Deutscher Bundestag Drucksache 18/2214 18. Wahlperiode 28.07.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2044 – Getrennte Bioabfallsammlung und die Verwertung von Bioabfällen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ab dem 1. Januar 2015 dürfen gemäß § 11 Absatz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) keine Bioabfälle mehr im Restabfall entsorgt werden. Ziel der Getrenntsammlung von Bioabfällen ist die Nutzung des organischen Materials zur Energiegewinnung durch Vergärung der Bioabfälle sowie die Gewinnung von Kompost, um dadurch den Einsatz von Primärressourcen, wie Torf, zu reduzieren. Dennoch gibt es immer noch Widerstände gegen die Einführung oder die Optimierung der Getrenntsammlung von Bioabfällen. Zahlreiche Landkreise sperren sich gegen eine flächendeckende Bioabfallerfassung mit einem Verweis auf wirtschaftliche und technische Zumutbarkeit. Unter Bioabfällen werden in Deutschland sowohl Grüngut (Gartenabfälle etc.) als auch Speiseabfälle (Küchenabfälle etc.) zusammengefasst. Vorgebrachte Gründe gegen die Getrenntsammlung der Bioabfälle sind mögliche Gebührenerhöhungen aufgrund der angeblich steigenden Kosten der Abfallwirtschaft durch das zusätzliche Sammelsystem, aber auch Ekelaspekte, Platzprobleme oder die bisher praktizierte Eigenkompostierung der Bioabfälle. Um einerseits den gesetzlichen Anforderungen der Getrenntsammlung von Bioabfällen gerecht zu werden, andererseits die in manchen Gebietskörperschaften mit der Einführung einer zusätzlichen Biotonne entstehenden regionalen Probleme zu lösen oder Widerstände aus der Bevölkerung zu berücksichtigen , werden Alternativen zu einer zusätzlichen Biotonne diskutiert. Hierzu zählen Möglichkeiten der Getrenntsammlung der Bioabfälle über Bringsysteme , aber auch eine Erfassung der Bioabfälle durch die Haushalte über Biobeutel anstelle einer Biotonne. Mitentscheidend für den Erfolg der getrennten Sammlung von Bioabfällen sind die konkreten Vorgaben der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in den örtlichen Abfallsatzungen. Die bisherigen Mustersatzungsentwürfe der komDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 24. Juli 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. munalen Spitzenverbände jedoch bieten insbesondere für die Gestaltung der getrennten Sammlung von Bioabfällen wenig Hilfestellung. Die Leitfassung Abfallwirtschaft des Deutschen Städtetags mit Stand vom 10. Juni 2013 definiert Bioabfall beispielsweise eingeschränkt auf „pflanzliche Drucksache 18/2214 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Küchenabfälle“ sowie „haushaltsübliche Mengen von Gartenabfällen“ und es ist fraglich, ob sie damit den Festlegungen des KrWG zur Definition der Bioabfälle entspricht. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Bei der getrennten Erfassung von Bioabfällen und deren Verwertung ist Deutschland im internationalen Vergleich gut aufgestellt: Im Durchschnitt werden im Rahmen der öffentlichen Abfallentsorgung je Einwohner mehr als 100 Kilogramm Bio- und Grünabfälle getrennt erfasst, was einem jährlichen Gesamtaufkommen von mittlerweile rund 9 Millionen Tonnen entspricht. Daneben werden zusätzlich etwa 3 Millionen Tonnen Bioabfälle aus dem gewerblichen Bereich (Nahrungsmittelindustrie, Lebensmittelverarbeitung, Einzelhandel) der Bioabfallbehandlung in Kompostierungs- und Vergärungsanlagen zugeführt. In der Vergangenheit wurden große Mengen dieser Materialien als Bestandteil des Restmülls auf Deponien abgelagert. Biologisch abbaubare Abfälle auf Deponien sind aber der wesentliche Faktor bei der Entstehung klimarelevanter Gase im Bereich der Abfallwirtschaft. Mit der Getrennterfassung von Bioabfällen sowie der Entfernung der im Restmüll noch verbliebenen biologisch abbaubaren Bestandteile durch Abfallvorbehandlung wurde die entscheidende Wende in der Abfallwirtschaft auch unter Klimaschutzaspekten erreicht. Aus getrennt erfassten Bioabfällen hergestellte Komposte und Vergärungsrückstände bieten eine sehr gute Möglichkeit, den Humusgehalt der Böden zu stabilisieren oder zu verbessern und die biologische Aktivität von Böden zu fördern. Komposte und kompostierte Gärrückstände sind zudem hervorragend zur Substitution von Torf geeignet. Wegen der in Bioabfällen enthaltenen Pflanzennährstoffe können durch die bodenbezogene Nutzung von behandelten Bioabfällen (Komposte, Gärrückstände) auch Düngemittel aus Primärrohstoffen substituiert werden. Heizwertreiche Bioabfälle (Holz) können der energetischen Verwertung zugeführt werden. Die für die Kompostierung, die Bioabfallvergärung und den Einsatz der Komposte und Gärrückstände in der Landwirtschaft geltenden strengen Anforderungen der Bioabfallverordnung von 1998 wurden durch eine Novellierung dieser Verordnung im Jahr 2012 weiter verschärft. Wegen der positiven Erfahrungen in zahlreichen Regionen mit der Getrennterfassung von Bioabfällen, insbesondere über die Biotonne, wurde in das Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012 die Bestimmung des § 11 Absatz 1 aufgenommen, wonach ab dem 1. Januar 2015 die Pflicht zur getrennten Sammlung von überlassungspflichtigen Bioabfällen u. a. dann besteht, wenn dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Durch diese gesetzliche Vorgabe ist zu erwarten, dass es zu einer weiteren Steigerung der Mengen an getrennt erfassten Bioabfällen kommt, die der Verwertung zugeführt werden. 