Deutscher Bundestag Drucksache 18/2327 18. Wahlperiode 12.08.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Petra Pau und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2110 – Mögliche Unterstützung der Bundesregierung für die geplante EU-Polizeimission in der Ukraine Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Rat der Europäischen Union will eine Polizeimission in die Ukraine entsenden , die auf zunächst zwei Jahre angelegt ist. Die Mission soll aus rund 40 Angehörigen bestehen, die zunächst in Kiew, perspektivisch auch in anderen Städten eingesetzt werden sollen. Als Aufgabengebiet wird ausdrücklich das gesamte Territorium der Ukraine genannt (Council of the European Union 10454/1/14 REV 1, veröffentlicht auf www.statewatch.org/whatsnew.htm). Die Mission soll die Kiewer Regierung darin unterstützen, die Kontrolle über alle Landesteile und den gesamten Sicherheitsbereich wiederzuerlangen. Um verlässliche, effektive und loyale Sicherheitsdienste zu schaffen, sei eine „radikale Strukturreform“ der Sicherheitsbehörden notwendig. Die EU-Polizeimission soll die ukrainischen Sicherheitsbehörden „beraten und anweisen“. Dabei wird auf eine „enge Koordination“ mit dem Verteidigungssektor gesetzt, um die „Einheitlichkeit der Bemühungen“ sicherzustellen. Eine Vermischung militärischer und zivil-polizeilicher Aufgaben kennzeichnet insbesondere die neugeschaffene Nationalgarde. Diese rekrutiert sich maßgeblich aus früheren gewalttätigen Aktivisten auf dem Maidan, von denen ein Großteil der rechtsextremen Szene zuzurechnen ist (vgl. z. B. „Maidan Square activists urged to fight for Ukraine in the east“, the guardian, 13. Mai 2014). Ihre Gründung, so heißt es in dem EU-Dokument, sei notwendig geworden, „um diejenigen, die auf dem Maidan gekämpft haben, irgendwie zu beschäftigen und die Verbreitung von Gewalt zu verhindern, nachdem die MaidanKämpfe beendet waren“. Die Nationalgarde wird derzeit vorrangig zur militärischen Bekämpfung der Rebellen im Osten des Landes eingesetzt (http:// vv.gov.ua/). Sie benötigt laut EU-Rat hochrangige Berater, die bei ihrer weiteren Entwicklung assistieren sollten. Zur Beratung soll auch eine militärische Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 6.August 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Expertise gehören. Die EU beklagt zwar, dass die bürgerlich-rechtsextreme Koalition in Kiew in manchen Teilen des Landes die Kontrolle verloren hat, sie macht dafür aber einseitig die „prorussischen“ Rebellen verantwortlich. Mit keinem Wort dage- Drucksache 18/2327 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode gen wird in dem Dokument die Gewalt angesprochen, die von Rechtsextremen ausgeht. Auch das Massaker am 2. Mai 2014 in Odessa, dem mindestens 46 Regierungsgegner zum Opfer fielen, wird nicht erwähnt. Damit bestätigt die EU aus Sicht der Fragesteller, dass sie keine unparteiische Kraft ist. Eine Aufrüstung des ukrainischen Sicherheitsapparates mit Hilfe der EU ist daher aus Sicht der Fragesteller vollkommen unangebracht. Denn die Kiewer Regierung, die laut Dokument einen „rechtsstaatlichen“ Weg einschlägt, begeht Medienberichten zufolge selbst zahlreiche Verbrechen, insbesondere bei der sogenannten Antiterroroperation im Osten. Ein Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte („Report on the human rights situation in Ukraine“) vom 15. Juni 2014 zitiert Flüchtlinge aus dem Osten, die über Bombardierungen von Regierungstruppen auf Kindergärten berichten und wirft der ukrainischen Regierung mangelnde Kooperationsbereitschaft bei der Aufklärung des Massakers in Odessa vor. Auch die wiederholten Absichten sowohl der Regierung als auch des früheren Übergangspräsidenten Alexander Turtschinow, die Kommunistische Partei der Ukraine (KPU) zu verbieten (vgl. z. B. „Turchinov seeks ban of Communist Party for support of separatists“, KyivPost , 19. Mai 2014), deuten aus Sicht der Fragesteller auf einen autoritären Kurs der gegenwärtigen ukrainischen Führung hin. Die angekündigte Polizeimission stellt sich aus Sicht der Fragesteller nicht als Beitrag zur Deeskalation dar, sondern als Unterstützung einer bürgerlichrechtsextremen Bürgerkriegspartei. 