Deutscher Bundestag Drucksache 18/2163 18. Wahlperiode 22.07.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Nicole Maisch, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2035 – Erarbeitung der Verordnung nach § 5 des Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung zum Betrieb und Einsatz von Geräten zu gewerblichen kosmetische Zwecken Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2009 wurde das Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NiSG) verabschiedet. Darin regelt § 3 den Schutz des Menschen bei der Anwendung kosmetischer und sonstiger Anlagen außerhalb der Medizin, wie z. B. UV-Bräunungsgeräte, Laser und IPL-Blitzlampen (Impulsed Pulsed Light) zur Entfernung von Körperhaaren oder Ultraschallgeräte, die zur Körperfettreduzierung beitragen sollen. Anlagen, die nichtionisierende Strahlung aussenden und außerhalb der Heil- oder Zahnheilkunde zum Einsatz kommen, dürfen demnach nur betrieben werden, wenn sie die in einer Rechtsverordnung festgelegten Anforderungen einhalten. Das NiSG legt in § 5 den Regelungsumfang fest. So sollen unter anderem Fachkundenachweise, Grenzwerte und technische Überprüfungen der Geräte geregelt werden. Diese Verordnung, die für die rechtsichere Nutzung der Geräte im kosmetischen Bereich und für den Gesundheitsschutz der Nutzerinnen und Nutzer solcher Anwendungen eine hohe Relevanz besitzt, liegt bis heute nicht vor. Durch die fehlende Verordnung ist die Branche der Hersteller, Händler und fachkundigen Anwender derart verunsichert, dass sowohl die professionellen Anwendungen mit speziell geschultem Personal als auch die Anzahl der Gerätekäufe mit zertifizierten Qualitätsanforderungen zurückgehen. Darüber hinaus überschwemmen nach Aussagen des Verbandes ICADA e. V. (international cosmetic and detergents association Verein) Importgeräte den Markt, bei denen teilweise sogar die Zertifikate gefälscht sind. Durch solche Entwicklungen werden einerseits Verbraucherinnen und Verbraucher und andererseits die Existenz seriöser Anbieter und Anwender gefährdet. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 17. Juli 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Auf die Schriftliche Frage 77 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 17/14617), wann ein Entwurf der Verordnung vorgelegt wird und welche Vorarbeiten geleistet wurden, antwortete die damalige Parlamentarische Staatssekretärin beim Drucksache 18/2163 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Ursula Heinen -Esser. Ein konkreter Zeitraum, wann mit der Vorlage zu rechnen ist, wurde in der Antwort nicht genannt. Die Strahlenschutzkommission (SSK) wurde allerdings vom Bundesministerium um die Bewertung verschiedener Risiken gebeten und mit der Erarbeitung einer Empfehlung zu Ultraschall als mögliche Grundlage einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung zum NiSG beauftragt. Diese wurde in der 256. Sitzung am 19./20. April 2012 verabschiedet. Die SSK empfiehlt darin aufgrund des erheblichen Risikopotenzials, die Herstellung, Vermarktung, Anwendung und Instandhaltung von Ultraschallgeräten mit hohen Schallintensitäten dringend und analog zu Medizingeräten zu regeln. Eine weitere Empfehlung für Laser- und IPL-Anwendungen wurde von der SSK erbeten . Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde vereinbart, zu prüfen , wie der Schutz der Menschen vor nichtionisierender Strahlung durch z. B. Ultraschall und Laser und vor elektromagnetischen Feldern verbessert werden kann. 1. Wann ist mit der Vorlage einer Verordnung nach § 5 NiSG zu rechnen? Eine Entscheidung darüber, ob und in welcher Form Verordnungen erlassen werden sollen, ist bisher noch nicht gefallen. Hierzu bedarf es einer umfassenden Bewertung der gesundheitlichen Risiken in den verschiedenen Einsatzbereichen . Diese ist bisher nicht abgeschlossen. 