Deutscher Bundestag Drucksache 18/222 18. Wahlperiode 20.12.2013 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Stephan Kühn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/130 – Untersuchungen von Meldungen mit kontaminierter Kabinenluft im Luftverkehr Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die neuerliche Kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 17/14335) der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Meldungen mit kontaminierter Kabinenluft im Luftverkehr ergab einen sprunghaften Anstieg von Meldungen mit kontaminierter Kabinenluft. Innerhalb eines Jahres vervierfachte sich die Zahl der gemeldeten Ereignisse. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass Vorfälle mit kontaminierter Kabinenluft weitaus häufiger vorkommen, als zunächst angenommen . Auch werden längst nicht alle Ereignisse, die den Bundesbehörden bekannt sind, offiziell gemeldet. Das bestätigte die Bundesregierung mit der Antwort auf die Kleine Anfrage zu den Fragen 5 und 6 auf Bundestagsdrucksache 17/14437. Das Meldewesen gemäß Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates funktioniert damit trotz aller Bemühungen der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) weiterhin nur unzureichend. Eine umgehende Meldung ist nicht nur zu statistischen Zwecken erforderlich. Sie ist allen voran Grundlage für weitere Untersuchungen . Erfolgt eine Meldung verzögert oder nicht den Tatsachen entsprechend , wird eine weitere Untersuchung von Störung, schwerer Störung oder Unfall erheblich und nach Einschätzung der Fragesteller vorsätzlich behindert. Die statistischen Daten der Bundesregierung werfen weitere Fragen auf. Zum einen unterscheidet sich die Zuordnung der Ereignisse je nach Bundesbehörde; zum anderen unterscheiden sich die Zahlen schwerer Störungen. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Zu dem Thema „kontaminierte Kabinenluft in Flugzeugen“ wurde in den letzten Jahren zu mehreren parlamentarischen Anfragen Stellung genommen: – Maßnahmen gegen kontaminierte Kabinenluft im Luftverkehr (BundestagsDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 18. Dezember 2013 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. drucksache 17/11995), – Verantwortung für die Sicherheit von Passagieren und Besatzungen in Ver- kehrsflugzeugen infolge kontaminierter Kabinenluft (Bundestagsdrucksache 17/11596), Drucksache 18/222 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – Gefährdung von Passagieren und Flugpersonal durch kontaminierte Kabinenluft im Luftverkehr (Bundestagsdrucksache 17/10035), – Meldepflichtige Ereignisse und Zuständigkeit der Bundesbehörden in Fällen von kontaminierter Kabinenluft (Bundestagsdrucksache 17/5371), – Die Zuständigkeiten des Luftfahrt-Bundesamtes in Fällen von kontaminierter Kabinenluft (Bundestagsdrucksache 17/3105), – Informationen über kontaminierte Kabinenluft an Bord von Verkehrsflugzeugen (Bundestagsdrucksache 16/12578), – Kontaminierte Kabinenluft an Bord von Verkehrsflugzeugen (Bundestagsdrucksache 16/12179). Neben den Stellungnahmen im Rahmen von Schriftlichen Fragen des Deutschen Bundestages haben sich mit der Thematik auch der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie der Ausschuss für Tourismus des Deutschen Bundestages befasst. