Deutscher Bundestag Drucksache 18/2240 18. Wahlperiode 31.07.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch, Caren Lay, Heidrun Bluhm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2154 – Gebührenerhebung beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zu den öffentlichen Verwaltungsleistungen zählen Amtshandlungen des Bundes. Als Gegenleistung für die Vornahme einer Amtshandlung durch eine Behörde sind aufgrund gesetzlicher Vorschriften Gebühren zu erheben. Vom Jahr 1970 bis zum 15. August 2013 regelte das Verwaltungskostengesetz (VwKostG) die Erhebung von Verwaltungskosten durch Bundesbehörden. Das VwKostG wurde durch das Bundesgebührengesetz (BGebG) abgelöst. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ist eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Das BSH hat aufgrund des VwKostG eine Kostenverordnung für Amtshandlungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSHKostV) am 20. Dezember 2001 erlassen (BGBl. I S. 4081). Die BSHKostV enthält alle Gebührentatbestände für Amtshandlungen des BSH und wurde durch die Zuweisung neuer gesetzlicher Aufgaben im Jahr 2005 geändert. Die Gebühren wurden unter Berücksichtigung des § 9 Absatz 1 und 2 VwKostG festgesetzt. Das BSH ist Genehmigungsbehörde für Windkraftanlagen auf See sowie für die Errichtung und den Betrieb zweier Erdgashochdruckleitungen für den Bereich des deutschen Festlandsockels in der Ostsee der Firma Nord Stream AG, Industriestraße 18, Zug, Schweiz. Durch die Zuweisung dieser neuen Zuständigkeiten ist das BSH verpflichtet, die BSHKostV um die entsprechenden neuen Gebührentatbestände zu ergänzen , damit entsprechende Kostenbescheide erstellt werden können, die sich mit der Amtshandlung und den entsprechenden Gebühren decken. Dabei ist § 3 des VwKostG zu berücksichtigen. Bei der Anwendung der allgemeinen Grundsätze für Kostenverordnungen besteht nach § 2 VwKostG kein Ermessensspielraum . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 30. Juli 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Trotz der gesetzlichen Vorschrift des VwKostG hat das BSH nicht die BSHKostV um die Gebührentatbestände „Bau und Betrieb von Windkraftanlagen auf See“ sowie „Bau und Betrieb einer Erdgasleitung durch die Ostsee“ ergänzt . Drucksache 18/2240 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Da das BSH nach Information der Fragesteller offensichtlich nicht in der Lage war, die BSHKostV zu überarbeiten, wurde das Bundesverwaltungsamt beauftragt , diese Aufgabe zu übernehmen. Das Bundesverwaltungsamt hat die BSHKostV im Rahmen eines „Drei-Partner-Modells“ überarbeitet und dafür 77 492,80 Euro berechnet. Am 23. November 2010 informierte das BSH über das Projektende wie folgt: „Der Grundsatz der Kostendeckung konnte übergreifend umgesetzt werden. Die Einnahmesituation des BSH wurde hierdurch nachhaltig gestärkt.“ In dieser vom Bundesverwaltungsamt überarbeiteten BSHKostV, Stand 2010, wurde der Gebührentatbestand Nr. 6051 „Betriebsfreigabe nach § 5 Abs. 4 Satz 2 Seeanlagenverordnung 100 000 € + 0,2 % der Investitionssumme max. 1 Mio. €“ aufgenommen. Diese im Jahr 2010 überarbeitete BSHKostV wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt in Kraft gesetzt. Erst knapp zwei Jahre später, am 20. Juli 2012, wurde durch das Bundesverkehrsministerium eine Gebührenordnung für Amtshandlungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSHGebV) im BGBl. I S. 1642 veröffentlicht, die ähnliche Gebührenregelungen festsetzte. So verlangt die Gebühren-Nr. 6041 „Planfeststellungsbeschluss oder Plangenehmigung von Seeanlagen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 SeeAnlV mit Vorbehalt der Freigabe“ eine Teilgebühr nach Nr. 6040 (116 350 bis 174 530 Euro) sowie eine zweite Teilgebühr in Höhe von 165 815 Euro + 0,2 Prozent der Investitionssumme , höchstens 1 200 000 Euro. Bis Sommer 2012 war jedoch bereits der allergrößte Teil der entsprechenden Anträge beschieden worden – mit Gebühren, die – laut einer Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 15/3910 – mit 60 000 Euro nach Auffassung der Fragesteller offensichtlich nur einen Bruchteil der im Jahr 2012 festgelegten Summen betragen haben und niemals nur annähernd die Kosten des Verfahrens gedeckt haben können. 1. Warum wurde die BSHKostV aus dem Jahr 2001 nicht um den Gebührentatbestand „Bau und Betrieb von Windkraftanlagen auf See“ sowie „Bau und Betrieb einer Erdgashochdruckleitung durch die Ostsee“ ergänzt? Die Kostenverordnung für Amtshandlungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) (BSHKostV) enthielt mit den Gebührentatbeständen 6004 bzw. 6051 die Möglichkeit, Gebühren für Seeanlagen bzw. Transit-Rohrleitungen zu erheben. 