1. Hält die Bundesregierung die Getrenntsammlung und anschließende hochwertige Verwertung von Bioabfällen aus Gründen des Umweltschutzes und der Ressourceneffizienz für grundsätzlich notwendig? Wenn ja, welche Gründe zieht die Bundesregierung dafür heran (z. B. Rohstoffsicherung , Humusertrag, erneuerbare Energie, Substitution durch Abfallbiomasse o. Ä.)? Ja. Zentrales Element des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) ist die Umsetzung der in der Richtlinie 2008/98/EG (EU- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2214 Abfallrahmenrichtlinie) vorgegebenen fünfstufigen Abfallhierarchie, durch die die dreistufige Abfallhierarchie des bisher geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) ersetzt wurde. Damit wird das Recycling gegenüber anderen Verwertungsarten deutlich gestärkt. Mit einer hochwertigen Verwertung der Bioabfälle können sowohl das in ihnen enthaltene energetische Potenzial als auch die stofflichen Bestandteile/Eigenschaften genutzt werden, beispielsweise durch die Gewinnung von Biogas, die Herstellung von Biokraftstoffen, die thermische Nutzung holziger Bioabfälle sowie durch die bodenbezogene Anwendung zu Düngezwecken und zur Bodenverbesserung /Humusversorgung. Damit können Ressourcen geschont und entsprechende Primärrohstoffmaterialien substituiert werden (z. B. Phosphate, Torf, Energieträger); zudem wird die zu beseitigende Restabfallmenge reduziert. Voraussetzung für diese hochwertigen Verwertungen ist die getrennte Sammlung der Bioabfälle. Nur damit kann die erforderliche hohe Qualität der zu verwertenden Bioabfälle im Hinblick auf Schadstoffe, Verunreinigungen und Vermischung mit anderen Abfallstoffen gewährleistet werden. 2. In wie vielen Städten und Landkreisen werden nach Kenntnis der Bundesregierung Bioabfälle bisher gar nicht getrennt gesammelt (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln), und wie viele Einwohner leben in diesen Regionen ? Nach den Ergebnissen des mit Mitteln des Umweltforschungsplans des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) finanzierten, noch nicht abgeschlossenen Forschungsvorhabens „Verpflichtende Umsetzung der Getrenntsammlung von Bioabfällen“ wird in 76 (von insgesamt 402) Kommunen (Städte/Landkreise) bisher noch keine Biotonne angeboten wird. Davon sind 10,8 Millionen Einwohner betroffen. 3. In wie vielen Städten und Landkreisen werden Bioabfälle nach Kenntnis der Aufschlüsselung nach Bundesland: Städte und Landkreise, in denen die Biotonne nicht angeboten wird (2010) Baden-Württemberg 11 Bayern 15 Berlin – Brandenburg 13 Bremen 1 Hamburg – Hessen 3 Mecklenburg-Vorpommern 1 Niedersachsen 9 Nordrhein-Westfalen 3 Rheinland-Pfalz 10 Saarland – Sachsen 1 Sachsen-Anhalt 2 Schleswig-Holstein – Thüringen 7 Bundesregierung nicht flächendeckend, sondern nur anteilig gesammelt, Drucksache 18/2214 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode und wie hoch ist der jeweilige Anschlussgrad der Haushalte an die Getrenntsammlung zu beziffern (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Nach den Ergebnissen des in der Antwort zu Frage 2 genannten Forschungsvorhabens wird in 39 (von insgesamt 402) Kommunen (Städte/Landkreise) die Biotonne nur in Teilgebieten angeboten. Die Gesamtzahl der Einwohner in diesen Gebieten liegt bei 11,2 Millionen; der Anschlussgrad beträgt hier 30 Prozent. Kenntnisse über die Verteilung der Anschlussgrade nach Bundesländern liegen der Bundesregierung nicht vor. 4. Wie will die Bundesregierung die gesetzlich verankerte Einführung der flächendeckenden Getrenntsammlung von Bioabfall sicherstellen, und welche Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Pflicht haben diejenigen zu erwarten , die sich dieser Pflicht entziehen? Aufgrund der Kompetenzordnung des Grundgesetzes hat die Bundesregierung in diesen Bereichen weder Vollzugskompetenzen noch Aufsichts- oder Weisungsrechte . Zuständig für den Vollzug des KrWG sind vielmehr die Länder in eigener Verantwortung. Ihnen obliegt es daher, die Umsetzung der flächendeckenden Getrenntsammlung der überlassungspflichtigen Bioabfälle durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (i. d. R. Kreise und kreisfreie Städte) sicherzustellen und hierzu die konkreten Vorgaben zu erstellen, z. B. im Rahmen von Landesabfallwirtschaftsplänen. Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung sind die Kommunen als öffentlich -rechtliche Entsorgungsträger für die konkrete Umsetzung der gesetzlichen Getrenntsammlungspflicht für Bioabfälle vor Ort zuständig. Dies beinhaltet vor allem die konkrete Ausgestaltung der getrennten Sammlung der Bioabfälle, also beispielsweise die Ausstattung der privaten Haushalte mit Biotonnen unter Berücksichtigung eventueller Eigenverwertung, sowie den Aufbau und den Betrieb der Einsammlungs- und Verwertungslogistik. Für eine effektive Sammlung möglichst hoher Mengen an Bioabfällen dürfte i. d. R. ein Anschluss- und Be- Aufschlüsselung nach Bundesland: Städte und Landkreise, in denen die Biotonne teilweise angeboten wird (2010) Baden-Württemberg 1 Bayern 6 Berlin – Brandenburg 2 Bremen – Hamburg 1 Hessen 4 Mecklenburg-Vorpommern 3 Niedersachsen – Nordrhein-Westfalen 10 Rheinland-Pfalz – Saarland – Sachsen 7 Sachsen-Anhalt 2 Schleswig-Holstein – Thüringen 3 nutzungszwang für die Biotonne vorzusehen sein. Flankierend ist regelmäßig Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2214 eine gute Öffentlichkeitsarbeit erforderlich, auch um eine möglichst hohe Qualität der eingesammelten Bioabfälle zu erzielen. Sofern die Pflicht zur getrennten Sammlung der Bioabfälle rechtswidrig nicht eingehalten werden sollte, könnten landesrechtliche kommunal- und fachaufsichtliche Instrumente angewendet werden. 