Deutscher Bundestag Drucksache 18/2332 18. Wahlperiode 13.08.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Werner, Diana Golze, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2226 – Weiterentwicklung der Leistungsform des Persönlichen Budgets im Lichte eines künftigen Bundesteilhabegesetzes Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit der Leistungsform Persönliches Budget besteht für alle Menschen mit Behinderungen, die einen Leistungsanspruch gegenüber einem Sozialleistungsträger haben, eine Alternative zur klassischen Sachleistung in Form einer Geldleistung oder Gutscheinlösung. Es gilt als „Instrument, das explizit darauf abzielt, die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der Menschen mit Behinderungen zu stärken“ (siehe: „Endbericht Umsetzung und Akzeptanz des Persönlichen Budgets“, Berlin 2012, S. 1). Seit dem Rechtsanspruch auf diese Leistungsform vom 1. Januar 2008 stieg zwar die Zahl der Budgetnehmer stetig an. Dennoch bestehen weiterhin erhebliche Umsetzungsdefizite – wie auch der Endbericht verdeutlicht. Die Quote der Budgetnehmer gegenüber den Anspruchsberechtigten bleibt erschreckend gering. Trägerübergreifende Budgets stellen nach wie vor Ausnahmen dar. Mehr als 90 Prozent der Jugendhilfeträger nutzen diese Leistungsform gar nicht. Lediglich 8 Prozent der Budgetnehmer sind 60 Jahre und älter (vgl. Endbericht ). Das Antrags- und Bewilligungsverfahren verläuft uneinheitlich, bürokratisch und langwierig. Ein Problem bleibt die Einkommens- und Vermögensabhängigkeit, also die Bedürftigkeitsprüfung . Betroffene berichten noch immer über Informationsdefizite bei zuständigen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern. Diese Tatsachen aus der Bewilligungspraxis erhalten eine besondere Bedeutung vor dem Hintergrund der Erarbeitung eines Bundesteilhabegesetzes. Für dieses Gesetz fordern Betroffene und ihre Verbände einkommens- und vermögensunabhängige sowie bedarfsdeckende Teilhabeleistungen. 1. Wie hat sich die Umsetzung des Persönlichen Budgets seit dem Endbericht Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11. August 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 2012 entwickelt, und wie bewertet die Bundesregierung die Umsetzung der Empfehlungen aus diesem Bericht? Drucksache 18/2332 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Wie viele Anträge wurden seit dem 31. Dezember 2010 bewilligt, und wie viele wurden abgelehnt (bitte nach Bundesländern und Jahren sowie nach Erst- bzw. Folgeanträgen aufschlüsseln)? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine fortlaufende Datenerhebung von Fallzahlen zum Persönlichen Budget findet aufgrund der dafür fehlenden Ressourcen und den teilweise nicht vorhandenen rechtlichen Grundlagen nicht statt. Insoweit verfügt die Bundesregierung derzeit über keine aktualisierten Daten. Zur Umsetzung der Handlungserfordernisse und Empfehlungen aus dem Bericht „Umsetzung und Akzeptanz des Persönlichen Budgets“ von der Prognos AG hat die Bundesregierung die Öffentlichkeitsarbeit fortgesetzt. Um bei Menschen mit Behinderungen, ihren Familien und gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuern die Informationslage weiter zu verbessern, wurden insbesondere Broschüren auch in leichter Sprache herausgegeben und Messeauftritte durchgeführt. 3. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um regelmäßig aktuelles, statistisches Material zur Verbreitung und Umsetzung der Leistungsform Persönliches Budget vorliegen zu haben? Im Rahmen der Weiterentwicklung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), Teil 1, wird auch die Frage geprüft werden, inwieweit Berichtspflichten zur Inanspruchnahme von Persönlichen Budgets bei den jeweiligen Sozialleistungsträgern gesetzlich verankert werden können. 