2. Warum wurde das Ergebnis des Projekts des Bundesverwaltungsamtes „Überarbeitung der bestehenden Kostenverordnung des BSH“ nicht umgesetzt ? Das genannte Projekt existiert nicht. Das BSH hat im Rahmen eines bestehenden Rahmenvertrages des Bundesverwaltungsamtes auf die Dienste einer Unternehmensberatung zurückgegriffen. Insbesondere wurden Zeit- und Kostenberechnungen für Dienstleistungen des BSH erstellt, die dann Grundlage für Gebührentatbestände der neuen Gebührenverordnung bildeten. Die neuen Gebühren wurden im Rahmen des Verfahrens zum Erlass der Rechtsverordnung unter Beteiligung der anderen betroffenen Ressorts, insbesondere das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium der Finanzen, festgelegt. Entsprechend der gesetzlichen Vorgabe wurden das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip angewandt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2240 3. Wie viele Windkraftanlagen auf See wurden in den Jahren von 2001 bis 2012 genehmigt? In der ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee und in der Ostsee wurden in den Jahren 2001 bis 2012 30 Windparks mit insgesamt 2 017 Windenergie -Anlagen genehmigt. 4. Welcher Gebührentatbestand der BSHKostV lag den Kostenbescheiden für die Genehmigungen der Windkraftanlagen für den Zeitraum der Jahre von 2001 bis 2012 zugrunde, und nach welcher BSHKostV? Der Gebührenerhebung lagen die Gebührentatbestände Nr. 6001 ff., insbesondere Nr. 6051 ff. der BSHKostV aus Teil VI zugrunde. 5. Wie hoch (Betrag in Euro) hätten die einzelnen Kostenbescheide ausfallen müssen unter Zugrundelegung des Ergebnisses der Projektgruppe des Bundesverwaltungsamtes sowie der BSHGebV vom 20. Juli 2012? Ein solcher Vergleich ist nicht möglich. Die Gebührenverordnung spiegelt Änderungen der materiellen Rechtsvorschriften. Mit der Verordnung zur Neuregelung des Rechts auf Zulassung von Seeanlagen seewärts der Begrenzung des Küstenmeeres vom 15. Januar 2012 (BGBl. I S. 112) wurde die Planfeststellung für Windenergieanlagen auf See eingeführt. Hierfür gelten die Gebührennummern 6040 und 6041. Für andere Seeanlagen, die nur einer Genehmigung bedürfen, gelten die Gebührennummern 6050 und 6051. 6. Welche Gebührennummern der BSHKostV wurden bei der Genehmigung der Ostseepipeline für die Firma Nord Stream AG zugrunde gelegt? Wie hoch war die Gebühr? Gemäß der damals geltenden BSHKostV wurden für die Genehmigung der Erdgashochdruckleitung „Nord Stream“ die Gebührennummern 6003 und 6004 zugrunde gelegt. Die Gesamtgebühr betrug 60 000 Euro (Höchstsatz). 7. Wie viel zusätzliche Planstellen und Stellen wurden dem BSH für die Genehmigungsverfahren zugewiesen? Dem BSH wurden seit dem Haushaltsjahr 2011 insgesamt 17 Planstellen und zwei Entgeltstellen zugewiesen, hiervon sind 13 Planstellen und eine Entgeltstelle bis zum Nachweis der Gebühreneinnahme mit einem KW-Vermerk versehen . 8. Wurden die Kostenbescheide unter Vorbehalt einer endgültigen Kostenermittlung erstellt? Nein. Da die Kostenbescheide erst nach Abschluss des Verfahrens erstellt wurden , war die Kostenermittlung zum Zeitpunkt der Kostenbescheiderteilung bereits abgeschlossen. Drucksache 18/2240 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Entspricht es der Tatsache, dass, wie den Fragestellern zugetragen wurde, die Firma Nord Stream AG mit Sitz in Zug, Schweiz, den für die Genehmigung der Ostseepipeline zuständigen Referatsleiter des BSH zu einer Vorbesprechung nach St. Petersburg vom 28. bis 29. August 2006 eingeladen hat und die Kosten dieser Reise von der Firma Nord Stream AG übernommen bzw. erstattet wurden? Wenn ja, wurden weitere Reisen von Beschäftigten auf Kosten der Firma Nord Stream AG durchgeführt? 10. Wenn ja, warum wurde die Vorabstimmung der Antragsunterlagen für die North European Gas Pipeline nicht im BSH in Hamburg oder bei der Firma Nord Stream AG in Zug durchgeführt, sondern in St. Petersburg, Russland? Die Fragen 9 und 10 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Vom 28. bis 29. August 2006 fand in St. Petersburg, Russland, ein Treffen der Genehmigungsbehörden derjenigen Ostseeanrainerstaaten statt, in denen Genehmigungsverfahren für die Ostseepipeline geführt wurden, um das für die Ostseepipeline nach dem Espoo-Übereinkommen vorgeschriebene grenzüberschreitende Genehmigungs- und Beteiligungsverfahren vorzubereiten. Neben den entsprechenden Vertretern aus Russland, Finnland, Schweden und Dänemark nahm auch das BSH als deutsche Genehmigungsbehörde an diesem Treffen teil. Diese Vorbesprechung fand in St. Petersburg statt, da Russland nach dem Espoo-Übereinkommen so genannte Ursprungspartei für die Ostseepipeline war. Es gab wegen des umfangreichen Abstimmungsbedarfs im Verlauf des Verfahrens mehrere Treffen im Ostseeraum (Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland und Russland). Die Reisekosten der teilnehmenden Behördenvertreter wurden wie üblich mit Gebührenbescheid als Auslagen des Verfahrens erhoben. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333