5. Hält die Bundesregierung die Einführung von Bringsystemen für Bioabfälle für ausreichend, um der Pflicht zu einer flächendeckenden Bioabfallsammlung nachzukommen? Das KrWG enthält keine Vorgaben hinsichtlich der Getrenntsammlung der Bioabfälle nach Bring- oder Holsystemen. Bei Küchen- und Speiseabfällen haben sich in der Praxis Holsysteme durchgesetzt , da nur die haushaltsnahe Erfassung eine weitestgehende Ausschöpfung des Getrennterfassungspotenzials gewährleistet. Bringsysteme haben demgegenüber in manchen Fällen Vorteile bei der Qualität der der Getrennterfassung zugeführten Bioabfälle. Differenzierter fällt die Betrachtung bei Gartenabfällen aus dem privaten Bereich aus, da solche Bioabfälle sporadisch und regelmäßig in größeren Mengen anfallen, so dass hier eine Zuführung zu zentralen Sammelstellen (Bringsystem) geboten sein kann. Ein Holsystem kann bei Gartenabfällen insbesondere dann vorteilhaft eingesetzt werden, wenn größere Mengen an Bioabfällen an einem Ort anfallen. Dies ist z. B. bei Kleingartenanlagen der Fall. Die Entscheidung bezüglich des Erfassungssystems obliegt dem Entsorgungsträger. 6. Bietet der § 11 Absatz 1 KrWG aus Sicht der Bundesregierung die erforderlichen Spielräume, um den spezifischen regionalen und örtlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, und welche Spielräume gibt es nach Auffassung der Bundesregierung? Gemäß § 11 Absatz 1 KrWG sind Bioabfälle getrennt zu sammeln, wenn dies im Hinblick auf den gesetzlichen Vorrang der Abfallverwertung und eine hochwertige Verwertung (Abfallhierarchie, siehe § 6 Absatz 1 KrWG) notwendig sowie technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Mit der Einführung als Pflicht hat der Gesetzgeber die Grundentscheidung getroffen, dass die genannten Voraussetzungen in der Regel vorliegen. Über die konkrete Umsetzung vor Ort entscheiden – wie in der Antwort zu Frage 4 ausgeführt – die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unter Berücksichtigung von Landesvorgaben. Dabei kann auch den spezifischen regionalen und örtlichen Gegebenheiten Rechnung getragen werden; dies gilt insbesondere für die Einführung, Bemessung und Ausstattung mit Biotonnen/Sammelbehältnissen. Als Beispiele können genannt werden: – Berücksichtigung der tatsächlich eigenverwerteten Mengen an geeigneten Bioabfällen. – Berücksichtigung eventuell gemeinsamer nachbarschaftlicher Sammlung (gemeinsame Biotonne). – Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten für die Biotonne; z. B. bei beengten Platzverhältnissen alternative Getrenntsammlungssysteme wie Bioabfallsäcke/-beutel (siehe auch die Antworten zu den Fragen 11 und 14). Drucksache 18/2214 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – Gegebenenfalls Prüfung der getrennten Bioabfallabfuhr bei extrem dünn besiedelten Regionen im Hinblick auf die Kosten (siehe auch die Antworten zu den Fragen 11 und 12). Zudem ist nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ein Umsetzungszeitraum von zweieinhalb Jahren gegeben, durch den die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die konkrete Planung und Umsetzung vor Ort angemessen, ggf. sukzessive in Teilschritten, durchführen können. 7. Wie hoch schätzt die Bundesregierung das noch bestehende Potenzial an Bioabfällen ein, die bisher nicht getrennt gesammelt wurden, und hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung bisher ein Zusammenhang zwischen dem bereitgestellten Behältervolumen und der dadurch eingesammelten häuslichen Bioabfallmenge gezeigt? Im Jahr 2010 wurden in Deutschland laut den Ergebnissen des genannten Forschungsvorhabens bei einem durchschnittlichen Anschlussgrad von 52 Prozent 4,2 Millionen Tonnen Bioabfälle über die Biotonne getrennt gesammelt. Bei einem Anschlussgrad von 70 Prozent würde das nutzbare Potenzial rechnerisch bei ca. 6,4 Millionen Tonnen, bei einem 100-prozentigen Anschluss bei ca. 9,1 Millionen Tonnen Bioabfälle liegen. In verschiedenen anderen Studien wird das Potenzial der zusätzlich getrennt gesammelten Bioabfälle nach Umsetzung des § 11 Absatz 1 KrWG auf 2 bis 5 Millionen Tonnen jährlich geschätzt. Zudem hat sich zwischen bereitgestelltem (größerem) Behältervolumen und der dadurch eingesammelten häuslichen Bioabfallmenge ein Zusammenhang gezeigt . Die damit eingesammelten höheren Mengen sind zu einem großen Anteil Gartenabfälle, die eventuell von einer bestehenden Grünabfallsammlung oder von der Eigenkompostierung abgezogen werden. 