Deutscher Bundestag Drucksache 18/2364 18. Wahlperiode 18.08.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2263 – Entwicklung der Wartezeiten in der Psychotherapie seit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat zur Umsetzung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV = gesetzliche Krankenversicherung) die Bedarfsplanungs -Richtlinie reformiert. In ländlichen Gebieten gibt es seither mehr Zulassungsmöglichkeiten, wovon 26 Prozent der Bevölkerung profitieren werden (Bundespsychotherapeutenkammer, BPtK-Spezial, Reform der Bedarfsplanung , März 2013). Für Menschen im übrigen Bundesgebiet, darunter auch die Menschen im Ruhrgebiet (allein 6,2 Prozent der Bevölkerung), hat sich die Situation nicht geändert. Nach einer im Juli 2014 veröffentlichten Umfrage der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ mussten 34 Prozent der Befragten weiterhin mehr als sechs Monate auf einen Therapieplatz warten und nur 27 Prozent weniger als einen Monat („Die Seele muss warten“, „DIE ZEIT“ vom 3. Juli 2014). Somit scheint sich an den (sehr) langen Wartezeiten für ein psychotherapeutisches Erstgespräch, die laut BPtK (Studie zu Wartezeiten in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung, 2011) im Jahr 2011 im Bundesdurchschnitt drei Monate und in der Sonderregion Ruhrgebiet sogar mehr als 4 Monate betrugen, wenig geändert zu haben. Der Bedarfsplanungsrichtlinie liegt der Grundsatz zugrunde, dass heute annähernd genauso viele Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gebraucht werden, wie im Jahr 1999 vorhanden waren. Die Versorgung psychisch kranker Menschen hat sich seitdem jedoch erheblich verändert. Heute sehen Leitlinien Psychotherapie als das oder zumindest ein Mittel der Wahl bei fast allen psychischen Erkrankungen vor. Immer mehr Menschen sind daher auf einen Psychotherapieplatz angewiesen, wenn sie die Chance auf eine leitliniengerechte Behandlung haben möchten. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 15. August 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/2364 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Um eine flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnortnahe medizinische Versorgung zu ermöglichen, wurden mit dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstrukturgesetz die Vorschriften zur Bedarfsplanung im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung erheblich weiterentwickelt. Es wurden die Voraussetzungen für eine zielgenauere und den regionalen Besonderheiten Rechnung tragende flexible Ausgestaltung der Bedarfsplanung geschaffen. Zudem wurden den Ländern mehr Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt. Zur Umsetzung der sich aus dem Gesetz ergebenden Aufträge hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Dezember 2012 eine Neufassung der Bedarfsplanungsrichtlinie beschlossen, die zum 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist. Der G-BA ging bei seiner Beschlussfassung davon aus, dass durch die neue Bedarfsplanungsrichtlinie im Bereich der Psychotherapeutinnen und -therapeuten ein Aufwuchs von knapp 1 400 Stellen entstehen und sich hierdurch die Versorgungssituation in diesem Bereich erheblich verbessern würde. Eine Umsetzung der Richtlinie auf Landesebene erfolgte zum 1. Juli 2013. Nach einer Auswertung der entsprechenden Bedarfspläne der Kassenärztlichen Vereinigungen durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung bestanden zum Jahresende 2013 bundesweit knapp 1 300 Zulassungsmöglichkeiten für Psychotherapeuten . 1. Liegen der Bundesregierung, abgesehen von der oben genannten Studie der BPtK und der Umfrage der Wochenzeitung „DIE ZEIT“, weitere Daten zu Wartezeiten im Bereich Psychotherapie vor? Wenn ja, welche? Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung sind Gegenstand verschiedener Untersuchungen. Studien, die valide Daten zu den Wartezeiten im Bereich der Psychotherapie enthalten, liegen der Bundesregierung nicht vor. 2. Welche Wartezeiten im Bereich Psychotherapie hält die Bundesregierung für angemessen? Welche Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung angemessen ist, hängt von der konkreten gesundheitlichen Situation der Patientin bzw. des Patienten ab. Eine generelle Aussage kann hierzu nicht getroffen werden. 