ist es ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung, die syrische Regierung nicht aus ihrer grundsätzlichen politischen Verantwortung für das Gelingen dieser wichtigen abrüstungspolitischen Initiative zu entlassen. 11. Wenn eine Vernichtung auch von Teilen des syrischen Chemiewaffenarsenals nach Auffassung der Bundesregierung in Deutschland nicht möglich ist, welche alternativen unterstützenden Maßnahmen sollten von deutscher Seite ergriffen werden, und warum? Deutschland steht bereit, sich auch in Zukunft aktiv an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen zu beteiligen. Die Bundesregierung ist willens, weitere technische und finanzielle Unterstützung für diese wichtige abrüstungspolitische Initiative zu leisten. Deshalb hat die Bunderegierung der OVCW aktuell eine weitere Unterstützung von 3 Mio. Euro für die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen zur Verfügung gestellt. Zudem wirbt sie insbesondere im Rahmen der Europäischen Union für die Bereitstellung von zusätzlichen Finanzmitteln . Diese werden dringend für eine schnelle und umfassende Vernichtung aller syrischen C-Kampfstoffe benötigt. 12. Welche finanziellen und/oder technischen Zusagen hat die Bundesregierung bisher für einen Beitrag zur Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals gegeben? Bereits am 19. September 2013 hat das Auswärtige Amt der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) eine freiwillige Soforthilfe von 2 Mio. Euro für Aktivitäten zur Beseitigung des syrischen Chemiewaffenprogramms zur Verfügung gestellt. Deutsche Fachlabore haben einen wichtigen Beitrag zur Untersuchung von Proben zum Nachweis des Einsatzes von Chemiewaffen in Syrien geleistet. Im Ok- tober 2013 nahmen Inspektoren der OVCW an zwei einsatzvorbereitenden Lehrgängen am VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Hammelburg teil. Drucksache 18/214 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zusätzlich hat die Bundesregierung einen Verbindungsoffizier zur OVCW nach Den Haag entsandt und unterstützt mit diesem aktiv die laufende Joint-OVCWVN -Mission mit Planungs- und Fachkompetenz. Ferner hat das Technische Hilfswerk Hin- und Rückflüge für die OVCW-Inspektoren sowie deren Ausrüstungsgegenstände organisiert. Es ist unter anderem dieser schnellen logistischen Unterstützung zu verdanken gewesen, dass die OVCW zeitgerecht mit der Inspektion der verschiedenen Anlagen des syrischen Chemiewaffen-Programms beginnen konnte. 13. Unterstützt die Bundesregierung die Pläne, die Vernichtung der Chemiewaffen auf Hoher See vorzunehmen, wie von Seiten der OVCW diskutiert wurde (bitte begründen)? Die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ist eine präzedenzlose und außerordentlich komplexe Herausforderung. Um sie zu meistern, sind Maßnahmen notwendig, die auf die besondere Situation zugeschnitten sind. Die Bundesregierung befürwortet alle Maßnahmen, mit denen eine möglichst schnelle, sichere und umweltgerechte Vernichtung möglich ist. Dazu kann auch die Hydrolyse bestimmter Chemikalien des syrischen Chemiewaffen-Programms auf einem dafür eigens ausgerüsteten Schiff gehören. 14. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung auch in Russland entsprechende Anlagen, die zur Vernichtung entsprechender Komponenten der syrischen Chemiewaffenbestände geeignet wären? Die russische Anlage in Potschep könnte für die Beseitigung der syrischen Chemiewaffenbestände geeignet sein. Die Klärung dieser Frage setzt aber eine genaue stoffliche Analyse der in Rede stehenden Chemikalien voraus. Die zuständigen russischen Behörden müssten zudem eine technische Prüfung veranlassen . Der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse vor, ob diesbezügliche Schritte von russischer Seite unternommen wurden bzw. in Planung sind. a) In welcher Höhe hat das Auswärtige Amt oder ein anderes Bundesministerium den Bau von Vernichtungsanlagen und die Vernichtung von Chemiewaffen in Russland finanziell unterstützt? Im Zeitraum von 2003 bis 2013 hat das Auswärtige Amt 365,5 Mio. Euro für den Bau von Vernichtungsanlagen und die Vernichtung von Chemiewaffen in der Russischen Föderation zur Verfügung gestellt. b) Ist die Bundesregierung an Russland herangetreten, um gegebenenfalls für eine Vernichtung in diesen Anlagen zu werben? Wenn ja, wie war die Reaktion? Wenn nein, wieso nicht? Das Auswärtige Amt ist in dieser Frage an Russland herangetreten. Die russische Regierung hat rechtliche Vorschriften angeführt, die die Einfuhr von chemischen Waffen nach Russland verbieten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/214 15. Welche Methode wurde in Potschep, wo in deutsch-russischer Kooperation seit dem Jahr 2008 ein Bestand von rund 5 745 Tonnen des Nervenkampfstoffes Sarin vernichtet wurde (vgl. Auswärtiges Amt vom 20. September 2013 „Deutschland unterstützt russische Förderation beim Bau von Chemiewaffen-Vernichtungsanlagen“), angewandt? In Potschep wird zur Zerstörung der C-Kampfstoffe ein Verbrennungswerk genutzt . a) Inwiefern ergeben sich aus dieser Kooperation von deutscher und/oder russischer Seite konkrete Unterstützungsoptionen für die Vernichtung syrischer Chemiewaffen? Auf die Antwort zu Frage 14b wird verwiesen. b) Wo und unter welchen Sicherheitsvorkehrungen werden die Abfallprodukte gelagert? In der Anlage in Potschep werden die C-Kampfstoffe rückstandslos vernichtet. Es entstehen keine toxischen Abfallprodukte. Es bleiben lediglich die ausgeglühten Munitionskörper zurück. Diese gelten als Altmetall. Über die Lagerung bzw. Weiterverwertung der ausgeglühten Munitionskörper in der Anlage Potschep liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. c) Welche Methoden könnten für die Vernichtung syrischer Chemiewaffen übernommen werden? Sowohl die Methode der direkten Verbrennung (vollständige Vernichtung) als auch die Hydrolyse (chemische Unbrauchbarmachung) könnte, je nach stofflicher Zusammensetzung, zur Vernichtung der deklarierten syrischen Chemiewaffen angewandt werden. Die im Ergebnis der Hydrolyse für reaktive und gefährliche Stoffe des syrischen Chemiewaffenprogramms entstehenden Hydrolysate könnten anschließend ebenfalls durch Verbrennung vollständig vernichtet oder deren Rückstände (Salze, Feststoffe) nach Austrocknung dauerhaft, trocken und sicher verwahrt werden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333