8. Entspricht nach Ansicht der Bundesregierung die Leitfassung Abfallwirtschaft des Deutschen Städtetags mit Stand vom 10. Juni 2013 den Vorgaben des KrWG, und wenn nicht, in welcher Art und Weise hat die Bundesregierung die kommunalen Spitzenverbände auf diese Diskrepanz hingewiesen? Bei der angesprochenen „Leitfassung Abfallwirtschaft des Deutschen Städtetags mit Stand vom 10. Juni 2013“ handelt es sich um einen unverbindlichen Vorschlag eines kommunalen Spitzenverbands. Für die verbindliche gesetzeskonforme Umsetzung der getrennten Sammlung von Bioabfällen sind jedoch die Kommunen/öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung eigenverantwortlich zuständig (siehe Antwort zu Frage 4). Das BMUB hat im April dieses Jahres anhand der vorliegenden Ergebnisse des in der Antwort zu Frage 2 genannten Forschungsvorhabens „Fachliche Schlussfolgerungen aus dem F+E-Vorhaben zur Getrenntsammlung von Bioabfällen“ erarbeitet und den Ländern, den kommunalen Spitzenverbänden und den Wirtschaftsverbänden zur Information zugeleitet. Hierin werden auch die Bioabfälle umschrieben, welche unter die gesetzliche Pflicht der getrennten Sammlung fallen. 9. Wie hoch schätzt die Bundesregierung das bestehende Potenzial an Bioabfällen ein, die gesammelt werden könnten, wenn die teilweise bestehenden Restriktionen, wie sie auch in der Leitfasssung Abfallwirtschaft des Deutschen Städtetags mit Stand vom 10. Juni 2013 formuliert werden, aufgeho- ben werden? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2214 10. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Menge der Speiseabfälle ein, die derzeit wegen entsprechend formulierter kommunaler Satzungen, trotz eingeführter Bioabfallgetrenntsammlung, noch im Restmüll gesammelt werden? Die Fragen 9 und 10 werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine Mengenangaben zu von der getrennten Sammlung ausgeschlossenen Teilfraktionen des häuslichen Bioabfalls vor. Darüber hinaus ist nicht bekannt, von wie vielen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern die angesprochenen Speiseabfälle tatsächlich von der Bioabfallsammlung ausgeschlossen werden. 11. Welche Voraussetzungen müssen nach Ansicht der Bundesregierung generell erfüllt werden, damit eine Ausnahme von der Getrennterfassungspflicht der Bioabfälle zulässig ist? Die in § 11 Absatz 1 KrWG festgelegte Pflicht zur Getrenntsammlung überlassungspflichtiger Bioabfälle gilt zur Erfüllung der dort näher genannten Anforderungen umfassend und flächendeckend. In den gesetzlichen Vorgaben sind keine generellen oder allgemeinen Ausnahmen von der Getrenntsammlungspflicht der Bioabfälle vorgesehen. Insofern ist in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Rangfolge der Abfallhierarchie anzuwenden und die technische Möglichkeit und die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Pflichterfüllung zu bewerten ist. Die hierfür maßgeblichen Umstände sind vom betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger darzulegen . Sollte die ökologisch „beste“ Getrenntsammlungslösung nicht darstellbar sein, muss aufgrund des generellen Getrenntsammlungsgebotes die „zweitbeste “ Lösung gefunden und durchgeführt werden. 12. Sieht die Bundesregierung eine signifikante, also mehr als eine geringfügige Gebührensteigerung, z. B. in sehr dünn besiedelten Regionen, als einen Grund für die Nichteinführung einer getrennten Bioabfallsammlung (Stichwort: wirtschaftliche Zumutbarkeit) an? Nein. Auch eine signifikante Gebührensteigerung ist für sich allein genommen kein hinreichender Grund, auf die getrennte Bioabfallsammlung zu verzichten. Es kann davon ausgegangen werden, dass die getrennte Sammlung und Verwertung der Bioabfälle in aller Regel wirtschaftlich zumutbar ist. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit wird insbesondere nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass durch die Getrenntsammlung und Verwertung von Bioabfällen gegenüber deren Erfassung mit dem Restabfall und Beseitigung nach dem KrWG höhere Kosten anfallen. Nach der gesetzlichen Wertung des § 7 Absatz 4 KrWG sind höhere Kosten zu tolerieren, soweit sie nicht außer Verhältnis zu den Kosten der Beseitigung stehen. Zudem ist für die Kostenbelastung der öffentlich -rechtlichen Entsorgungsträger (siehe § 20 Absatz 1 KrWG) nicht allein auf einen Kostenvergleich der Entsorgungsarten abzustellen, sondern auf die Auswirkungen auf den kommunalen Gebührenhaushalt. Die aus einer Getrenntsammlung resultierenden Mehrkosten müssen jedoch für den Gebührenschuldner zumutbar sein. So kann es in Gebieten, in denen bislang noch keine getrennte Sammlung und Verwertung von Bioabfällen existiert, zu deutlichen Kosten- und Gebührenstei- gerungen kommen, ohne dass dies automatisch als wirtschaftlich unzumutbar anzusehen wäre. Drucksache 18/2214 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bei extrem dünn besiedelten Regionen können sich möglicherweise überproportionale Kosten- und Abfallgebührensteigerungen ergeben, die zu einer Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit besonderen Anlass geben können. Dabei ist eine sehr geringe Einwohnerdichte (Einwohner/km²) allein jedoch kein taugliches Kriterium, da sich eine solche sowohl bei überwiegend geschlossener Siedlungsstruktur als auch bei verstreut gelegenen Einzelgehöften ergeben kann. 13. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass in den Bundesländern (oder kommunalen Gebietskörperschaften) die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Einführung der Getrenntsammlung nicht unterschiedlich ausgelegt wird? Zuständig für den Vollzug der gesetzlichen Regelungen sind die Länder in eigener Verantwortung (siehe Antwort zu Frage 4). In den „Fachlichen Schlussfolgerungen aus dem F+E-Vorhaben zur Getrenntsammlung von Bioabfällen“ des BMUB (siehe Antwort zu Frage 8) werden Kriterien für die Auslegung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit im Hinblick auf die Umsetzung der getrennten Sammlung der Bioabfälle behandelt. 