4. Welche hauptsächlichen Ablehnungsgründe gab es, und wie beurteilt die Bundesregierung die dreimonatige Bearbeitungszeit bei Widerspruchserhebung durch die Antragstellerinnen bzw. Antragsteller? Die Ablehnungsgründe bei der Beantragung von Persönlichen Budgets erfolgen personenzentriert und lassen sich aufgrund der individuellen Besonderheiten des konkreten Einzelfalles nicht schematisieren. Allerdings wird zum Teil nach wie vor irrtümlich angenommen, dass das Persönliche Budget eine zusätzliche Sozialleistung sei. Hinsichtlich der Bearbeitungszeit von Widerspruchsbescheiden liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Welche Ursachen sieht die Bundesregierung für die Tatsache, dass der überwiegende Anteil der bewilligten Budgets Leistungen eines einzelnen Leistungsträgers betreffen? Eine Vielzahl von Menschen mit Behinderungen erhalten Sachleistungen nur von einem Leistungsträger (häufig Eingliederungshilfe), somit kann auch ein Persönliches Budget in diesen Fällen nicht trägerübergreifend erbracht werden. Darüber hinaus ist die mangelnde Koordinierung und Kooperation von Leistungen der verschiedenen Leistungsgruppen durch mehrere Rehabilitationsträger immer noch Hauptursache für die geringe Inanspruchnahme von trägerübergreifenden Persönlichen Budgets. Dazu wurde im Forschungsvorhaben der Prognos AG auf Seite 97 ausgeführt: „Eine optimale Ausgangsposition für die trägerübergreifende Ausgestaltung Persönlicher Budgets würde dadurch geschaffen, dass von Anfang an eine gemeinsame Teilhabeplanung der Leistungsträger erfolgt. Um Hemmschwellen trägerübergreifender Persönlicher Budgets abzu- bauen, wäre ein verstärkter Austausch zwischen den Trägern wünschenswert“. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2332 6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass die großen Leistungsträger Bundesagentur für Arbeit und Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung keine trägerübergreifenden Persönlichen Budgets bewilligen? Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sieht in ihrem Aufgabenbereich ein trägerübergreifendes Persönliches Budget auf Einzelfälle begrenzt. Sie berät Menschen mit Behinderungen aktiv über Möglichkeiten und Rahmenbedingungen des Persönlichen Budgets. Nach ihren Erfahrungen kann das umfangreiche Leistungsangebot der BA in vielen Fällen so erbracht werden, dass dies von Menschen mit Behinderung einem Persönlichen Budget vorgezogen wird. Im Hinblick auf die gesetzlichen Zuständigkeits- und Leistungsregelungen mit einer nachrangigen Zuständigkeit der BA ist zudem die Anwendbarkeit des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets in ihrem Aufgabenbereich begrenzt. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung sieht die Bundesregierung dies in der komplexen Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger für Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe nach Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten begründet . Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand haben insofern einen umfassenden Rehabilitationsauftrag. Sie sind dafür verantwortlich, mit allen geeigneten Mitteln Gesundheitsschäden und Teilhabestörungen infolge eines Versicherungsfalles zu beseitigen und erbringen dabei alle erforderlichen Reha-Leistungen „aus einer Hand“. Fallgestaltungen, in denen neben der eigenen Zuständigkeit der Unfallversicherung ein weiterer Reha-Bedarf für Leistungen anderer Träger besteht, der dann ggf. in einem trägerübergreifenden Budget berücksichtigt werden könnte, stellen nach Aussage des Spitzenverbandes Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV) die absolute Ausnahme dar. Die Bundesregierung teilt daher die Einschätzung der DGUV, dass es auch künftig aufgrund der umfassenden Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung in diesem Bereich kaum trägerübergreifende Persönliche Budgets geben wird. 7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass 93 Prozent der befragten Jugendhilfeträger überhaupt keine Persönlichen Budgets bewilligen, auch vor dem Hintergrund erforderlicher Elternassistenz? In Bezug auf Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe