Deutscher Bundestag Drucksache 18/215 18. Wahlperiode 19.12.2013 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/136 – Verdacht der Verwendung von Informationen aus Asylverfahren für „targeted killings“ Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In ihrer Reihe „Geheimer Krieg. Wie von Deutschland aus der Krieg gegen den Terror gesteuert wird“ berichteten die „Süddeutsche Zeitung“ und der „Norddeutsche Rundfunk“ am 20. November 2013 über die Tätigkeit der „Hauptstelle für Befragungswesen“ (HBW). Die HBW ist im Bundeskanzleramt angesiedelt und dem Bundesnachrichtendienst zuzuordnen, wie der Sprecher des Bundesministeriums des Innern, Jens Teschke, am 22. November 2013 in der Regierungspressekonferenz bestätigte. Sie unterhält neben ihrer Hauptstelle in Berlin Nebenstellen nach allgemeiner Kenntnis unter anderem im Grenzdurchgangslager Friedland. Dort und an weiteren Orten werden beispielsweise aus Syrien ankommende Asylsuchende und Flüchtlinge befragt (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/61, Frage 24). Demnach werden monatlich etwa zehn syrische Flüchtlinge „kontaktiert“, in welchem Ausmaß es dabei zu Befragungen kommt, gibt die Bundesregierung nicht an. Wie sich aus einer Reihe von Antworten auf Kleine Anfragen (Bundestagsdrucksachen 12/996, 12/3326, 16/ 2225 und 17/11597) ergibt, arbeitet die HBW seit dem Jahr 1960 mit zunächst 300, mittlerweile 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ziel ist es, von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen, Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern und Flüchtlingen Wissen abzuschöpfen, das sich nicht der öffentlichen Berichterstattung über ihre Herkunftsländer und -orte entnehmen lässt. Nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ erhalten Asylsuchende aus Afghanistan, Somalia, Irak und Syrien zunächst einen Brief, in dem die HBW darum bittet, sich an der Sammlung relevanter Informationen zu beteiligen. Beigelegt ist ein Fragebogen . Daran können sich Befragungen durch die Mitarbeiter der HBW anschließen . Das abgefragte Wissen reicht von allgemeinen Einschätzungen über die Stimmung in der Bevölkerung, die Funktionsweise politischer und militärischer Strukturen bis hin zu konkreten Angaben zu einzelnen Personen (GeDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 19. Dezember 2013 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. wohnheiten, übliche Aufenthaltsorte etc.). Die HBW sei dabei Teil einer seit dem Jahr 1958 bestehenden Zusammenarbeit mit amerikanischen und britischen Geheimdiensten; Mitarbeiter dieser Dienste würden auch ohne Beteiligung der HBW Befragungen von Asylsuchenden durchführen. Drucksache 18/215 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Angaben der Asylbewerberinnen und Asylbewerber zu einzelnen Personen in ihrem Herkunftsland sind von hoher Brisanz. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet über den Fall eines Somaliers, der im Rahmen der Befragung durch die HBW sogar aufgefordert worden sei, die Mobilfunknummer eines Funktionärs der Shabbab-Milizen in seinem Herkunftsort anzugeben. Es ist klar, dass solche Daten von US-amerikanischen Stellen dazu benutzt werden können, sogenannte gezielte Tötungen (targeted killings) durchzuführen. Diese mit Kampfdrohnen durchgeführten Attentate sind nach Ansicht der Fragesteller ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht, gerade wenn sie, wie in Somalia und im Jemen, außerhalb eines erklärten Kriegszustandes durchgeführt werden. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Überzeugung gelangt , dass die Beantwortung der Fragen 1 (teilweise), 5a, 5b, 5d und 5e nicht offen erfolgen kann. Die Antworten sind aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig . Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sind im Hinblick auf die künftige Auftragserfüllung besonders schutzbedürftig. Ebenso schutzbedürftig sind die Aufklärungsaktivitäten sowie Einzelheiten zu der nachrichtendienstlichen Erkenntnislage. Ihre Veröffentlichung ließe Rückschlüsse auf die Aufklärungsschwerpunkte zu. Es wäre bei einer allgemeinen Veröffentlichung zudem zu befürchten, dass OK- und Terrororganisationen ggf. Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit der sie betreffenden nachrichtendienstlichen Maßnahmen ziehen könnten. In höchstem Maße schutzbedürftig sind darüber hinaus Art und Umfang der Zusammenarbeit der Hauptstelle für Befragungswesen sowie des Bundesnachrichtendienstes mit ausländischen Nachrichtendiensten. Wesentliche Grundlage für das Funktionieren einer solchen Zusammenarbeit ist die Geheimhaltung. Die Bekanntgabe des Ob und Wie einer solchen Zusammenarbeit gegen den Willen des ausländischen Nachrichtendienstes bedeutet einen Vertrauensbruch, der zu einer Einschränkung oder Beendigung der Zusammenarbeit führen könnte. Würde sich die Hauptstelle für Befragungswesen oder der Bundesnachrichtendienst über das Grundprinzip der wechselseitigen Vertraulichkeit hinwegsetzen, so hätte dies für ihre Zusammenarbeit und diejenige anderer deutscher Sicherheitsbehörden mit Gesprächspartnern (wie z. B. auch den befragten Personen oder auch nachrichtendienstlichen Verbindungen) sowie ausländischen Nachrichtendiensten nicht absehbare negative Konsequenzen. Dies würde für die Auftragserfüllung erhebliche Nachteile zur Folge haben und für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen zu den genannten Fragen als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) in den VSGrad „GEHEIM“ eingestuft und bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme gemäß der Geheimschutzordnung hinterlegt. 1. Über wie viele Mitarbeiter verfügt die HBW derzeit, und an welchen der Dienststellen sind diese angesiedelt? Die HBW verfügt derzeit über knapp 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, u. a. an der Dienststelle in Berlin. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und den bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegten, als „GEHEIM“ eingestuften Antwortentwurf verwiesen.* * Das Bundeskanzleramt hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/215 2. Kann die Bundesregierung die Zahl von sechs Außenstellen bestätigen? Nein. 3. Sind diese Außenstellen durch entsprechende Hinweisschilder (Türschilder , Plaketten etc.) als Außenstellen der HBW zu erkennen, und wenn nicht, was ist der Grund für die Unkenntlichkeit der tatsächlichen Nutzung der Liegenschaften/Räume durch die HBW? Die HBW-Außenstellen sind mit entsprechenden Hinweisschildern versehen, soweit dort Besucherverkehr stattfindet. 4. Befinden sich die Außenstellen jeweils in räumlichem Zusammenhang mit Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF)? Ein räumlicher Zusammenhang in dem Sinne, dass sich HBW-Dienststellen in denselben Amtsgebäuden befinden wie BAMF-Außenstellen, ist nicht gegeben. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 1 und den bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegten, als „GEHEIM“ eingestuften Antwortentwurf verwiesen.* 5. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass in erster Linie Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus Syrien, Afghanistan und Somalia zum Kreis der interessierenden Personen für die HBW zählen? Die HBW war und ist regional und thematisch gemäß dem Auftragsprofil der Bundesregierung tätig. a) Welche Erkenntnisse erhofft sich die Bundesregierung von der Befragung der syrischen Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Flüchtlinge , welche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland sind hier unmittelbar berührt, und welches Aufkommen verzeichnete die HBW durch Befragungen in den Jahren 2012 und 2013 (bitte nach inhaltlichen Bereichen aufgliedern, analog zu Bundestagdrucksache 12/3326, Frage 7)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und den bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegten, als „GEHEIM“ eingestuften Antwortentwurf verwiesen.* b) Welche Erkenntnisse erhofft sich die Bundesregierung von der Befragung der afghanischen Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Flüchtlinge, welche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland sind hier unmittelbar berührt, und welches Aufkommen verzeichnete die HBW durch Befragungen in den Jahren 2012 und 2013 (bitte wie in Frage 5a aufgliedern)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und den bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegten, als „GEHEIM“ eingestuften Antwortentwurf verwiesen.