2. In welcher Weise ist die Bundesregierung bisher der Empfehlung der SSK nachgekommen, aufgrund des erheblichen Risikopotenzials von Ultraschallgeräten deren Anwendung zu regulieren? Die Empfehlungen der SSK zu den Ultraschallanwendungen am Menschen werden in die Entscheidung über mögliche Regelungen einfließen. 3. Wurde im Jahr 2010 die SSK nur mit der Bewertung der derzeitigen Anwendungen von Ultraschall in Diagnostik, Therapie sowie im nichtmedizinischen Bereich beauftragt? Aus dem Themenbereich der nichtionisierenden Strahlen erhielt die SKK im Jahr 2010 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) den Beratungsauftrag, auf Grundlage der „Empfehlung zur Patientensicherheit bei der Anwendung der Ultraschalldiagnostik in der Medizin “ die derzeitigen Ultraschallanwendungen in Diagnostik, Therapie und nichtmedizinischen Anwendung zu bewerten. 4. Wenn ja, warum wurde die SSK nicht auch beauftragt, andere Anwendungen , die unter das NiSG fallen, zu bewerten? Beratungsaufträge an die SSK beinhalten in der Regel eine konkrete Fragestellung , zu der die SSK dann eine auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen basierende Empfehlung erarbeitet. Hierzu werden neben den Mitgliedern der Ausschüsse einzelne auf dem entsprechenden Gebiet renommierte Wissenschaftler hinzugezogen. Das Wissen dieser Fachexperten ist zumeist sehr spezifiziert . Daher wurde der Beratungsauftrag zur Bewertung von Ultraschall nicht mit anderen Fragestellungen verknüpft. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2163 5. Wenn nein, für welche anderen Anwendungen, die unter das NiSG fallen, und wann wurde die SSK mit einer Bewertung beauftragt? Neben der Bewertung zu Ultraschall wurde die SSK im Jahr 2011 gebeten, auf der Grundlage der Empfehlung „Gefahren bei der Laseranwendung an der menschlichen Haut“ eine Bewertung der Risiken der derzeitigen Laser- und IPL-Anwendungen in Therapie und Kosmetik zu erarbeiten. Darüber hinaus erfolgte ein Beratungsauftrag seitens des BMUB m Jahr 2012, die Stellungnahmen zu UV-Anwendungen anhand des derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstandes zu aktualisieren, wobei insbesondere die Wirkung von UV-Strahlung auf die Bildung des körpereigenen Vitamin D betrachtet werden sollte. 6. Für welche anderen Anwendungen, die unter das NiSG fallen, sieht die Bundesregierung Klärungsbedarf (bitte begründen), und wie will sie ihn erfüllen ? Neben der gesundheitlichen Bewertung von Ultraschall und optischer Strahlung wie Laser und IPL sieht die Bundesregierung weiteren Bewertungsbedarf für die Anwendung elektromagnetischer Strahlung und von Infrarot am Menschen. Grundsätzlich bedarf jede Anwendung nichtionisierender Strahlung einer Abschätzung der gesundheitlichen Risiken. Für diese werden in der Regel das Bundesamt für Strahlenschutz und die SSK zurate gezogen. 7. Welche Fragen standen im Vordergrund bei den Bewertungen des Risikopotenzials bei Ultraschallgeräten durch die SSK (bitte detailliert auflisten)? Wesentliches Kriterium für die Bewertung des Risikopotentials war die Festlegung von Grenzen, oberhalb derer von einem gesundheitlichen Risiko bei der Anwendung am Menschen auszugehen ist. Darüber hinaus wurde die Frage behandelt , welche Anwendungen von Ultraschall aufgrund ihres Risikopotentials nur von einer Ärztin oder einem Arzt durchgeführt werden sollten oder welche Anwendungen zu kosmetischen oder sonstigen Zwecken am Menschen auch außerhalb der Heil- und Zahnheilkunde erlaubt sein sollen und ob es hierfür spezieller Kenntnisse bedarf. 