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und die nachgeordneten Behörden, Luftfahrt-Bundesamt (LBA) und Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) sind mit den gemeldeten Störungen zu „kontaminierter Kabinenluft“ (sog. Meldungen mit Ölgeruch/oil smell) befasst. In der Bundesrepublik Deutschland wird ein national einheitliches Meldeverfahren angewandt, welches auf internationalen Regelungen beruht (Erläuterung dazu siehe auch die Vorbemerkung der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/5371). Nach § 5 der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) und Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt sind nur Unfälle und schwere Störungen bei der BFU meldepflichtig, bzw. nach § 5b LuftVO werden Meldungen von sicherheitsrelevanten Ereignissen und nach OPS 1.420 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 Meldungen besonderer Ereignisse beim LBA erfasst. Alle an das LBA bzw. die BFU gemeldeten Vorfälle werden an die ECCAIRS-Datenbank (ECCAIRS: European Coordination Centre for Accident and Incident Reporting System) übertragen und stehen damit der zuständigen Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) und der Europäischen Kommission zur Verfügung. 1. Wie kommt es zu unterschiedlichen Einschätzungen der bei ECCAIRS (European Coordination Centre for Accident and Incident Reporting Systems) von der bei der BFU und dem Luftfahrt-Bundesamt (LBA) erfassten Fälle schwerer Störungen? Die luftrechtlichen Bestimmungen, die die Meldung von Störungen an das LBA und an die Bundestelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) regeln, basieren auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen. Für das LBA sind die Bestimmungen der europäischen Betriebsvorschrift OPS 1.420 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 (Flugzeuge) sowie die des § 5b LuftVO maßgeblich. Die BFU stuft die Ereignisse nach den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 bzw. den Bestimmungen des § 5 LuftVO ein. Somit ist das LBA für die Erfassung und statistische Auswertung der von deutschen Luftfahrtunternehmen übermittelten Störungsmeldungen zuständig. Die BFU erhält Meldungen über schwere Störungen und Unfälle auch von ausländischen Luftfahrtunternehmen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland ereignet haben. Ferner haben beide Behörden einen unterschiedlichen gesetzlichen Auftrag. Das LBA ist für die flugbetriebliche Aufsicht über deutsche Luftfahrtunternehmen zuständig, innerhalb derer Störungen zu melden sind und statistisch ausgewertet Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/222 werden. Demgegenüber untersucht die BFU schwere Störungen und Unfälle gemäß der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 bzw. dem Flugunfall-UntersuchungsGesetz (FlUUG), in deren Verlauf die BFU zu einer anderen Einschätzung und Klassifizierung einer Störung als das LBA gelangen kann. Dazu wird auch auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/11995 verwiesen. 2. Gelten alle Vorkommnisse, bei denen Piloten Sauerstoffmasken benutzen mussten, als schwere Störungen, und wie wird ein Unterlassen einer solchen Meldung eingestuft? a) Welche Auffassung vertritt das LBA? Basierend auf den Bestimmungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), Anhang 13 Anlage C, werden Fälle, in denen Piloten in einer Notsituation Sauerstoff benutzt haben, vom LBA als schwere Störung eingestuft. b) Welche Auffassung vertritt die BFU? Nicht bei allen Ereignissen, bei denen Piloten Sauerstoffmasken aufgesetzt haben , mussten sie dies bei objektiver Betrachtungsweise auch tun. Bei einem Teil der Ereignisse wurden die Masken nur von einem Piloten aufgesetzt, in anderen Fällen wurden die Masken vorsorglich von beiden Piloten aufgesetzt. Die BFU stuft entsprechend dem Anhang zur Verordnung (EU) Nr. 996/2010 Ereignisse , bei denen die Piloten gezwungen waren, die Sauerstoffmasken aufzusetzen als schwere Störung ein. c) Auf welche über die gemäß Verordnung (EU) Nr. 996/2010, Artikel 3 (mit Verweis auf den Anhang) bei Nutzung der Sauerstoffmaske definierten schweren Störung hinausgehende Rechtsgrundlage beziehen sich die jeweiligen Bundesbehörden dabei? Die gesetzlichen Vorgaben sind (fast wortgleich): § 2 FlUUG in Verbindung mit dessen Anhang und Artikel 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 in Verbindung mit deren Anhang sowie die ICAOBestimmungen in Anhang 13 Kapitel 1 in Verbindung mit deren Anlage C. d) Wie wird eine von der Verordnung (EU) Nr. 996/2010, Artikel 3 abweichende Auffassung durch die jeweilige Behörde begründet? Abweichungen von Artikel 3 der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 sind nicht bekannt . 