* * Das Bundeskanzleramt hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Drucksache 18/215 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode c) Ist es geplant, die Befragung von afghanischen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sowie Flüchtlingen auch über das Jahr 2014 hinaus fortzusetzen , und wenn ja, welches Erkenntnisinteresse verfolgt die HBW dann noch nach dem teilweisen Abzug der Bundeswehr? Fragen zur innenpolitischen Entwicklung in Afghanistan, zur Menschenrechtslage , zu Terrorismus und Drogen werden absehbar auch im Jahr 2014 im Sinne des Auftragsprofils der Bundesregierung einschlägig bleiben. In Bezug auf die HBW wird im Übrigen auf die Antworten der Bundesregierung auf die Mündlichen Fragen 28 bis 34 der Abgeordneten Jan Korte, Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg und Katrin Göring-Eckardt (Plenarprotokoll 18/3, Anlagen 16 bis 20, S. 212 ff.) verwiesen. d) Welche Erkenntnisse erhofft sich die Bundesregierung von der Befragung der somalischen Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Flüchtlingen, welche Sicherheitsinteressen im Ausland sind hier unmittelbar berührt, und welches Aufkommen verzeichnete die HBW durch Befragungen im Jahr 2012 und 2013 (bitte wie in Frage 5a aufgliedern)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und den bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegten, als „GEHEIM“ eingestuften Antwortentwurf verwiesen.* e) Welche Erkenntnisse erhofft sich die Bundesregierung von der Befragung der irakischen Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Flüchtlingen, welche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland sind hier unmittelbar berührt, und welches Aufkommen verzeichnete die HBW durch Befragungen in den Jahren 2012 und 2013 (bitte wie in Frage 5a aufgliedern)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und den bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegten, als „GEHEIM“ eingestuften Antwortentwurf verwiesen.* 6. Bei welchen Gruppen von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sowie Flüchtlingen kommen Fragebögen zum Einsatz, wie erhalten die Asylbewerber und Flüchtlinge diesen Fragebogen, und was ist Zweck dieser Fragebögen? Im Jahr 2012 wurden in einem einmaligen Testlauf in zwei Asyl-Erstaufnahmeeinrichtungen etwa 100 Fragebögen (Sprache Dari) ausgelegt, um von Afghanen Angaben zur Stimmungslage in Afghanistan zu gewinnen. 7. Inwieweit trifft es zu, dass Asylbewerber und Flüchtlinge durch die HBW mit der Bitte um einen Gesprächstermin angeschrieben werden, wobei sich die Angeschriebenen telefonisch zurückmelden sollen, wenn sie kein Interesse an einem bereits festgelegten Termin für ein „vertrauliches Gespräch“ mit Vertretern der HBW haben? Bevor die HBW ein Gespräch durchführen kann, muss sie mit den entsprechenden Personen einen Termin vereinbaren. Dies geschieht typischerweise mit einem Anschreiben, in dem Ziele und Zweck des erbetenen Gesprächs dargestellt werden. Die Betreffenden werden um Benachrichtigung gebeten, wenn für sie * Das Bundeskanzleramt hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/215 ein anderer Termin als der vorgeschlagene günstiger wäre oder sie kein Gespräch wünschen. 8. Inwieweit treffen Darstellungen in der Presseberichterstattung zu, nach denen Mitarbeiter der HBW auch „verdeckt“, also beispielsweise als Praktikanten , an Asylanhörungen teilnehmen und sich selbst mit Fragen an der Anhörung beteiligen, und wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage? Diese Darstellungen treffen, bezogen auf das Befragungswesen, nicht zu. 9. Inwieweit treffen Darstellungen zu, nach denen Mitarbeiter der HBW oder der Nachrichtendienste des Bundes sich unter weiteren Legenden (Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen, Ministeriale) mit Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in Kontakt gesetzt und sie befragt haben? Diese Darstellungen treffen, bezogen auf das Befragungswesen, nicht zu. 10. In welchem Umfang haben Nachrichtendienste des Bundes oder die HBW Zugriff auf Daten von Personen im Asylverfahren oder auf die Aufzeichnungen von Asylanhörungen, bzw. inwieweit werden diese den Nachrichtendiensten oder der HBW durch das BAMF zur Verfügung gestellt, und auf welcher Rechtsgrundlage stehen solche Zugriffs- bzw. Übermittlungsbefugnisse generell oder im Einzelfall? Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Militärische Abschirmdienst, der Bundesnachrichtendienst (BND) oder die Hauptstelle für Befragungswesen haben keinen Zugriff auf Daten von Personen im Asylverfahren oder auf die Anhörungsniederschriften . Dem BfV werden durch das BAMF eigeninitiativ Informationen einschließlich personenbezogener Daten übermittelt, wenn diese den Aufgabenbereich des BfV betreffen und die Übermittlung erforderlich ist. Dieses Vorgehen erfolgt gemäß § 18 Absatz 1a des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG). Dem BND oder der HBW werden Informationen einschließlich personenbezogener Daten im Rahmen des § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 3 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) übermittelt. Die Übermittlung an den MAD erfolgt gemäß § 10 Absatz 1, 2 des Gesetzes über den militärischen Abschirmdienst (MADG). 11. Wie werden die Daten der Befragten in der weiteren Verarbeitung der Befragungsergebnisse geschützt? Die Daten werden gemäß den gesetzlichen Vorgaben geschützt. 12. Werden Daten von Befragten an ausländische Stellen weitergegeben, und welche Kontrolle hat die HBW über die weitere Verarbeitung dieser Daten ? Eine Weitergabe von Daten an ausländische Stellen findet auf der Grundlage von § 9 Absatz 2 BNDG i. V. m. § 19 Absatz 3 BVerfSchG statt. Im Übrigen wird auf die Antworten der Bundesregierung auf die Mündlichen Fragen 28 bis 34 der Abgeordneten Jan Korte, Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg und Katrin Göring-Eckardt (Plenarprotokoll 18/3, Anlagen 16 bis 20, S. 212 ff.) verwiesen. Drucksache 18/215 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Welche Lösch- und Speicherfristen gelten in der Tätigkeit der HBW a) für die Daten von erfassten interessierenden Personen, b) für die Daten von Personen, die kontaktiert wurden, c) für die Daten von Personen, die sich zu einem Gespräch bzw. einer Befragung bereitgefunden haben, d) für die Daten von Personen, die sich einer Befragung auch tatsächlich unterzogen haben, e) für die Daten von Personen, die einen Fragebogen ausgefüllt haben, f) für die Ergebnisse der Befragungen? Die Speicherung personenbezogener Daten richtet sich nach den §§ 4, 5 BNDG. 14. Wann wurde die Tätigkeit der HBW zuletzt durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) kontrolliert, welche Beanstandungen gab es gegebenenfalls, und welche Empfehlungen hat der BfDI ausgesprochen? Die Tätigkeit der HBW wurde bislang nicht durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit kontrolliert. 15. Sieht die Bundesregierung in § 8 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Übermittlung von Daten durch das BAMF an die HBW bzw. den Bundesnachrichtendienst (BND) oder das Bundeskanzleramt als übergeordnete Stelle, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Befugnisnorm nach Auffassung der Fragesteller keine anlasslose Generalermächtigung für eine pauschale Datenübermittlung zur Erkenntnisgewinnung durch den BND darstellt, sondern voraussetzt, dass zumindest tatsächliche Anhaltspunkte (Gefahrverdacht) für die Erforderlichkeit der Übermittlung zum Schutz abschließend geregelter Gefahrenbereiche (Kriegsvorbereitung , terroristische Bedrohung, schwere grenzüberschreitende Kriminalität etc., gemäß § 5 Absatz 1 Satz 3 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post und Fernmeldegeheimnisses – Artikel 10-Gesetz) vorliegen (bitte erläutern, wenn nein, welche sonstigen Rechtsgrundlagen kämen in Betracht bzw. sieht die Bundesregierung)? § 8 Absatz 1 Satz 1 BNDG stellt eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten dar. 16. Sieht die Bundesregierung in § 8 Absatz 3 Satz 1 BNDG eine ausreichende Rechtsgrundlage für Datenersuchen