8. Wer wurde neben der SSK noch beauftragt oder kontaktiert, um die fachlich notwendigen Regelungen abzuklären? Neben der SSK bewertet das Bundesamt für Strahlenschutz die gesundheitlichen Risiken nichtionisierender Strahlung. 9. Wurden die Verbände der Hersteller und Anbieter oder der Anwender solcher Geräte mit einbezogen? Wenn ja, wann, und in welchem Umfang? Die Bewertung des Risikopotentials der Anwendung nichtionisierender Strahlung am Menschen basiert auf wissenschaftlichen Kriterien. Erst im Anschluss daran wird über den rechtlichen Handlungsbedarf entschieden. Interessenverbände und Fachkreise werden dann im Rahmen möglicher Rechtsetzungsverfahren beteiligt. Drucksache 18/2163 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Wann wurde die SSK vom Bundesumweltministerium um eine Bewertung der möglichen Risiken der derzeitigen Laser- und IPL-Anwendungen gebeten , und wann wird diese Bewertung vorliegen? Der Beratungsauftrag des Bundesumweltministeriums an die SSK wurde im Jahr 2011 erteilt. Eine Empfehlung wird voraussichtlich Anfang 2015 vorliegen. 11. Welche Gründe hatte das Bundesumweltministerium, diese Prüfung der Risiken gegebenenfalls nicht gleichzeitig mit der Bewertung von Ultraschall zu erbeten? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 12. Welche Schritte wird das Bundesumweltministerium unternehmen, wenn die Empfehlungen der SSK vorliegen und das Bundesamt für Strahlenschutz seine Bewertung abgegeben hat? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 13. Hält die Bundesregierung den vom Verband ICADA vorgelegten selbstverpflichtenden „Geräte-Branchen-Standard“ (www.apparative-kosmetik. info) für eine ausreichende Grundlage, um die fehlende Verordnung schnell zu erstellen (wenn nein, bitte begründen)? Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich Initiativen der Verbände, die Risiken bei der Anwendung nichtionisierender Strahlung zu begrenzen. Unabhängig hiervon ist die sorgfältige Prüfung, ob ein rechtlicher Regelungsbedarf besteht und wie dieser eventuell auszugestalten ist. 14. Hält die Bundesregierung es für hinnehmbar, dass durch die fehlende Verordnung Geräte, deren Anwendung eine qualifizierte Spezialausbildung voraussetzen, von jedem Laien benutzt und somit auch eine potenzielle Gefahr für die Anwender werden können? Die Frage, ob und in welcher Form Kenntnisse und Ausbildungsanforderungen für die Anwendung der verschiedenen nichtionisierenden Strahlenarten und Ultraschall am Menschen notwendig sind, wird in die Prüfungen zur Notwendigkeit rechtlicher Regelungen einbezogen. Anforderungen an die Sicherheit der Geräte selbst werden vom NiSG und den auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen nicht erfasst. Sie sind im Rahmen europäisch harmonisierter Produktsicherheitsvorschriften zu gewährleisten. 15. Hält die Bundesregierung es für vertretbar, wenn eine medizinische Ausbildung für die Nutzung der Geräte ausreicht, ohne dass eine zusätzliche Ausbildung an den Geräten erfolgt? Auf die Antwort zu Frage 14 wird verwiesen. 16. Hat die Bundesregierung mit der im Koalitionsvertrag festgehaltenen Prüfung , wie der Schutz der Menschen vor nichtionisierender Strahlung ver- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2163 bessert werden kann, begonnen, und welche Strahlenbereiche sind oder waren Bestandteil der Prüfung? Die Bundesregierung hat mit der Prüfung begonnen. Einbezogen sind alle Bereiche der nichtionisierenden Strahlung von UV über optische Strahlung und elektromagnetische Felder bis hin zu Ultraschall. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333