Deutscher Bundestag Drucksache 18/2312 18. Wahlperiode 08.08.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Sabine Leidig, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2206 – Östliche Verlängerung der Bundesstraße 6n von der Bundesautobahn 9 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der dreistreifige Neubau der Bundesstraße (B) 6n ist im derzeit gültigen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen von der Bundesautobahn (BAB) 9 (Höhe Thurland) bis zur Landesgrenze Sachsen-Anhalt und Sachsen (Ostverlängerung ) als „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ und einem besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrag eingestuft. Die Planungen zu den einzelnen Bauabschnitten haben noch nicht begonnen, somit liegt auch noch kein Baurecht vor. Die Verlängerung der B 6n ab Thurland ist im September des Jahres 2013 im Rahmen der Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2015 vom Land Sachsen-Anhalt an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gemeldet worden. Das Land Sachsen-Anhalt hat hierbei zwei Varianten angemeldet (www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet /bvwp-uebersicht-vorhaben-strasse.pdf?__blob=publicationFile, Seite 36). 1. Hat die Landesregierung bei den vom Land insgesamt für den BVWP 2015 angemeldeten Projekten unterschiedliche Prioritäten angegeben, oder wurden alle Projekte als gleich wichtig benannt (bitte ggf. für alle angemeldeten Projekte die Priorität angeben)? Es wurde vom Land Sachsen-Anhalt keine Priorisierung der für den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2015 angemeldeten Projekte festgelegt. Alle Projektanmeldungen werden als gleichwertig betrachtet. 2. Wie hoch sind die vom Land Sachsen-Anhalt angegebenen Gesamtkosten aller angemeldeten Projekte? Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 6. August 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Eine belastbare Aussage zu den voraussichtlichen Gesamtkosten ist erst nach Abschluss der Prüfungen und Konsolidierungen seitens des Bundesministe- Drucksache 18/2312 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode riums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mithilfe der externen Gutachter und der Vorlage eines reellen und belastbaren Ergebnisses möglich. 3. Wie hoch sind die Kosten zur Fertigstellung aller noch in Bau befindlicher Projekte des Bedarfsplans Straße in Sachsen-Anhalt? Zurzeit sind folgende Bedarfsplanmaßnahmen in Sachsen-Anhalt im Bau: ● A 14, Anschlussstelle Wolmirstedt bis B 189 nördlich Colbitz (VKE 1.2), ● B 6n, Ortsumgehung Bernburg (BA 14), ● B 6n, Ortsumgehung Köthen (BA 16) und ● B 245, Ortsumgehung Bebertal. Die aktuellen Gesamtkosten für die o. g. vier in Bau befindlichen Maßnahmen belaufen sich zurzeit auf rund 224 Mio. Euro und die Ist-Ausgaben bis zum Jahr 2013 auf rund 156 Mio. Euro. Damit betragen die vorläufigen Restkosten bis zur Fertigstellung der Maßnahmen rund 68 Mio. Euro (ab dem Jahr 2014). 4. In welcher Form wurden die beiden Varianten der Ostverlängerung der B 6n ab der BAB 9 durch das Land angemeldet? Welcher Streckenverlauf wurde angemeldet (bitte auch kartographisch aufzeigen )? Zum einen wurde die B 6n als Gesamtprojekt von der Anschlussstelle B 6n/A 9 bis zur Landesgrenze Sachsen-Anhalt/Sachsen angemeldet. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2312 Zum anderen wurde die B 6n als Gesamtprojekt von der Anschlussstelle B 6n/ A 9 bis östlich von Wittenberg (B 187) angemeldet. 5. Handelt es sich bei den beiden angemeldeten Varianten für die Ostverlängerung der B 6n nach Kenntnis der Bundesregierung um zwei Varianten des Landes, oder ist eine davon eine von Dritten vorgeschlagene Alternativvariante (bitte ggf. angeben, von wem)? Vom Land Sachsen-Anhalt wurden zwei Alternativtrassen angemeldet. Bei der B 6n, Anschlussstelle B 6n/A 9 bis zur Landesgrenze Sachsen-Anhalt/Sachsen handelt es sich um eine auf der Netzkonzeption des BVWP 2003 beruhenden Trassierung im Bereich der Dübener Heide. Die zweite Variante der B 6n, Anschlussstelle B 6n/A 9 bis östlich von Wittenberg (B 187) ist eine vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld erarbeitete Linienführung von der A 9 über die B 100 in Richtung Lutherstadt Wittenberg. 