der HBW an das BAMF in Bezug auf Angaben von Asylsuchenden im Rahmen des Asylverfahrens, und wenn nein, welche sonstigen Rechtsgrundlagen kämen in Betracht bzw. sieht die Bundesregierung, und wenn ja, inwieweit ist das BAMF dazu verpflichtet bzw. inwieweit liegt es in seinem Ermessen, auf solche Ersuchen in welcher Weise zu antworten (bitte ausführen)? Gemäß § 8 Absatz 3 BNDG darf der Bundesnachrichtendienst jede Behörde um die Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. Mit der Befugnis des Bundesnachrichtendienstes zur Gestellung von Ersuchen korreliert eine entsprechende Befugnis der ersuchten Behörde zur Datenübermittlung. Dies gilt jedenfalls insoweit, als in den für die ersuchte Behörde geltenden bereichsspezi- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/215 fischen Gesetzen keine abweichende abschließende Datenübermittlungsregelung getroffen ist. Das für das BAMF geltende bereichsspezifische Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ist insoweit hinsichtlich der Befugnis zur Datenübermittlung seitens der Asylbehörden nicht abschließend, da in § 8 Absatz 4 AsylVfG geregelt ist, dass die Datenübermittlung aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften unberührt bleibt, wozu u. a. die allgemeinen Vorschriften über die Aufgaben der Nachrichtendienste zählen. 17. Inwieweit berücksichtigt die Bunderegierung bei der Beantwortung der beiden vorherigen Fragen, dass nach Artikel 15 Absatz 2 und Artikel 48 der EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU eine vertrauliche Asylanhörung und vertrauliche Behandlung der im Asylverfahren gewonnenen Informationen gewährleistet werden müssen bzw. dass es bei diesen Informationen um ein Grundrecht (auf Asyl) geht, bei dem die Betroffenen zur Darlegung sämtlicher relevanter Umstände verpflichtet sind (und sie im Gegenzug eine vertrauliche Behandlung dieser Angaben erwarten können müssen), und bedürfte es mithin nicht zumindest einer spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bzw. Regelung im Asylverfahrensgesetz bzw. entsprechender Informationen und Belehrungen der Asylsuchenden (bitte zu jedem einzelnen Unterpunkt erläutern)? Diese Frage betrifft die Vertraulichkeit der asylverfahrensrechtlichen Anhörung durch die Asylbehörden, nicht die auf rein freiwilliger Basis durchgeführten Befragungen durch die HBW. Eine Übermittlung von Daten durch das BAMF an die HBW/den Bundesnachrichtendienst auf Basis des § 8 BNDG (vgl. die Antworten zu den Fragen 10, 15 und 16) verstößt nicht gegen Artikel 48 der genannten EU-Richtlinie, da diese unter Vorbehalt des nationalen Rechts steht. Eine nach nationalem Recht zulässige Datenübermittlung verstößt mithin nicht gegen Artikel 49 der EU-Richtlinie. 18. Wird das Aufkommen aus den Befragungen ganz oder teilweise an andere deutsche Stellen (bitte auflisten) oder ausländische Stellen durch die HBW weitergeleitet? Das Aufkommen aus Befragungen der HBW kann als ergänzende Information in die Ausgangsberichterstattung des Bundesnachrichtendienstes einfließen sowie in Einzelfällen in Informationsersuchen oder Einzelanfragen (bspw. von Sicherheitsbehörden oder Gerichten), die an den Bundesnachrichtendienst oder die HBW gerichtet sind. Informationsaufkommen kann auch im Rahmen der Beteiligungserfordernisse gemäß dem Aufenthaltsgesetz und dem Bundesvertriebenengesetz Verwendung finden. Soweit es die Weiterleitung an ausländische Stellen betrifft, wird im Übrigen auf die Antworten der Bundesregierung auf die Mündlichen Fragen 28 bis 34 der Abgeordneten Jan Korte, Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg und Katrin Göring-Eckardt (Plenarprotokoll 18/3, Anlagen 16 bis 20, S. 212 ff.) verwiesen. 19. Welchen substanziellen Beitrag leistet das Aufkommen aus den Befragungen von Asylbewerbern und Flüchtlingen für die Lageeinschätzungen in den Herkunftsländern, insbesondere in Bezug auf die Einsatzgebiete der Bundeswehr bzw. der Bundespolizei? Das Aufkommen ergänzt das Lagebild, das sich aus vielen unterschiedlichen Quellen speist. Gerade in den Einsatzgebieten der Bundeswehr und der Bundes- Drucksache 18/215 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode polizei sind Hinweise und Informationen auch aus dem Befragungswesen für die Beurteilung der Sicherheits- und Bedrohungslage wesentlich. 