14. Sieht die Bundesregierung die technische Machbarkeit der Bioabfallgetrenntsammlung flächendeckend für die Bundesrepublik Deutschland als gegeben an? Wenn nein, in welchen Ausnahmefällen ist die technische Machbarkeit nicht gegeben? Eine getrennte Sammlung der Bioabfälle – im Hol- oder Bringsystem – ist mit Blick auf die vielerorts bereits durchgeführten Getrenntsammlungen generell als technisch möglich anzusehen; ebenso dürfte die technische Möglichkeit der Verwertung getrennt gesammelter Bioabfälle regelmäßig gegeben sein. Ein Anlass zur Prüfung der technischen Möglichkeit der getrennten Sammlung könnte z. B. bestehen, wenn die örtlichen Gegebenheiten diese gar nicht oder nur sehr erschwert zulassen, wie beispielsweise im Fall einer äußerst engen Altstadtbebauung , bei der der erforderliche Platz für eine Biotonne und/oder deren Abfuhr nicht vorhanden ist. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass in solchen Gebieten meist vor allem Nahrungs- und Küchenabfälle und kaum Grünabfälle anfallen, so dass auch in solchen ungünstigen Bereichen zu prüfen wäre, ob alternative Getrenntsammlungssysteme möglich sind, wie z. B. mittels Bioabfallsäcken /-beuteln. 15. Wird in Regionen, wo die Biotonne neu eingeführt wird und die Abfallbehälterplätze stark eingeschränkt sind, nach Einschätzung der Bundesregierung eine Getrenntsammlung dennoch möglich sein, etwa durch innovative , schmalere Behälterlösungen? Nach Auffassung der Bundesregierung sollten die Entsorgungsträger derartige Lösungen oder ggf. auch die getrennte Bioabfallsammlung über Säcke und Beutel prüfen. 16. Hält die Bundesregierung einen hohen Anteil an bisher schon erfassten Grüngutmengen für einen Grund, auf eine separate Bioabfallerfassung zu Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2214 verzichten, und hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, Bioabfallund Grüngutabfallmengen miteinander zu verrechnen? Nein. Hohe Mengen an gesammeltem Grünschnitt machen eine Separatsammlung von Küchenabfällen nicht entbehrlich (und umgekehrt); die beiden Bioabfallkategorien können nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Eine solche Aufrechnung wäre vom KrWG im Hinblick auf die Definition der Bioabfälle nicht gedeckt. Dies wäre aus Sicht der Bundesregierung auch nicht zielführend. Ansonsten würde auf spezifische wertgebende Eigenschaften der jeweiligen Bioabfallart und damit auf die Substitution von Primärrohstoffen/Energieträgern verzichtet werden. Würde beispielsweise die getrennte Sammlung von Nahrungs- und Küchenabfälle wegen hoher gesammelter Gartenabfallmengen unterlassen, würde auf einen für die Vergärung (Biogas) ertragreichen Stoffstrom und zudem auf die Nährstoffe der Gärrückstände zur Düngung verzichtet werden. 17. Ist nach Ansicht der Bundesregierung eine Nichteinführung der Getrenntsammlung unter dem Hinweis eines hohen Anteils an Eigenkompostierung der Haushalte mit den EU-rechtlichen Bestimmungen des Artikels 22 der Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) vereinbar, deren Vorgabe die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu einer umfassenden Bioabfallverwertung in Verbindung mit Anlage 2, Verwertungsverfahren R10 sowie Artikel 13 AbfRRL auffordert und die laut Begründung des KrWG zu § 11 KrWG die Nutzung der stofflichen Eigenschaften von Bioabfällen über die Düngung hinaus einschließt? Nach Artikel 22 der Abfallrahmenrichtlinie besteht für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung, die getrennte Sammlung von Bioabfällen zum Zweck ihrer Kompostierung und Vergärung „zu fördern“. Die getroffenen Maßnahmen müssen dabei im Einklang mit Artikel 4 (Abfallhierarchie) und Artikel 13 (Umwelt- und Gesundheitsschutz) stehen. Hinsichtlich der Ausgestaltung der Maßnahmen zur Erfüllung der EU-rechtlichen Förderungsvorgaben haben die Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum. Aber auch bei einer Eigenkompostierung häuslicher Bioabfälle im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 KrWG verbleibt es bei der grundsätzlichen Pflicht einer Getrennthaltung der Bioabfälle und der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für eine Eigenverwertung entsprechende Nutzflächen auf den eigengenutzten Grundstücken erforderlich sind; zudem sind nicht alle in privaten Haushaltungen anfallenden Bioabfälle für eine Eigenverwertung geeignet (siehe Antwort zu Frage 20). Insofern würde lediglich eine – auch hohe – Eigenverwertung der umfassenden EU-rechtlichen Vorgabe zur Förderung der getrennten Sammlung und Verwertung von Bioabfällen nicht genügen. 