3. Differenziert die Bundesregierung die Schwere der Ereignisse mit kontaminierter Kabinenluft je nach Besatzungsstatus (Cockpit/Kabine) und aktiver und passiver Teilnahme am Flug? In den in der Anwort zu Frage 2c angeführten gesetzlichen Vorgaben wird der Begriff „Flugbesatzung“ undifferenziert verwendet. Aus Anhang III der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 859/2008, hier OPS 1.040 in Verbindung mit OPS 1 Abschnitt N und O, sowie der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 Anhang 1 Nummer 30 ergibt sich, dass die Flugbesatzung aus der im Cockpit eingesetzten Crew besteht. Drucksache 18/222 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Insofern beziehen sich vg. Anhänge für den Fall einer schweren Störung auf die Piloten. Sollte es jedoch zu einer schweren Verletzung eines Flugzeuginsassen und damit zu einem Unfall im Sinne von Artikel 2 Nummer 17 der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 kommen, wird nicht nach der Funktion unterschieden, sondern der Legaldefinition entsprechend allein auf „eine Person“ abgestellt. a) Unter welchen Umständen empfiehlt die BFU dem fliegenden Personal das Nutzen einer Sauerstoffmaske? Die BFU empfiehlt, dass Flugbesatzungen den Vorgaben des Herstellers, den in Luftfahrtunternehmen Verwendung findenden Checklisten und unternehmensinternen Empfehlungen entsprechend Sauerstoffmasken benutzen. Darüber hinaus sollten Flugbesatzungen Sauerstoffmasken benutzen, wenn sie fürchten, in ihrer Tätigkeit beeinträchtigt zu werden. b) Unter welchen Umständen empfiehlt das LBA dem fliegenden Personal das Nutzen einer Sauerstoffmaske? Eine Differenzierung nach Besatzungsstatus wird durch das LBA nicht vorgenommen . Eine Empfehlung seitens des LBA gibt es nicht. Entsprechende Verfahren sind von den Luftfahrtunternehmen in den Betriebshandbüchern festzulegen. c) Unter welchen Umständen empfiehlt die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr) nach Kenntnis der Bundesregierung dem fliegenden Personal das Nutzen einer Sauerstoffmaske ? Dazu liegt der Bundesregierung von der BG Verkehr folgende Stellungnahme vor: „Mitglieder der Cockpit-Besatzung sollten aus Sicht der BG Verkehr bereits bei frühen Anzeichen von Geruchs-Ereignissen eine Sauerstoffmaske benutzen. Für das Kabinenpersonal stehen nach unseren Erkenntnissen für den Fall eines unerwarteten Druckabfalls in der Kabine Atemluftmasken zur Verfügung.“ d) Unter welchen Umständen empfiehlt die Vereinigung Cockpit e. V. (VC) nach Kenntnis der Bundesregierung dem fliegenden Personal das Nutzen einer Sauerstoffmaske? Dazu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. e) Unter welchen Umständen empfiehlt die BFU dem flugbegleitenden Personal das Nutzen (Anlegen) einer Rauchschutzhaube? Die BFU empfiehlt, dass Flugbegleiter entsprechend den Vorgaben der Luftfahrtunternehmen Rauchschutzhauben benutzen. Darüber hinaus sollten Flugbegleiter Rauchschutzhauben benutzen, wenn sie dies für erforderlich halten. f) Unter welchen Umständen empfiehlt das LBA dem flugbegleitenden Personal das Nutzen (Anlegen) einer Rauchschutzhaube? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 3b verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/222 g) Unter welchen Umständen empfiehlt die BG Verkehr nach Kenntnis der Bundesregierung dem flugbegleitenden Personal das Nutzen (Anlegen) einer Rauchschutzhaube? Dazu liegt der Bundesregierung von der BG Verkehr folgende Stellungnahme vor: „Das Nutzen der Rauchschutzhauben ist nach Erkenntnissen der BG Verkehr ausschließlich für die Brandbekämpfung im Flugzeug vorgesehen. Die BG Verkehr empfiehlt deren Nutzung daher nur für diesen Zweck.