20. Treffen die Darstellungen in der Presseberichterstattung zu, dass Mitarbeiter fremder Dienste an den Befragungen der HBW bzw. an Asylanhörungen (bitte differenzieren) teilgenommen oder eigene Befragungen ohne Beteiligung deutscher Stellen vorgenommen haben? Wenn ja, welche Rechtsgrundlage wird hierfür regelmäßig herangezogen? Es wird auf die Antworten der Bundesregierung auf die Mündlichen Fragen 28 bis 34 der Abgeordneten Jan Korte, Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg und Katrin Göring-Eckardt (Plenarprotokoll 18/3, Anlagen 16 bis 20, S. 212 ff.) verwiesen . 21. Treffen die Darstellungen in der Presseberichterstattung zu, dass in den 70er-Jahren Asylbewerber in den Aufnahmestellen drei Zimmer durchlaufen mussten, in denen ein Vertreter der HBW und „Liaison Officers“ fremder Dienste Befragungen durchführten, und wenn ja, um welche Dienste handelte es sich? Hierüber liegen dem Bundesnachrichtendienst keine Erkenntnisse vor. 22. Welche Planungen existierten bislang in der Bundesregierung, zumindest jene Vorgänge in Zusammenhang mit der nachrichtendienstlichen Befragung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu deklassifizieren, die in den zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang des „Kalten Kriegs“ fallen, und wenn keine Deklassifizierung dieser Vorgänge geplant war oder ist, warum nicht? Im Bundesnachrichtendienst bestehen derzeit keine Planungen, die in der Frage genannten Vorgänge zu deklassifizieren, da diese nach wie vor als schutzbedürftig im Sinne des Bundesarchivgesetzes angesehen werden. 23. Auf welcher Rechtsgrundlage kann die HBW Daten und Erkenntnisse aus Befragungen an fremde Dienste weitergeben? Rechtsgrundlage der Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten durch die HBW oder den BND an ausländische Nachrichtendienste ist § 9 Absatz 2 BNDG i. V. m. § 19 Absatz 3 BVerfSchG. 24. Existieren schriftliche Vereinbarungen der HBW oder anderer Dienststellen des Bundes, die eine regelmäßige oder institutionalisierte Zusammenarbeit mit fremden Diensten in Zusammenhang mit der nachrichtendienstlichen Befragung von Asylbewerbern und Flüchtlingen vorsehen, und was genau ist Regelungsgegenstand dieser Vereinbarungen? In Bezug auf die in der Frage genannten Vereinbarungen wird auf die Antworten der Bundesregierung auf die Mündlichen Fragen 28 bis 34 der Abgeordneten Jan Korte, Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg und Katrin Göring-Eckardt (Plenarprotokoll 18/3, Anlagen 16 bis 20, S. 212 ff.) verwiesen. Diese Vereinbarungen regeln insbesondere das Verfahren der Zusammenarbeit, den Umgang mit Daten sowie den Informationsaustausch. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/215 25. Gibt es darüber hinausgehend Vereinbarungen, die die Weitergabe des Aufkommens aus den Befragungen der HBW an fremde Dienste regeln? Nein. 26. Enthalten diese Vereinbarungen Regelungen zur Zweckbindung der weitergegebenen Daten, insbesondere um zu verhindern, dass sie für extralegale Tötungen, Entführungen oder andere Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit genutzt werden, und wenn ja, welche, und wie wird die Einhaltung dieser Zweckbindung kontrolliert? Beim Austausch des Bundesnachrichtendienstes mit ausländischen Partnern besteht ein Übermittlungsverbot in den Fällen, in denen für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Information und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der/des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen. So erfolgen Erkenntnismitteilungen an ausländische Partnerdienste unter anderem mit dem Zusatz, dass die übermittelten Daten nicht als Grundlage oder Begründung für unangemessene Maßnahmen (Folter i. S. d. Artikels 1 der VN-Antifolterkonvention „Convention against torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment“ vom 10. Dezember 1984), im Rahmen der Strafverfolgung und nicht als Grundlage oder Begründung für eine Verurteilung zum Tode verwendet werden dürfen. Vor diesem Hintergrund sind spezifische Regelungen im Rahmen einer Vereinbarung nicht notwendig. 