18. Welche der in § 11 KrWG nicht abschließend aufgezählten Verordnungsermächtigungen zur Förderung der Verwertung der Bioabfälle plant die Bundesregierung in absehbarerer Zeit zu nutzen? Vorbehaltlich der noch durchzuführenden fachlichen und rechtlichen Prüfungen ist beabsichtigt, auf der Grundlage des § 11 Absatz 2 und 3 KrWG die geltende Bioabfallverordnung durch eine Ablöseverordnung zu ersetzen (neue Bioabfallverordnung ). Dabei sollen die verschiedenen – regelungsbedürftigen – Verwertungsmöglichkeiten von Bioabfällen einbezogen werden, wie Erzeugung von Energieträgern (Biogas, Biokraftstoff), Herstellung von Dünge- und Bodenverbesserungsmitteln (Gärrückstand, Kompost, bioabfallhaltige Gemische) zum Aufbringen auf Böden und energetische (thermische) Nutzung beispielsweise holziger Bioabfälle. Dabei wird auch eine Abgrenzung zum Düngerecht vorge- Drucksache 18/2214 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode nommen werden, um inhaltsgleiche Doppelregelungen zu vermeiden (§ 11 Absatz 2 Satz 3 KrWG). Zudem wird geprüft, ob und inwieweit stoffstromspezifische und -lenkende Anforderungen an die Hochwertigkeit der Verwertung der jeweiligen Bioabfallarten einschließlich möglicher Kaskadennutzungen einbezogen werden können (z. B. Vergärung zur Biogasgewinnung und Kompostierung der Gärrückstände zur bodenbezogenen Verwertung). Schließlich sollen auf der Grundlage des § 12 Absatz 7 KrWG konkretisierende Anforderungen an privatwirtschaftliche Qualitätssicherungssysteme im Hinblick auf die Bioabfallverwertung eingefügt werden. Dabei sollen, wie bereits in der geltenden Bioabfallverordnung , aufgrund der durch die privatwirtschaftliche Qualitätssicherung erfolgenden Entlastung der abfallrechtlichen Überwachung Privilegierungen insbesondere bei den Nachweis- und Dokumentationspflichten vorgesehen werden . 19. Wann plant die Bundesregierung, die Bioabfallverordnung an die ab dem 1. Januar 2015 geltenden Getrenntsammlungspflichten anzupassen? Die in § 11 Absatz 1 KrWG festgelegte Pflicht zur Getrenntsammlung überlassungspflichtiger Bioabfälle ist hinreichend bestimmt; eine Konkretisierung im Rahmen der neuen Bioabfallverordnung ist aus Sicht der Bundesregierung nicht erforderlich und nicht beabsichtigt. Die geltende Bioabfallverordnung, die zuletzt im April 2012 umfassend novelliert wurde, bedingt für deren Geltungsbereich die getrennte Erfassung der Bioabfälle, ansonsten könnten die strengen Vorgaben der Verordnung nicht eingehalten werden. 20. Plant die Bundesregierung die Einführung von Vorgaben für die Eigenkompostierung ? Die Eigenkompostierung an sich ist für die gesetzlich mögliche Freistellung von der Überlassungspflicht noch nicht ausreichend, da diese lediglich eine Behandlung der Bioabfälle darstellt. Vielmehr muss gewährleistet sein, dass die selbst hergestellten Bioabfallkomposte tatsächlich eigenverwertet werden, d. h. ausreichende Aufbringungsflächen (z. B. Nutzgarten) auf einem eigengenutzten Grundstück vorhanden sind, um die wertgebenden Inhaltsstoffe des erzeugten Kompostes auch umweltverträglich nutzen zu können. Zudem kann die Eigenverwertung (Eigenkompostierung) nicht für alle in privaten Haushaltungen anfallenden Bioabfälle zum Tragen kommen. Hierfür sind nicht alle dort anfallenden Bioabfälle geeignet, wie beispielsweise gekochte Speisereste, Fleischund Fischreste. Insofern wird erwogen, im Rahmen der neuen Bioabfallverordnung auch Anforderungen an die Eigenverwertung von Bioabfällen zu formulieren. 21. Wann soll das Forschungsvorhaben „Verpflichtende Umsetzung der Getrenntsammlung von Bioabfällen“ abgeschlossen sein, und welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung bisher aus diesem Forschungsvorhaben vor? Eine Veröffentlichung des Endberichtes des Forschungsvorhabens ist im Herbst 2014 beabsichtigt. Zu dem jeweils aktuellen Stand des Forschungsvorhabens wurden insgesamt drei Fachgespräche mit Ländern, kommunalen Spitzenverbänden , Wirtschaftsverbänden und Experten durchgeführt. Auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens hat das BMUB bereits „Fachliche Schlussfolgerungen aus dem F+E-Vorhaben zur Getrenntsammlung von Bioabfällen“ erarbeitet und im April dieses Jahres veröffentlicht (siehe Antwort zu Frage 8). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2214 22. Plant die Bundesregierung eine Lenkung der Bioabfallstoffströme, d. h. Vorgaben, welche Bioabfälle in welche Verwertungswege geleitet werden sollen, z. B. durch Novellierung der Bioabfallverordnung? Mit § 11 Absatz 2 KrWG besteht erstmals eine Ermächtigungsgrundlage, stoffstromspezifische Regelungen für die Verwertung von Bioabfällen vorzugeben. Es wird derzeit geprüft, ob und inwieweit von dieser Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht wird. 23. Plant die Bundesregierung Maßnahmen oder Regelungen zur Vermeidung von Bioabfällen, und wenn ja, welche? Eine Vermeidung von Bioabfällen ist lediglich im Bereich der Lebensmittelabfälle sinnvoll und erforderlich. Eine im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durchgeführte Studie hatte zum Ergebnis, dass in Deutschland jährlich knapp 11 Millionen Tonnen an Lebensmitteln durch Industrie, Handel, Großverbraucher und Privathaushalte als Abfall entsorgt werden. 65 Prozent dieser Lebensmittelabfälle wären vollständig oder zumindest teilweise vermeidbar. Die Bundesregierung wirkt durch verschiedene Aufklärungskampagnen, z. B. über das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes und der Länder, darauf hin, die Verschwendung von Lebensmitteln zu stoppen. 24. Plant die Bundesregierung die Einführung von Mengenzielen für die Verwertung von Bioabfällen, und wenn nein, warum nicht? 