ist die Regelung des § 17 Absatz 2 SGB IX zum Persönlichen Budget nur auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) anwendbar . Der Anspruch auf Eingliederungshilfe des Kindes oder des Jugendlichen kann gemäß § 35a Absatz 3 SGB VIII i. V. m. §§ 53 Absatz 4, 57 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und § 17 Absatz 2 bis 4 SGB IX auch einen Anspruch auf Ausführung der Leistung durch ein Persönliches Budget umfassen . Demgegenüber können andere Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe wie die Hilfen zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII nicht in Form des Persönlichen Budgets erbracht werden. Jugendämter handeln im Falle der Hilfen zur Erziehung anders als bei der Eingliederungshilfe nicht als Rehabilitationsträger im Sinne des § 6 SGB IX. 8. Inwieweit werden die laut Budgetverordnung vorgegebenen Fristen beim Antragsverfahren in den einzelnen Bundesländern nach Kenntnis der Bundesregierung eingehalten? Der Bundesregierung liegen über die Antragsverfahren in den einzelnen Bun- desländern keine belastbaren Erkenntnisse vor. Drucksache 18/2332 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung eine mögliche Änderung von § 88 Absatz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur Absenkung der Widerspruchsfrist ? Die Bundesregierung hält eine Absenkung der Widerspruchsfrist auf unter drei Monate nicht für sinnvoll. Ihrem prozessualen Zweck nach ist die sog. Sperrfrist darauf gerichtet, angesichts der häufig sehr komplexen Lebenssachverhalte zu gewährleisten, dass der Behörde eine angemessene Zeit für die Prüfung der Rechtmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit der Entscheidung zur Verfügung steht. Damit erhält die Verwaltung Gelegenheit, im Wege der Selbstkontrolle ihre Verwaltungsakte zu prüfen und ggf. Fehler zu beseitigen. Zudem sollen Klageverfahren ohne vorgeschaltete Verwaltungsverfahren die Ausnahme bleiben. Im Übrigen ist § 88 SGG im Zusammenhang mit dem gesamten System des Sozial- und des Sozialverfahrensrechts zu betrachten. Aus den Fristen des § 88 SGG folgt nicht, dass die Behörde diesen Zeitrahmen generell ausschöpfen darf. Vielmehr ergibt sich aus den allgemeinen Vorschriften des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) und aus den verfahrensrechtlichen Vorschriften des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), dass die Behörde gehalten ist, zügig über die Anträge zu entscheiden. Außerdem hat sie rechtliche Möglichkeiten , den Antragsteller kurzfristig zu unterstützen. Nach § 17 SGB I, der für alle Bücher des Sozialgesetzbuchs gilt, sind die Leistungsträger verpflichtet darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält. Diese Verpflichtung zur schnellen Leistungserbringung beruht auf dem Grundgedanken , dass Sozialleistungen der Deckung eines aktuellen, im allgemeinen existenziellen Bedarfs dienen und dementsprechend ihren Zweck nur dann erfüllen , wenn sie dem Leistungsberechtigten rechtzeitig zufließen. Außerdem hat der Leistungsträger bei Ansprüchen auf Geldleistungen die Möglichkeit zur Zahlung von Vorschüssen, falls dem Grunde nach ein Anspruch besteht und zur Feststellung der Höhe der Leistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist (§ 42 SGB I). 10. Welche Aktivitäten gab es seitens der Bundesregierung, um zu verhindern, dass die Verfahrensdauer unverhältnismäßig lang ist? Mit der Kodifikation des SGB IX wurde ein schneller Zugang zu den Rehabilitationsleistungen im § 14 SGB IX verankert. Ein Leistungsträger muss spätestens nach zwei Wochen geklärt haben, ob er für die Leistung zuständig ist. Schon nach einer Woche wird über die Leistung dann auch entschieden, wenn der Antrag nicht unverzüglich an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet wurde. Dieser entscheidet innerhalb von drei Wochen, nachdem der Antrag bei ihm eingegangen ist. 11. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, ob in der Bedarfsfeststellung regional und bei den verschiedenen Leistungsträgern unterschiedlich verfahren wird? Bundesweit existieren eine Vielzahl unterschiedlicher Instrumente und Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung. Zudem sind Bedarfsermittlung und -feststellung in verschiedenen Sozialgesetzen unterschiedlich detailliert normiert . § 10 SGB IX regelt die Koordinierung der Teilhabeleistungen. Soweit Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist der nach § 14 SGB IX leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten die nach dem in- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2332 dividuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellen und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinander greifen . Die Rehabilitationsträger haben das Individualisierungsprinzip zu berücksichtigen . Danach richten sich die Leistungen der Teilhabe für behinderte Menschen nach der Besonderheit des Einzelfalls. Im Rahmen dieser Einzelfallbetrachtung sind neben anderen Kriterien insbesondere auch die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen . 12. Welche Unterschiede in den Bedarfsfeststellungsverfahren sind der Bundesregierung bekannt, und wie beurteilt sie die Möglichkeit, dass diese zu unterschiedlichen Bescheiden (Bewilligungen, Ablehnungen) bei gleichem Hilfebedarf führen können? Der Bundesregierung ist bekannt, dass die geltende bundesgesetzliche Regelung im SGB XII in der Praxis keine Bedarfsermittlung/-feststellung und Gesamtplanung nach einheitlichen Verfahren und Maßstäben gewährleistet. Gesetzlich sichergestellt ist die individuelle Bedarfsdeckung; die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Bedarfs und den örtlichen Verhältnisse. 13. Wie will die Bundesregierung eine solche Ungleichbehandlung ausschließen ? 14. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Forderung verschiedener Verbände nach einem bundeseinheitlichen Bedarfsfeststellungsverfahren (www.deutscher-behindertenrat.de, Positionspapier zur Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes, Dezember 2013), auch vor dem Hintergrund des geplanten Bundesteilhabegesetzes? Die Fragen 13 und 14 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Leitlinie für das Handeln der Bundesregierung ist der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. Für die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist dort unter der Überschrift Eingliederungshilfe reformieren – Modernes Teilhaberecht entwickeln“ vereinbart: „Die Leistungen sollen sich am persönlichen Bedarf orientieren und entsprechend eines bundeseinheitlichen Verfahrens personenbezogen ermittelt werden“. 15. Welche Änderungen an Verordnungen und Durchführungsbestimmungen hält die Bundesregierung für erforderlich, um die Wirkung und Nutzung des Instrumentes des Persönlichen Budgets zu erhöhen (bitte die jeweiligen Aktivitäten konkret nennen)? 16. Welche Änderungen plant die Bundesregierung diesbezüglich in der Budgetverordnung hinsichtlich des Katalogs der budgetfähigen Leistungen? Die Fragen 15 und 16 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es ist geplant, dass spätestens bei der Aufstellung des Teilhabeplans (Gesamtplans ) der Leistungsträger den Antragsteller über die Möglichkeiten eines Persönlichen Budgets beraten sollte. Eine entsprechende gesetzliche Verankerung wird im Rahmen der Weiterentwicklung des SGB IX, Teil 1, geprüft. Drucksache 18/2332 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Kritik von Behindertenverbänden an den Gemeinsamen Servicestellen ? Die vom Gesetzgeber vorgesehene Einrichtung Gemeinsamer Servicestellen hat sich als grundsätzlich richtig erwiesen. In dem gegliederten System der Rehabilitation ist es notwendig, trägerübergreifend und anbieterneutral umfassende Beratung und Unterstützung für behinderte Menschen anzubieten, über Leistungen der Rehabilitationsträger zu informieren und den individuellen Bedarf an Rehabilitationsleistungen für behinderte Menschen abzuklären. Mit dem im