27. Fließen Erkenntnisse aus den schriftlichen oder mündlichen Befragungen durch die HBW in die Arbeit des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) ein, in welcher Form, und in welchen Foren oder Arbeitsgruppen des GTAZ? Erkenntnisse aus den Befragungen durch die HBW können als ergänzende Information in die Ausgangsberichterstattung des Bundesnachrichtendienstes einfließen , deren Adressat auch die am GTAZ Beteiligten sein können. 28. Welche anderen Formen der Zusammenarbeit oder der Weitergabe von Aufkommen aus Befragungen (auch in bereits bearbeiteter oder gewerteter Form) an andere Behörden des Bundes und der Länder existieren bei der HBW/dem BND? Es wird auf die Antwort zu Frage 18 verwiesen. Darüber hinausgehende Formen der Zusammenarbeit oder der Weitergabe durch die HBW bestehen nicht. 29. Werden Befragungen von Asylbewerbern und Flüchtlingen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vorgenommen, etwa bei Personen, die sich in Deutschland exilpolitisch betätigt haben und bei denen Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen bestehen, und welche Phänomenbereiche oder exilpolitischen Organisationen stehen dabei besonders im Fokus? Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt Befragungen von Asylbewerbern bzw. Flüchtlingen in denjenigen Einzelfällen durch, in denen sich die Befragten im Sinne der Frage betätigt haben und tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten vorliegen. Allein die exilpolitische Eigenschaft eines Flüchtlings spielt hierbei keine Rolle. Drucksache 18/215 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 30. Gehört es dabei auch zur Arbeitsweise des Bundesamtes für Verfassungsschutz , die Betroffenen im Rahmen ihres Asylverfahrens aufzusuchen, ohne sich dabei eindeutig zu erkennen zu geben und so jedenfalls den Eindruck zuzulassen, sie handelten im Auftrag des eigentlich zuständigen BAMF? Nein. 31. In welchem Umfang sind der Bundesregierung Anerkennungen als Flüchtling (§ 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes) bekannt (durch das BAMF bzw. durch Gerichte – bitte differenzieren), die auf umfassenden Auskünften in den Befragungen der HBW und gerade nicht auf der Gefahr einer Verfolgung im Herkunftsland fußten (vergleiche beispielsweise das Urteil des Verwaltungsgerichtes München vom 22. Februar 2008, Az. M 16 K 07.50817), und in wie vielen Fällen wurden Anerkennungen ausgesprochen , die auf sich aus den Befragungen der HBW bzw. entsprechenden Angaben der Asylsuchenden ergebenden Gefährdungen basierten (bitte für den Zeitraum ab dem Jahr 2002 nach Jahren angeben)? Die Bundesregierung verweist zunächst auf die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Mündlichen Fragen 31 und 32 der Abgeordneten Luise Amtsberg (Plenarprotokoll 18/3, Anlage 18, S. 214) sowie auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 19 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 21. November 2012, Bundestagsdrucksache 17/11597. Fälle, in denen Anerkennungen ausgesprochen wurden, die auf sich aus den Befragungen der HBW bzw. entsprechenden Angaben der Asylsuchenden ergebenden Gefährdungen basierten, weist das BAMF in seiner Geschäftsstatistik nicht gesondert aus. Auf der Grundlage von internen Aufzeichnungen des Sicherheitsreferats beim BAMF, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben , können erst ab dem Jahr 2011 Angaben im Sinne der Frage gemacht werden . Danach sind für das Jahr 2011 insgesamt zwölf und für das Jahr 2013 insgesamt sechs Flüchtlingsanerkennungen erfolgt, die im Zusammenhang mit einer Zusammenarbeit der Asylbewerber mit der HBW stehen. Für das Jahr 2012 konnte kein entsprechender Fall festgestellt werden. Hinsichtlich eventueller Gerichtsentscheidungen verweist die Bundesregierung auf die Recherchemöglichkeiten in der Datenbank juris. Die von den Fragestellern erwähnte Entscheidung des VG München bezieht sich allerdings auf eine Asylanerkennung aus dem Jahr 1995; diese liegt also außerhalb des abgefragten Zeitraums. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333