25. Wird die Bundesregierung den Bundesländern Mengenziele für spezifische Siedlungsbereiche (abgestuft nach Bevölkerungsdichte), zur Aufnahme in die Landesabfallgesetze bzw. Abfallwirtschaftspläne empfehlen ? Die Fragen 24 und 25 werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Eine Vorgabe von Mengenzielen (Quoten, Zielvorgaben) im Hinblick auf getrennt zu sammelnde Bioabfälle (Mindestmenge) oder hinsichtlich des organischen Anteils im Restabfall (Höchstmenge) zur Erfüllung der gesetzlichen Getrenntsammlungspflicht ist in der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehen. Eine bundesrechtliche quantitative Vorgabe ist auch fachlich nicht angezeigt, da dies den regionalen/örtlichen Gegebenheiten nicht angemessen Rechnung tragen würde. So wäre eine bundesweit vorgegebene Quote aufgrund der auch weiterhin zu erwartenden Spannbreite der örtlich getrennt gesammelten Bioabfallmengen kaum möglich und nicht zielführend. Soweit quantitative Ziele vorgegeben werden, sollte dies daher vorzugsweise auf regionaler Ebene erfolgen. 26. Plant die Bundesregierung eine Klarstellung, dass eine hochwertige und umweltgerechte Verwertung von Bioabfällen dann gegeben ist, wenn die Bioabfälle erst energetisch und anschließend stofflich verwertet werden (Kaskadennutzung)? Für die neue Bioabfallverordnung wird geprüft, ob und inwieweit stoffstromspezifische und -lenkende Anforderungen an die Hochwertigkeit der Verwertung der jeweiligen Bioabfallarten einschließlich möglicher Kaskadennutzungen ein- Drucksache 18/2214 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bezogen werden können (z. B. Vergärung zur Biogasgewinnung und Kompostierung der Gärrückstände zur bodenbezogenen Verwertung). 27. Wie viele Arbeitsplätze können nach Einschätzung der Bundesregierung durch die flächendeckende Einführung der Bioabfallgetrenntsammlung und ihre hochwertige kaskadische Verwertung in Deutschland neu (direkt und indirekt – etwa im Anlagenbau) entstehen? Der Bundesregierung liegen lediglich Angaben über die direkten Beschäftigtenzahlen im Bereich der Bioabfallverwertung vor. Der im Jahr 2009 veröffentlichte Endbericht der im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vergebenen Studie „Die wirtschaftliche Bedeutung der Recycling- und Entsorgungsbranche in Deutschland“ weist für den Bereich der „kompostierbaren Abfälle“ einen Stand von 7 219 Beschäftigten aus (bei ca. 7,9 Millionen Tonnen getrennt erfasster Bioabfälle). Dabei ist die Mehrzahl der Beschäftigten (5 289) im Bereich der Sammlung und des Transports tätig. Bei Annahme einer Steigerung der getrennt gesammelten Bioabfälle um 2 bis 5 Millionen Tonnen jährlich (siehe Antwort zu Frage 7) wäre demnach überschlägig – und ohne Berücksichtigung von Effizienzgewinnen – mit einem Beschäftigungseffekt von etwa 1 800 bis zu 4 500 Personen zu rechnen. Der veröffentlichten Studie „Texte 44/07 – Potenzialanalyse der deutschen Entsorgungswirtschaft “ des Umweltbundesamtes ist ergänzend zu entnehmen, dass Investitionen zur Erweiterung von Kompostierungsanlagen um eine Vergärungsstufe vermutlich keine Änderungen des Personalbestands nach sich ziehen würden. 28. Welcher Anteil der derzeit erfassten Bioabfälle wird zur Biogaserzeugung genutzt, und wie hat sich dieser Anteil in den letzten Jahren entwickelt? Die Statistik zur Abfallentsorgung (Fachserie 19, Reihe 1) des Statistischen Bundesamtes weist aus, dass im Jahr 2012 (vorläufige Angaben) etwa 5,39 Millionen Tonnen Bioabfälle den Biogas- und Vergärungsanlagen zugeführt wurden. Bezogen auf den gesamten Input der im Rahmen dieser Statistik ausgewiesenen Bioabfallbehandlungsanlagen wurden demnach rund 36 Prozent der Bioabfälle zur Biogaserzeugung genutzt. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass der überwiegende Teil der über diese Statistik erfassten Vergärungsanlagen Bioabfälle aus dem Bereich der Nahrungsmittelverarbeitung verarbeiten dürfte, die nicht im Rahmen der Erfassung von Bioabfällen privater Haushalte durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger angefallen sind. Die in Biogas- und Vergärungsanlagen eingesetzten Mengen und Anteile entwickelten sich wie folgt: In Biogas- und Vergärungsanlagen eingesetzte Bioabfälle Jahr Menge (Mio. t) Anteil* 2004 3,20 25,8 % 2006 3,43 27,6 % 2008 3,96 30,3 % 2010 4,31 33,1 % * Anteil der in biologischen Behandlungsanlagen insgesamt eingesetzten Menge. 2012 (vorläufige Angaben) 5,39 36,0 % Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/2214 29. Wie bewertet die Bundesregierung die Gewinnung von Biogas aus Bioabfällen hinsichtlich der Klimaschutzpotenziale? Durch die Bioabfallvergärung und die energetische Nutzung des dabei erzeugten Biogases können fossile Energieträger substituiert werden; die Vergärung von Bioabfällen leistet somit prinzipiell einen Beitrag zur Reduzierung der Emission klimaschädigender Gase. Bei dafür geeigneten Bioabfällen ist die Vergärung von Bioabfällen der Kompostierung prinzipiell vorzuziehen, da dabei sowohl eine Nutzung des Energiegehaltes als auch die Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Bioabfalls möglich ist (Kaskadennutzung). 