6. Wie unterscheiden sich diese beiden Varianten voneinander? Siehe hierzu die Antwort zu Frage 4. Wittenberg 6n Drucksache 18/2312 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Inwieweit hat das Land für diese beiden Varianten eine Alternativenprüfung nachgewiesen (s. Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 14 und 15 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/2061)? 8. Wie unterscheiden sich die jeweils geprüften Alternativen von der jeweils angemeldeten Variante? Die Fragen 7 und 8 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Ansatz zum Ausbau des vorhandenen Straßennetzes (0+-Variante) wurde geprüft. Zudem sind die erforderlichen Alternativenprüfungen erfolgt, wobei die Trassenführung im Korridor des Landkreises Anhalt-Bitterfeld bereits eine Alternative zu einer Neutrassierung durch die Dübener Heide darstellt und diese Trasse sich im Wesentlichen am Bestand der B 100 und der B 2 – ergänzt durch erforderliche Ortsumgehungen – orientiert. Zu der Variante der Trassierung zwischen der A 9 und der Landesgrenze Sachsen -Anhalt/Sachsen wurde der alternative Ausbau des vorhandenen Netzes ebenfalls geprüft. Andere Verkehrswege (B 183, B 100, L 136, L 140) führen über eine Vielzahl vorhandener Ortsdurchfahrten (z. B. Mühlberg, Pouch, Rösa oder Zschornewitz, Möhlau). Diese dicht aufeinander folgenden Ortsdurchfahrten erlauben keine sinnhafte Anordnung einzelner (Teil-)Ortsumgehungen, sondern führen im Ergebnis zu einer durchgängig außerorts liegenden Streckenführung zur Umfahrung aller Orte. 9. Welches prognostizierte Verkehrsaufkommen liegt der Anmeldung der Ostverlängerung zugrunde? Auf Basis welcher Daten wurde dies berechnet? Der Anmeldung der Ostverlängerung der B 6n für den BVWP 2015 durch das Land Sachen-Anhalt sowie den weiteren Projektanmeldungen liegen keine aktuellen neu prognostizierten Verkehrsaufkommen zu Grunde. Zur späteren Bewertung der Projekte fließen u. a. die Ergebnisse der Straßenverkehrsprognose 2030 mit ein. Detaillierte Ergebnisse liegen hierzu noch nicht vor. 10. Wie hoch sind die vom Land angegebenen voraussichtlichen Baukosten für die beiden Varianten einer möglichen Verlängerung der B 6n bis zur Landesgrenze zwischen Sachsen-Anhalt und Sachsen? Die vom Land ermittelten voraussichtlichen Gesamtkosten für die B 6n, Anschlussstelle B 6n/A 9 bis zur Landesgrenze Sachsen-Anhalt/Sachsen betragen 179 Mio. Euro und für die B 6n, Anschlussstelle B 6n/A 9 bis östlich von Wittenberg (B 187) 100 Mio. Euro. 11. Ist die Ostverlängerung lediglich als Transitstrecke gedacht, oder gibt es eine konkrete Funktion für die Region (z. B. Entlastung vorhandener Verkehrswege )? Das Vorhaben wird vom Land mit dem erforderlichen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg in Sachsen-Anhalt begründet. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2312 Durch den Neubau der B 6n-Ostverlängerung könnten bestehende Netzlücken des überregionalen Straßennetzes zwischen den Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt geschlossen werden. Zusätzlich wird die städteplanerisch erforderliche Entlastung vorhandener Ortsdurchfahrten ermöglicht. 12. Welche Auswirkungen hat nach Einschätzung der Bundesregierung die Verlängerung der B 6n voraussichtlich auf die Wirtschaft in den Landkreisen Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg? Welche Gewerbegebiete werden hiervon nach Ansicht der Bundesregierung profitieren? Mit der Ostverlängerung der B 6n als Bundesfernstraßenverbindung soll eine Voraussetzung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Landkreise Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg geschaffen sowie zum Abbau von Entwicklungsnachteilen angrenzender, strukturschwacher Räume beigetragen und die Erreichbarkeit von Standorten für Industrie- und Gewerbeflächen wie dem Chemiepark Bitterfeld-Wolfen und dem Industrie- und Gewerbestandort Zschornewitz verbessert werden. 13. Welche voraussichtlichen Auswirkungen hat nach Einschätzung der Bundesregierung die Ostverlängerung der B 6n auf die Neuplanungen im Bereich des nachhaltigen Hochwasserschutzes an der Mulde? Was hat das Land hierzu bereits angegeben? Belastbare Aussagen hierzu sind erst nach Vorlage der vertiefenden Planungen im Rahmen der weiteren Bearbeitung möglich. Auf der Ebene der Anmeldung für den BVWP wurden bei der Trassenwahl ausgewiesene Überschwemmungsgebiete der Mulde bei der Abschätzung der Bauwerksabmessungen und -kosten berücksichtigt. 