1. Wie positioniert sich die Bundesregierung zur geplanten EU-Polizeimission ? Die Bundesregierung begrüßt die Errichtung der beratenden Mission der Europäischen Union für eine Reform des zivilen Sicherheitssektors in der Ukraine (EUAM Ukraine) und beabsichtigt, sich an der Mission zu beteiligen. Über die Entsendung deutscher Polizistinnen und Polizisten wird sich das Kabinett in Kürze verständigen. Möglich ist auch die Entsendung ziviler Experten. 2. Inwiefern beabsichtigt die Bundesregierung, deutsche Polizistinnen und Polizisten an der Mission zu beteiligen, und wie fortgeschritten sind allfällige Vorbereitungen hierzu? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Inwiefern beabsichtigt die Bundesregierung weitere Formen der Unterstützung der Polizeimission? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Welche Überlegungen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bezüglich des Einsatzes sogenannter Trainingsteams? Sollen diese zusätzlich zu den rund 40 strategischen Beratern eingesetzt werden oder sich aus diesen zusammensetzen? Wenn diese zusätzlich eingesetzt werden, a) wie viele Personen sollen ein Team bilden, b) wie viele Teams sollen gebildet werden, c) wie viele Personen sollen insgesamt in Trainingsteams eingesetzt werden , Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2327 d) welche Voraussetzungen sollen Bewerber für solche Trainingsteams mitbringen, e) wer genau soll von diesen Teams trainiert werden, und wie soll sich das Training gestalten? Eine Entscheidung über den Einsatz von Trainingsteams wurde noch nicht getroffen . 5. Welche Schätzungen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung über die voraussichtlichen Kosten der EU-Polizeimission? Die Finanzierung von EUAM Ukraine erfolgt über den GASP-Haushalt (GASP = Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (in der Europäischen Union)). Der als finanzieller Bezugsrahmen dienende Betrag zur Deckung der Kosten der EUAM Ukraine bis zum 30. November 2014 beläuft sich auf 2 680 000 Euro. 6. Welchen Stand haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Verhandlungen mit der ukrainischen Regierung über die Durchführung der Mission, und bis wann ist mit ihrem Abschluss zu rechnen? Die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union wurde beauftragt, mit der Ukraine Verhandlungen über ein so genanntes Status of Mission Agreement (SOMA) aufzunehmen. 7. Wann kann nach Einschätzung der Bundesregierung die Mission beginnen, und welche weiteren Voraussetzungen müssen zuvor erfüllt werden? Welchen Schwierigkeiten und Herausforderungen begegnet die Erfüllung dieser Voraussetzungen nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit? Der Ratsbeschluss zur Errichtung der Mission wurde am 22. Juli 2014 verabschiedet . Weitere Voraussetzung für den offiziellen Beginn der Mission ist der Ratsbeschluss zur Entsendung. 8. Welche Erwartungen setzt die Bundesregierung sowie ihrer Kenntnis nach der Rat der EU in die künftige Entwicklung der ukrainischen Nationalgarde ? Über die künftige Entwicklung der ukrainischen Nationalgarde stellt die Bundesregierung keine Spekulationen an. EUAM Ukraine richtet sich an die Sicherheitsbehörden in der Ukraine in ihrer Gesamtheit. Es soll ein Konzept zur Umsetzung von Reformen erarbeitet werden mit dem Ziel, den rechtstaatlichen Charakter der Sicherheitsbehörden, innere Kohärenz und Transparenz zu fördern. 