30. Welche Daten liegen der Bundesregierung hinsichtlich des nutzbaren Potenzials von Bioabfällen zur Erzeugung von Biogas vor, und sieht sie dieses Potenzial bereits als ausgeschöpft an, und was tut sie ggf. konkret, um diese zu erschließen? Im Jahr 2013 wurde das vom damaligen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) geförderte Forschungsvorhaben „Steigerung der Energieeffizienz in der Verwertung biogener Reststoffe“ abgeschlossen . Das Vorhaben weist aus, dass durch den Ausbau der Getrennterfassung von Bioabfällen, durch den Ausbau der Vergärungskapazitäten zur Behandlung schon erfasster Bioabfälle und durch die Optimierung der Anlagen noch ein erhebliches Potenzial zur Steigerung der Erzeugung von Biogas besteht. Bei den im Rahmen dieser Studie berücksichtigten Bioabfällen wird das Gesamtpotenzial der zusätzlich erschließbaren Energieausbeute durch die Vergärung auf 1 772 GWh/a Strom und 1 556 GWh/a Wärme prognostiziert. Derzeit wird die Nettoenergieausbeute bei Strom und Wärme mit jeweils etwa 250 bis 300 GWh/a angegeben. 31. Hält die Bundesregierung die in manchen Regionen noch praktizierte Verbrennung von überlassungspflichtigen Gartenabfällen noch mit den Vorgaben der AbfRRL und des KrWG vereinbar, und wenn nicht, welche Maßnahmen zur Beendigung dieser Praxis plant die Bundesregierung? Nach abfallrechtlicher Bewertung stellt die offene Verbrennung von Gartenabfällen eine Beseitigungsmaßnahme dar, die nicht mit den Grundsätzen der Abfallhierarchie des KrWG vereinbar ist. Die Bundesregierung erwägt, auf der Grundlage des § 11 Absatz 2 KrWG die Pflicht zur Verwertung von Bioabfällen weiter zu konkretisieren, um u. a. auch die offene Verbrennung von Gartenabfällen zu beenden und diese einer Verwertung im Sinne des KrWG zuzuführen. 32. Ist nach Einschätzung der Bundesregierung die Entsorgung von Gartenabfällen im Wald oder an Wegrändern ein Verstoß gegen das KrWG, und wenn ja, fällt unter diese Einschätzung auch das Anlegen von Totholzhecken ? Die Entsorgung von Gartenabfällen im Wald und an Wegrändern ist ein Verstoß gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz. Das gezielte Anlegen von Totholzhecken kann, wenn dies sach- und fachgerecht durchgeführt wird, hingegen eine Verwertung von hierfür geeigneten Gartenabfällen sein (i. d. R. Strauch- und Baumschnitt). Gleichwohl dürfen Gartenabfälle auch für eine Verwertung nicht einfach im Wald oder an Wegrändern verwendet werden. Gartenabfälle aus privaten Haushalten sind überlassungspflichtig; eine Drucksache 18/2214 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Eigenverwertung, hier das Anlegen von Totholzhecken, ist nur auf den im Rahmen der privaten Lebensführung genutzten Grundstücken zulässig. Dies darf jedoch nicht zum Eintrag von überschüssigen Nährstoffen in das Ökosystem und zur ungenehmigten Ausbringung gebietsfremder Arten oder zur Verbreitung von invasiven Arten führen. 33. Hält die Bundesregierung die bestehenden Regelungen zur Seuchen- und Phytohygiene bei der getrennten Bioabfallsammlung sowie den Verwertungspfaden für ausreichend und angemessen, und wenn ja, warum? Die umfassenden Bestimmungen zur Seuchen- und Phytohygiene, die für den Bereich der landwirtschaftlichen (einschließlich gartenbaulichen) Verwertung von Bioabfällen in der Bioabfallverordnung festgelegt sind, wurden durch Studien und Beratungen jeweils in einer Expertenarbeitsgruppe für die Erstfassung der Bioabfallverordnung von 1998 erarbeitet und bei der Novelle der Verordnung vom April 2012 überarbeitet und aktualisiert. Die Vorgaben der Bioabfallverordnung entsprechen für ihren Anwendungsbereich somit den aktuellen fachlichen Anforderungen an die Seuchen- und Phytohygiene bei der Behandlung von Bioabfällen. Sofern aus fachlicher Sicht erforderlich, werden diese Anforderungen bei der neuen Bioabfallverordnung dem aktuellen Kenntnisstand angepasst und fortgeschrieben. 34. Welche Aufklärungsmaßnahmen für die Bioabfall trennende Bevölkerung (privat und gewerblich) plant die Bundesregierung, bzw. welche gemeinsamen Planungen mit den Bundesländern und weiteren Akteuren sind bereits getroffen worden, um den Start der flächendeckenden Bioabfallsammlung in Deutschland kommunikativ zu begleiten und die Bevölkerung entsprechend aufzuklären? Die Pflicht zur Information der vor Ort Betroffenen über Änderungen bei der Sammlung von Abfällen liegt vorrangig bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern . In den zahlreichen Kreisen, in denen bereits eine Getrennterfassung von Bioabfällen erfolgt, wurden die Einführung der Biotonne und die Umstellung von Erfassungssystemen durch entsprechende Aufklärungsmaßnahmen begleitet. Flankierend hierzu haben BMU und Umweltbundesamt unter anderem über die Broschüre „Ökologisch sinnvolle Verwertung von Bioabfällen“ insbesondere den kommunalen Entscheidungsträgern Praxisbeispiele für gut funktionierende Bioabfallverwertungssysteme an die Hand gegeben. Daneben hat das Umweltbundesamt bereits vor mehreren Jahren eine „Kompostfibel “ mit konkreten Hinweisen zur sachgerechten Eigenkompostierung erstellt und Interessierten zur Verfügung gestellt. 35. Erwägt die Bundesregierung (gemeinsam mit den Bundesländern) Maßnahmen oder Initiativen, ältere und/oder überdimensionierte Kapazitäten (ganze Anlagen oder einzelne Linien) von Restabfallverbrennungsanlagen stillzulegen, um den zu erwartenden Rückgang der Restabfallmenge durch eine Bioabfallgetrenntsammlung zu begegnen? Nein. Die Anpassung von Kapazitäten von Restabfallverbrennungsanlagen sowie auch anderer Restabfallbehandlungsanlagen ist Aufgabe der Länder und der zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. 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