3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Umsetzung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes , mit dem eine flächendeckende Versorgung sichergestellt werden sollte, für psychisch kranke Menschen, obwohl sich bei den Wartezeiten für Patientinnen und Patienten insgesamt wenig geändert hat? Konkrete Daten zu den Auswirkungen der Umsetzung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes auf psychisch kranke Menschen liegen der Bundesregierung nicht vor. So ist z. B. nicht bekannt, inwieweit die Aufhebung der Residenzpflicht oder die Verbesserungen bei der Gründung von Zweigpraxen zu konkreten Auswirkungen im Bereich der Versorgung psychisch kranker Menschen geführt haben. Hinzuweisen ist zudem darauf, dass verschiedene der im GKV-Versorgungsstrukturgesetz zur Sicherstellung der Versorgung getroffenen Maßnahmen in einem engen Zusammenhang zu den bedarfsplanungsrechtlichen Versorgungsgraden stehen. Da die Bedarfsplanungspläne auf Landesebene erst zum 1. Juli Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2364 2013 in Kraft getreten sind, erscheint eine Bewertung der Umsetzung des GKVVersorgungsstrukturgesetzes zum jetzigen Zeitpunkt noch verfrüht. 4. Hält die Bundesregierung weitere Maßnahmen (wie z. B. Anreize für Gruppentherapien , Unterstützung bei der Auswahl der richtigen Therapierichtung ) für notwendig, um die Ziele des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes zu erreichen und die Weichenstellung bei der Reform der Bedarfsplanung zu korrigieren? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nein, warum nicht? Wie bereits in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Anstieg der Kostenerstattung für Psychotherapie in der gesetzlichen Krankenversicherung “ (Bundestagsdrucksache 18/2140) mitgeteilt, sieht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vor, dass in der psychotherapeutischen Versorgung Wartezeiten reduziert und mehr Betroffenen ein zeitnahes Angebot für eine Kurzzeittherapie eröffnet werden soll. Der G-BA wird hierzu den Auftrag erhalten, die Psychotherapie-Richtlinie zu überarbeiten mit dem Ziel, insbesondere durch die Verkürzung von Wartezeiten und Gewährleistung eines niedrigschwelligen flexiblen und wohnortnahen Zugangs eine Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung zu erreichen. Darüber hinausgehende weitere Maßnahmen zur Erreichung der beschriebenen Ziele werden geprüft. 5. Hält die Bundesregierung es für angemessen, nach wie vor die Zahl der im Jahr 1999 vorhandenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten als Basis für die Berechnung der angemessenen Versorgung heranzuziehen und lediglich punktuell zu korrigieren, obwohl die Leitlinien heute eine Psychotherapie als das oder zumindest ein Mittel der Wahl bei fast allen psychischen Erkrankungen vorsehen (bitte begründen)? Nach § 101 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) obliegt die Festlegung von Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung dem G-BA. Nach § 101 Absatz 2 SGB V ist der G-BA zudem verpflichtet, die von ihm festgelegten Verhältniszahlen u. a. dann anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung erforderlich ist. Die Bewertung, ob die derzeitige Festlegung der Verhältniszahlen im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung angemessen ist, obliegt damit nicht der Bundesregierung, sondern dem G-BA. 6. Plant die Bundesregierung im Rahmen des sog. kleinen Versorgungsgesetzes , mit welchem u. a. die Wartezeiten im fachärztlichen Bereich verkürzt werden sollen, eine spezifische Regelung zur Verkürzung der Wartezeiten bei Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten? Wenn nein, warum nicht? 7. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung wann, um die Wartezeiten im Bereich der Psychotherapie, wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD angekündigt, zu verkürzen? Die Fragen 6 und 7 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam be- antwortet. Drucksache 18/2364 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Es wird auf die Antwort zu Frage 4 Bezug genommen. Es ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung diesbezüglich noch in diesem Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen wird. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333