Deutscher Bundestag Drucksache 18/2188 18. Wahlperiode 22.07.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Hans-Christian Ströbele, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2062 – Prävention und Bekämpfung der Geldwäsche Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch erhob die Übergangsregierung gegenüber ihren Vorgängern den Vorwurf, Staatsgelder in erheblichem Umfang veruntreut und ins Ausland gebracht zu haben. Gegenüber einigen von EU-Sanktionen betroffenen Personen diente dieser Umstand auch als Begründung für die Sanktionen. Medien meldeten erste Fahndungsergebnisse , beispielsweise in der Schweiz und in Österreich. Ermittelt wurde nicht nur gegen Banken, sondern beispielsweise auch gegen die im Rohstoffhandel tätige Firma Mako Trading SA aus Genf (www.faz.net vom 28. Februar 2014) und die im Immobiliengeschäft tätige Euro East Beteiligungs GmbH aus Wien (www. fr-online.de vom 23. Februar 2014). Die Geldwäschebekämpfung und -prävention muss laufend neuen Entwicklungen angepasst werden. Doch in Deutschland werden Vollzugsdefizite kritisiert, insbesondere im Nicht-Finanzsektor. Die Verteilung der Geldwäscheaufsicht auf verschiedene Behörden erfordert einen hohen Koordinierungsaufwand. Diese Kleine Anfrage dient der Erkundung des aktuellen Standes der konkreten Umsetzung und Funktionsweise der Geldwäschebekämpfung und -prävention. 1. Wie wird der „Beschluss 2014/119/GASP des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine“ umgesetzt? Die Umsetzung erfolgte durch die Verordnung (EU) Nr. 208/2014 des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine. Die VerDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 21. Juli 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. ordnung sieht Finanzsanktionen (Einfrieren von Konten – Artikel 2, Ablehnung von Transaktionen Artikel 7) gegen die im Anhang I gelisteten natürlichen Personen sowie gegen die mit ihnen verbundenen natürlichen oder juristischen Per- Drucksache 18/2188 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode sonen, Organisationen und Einrichtungen (sogenanntes indirektes Bereitstellungsverbot ) vor. Artikel 4 beinhaltet Ausnahmevorschriften aus humanitären Gründen bzw. für Zahlungen zur Deckung des täglichen Lebensunterhalts, für medizinische Versorgung und rechtliche Vertretung. Außerdem soll der Schuldendienst auf bereits vor Erlass des Beschlusses begründete Verbindlichkeiten vom Anwendungsbereich der Sanktionsvorschriften ausgenommen werden können (Artikel 6). 2. Welche Entscheidungen hat der Ratsbeschluss in Deutschland nach sich gezogen? Das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der im Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 208/2014 genannten Personen in der EU erfolgt durch die unmittelbar anwendbare EU-Verordnung, ohne dass es eines nationalen Umsetzungsaktes bedarf. Die Gelder der gelisteten Personen sind mit Inkrafttreten der Verordnung qua Unionsrecht eingefroren. Rechtsfolge des Einfrierens ist, dass Vermögenswerte der gelisteten Personen in der EU wie z. B. Kontoguthaben nur nach Genehmigung durch die zuständige nationale Behörde genutzt werden dürfen . 3. Welche Behörden sind für die Umsetzung zuständig? Zuständige Behörde für die in der Antwort zu Frage 2 genannten Genehmigungen ist in Deutschland die Deutsche Bundesbank (vgl. Verweis in Anhang II der o. g. Verordnung auf die Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie). 4. Welche Mitwirkung von Banken und anderen Unternehmen ist zur Umsetzung des Beschlusses notwendig, und wie wird diese gewährleistet? Werden durch eine EU-Verordnung Gelder oder sonstige wirtschaftliche Ressourcen von neu benannten Personen oder Organisationen eingefroren, so werden die Rundschreiben der Deutschen Bundesbank mit der Aufforderung an die Kreditinstitute verbunden, ggf. vorgenommene Konto- oder Depotsperrungen zu melden. Eine entsprechende Meldepflicht der Institute ergibt sich aus Artikel 8 Absatz 1 der o. g. Verordnung. 5. Wurden im Zuge der Sanktionen in Deutschland Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren? Wenn ja, in welchem Umfang, und gegenüber welchen Berechtigten? Nein. 6. Wurden nach Artikel 1 Absatz 3 und 4 des Beschlusses 2014/119/GASP des Rates Genehmigungen erteilt? Wenn ja, a) durch wen, b) unter welchen der dort genannten Voraussetzungen? Nein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2188 7. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung bezüglich der Veruntreuung öffentlicher Gelder aus der Ukraine und des illegalen Transfers dieser Gelder in das Ausland vor? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 8. Welche deutschen Banken und andere Unternehmen waren hieran ggf. beteiligt? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 9. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, ob die Geschäfte der im Rats-Beschluss aufgeführten Personen den für politisch exponierte Personen anzuwendenden verstärkten Sorgfaltspflichten nach § 6 Absatz 2 des Geldwäschegesetzes (GwG) unterlagen? Einzelne im Ratsbeschluss 2014/119/GASP gelistete Personen erfüllen nach Artikel 2 der Richtlinie 2006/707EG der Europäischen Kommission vom 1. August 2006 die Eigenschaften eines PEPs (politisch exponierte Person), auf die verstärkte Sorgfaltspflichten anwendbar sind. 10. Wie können kleine Unternehmen, die Verpflichtete im Sinne des Geldwäschegesetzes sind, ihre Verpflichtung erfüllen und erfahren, ob es sich bei einem ihrer Kunden um eine politisch exponierte Person im Sinne dieser Vorschrift handelt? Bei den im Beschluss 2014/119/GASP getroffenen und durch die Verordnung (EU) Nr. 208/2014 umgesetzten Maßnahmen handelt es sich um Sanktionsrechtsakte , denen jeweils im Anhang eine Namensliste der Personen beigefügt ist, die von Finanzsanktionen betroffen sind. Die Rechtsakte und deren Anhänge werden im EU-Amtsblatt veröffentlicht. In solchen Fällen müssen die geldwäscherechtlich verpflichteten Institute und Unternehmen nicht auf PEP-Namenslisten kommerzieller Anbieter zurückgreifen, da sie ohnehin verpflichtet sind, das sanktionsrechtliche Bereitstellungsverbot bezüglich Geldern und wirtschaftlicher Ressourcen zu beachten (Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 208/ 2014). 11. Geht die Bundesregierung davon aus, dass in der Praxis die Verpflichteten dies (vgl. Frage 10) wissen bzw. erfahren können? Ja. Auf die Antwort zu Frage 10 wird verwiesen. 12. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland (wie in der Schweiz) im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen bestimmte Personen , Organisationen und Einrichtungen aufgrund des Geschehens in der Ukraine Ermittlungen wegen Geldwäschetatbeständen eingeleitet, etwa gegen sanktionsbetroffene Personen oder deren Umfeld? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von Ermittlungen im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgrund des Geschehens in der Ukraine. Drucksache 18/2188 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung – auch im Lichte solch aktueller Entwicklungen – heute daraus, dass a) die Bundesländer bereits am 21. September 2012 in ihrer Stellungnahme zur GwG-Novelle (Bundestagsdrucksache 17/10745 – Anlage 3, S. 21, dort zu Nummer 2) eine zentrale Bundesaufsicht angemahnt haben im Nichtfinanzsektor für Verpflichtete nach § 2 Absatz 1 Nummer 3, 5, 9, 10 und 12 GwG (also für Versicherungsvermittler, Finanzunternehmen, Dienstleister für Gesellschaften und Treuhandvermögen oder Treuhänder , Immobilienmakler sowie Personen, die gewerblich mit Gütern handeln und Veranstalter bzw. Vermittler von Glücksspielen), um angesichts europäischer und internationaler Vorgaben eine möglichst einheitliche und effektive Verwaltungspraxis gerade bei länderübergreifenden Sachverhalten zu erreichen, b) die Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag bei der Beratung der GwG-Novelle in einem Entschließungsantrag im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages (Bundestagsdrucksache 17/11416, S. 9 f.) die vom Bundesrat beklagten Zuständigkeitsüberschneidungen im vorgenannten Bereich als „besorgniserregend“ bezeichnet und die Bundesregierung aufgefordert hatte, bezüglich solcher „Aufsichtsüberschneidungen , -lücken oder -defizite“ ggf. „ergänzende Maßnahmen zur Verbesserung der Geldwäscheprävention in Deutschland vor(zu)schlagen“? Die in der Frage 13 wiedergegebenen Meinungsäußerungen betreffen den Diskussionsstand kurz nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Optimierung der Geldwäscheprävention vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2959 ff.). Seither kommt es im Geschäftsbereich der zuständigen Behörden nach § 2 Absatz 2 GwG im Rahmen der laufenden Aufsicht zu keinen signifikanten Problemen und Kollisionen bei der Beaufsichtigung der Rechtsverpflichteten des Geldwäschegesetzes bzw. der Durchsetzung