“ h) Unter welchen Umständen empfiehlt die Unabhängige Flugbegleiter Organisation e. V. (UFO) nach Kenntnis der Bundesregierung dem flugbegleitenden Personal das Nutzen (Anlegen) einer Rauchschutzhaube? Dazu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 4. Wie lange reicht der Sauerstoff für das fliegende Personal (Piloten), um im Falle einer gemäß Verordnung (EU) Nr. 996/2010 definierten schweren Störung bei Nutzung der Sauerstoffmaske eine Not- oder Zwischenlandung vornehmen zu können? Mindestmengen für Zusatzsauerstoff in Flugzeugen mit Druckkabine während und nach einem Notsinkflug sind in der europäischen Betriebsvorschrift (Anlage 1 zu OPS 1.770) für alle im Cockpit sitzenden diensttuenden Personen folgendermaßen geregelt: 1. Für die gesamte Flugzeit in einer Kabinendruckhöhe über 13 000 ft. 2. Für die gesamte Flugzeit in einer Kabinendruckhöhe über 10 000 ft bis zu 13 000 ft nach den ersten 30 Minuten, mindestens jedoch i) für 30 Minuten in Flugzeugen, die für Flughöhen bis zu 25 000 ft zugelas- sen sind, ii) für zwei Stunden in Flugzeugen, die für Flughöhen über 25 000 ft zuge- lassen sind. 5. Welche Sauerstoffversorgung ist für die Flugbegleiter im Falle einer Kontamination der Kabinenluft vorgesehen? Mindestmengen für Zusatzsauerstoff in Flugzeugen mit Druckkabine während und nach einem Notsinkflug sind in der europäischen Betriebsvorschrift (Anlage 1 zu OPS 1.770) für alle vorgeschriebenen Flugbegleiter folgendermaßen geregelt: Für die gesamte Flugzeit in einer Kabinendruckhöhe über 13 000 ft, mindestens jedoch für 30 Minuten, und für die gesamte Flugzeit in einer Kabinendruckhöhe über 10 000 ft bis zu 13 000 ft nach den ersten 30 Minuten in diesem Höhenband . a) Wie lange reicht der Sauerstoff für das flugbegleitende Personal, um im Falle einer schweren Störung bei Nutzung der Rauchschutzhaube ihre Funktion für die Sicherheit an Bord vornehmen zu können? Sowohl in den Bauvorschriften als auch in der europäischen Betriebsvorschrift wird für Atemschutzgeräte (PBE) ein Sauerstoffvorrat für mindestens 15 Minuten vorgeschrieben. Drucksache 18/222 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Sieht die Bundesregierung die vollständige Handlungsfähigkeit des flugbegleitenden Personals bei Nutzung solcher Rauchschutzhauben als gewährleistet an? Für den in den luftrechtlichen Bestimmungen vorgeschriebenen Zeitraum von 15 Minuten wird die vollständige Handlungsfähigkeit angenommen. c) Wie schätzt die Bundesregierung die psychologische Wirkung bei Nutzung der Rauchschutzhauben durch flugbegleitendes Personal auf Passagiere ein? Die Bundesregierung hat hierzu keine Erkenntnisse. 6. Welche Schutzvorkehrungen besitzen Passagiere im Falle eines Störungsereignisses , um sich vor verunreinigter Luft zu schützen und im Zweifel auch genug mit Sauerstoff versorgt zu werden? a) Für welchen Zeitraum reichen diese Schutzvorkehrungen? b) Sieht die Bundesregierung diese Vorkehrungen als angemessen (hinreichend ) an? Spezielle Schutzvorkehrungen für Passagiere im Falle kontaminierter Kabinenluft sind nach den geltenden internationalen luftrechtlichen Bestimmungen nicht vorgeschrieben. Es ist jedoch möglich, in einem solchen Fall die für einen Kabinendruckverlust vorgesehene Sauerstoffanlage für Passagiere zu nutzen. Darüber hinaus kann die Flugzeugbesatzung ein so genanntes smoke removal procedure zur Verbesserung der Kabinenluft anwenden. Aus diesen Gründen sieht die Bundesregierung derzeit hierzu keinen Regelungsbedarf. 7. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, die Verordnung (EU) Nr. 996/2010 und/oder weitere Regelungen (u. a. Bestimmungen des Anhangs III der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 oder OPS 1.420 sowie nach Anlage 6 zu § 5b der Luftverkehrs-Ordnung) zu ändern, nach denen Kabinenpersonal während eines Ereignisses mit kontaminierter Kabinenluft gesundheitliche Probleme aufweist, sich aber erst nach Beendigung des Dienstes krank meldet und demnach (nach Auskunft der Bundesregierung) „explizit keine Meldeverpflichtung“ vorläge (vgl. Antwort auf die Kleine Anfrage zu Frage 8 auf Bundestagsdrucksache 17/14437)? a) Wenn nein, sieht die Bundesregierung darin nicht den Missbrauch der Arbeitsmoral von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unterstützt, und warum wird sie dieses nicht tun? b) Wenn ja, welche Änderungen wird die Bundesregierung vornehmen? Die Fragen 7a und 7b werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Meldung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/42/EG, der Verordnung (EG) Nr. 1321/2007 der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 1330/2007 der Kommission umfasst ein Paket politischer Maßnahmen, das eine wesentliche Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften zur Meldung von Ereignissen mit sich bringt. Hierzu wird auf die bereits getroffenen Aussagen der Bundesregierung in der Antwort zu Frage 15 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/14437 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/222 8. Was bedeutet eine „zunehmend zeitnahe“ Meldung, die „eine Entscheidung über die Einleitung einer Untersuchung eines Unfalls oder einer schweren Störung erlaubt“ (vgl. Antwort auf die Kleine Anfrage zu den Fragen 2 und 3 auf Bundestagsdrucksache 17/14437 in zeitlicher Hinsicht – bitte konkret nach Minuten, Stunden und Tagen angeben)? 9. Ab wann gilt eine Meldung als nicht mehr zeitnah (bitte in Minuten, Stunden und Tagen angeben)? Die Fragen 8 und 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Begriff „zeitnah“ lässt sich nicht exakt festlegen, da er von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles und der Qualität der Meldung abhängig ist. In diesem Kontext sowie zu den Fragen 10 bis 14 (insbesondere 10c und 11c sowie 12b, 13c und 14c) ist in genereller Hinsicht auszuführen, dass die Einstufung eines Ereignisses als Störung, schwere Störung oder Unfall nach Meldung und erster Faktensammlung erfolgt. In seltenen Fällen ändert sich die Klassifizierung aufgrund von zwischenzeitig gewonnenen Erkenntnissen. 10. In wie vielen der 201 beim LBA gemeldeten Störungen wurde im Jahr 2012 eine Untersuchung vorgenommen? a) In wie vielen der 201 beim LBA gemeldeten Störungen konnte im Jahr 2012 eine vollständige Untersuchung, aufgrund einer zeitnahen und vollständigen Bereitstellung aller zu untersuchenden Gegenstände, vorgenommen werden? Das LBA führt keine eigenen Untersuchungen von Störungen durch. Das LBA hat im Rahmen der flugbetrieblichen und technischen Aufsicht regelmäßig Kontakt mit den deutschen Luftfahrtunternehmen. Es achtet darauf, dass Zwischenfällen mit Rauch oder Geruchsbelästigung in der Kabine sofort nachgegangen wird und die Ursachen berichtet und abgestellt werden. Parallel hierzu wird den schweren Störungen von der BFU nachgegangen und die Ermittlung der Zusammenhänge zwischen Störung und gesundheitlicher Beeinträchtigung von Passagieren oder des Flugpersonals werden vorangebracht. Die Behebung von Störungen erfolgt durch die Luftfahrtunternehmen in eigener Verantwortung gemäß den in der genehmigten Unternehmensdokumentation festgelegten Verfahren zur Beanstandungsbehebung. b) Wie viele dieser Fälle davon sind der BFU bekannt? Der BFU sind folgende Ereigniszahlen bekannt: 79 Fälle. c) Wie viele dieser Fälle konnte die BFU gemäß einer zeitnahen Meldung untersuchen, um