9. Inwieweit sind der Bundesregierung Berichte über Menschenrechtsverbrechen der Nationalgarde in Zusammenhang mit deren Vorgehen gegen Rebellen in der Ostukraine bekannt (bitte ggf. konkret benennen)? Berichte über Menschenrechtsverletzungen der Nationalgarde sind nicht bekannt . Der letzte Bericht des Büros des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 15. Juli 2014 ermahnt alle bewaffneten Gruppen zu mehr Schutz der Zivilbevölkerung. Drucksache 18/2327 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Inwieweit ist es nach Auffassung der Bundesregierung zielführend, die Nationalgarde nicht aufzulösen, sondern vielmehr bei ihrer weiteren Entwicklung zu „beraten“? Welche Rolle spielt dabei die Überlegung, dass die Nationalgarde aus Maidan-Aktivisten rekrutiert wurde, die nach Einschätzung des EU-Rates „irgendwie“ beschäftigt werden mussten, um sie von weiteren, nicht staatlich sanktionierten, Gewalttaten abzuhalten? Die Organisation der ukrainischen Sicherheitskräfte, inklusive der ukrainischen Nationalgarde liegt in der Zuständigkeit der ukrainischen Regierung. 11. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Angehörige der Polizeimission die Nationalgarde in konkreten Einsätzen, auch solche gegen Rebellen im Osten des Landes, begleiten oder sie in Zusammenhang mit solchen Einsätzen beraten oder gar anweisen? Falls nein, wie könnte eine solche Beratung oder Anweisung sich gestalten ? Falls die Bundesregierung diese Frage noch nicht beantworten kann, wird sie sich innerhalb der EU dafür einsetzen, eine Beratung der Nationalgarde in Zusammenhang mit solchen Einsätzen definitiv auszuschließen, und wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 12. Soll die Nationalgarde nach Kenntnis der Bundesregierung eine militärische , eine zivil-polizeiliche oder eine Einheit mit gemischten militärischpolizeilichen Zuständigkeiten und Fähigkeiten sein, und falls sie keine rein zivilpolizeiliche Einheit sein soll, wie begründet die Bundesregierung deren allfällige Unterstützung durch die EU und/oder die Bundesregierung selbst? Die Nationalgarde ist dem Innenministerium unterstellt. Ihre Zuständigkeiten sind der Schutz des Lebens, der Rechte, Freiheiten und der gesetzlichen Interessen der Bevölkerung, der Gesellschaft und des Staates, der Schutz der öffentlichen Ordnung sowie die Wahrung der öffentlichen Sicherheit. In Kooperation mit anderen Sicherheitsbehörden ist sie zudem zuständig für die Wahrung staatlicher Sicherheit und den Schutz der Staatsgrenze, die Einstellung terroristischer Tätigkeit, sowie der Tätigkeit von rechtswidrigen militärischen und bewaffneten Einheiten bzw. Gruppen, terroristischen Organisationen, organisierter Gruppen und krimineller Organisationen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 13. Welche Art von Maßnahmen zum Schutz der Polizeimission soll es geben ? Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die Polizeimission von der ukrainischen Armee oder der Nationalgarde geschützt wird? Die Entsendung der Mission kann erst nach einem entsprechenden zweiten Ratsbeschluss erfolgen („Entsendebeschluss“ in Ergänzung zu dem am 22. Juli 2014 verabschiedeten Ratsbeschluss über die Errichtung der Mission). Dieser wird erst im Verlauf der kommenden Monate gefasst werden können. Maßnahmen zum Schutz der Mission werden im Rahmen der operativen Planung und im Licht der Situation vor Ort getroffen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2327 14. Sieht die Bundesregierung die Europäische Union als „unparteiischen“ Akteur im innerukrainischen Konflikt? Die Europäische Union wie auch die Bundesregierung bekräftigen mit Nachdruck die territoriale Integrität der Ukraine und unterstützen ihre unabhängige, demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung, die die Rechte aller Bürger unabhängig von Herkunft, Religion oder Sprache achtet und ihnen eine freie Entscheidung über die Zukunft ihres Landes ermöglicht. 15. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung des EU-Rates, die desolate Sicherheitslage in der Ukraine stelle sich hauptsächlich im Kontrollverlust der Zentralregierung in der Ostukraine dar, wohingegen das Massaker an Regierungsgegnern am 2. Mai 2014 in Odessa oder die Brandstiftungen an Büros der KPU oder Angriffe auf Repräsentanten linker Kräfte mit keinem Wort erwähnt werden, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie aus dieser Einseitigkeit in der Darstellung ? Die Bundesregierung unterstützt innerhalb der Europäischen Union eine differenzierte Analyse durch die EU-Gremien mit dem Ziel, umfassend verschiedene Aspekte der Sicherheitslage in der Ukraine zu berücksichtigen. Der Rat für Auswärtige Beziehungen hat beispielsweise in seinen Schlussfolgerungen vom 12. Mai 2014 unter anderem gefordert, dass die tragischen Ereignisse in Odessa vom 2. Mai 2014 gründlich untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssen. 16. Welche Vorstellungen zur „Lustration“ der ukrainischen Sicherheitskräfte gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung sowohl innerhalb der ukrainischen Regierung als auch des EU-Rates und bei ihr selbst? Die Sicherheitskräfte sollen nach Wunsch des ukrainischen Lustrationskomitees unter Leitung von Jegor Sobolew wie alle anderen Staatsbediensteten unter die „Lustration“ fallen. Die Bundesregierung unterstützt grundsätzlich die Aufarbeitung von etwaigem Missbrauch der Staatsgewalt unter Einhaltung internationaler demokratischer und rechtsstaatlicher Standards. 17. Inwiefern hält die Bundesregierung es für notwendig, bei Beibehalten oder gar Ausbau der Nationalgarde auch eine Überprüfung ihrer Anhänger auf einen gewalttätigen und/oder rechtsextremen Hintergrund durchzuführen ? Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil von Anhängern rechtsextremer Organisationen oder nicht organisierter Rechtsextremer in der Nationalgarde? Laut Nationalem Rat für Sicherheit und Verteidigung der Ukraine wurden und werden alle Freiwilligen, die nicht aus den ehemaligen Truppen des Inneren stammen, vor Aufnahme in die Nationalgarde gründlich überprüft. Diese setzt sich nach letztem Kenntnisstand aus ca. 27 000 ehemaligen Truppen des Inneren und ca. 3 000 Freiwilligen zusammen. Der Bundesregierung liegen keine konkreten Zahlen über einen Anteil von mutmaßlichen Anhängern rechtsextremer Organisationen oder nicht organisierter Rechtsextremer in der Nationalgarde vor. Drucksache 18/2327 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Wie rechtfertigt die Bundesregierung generell die Unterstützung des Sicherheitsapparates einer Regierung, der eine rechtsextreme Partei angehört , die regelmäßig Paraden zu Ehren der Waffen-SS durchführt und sich positiv auf faschistische Milizen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges bezieht , weil diese gegen „Judenschweine und sonstiges Gesindel“ gekämpft hätten („ ,Judenschweine‘ bekämpfen? Aufruf oder Nacherzählung?“, daserste . ndr.de, 17. März 2014) und die bis zur Eskalation der Maidan-Proteste freundschaftliche Kontakte zur Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) unterhalten hat, deren Mandatsträger mit körperlicher Gewalt gegen aus ihrer Sicht missliebige Journalisten vorgehen? Die Bundesregierung tritt in ihren Gesprächen mit Vertretern anderer Regierungen kontinuierlich für die Achtung der Menschenwürde, die Einhaltung der Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten sowie gegen Rassismus und Antisemitismus ein. 19. Wofür genau benötigt die EU-Polizeimission eine militärische Expertise? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 20. Welche „Fähigkeiten von Spezialisten“ sollen den ukrainischen Sicherheitsbehörden vermittelt werden? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 21. Inwiefern deuten die Forderungen aus der ukrainischen Staats- und Regierungsführung nach einem Verbot der KPU aus Sicht der Bundesregierung darauf hin, dass die gegenwärtige Regierung tatsächlich darauf aus ist, einen Rechtsstaat aufzubauen? Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über konkrete Schritte, die seitens der ukrainischen Behörden zur Einleitung eines solchen Verbotes unternommen worden sind? Das ukrainische Justizministerium hat Ermittlungsergebnisse der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft und des Sluschba bespeky Ukrajiny (SBU = Sicherheitsdienst der Ukraine) an das Kiewer Verwaltungsgericht überwiesen mit dem Antrag, die Kommunistische Partei der Ukraine zu verbieten. Eine für den 24. Juli 2014 festgesetzte erste Gerichtsverhandlung dazu wurde auf den 14. August 2014 vertagt. Die Bundesregierung beobachtet die Vorwürfe und das weitere Gerichtsverfahren genau und wird prüfen, inwiefern hier rechtsstaatliche Standards eingehalten werden. 22. Welcher Art soll die „enge Koordination“ mit anderen Akteuren auf dem Gebiet der Sicherheitssektorreform sein, und welche anderen Akteure sind damit konkret gemeint? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Dies betrifft beispielsweise Reformen im Justizsektor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2327 23. Wie schätzt die Bundesregierung die Menschenrechtslage in Lwiw sowie in der Westukraine ein, wo seit den Kommunalwahlen 2009/2010 die rechtsextreme Swoboda-Partei dominiert, insbesondere für dezidiert linke Aktivistinnen und Aktivisten sowie für Jüdinnen und Juden? Welche Kenntnis hat sie über antisemitische Vorfälle seit den Wahlerfolgen der Swoboda 2009/2010 (bitte ggf. vollständig auflisten)? Der Bundesregierung sind keine besonderen Beeinträchtigungen der Menschenrechte in den Gebieten der westlichen Ukraine für Vertreterinnen und Vertreter linker politischer Überzeugungen bekannt. Hinsichtlich der jüdischen Bevölkerung in den westlichen Landesteilen der Ukraine ist nach den Aussagen von Repräsentanten des dortigen jüdischen Lebens (etwa des Direktors des jüdischen Museums in Tschernowitz oder des Vorsitzenden des jüdischen Dachverbandes der Ukraine) keine besondere Gefährdung gegeben. Es sind auch keine auffälligen oder zunehmenden antisemitischen Vorfälle zu beobachten. 24. Welche ukrainischen Behörden genau profitieren von dem 355 Mio. Euro umfassenden Projekt des im April 2014 aufgelegten „State Building Contract “, und welche Maßnahmen sollen damit durchgeführt werden? Das aus dem Europäischen Nachbarschaftsinstrument (ENI) finanzierte BudgetUnterstützungsprogramm für die ukrainische Regierung „State Building Contracts “ hat das übergeordnete Ziel, die ukrainische Regierung in den kommenden Jahren bei der Bewältigung kurzfristiger wirtschaftlicher Probleme und bei der Vorbereitung auf tiefgreifende Reformen im Rahmen der politischen Assoziierung und der wirtschaftlichen Integration mit der Europäischen Union (AA/ DCFTA) (AA = Association Agreement; DCFTA = Deep and Comprehensive Free Trade Agreement ) zu unterstützen. Die Unterstützung zielt besonders auf die Bereiche Korruptionsbekämpfung, Reform der öffentlichen Verwaltung, Verfassungsreform, Reform des Justizwesens sowie die Reform der Wahlgesetzgebung . Eine genaue Aufstellung der einzelnen beteiligten ukrainischen Regierungsbehörden und Informationen zum Stand der Umsetzung ist über die zuständige Generaldirektion Zusammenarbeit und Entwicklung der Kommission der Europäischen Union erhältlich unter: http://ec.europa.eu/europeaid/where/ neighbourhood und im EU-Nachbarschafts-Informationszentrum unter: www. enpi-info.eu/index.php. 25. Welche ukrainischen Einrichtungen genau inklusive Nichtregierungsorganisationen profitieren von dem 10 Mio. Euro umfassenden Programm zur Unterstützung der Zivilgesellschaft, das ebenfalls im April 2014 aufgesetzt wurde, und welche Maßnahmen sollen sie damit durchführen? Das aus dem Europäischen Nachbarschaftsinstrument (ENI) finanzierte Programm zur Unterstützung der Zivilgesellschaft hat zum Ziel, die Rolle der Zivilgesellschaft in der Ukraine bei der Umsetzung demokratischer Reformen und einer integrativen sozio-ökonomischen Entwicklung zu stärken. Gefördert werden Maßnahmen, die dazu dienen, Kapazitäten aufzubauen, die Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen am politischen Dialog zu verbessern und