Jahr 2014 erfolgreich abgeschlossenen und aus Mitteln des Nationalen Aktionsplanes geförderten Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation „Wissensportal – ein trägerübergreifendes, webbasiertes Intranet als Arbeitsinstrument für Gemeinsame Servicestellen für Rehabilitation und die Reha-Beratung der Rehabilitationsträger“ konnte mit einer Machbarkeitsstudie die Grundlage geschaffen werden, um den trägerübergreifenden Zugang zu Informationen , Wissen und Arbeitsmaterialien für die Beratungsarbeit als auch einen intensivierten Austausch und eine stärkere Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinsamen Servicestellen und der Reha-Beraterinnen und Reha-Berater der Rehabilitationsträger zu ermöglichen. Zentrales Ziel des „Wissensportals“ ist es, als praxisorientiertes Arbeitsinstrument die Arbeitsprozesse der Akteure zu unterstützen, identifizierte Verbesserungspotenziale in der Beratung zu Fragen der Rehabilitation und Teilhabe zu nutzen sowie eine nachhaltige Weiterentwicklung effektiver und effizienter Beratungsangebote zu erreichen. Es soll die bessere Vernetzung der Akteure, insbesondere die der Rehabilitationsträger gestärkt und damit die Lücke der zielgerichteten Unterstützung der Arbeitsprozesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rehabilitationsträger („Beratung der Berater“) geschlossen werden, die durch die bereits bestehenden Online-Portale nicht abgedeckt werden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) führt außerdem regelmäßig Schulungen und Fortbildungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinsamen Servicestellen durch. 18. Welche Aktivitäten an begleitender Forschung und Öffentlichkeitsarbeit plant die Bundesregierung ausgehend von den Schlussfolgerungen des Endberichtes Umsetzung und Akzeptanz des Persönlichen Budgets 2012 zu ergreifen beziehungsweise zu unterstützen? Nach Abschluss des von der Prognos AG durchgeführten Forschungsprojektes „Umsetzung und Akzeptanz des Persönlichen Budgets“ Ende 2012 hat die Bundesregierung im Jahr 2013 die neue Broschüre mit Fallbeispielen zum Persönlichen Budget in normaler Sprache herausgegeben, die sowohl in leichte als auch einfache Sprache übersetzt wurde. Darüber hinaus sind zurzeit keine weiteren neuen Öffentlichkeitsmaßnahmen zur Thematik des Persönlichen Budgets geplant . Permanent aktualisiert und nachgedruckt werden die Publikationen: ● Die Broschüre „Das trägerübergreifende Persönliche Budget“ in normaler und leichter Sprache ● Der Flyer zum Persönlichen Budget in normaler, leichter, englischer, türki- scher Sprache und in Braille-Schrift ● Die DVD zum Persönlichen Budget mit Gebärdensprachfilmen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2332 19. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung für die Vereinfachung des Budgetverfahrens angesichts des Anteils von mehr als 40 Prozent Budgetnehmern, die ihr Budget eher schlecht bzw. nicht allein verwalten können (Endbericht, S. 42), und angesichts eines Anteils von mehr als 50 Prozent, die das Antragsverfahren als anstrengend empfinden (Endbericht , S. 43)? Im Rahmen der Weiterentwicklung des SGB IX, Teil 1, wird auch die Frage geprüft , inwieweit die Regelungen zum Persönlichen Budget verbessert werden können. Tatsächlich werden die eventuellen Kosten für notwendige Unterstützung bei der Verwaltung von Persönlichen Budgets bereits jetzt grundsätzlich in den Bedarf einbezogen, verpreislicht und dem Budget zugeschlagen. 20. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Unsicherheiten beziehungsweise Vorbehalte gegenüber dem Persönlichen Budget bei Menschen mit Behinderungen abzubauen? Die Bundesregierung hat mehrere Broschüren zum Persönlichen Budget – auch in leichter Sprache –, Flyer – auch in Englisch, Türkisch und Brailleschrift und eine DVD mit Gebärdensprachfilmen herausgegeben, um Informationsdefizite zu reduzieren. Diese Öffentlichkeitsarbeit wird weiter fortgesetzt. 21. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den „typischen Sorgen von Menschen mit Behinderungen“, die sich „auf mögliche Verschlechterungen bei den Leistungen, die Befürchtung einer fehlenden Rückkehrmöglichkeit zur Sachleistungsform und einen vermeintlich hohen Antrags- und Verwaltungsaufwand“ beziehen (Endbericht, S. 56)? Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung zum Persönlichen Budget wirkte in der Vergangenheit – und wird dies auch in Zukunft tun – den Sorgen und „Ängsten“ von potenziellen Budgetnehmern entgegen. Hinzu kommt die Möglichkeit , dass sich Bürgerinnen und Bürger – wenn gewünscht auch anonym – an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wenden können und dort beraten werden. Darüber hinaus ist niemand auf Dauer an ein Persönliches Budget gebunden. Die Budgetnehmerin oder der Budgetnehmer und der beauftragte Leistungsträger können die Zielvereinbarung aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung schriftlich kündigen, wenn ihnen die Fortsetzung nicht mehr zumutbar ist. Man kann auch nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keinen weiteren Antrag auf ein Persönliches Budget stellen und einfach das Persönliche Budget auslaufen lassen. 22. Wie bewertet die Bundesregierung das Verhältnis von Persönlichen Budgets über ambulante Leistungserbringer zu denen im Arbeitgebermodell? Das Arbeitgebermodell im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel SGB XII soll dem Pflegebedürftigen ermöglichen, seine individuellen Wünsche in der konkreten Ausgestaltung der Hilfe zur Pflege (z. B. durch eine besondere Pflegekraft) eigenverantwortlich zu organisieren. Die Leistungsform des Persönlichen Budgets umfasst dagegen neben den Leistungen zur Pflege auch Leistungen zur Teilhabe, die sich untergliedern in Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Drucksache 18/2332 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die wohnortnahe Angebotsstruktur im ambulanten Bereich, und welche Veränderungen hält die Bundesregierung über welche Maßnahmen für erforderlich ? Personenzentrierte und wohnortnahe Angebotsstrukturen fördern und erleichtern Menschen mit Behinderungen die Inanspruchnahme von Persönlichen Budgets . Im Rahmen der Strukturverantwortung haben die Länder und Leistungsträger wohnortnahe Angebote bereitzustellen. 24. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Umsetzung des Persönlichen Budgets für das Bundesteilhabegesetz, insbesondere aus dem Befund, dass das Persönliche Budget nach Einschätzung der Fragesteller überwiegend für Assistenzleistungen verwendet wird? Im Rahmen der Reform der Eingliederungshilfe (Eingliederungshilfe neu) sollen die Leistungen zur sozialen Teilhabe personenzentriert so ausgestaltet werden, dass eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht oder erleichtert wird; dabei sind auch Leistungen zur Assistenz bei der Alltagsbewältigung ein Thema. Die Leistungsform des Persönlichen Budgets ist ein geeignetes Instrument, um die Selbstbestimmung, die Selbstständigkeit und das Selbstbewusstsein behinderter Menschen zu fördern. Soweit potenzielle Budgetnehmerinnen und Budgetnehmer neben Leistungen der Hilfe zur Pflege auch Leistungen der Eingliederungshilfe in der Leistungsform des Persönlichen Budgets vermehrt beantragen , wird auch die Inanspruchnahme von trägerübergreifenden Persönlichen Budgets ansteigen. 25. Wie wird sich der Stellenwert der Leistungsform Persönliches Budget im Rahmen eines Bundesteilhabegesetzes verändern, insbesondere in Bezug auf ein mögliches und angekündigtes Teilhabegeld? Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD zur 18. Legislaturperiode wurde vereinbart, die Einführung eines Bundesteilhabegeldes im Rahmen der Erarbeitung eines Bundesteilhabegesetzes zu prüfen. Aussagen zu Auswirkungen eines möglichen Teilhabegeldes auf die Leistungsform des Persönlichen Budgets können derzeit nicht getroffen werden. Gesamtherstellung: H. 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