letztlich auch aufgrund technischer Parameter zwischen Störung, schwerer Störung und Unfall differenzieren zu können? Der BFU sind folgende Ereigniszahlen bekannt: acht schwere Störungen, sechs Störungen. d) Zu welchem Ergebnis führten die Untersuchungen durch die BFU? Die Ergebnisse der Untersuchungen in einer Auswertung aller bei der BFU eingegangenen Meldungen und Ereignisuntersuchungen werden voraussichtlich im ersten Quartal 2014 veröffentlicht. Drucksache 18/222 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. In wie vielen der 54 beim LBA gemeldeten Störungen wurde im Jahr 2011 eine Untersuchung vorgenommen? a) In wie vielen der 54 beim LBA gemeldeten Störungen konnte im Jahr 2011 eine vollständige Untersuchung, aufgrund einer zeitnahen und vollständigen Bereitstellung aller zu untersuchenden Gegenstände, vorgenommen werden? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 10a verwiesen. b) Wie viele dieser Fälle davon sind der BFU bekannt? Der BFU sind folgende Ereigniszahlen bekannt: 23 Fälle. c) Wie viele dieser Fälle konnte die BFU gemäß einer zeitnahen Meldung untersuchen, um letztlich auch aufgrund technischer Parameter zwischen Störung, schwerer Störung und Unfall differenzieren zu können? Der BFU sind folgende Ereigniszahlen bekannt: sechs schwere Störungen, drei Störungen. d) Zu welchem Ergebnis führten die Untersuchungen durch die BFU? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 10d verwiesen. 12. In wie vielen der 22 beim LBA gemeldeten Störungen wurde im Jahr 2010 eine Untersuchung vorgenommen? a) In wie vielen der 22 beim LBA gemeldeten Störungen konnte im Jahr 2010 eine vollständige Untersuchung, aufgrund einer zeitnahen und vollständigen Bereitstellung aller zu untersuchenden Gegenstände, vorgenommen werden? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 10a verwiesen. b) Wie viele dieser Fälle konnte die BFU gemäß einer zeitnahen Meldung untersuchen, um letztlich auch aufgrund technischer Parameter zwischen Störung, schwerer Störung und Unfall differenzieren zu können? Ein Fall wurde als schwere Störung eingetragen und wird untersucht. c) Zu welchem Ergebnis führten die Untersuchungen durch die BFU? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 10d verwiesen. 13. In wie vielen der 44 beim LBA gemeldeten Störungen wurde im Jahr 2009 eine Untersuchung vorgenommen? a) In wie vielen der 44 beim LBA gemeldeten Störungen konnte im Jahr 2009 eine vollständige Untersuchung, aufgrund einer zeitnahen und vollständigen Bereitstellung aller zu untersuchenden Gegenstände, vorgenommen werden? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 10a verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/222 b) Wie viele dieser Fälle davon sind der BFU bekannt? Der BFU sind folgende Ereigniszahlen bekannt: 31 Fälle. c) Wie viele dieser Fälle konnte die BFU gemäß einer zeitnahen Meldung untersuchen, um letztlich auch aufgrund technischer Parameter zwischen Störung, schwerer Störung und Unfall differenzieren zu können? Der BFU sind folgende Ereigniszahlen bekannt: zwei schwere Störungen, zwei Störungen. d) Zu welchem Ergebnis führten die Untersuchungen durch die BFU? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 10d verwiesen. 14. In wie vielen der 18 beim LBA gemeldeten Störungen wurde im Jahr 2008 eine Untersuchung vorgenommen? a) In wie vielen der 18 beim LBA gemeldeten Störungen konnte im Jahr 2008 eine vollständige Untersuchung, aufgrund einer zeitnahen und vollständigen Bereitstellung aller zu untersuchenden Gegenstände, vorgenommen werden? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 10a verwiesen. b) Wie viele dieser Fälle davon sind der BFU bekannt? Der BFU sind folgende Ereigniszahlen bekannt: ein Fall. c) Wie viele dieser Fälle konnte die BFU gemäß einer zeitnahen Meldung untersuchen, um letztlich auch aufgrund technischer Parameter zwischen Störung, schwerer Störung und Unfall differenzieren zu können? Für dessen Untersuchung war eine ausländische Behörde zuständig, weil dieses Ereignis im Ausland stattfand. d) Zu welchem Ergebnis führten die Untersuchungen durch die BFU? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 10d verwiesen. 15. Wie viele der sieben im Jahr 2012 von der BFU als schwere Störungen klassifizierten Ereignisse wurden der BFU auch als solche gemeldet? 16. Wie viele der sechs im Jahr 2011 von der BFU als schwere Störungen klassifizierten Ereignisse wurden der BFU auch als solche gemeldet? 17. Wurde das von der BFU im Jahr 2010 als schwere Störung klassifizierte Ereignis der BFU auch als solche gemeldet? 18. Wurden die beiden von der BFU im Jahr 2009 als schwere Störungen klassifizierte Ereignisse der BFU auch als solche gemeldet? Drucksache 18/222 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Wie viele der vier von der BFU im Jahr 2008 als schwere Störungen klassifizierten Ereignisse wurden der BFU auch als solche gemeldet? Die Fragen 15, 16, 17, 18 und 19 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die BFU erhält Meldungen zu Ereignissen von Organisationen und Einzelpersonen , die der Ansicht sind, dass das Ereignis ein Unfall oder eine schwere Störung sein könnte. Die Klassifizierung wird durch die BFU vorgenommen. 20. Sollten sich aus den Fragen 15 bis 19 Differenzen ergeben, welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung hieraus? Die Einstufung als meldepflichtiges Ereignis kann im Zusammenhang mit Geruchsbelästigung zu unterschiedlichen Wertungen führen. Bei den so genannten Kabinenluft-Meldungen handelt es sich insbesondere um Ereignisse, die gemeldet werden, weil Gerüche, Rauch oder Dämpfe entstanden sind. Da die Wahrnehmungen und Beschreibungen dieser Ereignisse sehr unterschiedlich sein können, sind auch die Meldungen sehr unterschiedlich. Auch die Nachweisführungen über aufgetretene Gerüche, Rauch o. Ä. ist nach Eingang der Meldungen in den meisten Fällen schwierig oder nicht mehr möglich. Bei Einstufung als schwere Störung gemäß § 5 LuftVO wird eine Untersuchung durch die BFU eingeleitet. Es gibt Fälle, bei denen die Faktenlage sich im Verlauf einer Untersuchung so ändert, dass das Ereignis von einer schweren Störung in eine Meldung als sicherheitsrelevantes Ereignis nach § 5b LuftVO herabgestuft wird. Umgekehrt gibt es aber auch Fälle, bei denen die Grundlage für die Entscheidung einer Einstufung als schwere Störung gemäß § 5 LuftVO erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt wird, z. B. nach einer internen Untersuchung des Luftfahrtunternehmens. 21. Findet Artikel 2 Nummer 17 der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 auf die neurologischen Schäden von Beteiligten infolge von Ereignissen mit kontaminierter Kabinenluft Anwendung und insbesondere die Nummern 17a, 17d und 17f, und wenn nein, warum nicht? Sofern die Tatbestandsvoraussetzungen des Krankenhausaufenthalts oder innerer Organschäden erkennbar vorliegen, liegt ein Unfall unabhängig von dem zu Grunde liegenden näheren medizinischen Kontext vor. Darüber hinaus gilt, dass die Entscheidung, ob neurologische Schäden im Sinne der Vorgaben der ICAO, Anhang 13, der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 oder dem FlUUG per se als schwere Verletzung anzusehen sind, nur im internationalen Kontext geregelt werden kann. Eine schwere Verletzung ist per Definition einem Unfall zuzuordnen (Ereignis beim Betrieb eines Luftfahrzeuges zwischen dem Anbordgehen von Personen mit Flugabsicht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem alle diese Personen das Luftfahrzeug wieder verlassen haben). Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333