des Anti-Geldwäscherechts. Die Zuständigkeit für die geldwäscherechtliche Aufsicht richtet sich nach der allgemeinen Aufsichtszuständigkeit. Vor diesem Hintergrund werden die Verpflichteten des Geldwäschegesetzes größtenteils auf Bundesebene beaufsichtigt. Dies betrifft in erster Linie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, Institute im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes, Agenten und E-Geldagenten, Personen, die E-Geld vertreiben und rücktauschen, Lebens- und Unfallversicherer sowie Kapitalverwaltungsgesellschaften, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstehen. Die sogenannten NichtFinanzinstitute wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Notare, Immobilienmakler, Spielbanken, Veranstalter und Vermittler von Glücksspiel im Internet, Finanzunternehmen nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 GwG sowie Personen , die gewerblich mit Gütern handeln, werden hingegen von ihren Kammern bzw. von den jeweils nach Landesrecht zuständigen Behörden beaufsichtigt . Die von der Bundesregierung eingeleiteten Schritte zu einer Optimierung der Geldwäscheprävention in Deutschland dienten auch dem Zweck, die von der Financial Action Task Force (FATF) im Deutschland-Prüfungsbericht vom Februar 2010 festgestellten Defizite bei der Einhaltung der 40 Empfehlungen der FATF, u. a. bei der Beaufsichtigung des sog. Nicht-Finanzsektors zu beseitigen. Deutschland wurde am 25. Juni 2014 aufgrund des Beschlusses des Plenums der FATF wegen der inzwischen getroffenen qualitativen Implementierungsschritte aus dem „Follow Up-Verfahren“ entlassen. Das um zwei Stufen verbesserte Ranking für die Maßnahmen im Nicht-Finanzsektor (largely compliant) belegt nach Ansicht der Bundesregierung, dass die in der Frage 13 angesprochenen Probleme beseitigt sind. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2188 14. Was haben die Bundesregierung sowie nach deren Wissen die Bundesländer seither unternommen, um die in Rede stehenden Vollzugsdefizite und Zuständigkeitsprobleme zu überwinden? Falls noch nichts veranlasst wurde, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 13 wird Bezug genommen. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass die angesprochenen Vollzugs- und Zuständigkeitsprobleme nicht existieren bzw. durch die seit dem Jahr 2011 getroffenen gesetzlichen bzw. untergesetzlichen Maßnahmen beseitigt sind. Um eine einheitliche Anwendung und Beaufsichtigung der geldwäscherechtlichen Vorschriften auf Bundes- und Länderebene bzw. von Bundesland zu Bundesland sicherzustellen, arbeitet das Bundesministerium der Finanzen (BMF) eng mit den Ländern zusammen. In diesem Zusammenhang berichten die Länder auch über die von ihnen durchgeführten Kontrollen, Ordnungsmaßnahmen und die verhängten Sanktionen bei Verstößen. 15. Wird der Rohstoffhandel von § 2 Absatz 1 Nummer 13 GwG erfasst? Wie bewertet die Bundesregierung das spezifische Geldwäscherisiko des Rohstoffhandels? Personen, die gewerblich mit Gütern handeln, sind nach § 2 Absatz 1 Nummer 13 GwG Verpflichtete des Geldwäschegesetzes. Güter sind Sachen im Sinne der §§ 90 ff. BGB, mithin auch Rohstoffe. Rohstoffhändler sind damit vom Verpflichtetenkreis des § 2 Absatz 1 Nummer 13 GwG erfasst. Belastbare Bewertungen des Geldwäscherisikos speziell bei Rohstoffhändlern liegen derzeit in Deutschland, ebenso wenig auf internationaler Ebene, vor. Hinsichtlich der Geldwäscherisiken der einzelnen Wirtschaftsbereiche hat das BMF im September 2013 eine Dunkelfeldstudie vergeben, in der u. a. auch das Geldwäscherisiko der Güterhändler, darunter der Rohstoffhändler bewertet werden soll. 16. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Vollzug des GwG in den Branchen Immobilien- und Rohstoffhandel ? Die Ergebnisse der in der Antwort zu Frage 15 erwähnten Studie sind abzuwarten . 17. Wie viele Ermittlungsverfahren aufgrund des GwG wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in diesen beiden Branchen seit dem Jahr 2011 jeweils eingeleitet und geführt? Die Strafverfolgungsstatistik enthält delikts-, aber keine branchenspezifischen Angaben, so dass insoweit keine Informationen vorliegen. 18. Wie viele solcher Verfahren (vgl. Frage 17) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2011 je mit Anklageerhebungen und Verurteilungen abgeschlossen? Auf die Antwort zu Frage 17 wird verwiesen. 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