14. Welche naturschutzrechtlichen Konflikte sieht die Bundesregierung unter der Betrachtung der möglichen Streckenvarianten? Welche Naturschutzgebiete, FFH-Gebiete (FFH: Fauna-Flora-Habitat) oder Natura-2000-Gebiete werden hierdurch beeinträchtigt und betroffen? Das Planungsgebiet für die B 6n, Anschlussstelle B 6n/A 9 bis zur Landesgrenze Sachsen-Anhalt/Sachsen, gliedert sich in den Verdichtungsraum Bitterfeld -Wolfen (Wohn- und Industriegebiet), die Muldeaue (NATURA 2000/Überschwemmungsgebiet und Verbundkorridor) und ein zur „Dübener Heide“ gehörendes Waldgebiet. Gebietsteile gehören zur Bergbaufolgelandschaft mit mehreren Tagebaurestseen, deren Untergrund unsicher und u. U. von Grundbrüchen bedroht und die aus ökologischen Gründen oder als Naherholungsgebiete (z. B. „Goitzsche“) sehr bedeutend sind und planungstechnische Zwangspunkte darstellen . Das Vorhaben ist mit Beeinträchtigungen bedeutender Schutzgüter wie der Zerschneidung von Verbundstrukturen und Überschwemmungsgebieten sowie Verlärmung von Wohngebieten und Unsicherheiten des Untergrundes verbunden , so dass technische Vermeidungsmaßnahmen wie eine Großbrücke über die Mulde, Grünbrücken nördlich der Ortslage (OL) Raguhn und südwestlich der OL Möhlau, Wilddurchlässe westlich der OL Zschornewitz und Krina sowie nördlich der OL Rösa und Lärmschutzwände für die OL Schmerz, Gossa und Schwemsal geplant und kostenseitig berücksichtigt wurden. Im Zuge der Trasse ergeben sich Konfliktpunkte mit dem geplanten Naturschutzgebiet (NSG) „Steilhang Raguhn-Schierau“, FFH-Gebiet „Untere Muldeaue“, geplanten NSG Drucksache 18/2312 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode „Pöplitz“ mit „Möhlauer Mühlbach“ und „Pöplitz“, den Wohngebieten der OL Gossa und Schmerz sowie der Mühlbachaue Rösa. Für das Planungsgebiet der B 6n, Anschlussstelle B 6n/A 9 bis östlich von Wittenberg (B 187), kennzeichnend sind der Verdichtungsraum Bitterfeld-Wolfen, die Muldeaue, die Bergbaufolgelandschaft bei Gräfenhainichen, die Waldgebiete der Dübener und Oranienbaumer Heide, die Elbaue sowie der Siedlungsraum Wittenberg. Insbesondere die Flussauen und Waldgebiete besitzen eine sehr hohe ökologische Bedeutung oder sind bedeutende Naherholungsgebiete. Da eine Zerschneidung von Verbundstrukturen (z. B. BfN – Korridor Großsäuger südlich der OL Bergwitz) und Überschwemmungsgebieten sowie Verlärmung von Wohnbauflächen unvermeidlich sind, wurden im Neubaubereich zahlreiche technische Vermeidungsmaßnahmen wie eine Muldegroßbrücke, Grün-/Wildbrücke nördlich der OL Radis, vier Kleintierdurchlässe sowie Lärmschutzwände für die OL Radis und Pannigkau geplant und kostenseitig berücksichtigt . Konfliktpunkte ergeben sich im Neubaubereich mit dem geplanten NSG „Steilhang Raguhn-Schierau“, FFH-Gebiet „Untere Muldeaue“ und geplanten NSG „Pöplitz“ mit „Möhlauer Mühlbach“ und „Pöplitz“. 15. Werden die Belange von Natur und Landschaft, gerade im Hinblick auf die Lebensräume in der Muldeaue und der Dübener Heide bzw. der Oranienbaumer Heide, hinreichend gewürdigt? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Im Zuge der Beurteilung und Bewertung der für den BVWP vorgeschlagenen Projekte werden auch Prüfungen der naturschutzfachlichen Auswirkungen der Projekte durchgeführt und entsprechend gewürdigt. 16. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung vor diesem Hintergrund den Bau der B 6n? Es ist Aufgabe der Bundesregierung, im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung eine Dringlichkeitsreihung der erwogenen Projekte in „Vordringlicher Bedarf“ und „Weiterer Bedarf“ festzulegen. Bei dieser Reihung ist nicht nur das NKV entscheidend. Es sind maßgeblich auch netzkonzeptionelle, raumordnerische , städtebauliche und naturschutzfachliche Aspekte einzubeziehen. Die abschließende Entscheidung zur Einstufung eines Vorhabens in den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen und dessen Dringlichkeit obliegt dem Deutschen Bundestag mit der Verabschiedung des jeweiligen Fernstraßenausbauänderungsgesetzes . Grundlage ist der Teil „Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen des BVWP“ der Bundesregierung. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333