Maßnahmen, die die nationale Reformagenda voranbringen. Ebenso zählen darunter Maßnahmen, die dazu beitragen, ein der Zivilgesellschaft dienliches rechtliches, institutionelles und soziales Umfeld zu schaffen. Die Umsetzung des Programms erfolgt über EU-Ausschreibungsverfahren. Ein- zelheiten zum Stand des Verfahrens und zu den durch die Maßnahme unterstützen zivilgesellschaftlichen Organisationen sind zu finden unter: http://ec.europa.eu/ Drucksache 18/2327 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode europeaid/where/neighbourhood und im EU-Nachbarschafts-Informationszentrum unter: www.enpi-info.eu/index.php. 26. Wie genau stellt sich die Bundesregierung die Umstrukturierung der ukrainischen Sicherheitsbehörden vor? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 8 und 10 verwiesen. 27. Wie schätzt die Bundesregierung das Risiko ein, dass sich in der ukrainischen Bevölkerung Unzufriedenheit und soziale Unruhen weiter aufladen und die bestehenden Konflikte eskalieren? Von welchen Faktoren hängt dies ihrer Einschätzung nach ab? Die Bundesregierung stellt keine Spekulationen an zu möglichen zukünftige Entwicklungen. Es versteht sich von selbst, dass die anhaltenden Auseinandersetzungen in der Ostukraine eine große Belastung für die friedliche und gedeihliche Entwicklung des Landes darstellen. 28. Inwiefern hat die Ukraine bisher spürbare Auswirkungen auf die Mission der Europäischen Union zur Unterstützung von Moldawien und der Ukraine bei der Überwachung der gemeinsamen Grenzen beider Staaten (EUBAM) an der ukrainisch-moldawischen/transnistrischen Grenze? Welche Veränderungen beispielsweise hinsichtlich des Reiseaufkommens bzw. der Verhinderung von Einreisen aus Moldawien (Transnistrien) sind der Bundesregierung von dort bekannt geworden? Inwieweit sind Veränderungen bei der Durchführung der Mission in Vorbereitung ? Trotz der derzeit angespannten Lage in der Region stellt sich die Zusammenarbeit mit den moldauischen und ukrainischen Partnern der Grenzmission EUBAM Moldau/Ukraine nach Kenntnis der Bundesregierung weiterhin als gut und vertrauensvoll dar. Der Bundesregierung liegen keine Informationen über Veränderungen des Reiseaufkommens bzw. der Verhinderung von Einreisen aus Moldau (Transnistrien) vor. Veränderungen bei der Durchführung der Mission sind der Bundesregierung nicht bekannt. Das Mandat von EUBAM Moldau/ Ukraine wurde zuletzt im Jahr 2011 bis zum 30. November 2015 verlängert. 29. Welche anderen Beiträge zur Reform der ukrainischen Sicherheitsbehörden unterstützt die Bundesregierung oder bereitet sie derzeit vor (im bi- oder multilateralen Rahmen, bitte vollständig anführen und konkrete Maßnahmen sowie Kosten benennen)? Derzeit werden keine weiteren Projekte zur Reform der ukrainischen Sicherheitsbehörden unterstützt oder vorbereitet. 30. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über multi- oder bilaterale Beiträge anderer Staaten oder internationaler Organisationen zur Reform des Sicherheitssektors in der Ukraine (bitte vollständig auflisten)? Die Bundesregierung erfasst die Beiträge anderer Staaten oder Internationaler Organisationen in diesem Kontext nicht systematisch. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2327 31. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die der Partnerschaft zwischen der ukrainischen Nationalgarde, der französischen Gendarmerie und der rumänischen Gendarmerie (http://vv.gov.ua/) und die im Rahmen dieser Partnerschaft betriebenen Projekte (bitte möglichst konkret benennen )? Die Bundesregierung hat Kenntnis von einem EU-Twinning Projekt „Contribution to improvement of the system of public order protection by the Interior Troops of the Ministry of Internal Affairs of Ukraine“, an welchem die französische Gendarmerie, die rumänische Gendarmerie und die ukrainische Nationalgarde teilgenommen haben. Das Projekt wurde am 1. Februar 2013 beendet. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333