Deutscher Bundestag Drucksache 18/2369 18. Wahlperiode 14.08.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Sevim Dağdelen, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2133 – Krise im Irak und deren Auswirkung auf den Krieg in Syrien Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Feuer, das der Bürgerkrieg in Syrien entfacht hat, wird nun zu einem Flächenbrand , der auch den Irak erfasst hat. Die militärische Offensive der terroristischen islamistischen ISIS (Islamischer Staat im Irak und Syrien) rollt über den Irak hinweg. In Syrien hat sie schon seit langem die Kontrolle über weite Gebiete des nördlichen und nordöstlichen syrischen Territoriums übernommen . Die vom Westen favorisierte Freie Syrische Armee ist grundlegend geschwächt (http://the-news-daily.com/Beirut vom 16. Juni 2014). Dort, wo ISIS die Herrschaft übernimmt, wird sie schnell zu einem Schreckensregiment für die Menschen. „Die strikte Anwendung salafistischer Vorschriften geht mit Willkür einher. Es gibt Berichte über Hinrichtungen, Folter und Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung“ (Guido Steinberg, Stiftung Wissenschaft und Politik in der taz vom 16. Juni 2014). Der Westen und mit ihm die Bundesregierung haben viel zu lange die Bedeutung radikal islamistischer Söldner im syrischen Bürgerkrieg heruntergespielt. Das NATO-Land Türkei hat den ISIS-Kämpfern Unterschlupf gewährt und sie mit Waffen und anderen logistischen Möglichkeiten versorgt (www.spiegel.de/ politik/ausland/isis-im-irak-wie-sich-die-türkei-bei-der-terrorgruppe-verschaetzte -a-975032.html). Die mit Deutschland befreundeten Golfmonarchien Katar und Saudi-Arabien haben bisher ISIS durch Finanzhilfen und Waffenlieferungen im Kampf gegen die syrische Regierung unterstützt (www. reuters.com/ article/2014/03/09/us-iraq-saudi-qatar-idUSBREA2806S20140309). Die Ursachen der jetzigen Krise liegen nach Ansicht kritischer Betrachter weit zurück. Sie fangen mit den Plänen der USA an, einen neuen Nahen Osten zu schaffen, Regierungen zu destabilisieren und zu stürzen. Im Falle des Iraks ist die jetzige Krise nach Auffassung der Fragesteller auf die Militärinterventionen und Besetzung des Iraks im Jahr 2003 zurückzuführen. Mit dieser Politik wurde die Büchse der Pandora geöffnet. Das zerbrechliche Gleichgewicht in Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 12. August 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. der Region zwischen Ethnien und konfessionellen Richtungen wurde zerstört. Im Kampf gegen den Iran wurde der sunnitisch-schiitische Gegensatz heraufbeschworen . Diese Politik setzte sich auch im Falle Syriens fort, wo der Westen sich zwar nicht hauptsächlich auf die radikal terroristischen Islamisten stützte, Drucksache 18/2369 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode aber ihre Hilfe zum Sturz der Regierung Bashar al-Assads billigend in Kauf nahm. Eine Lösung der jetzigen Krise in Syrien und im Irak setzt die Einbeziehung des Irans sowie Syriens voraus. Insbesondere ist eine Neuregelung der Beziehungen zur sunnitischen Bevölkerungsminderheit im Irak, die seit dem Sturz von Saddam Hussein weitgehend entrechtet wurde, notwendig. Man muss ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe am Staat gewähren. Syrien einzubeziehen heißt, auch mit Präsident Bashar al-Assad zu reden. Ohne eine Lösung der syrischen Krise, wird es keine Stabilität im Nahen Osten geben. Die Präsidentschaftswahlen in Syrien, obwohl umstritten, zeigen aber dennoch auf, dass ein Ende des Bürgerkrieges auf der Grundlage einer politischen Lösung mit Bashar al-Assad möglich ist. Der ehemalige US-Botschafter in Syrien, Irak und Afghanistan , Ryan Crocker, sagte in einem Interview mit der „New York Times“: „Wir müssen eine Zukunft mit Assad akzeptieren“ (New York Times vom 13. Dezember 2013). Zum Wahlausgang in Syrien schreibt die Konrad-AdenauerStiftung e. V. in ihrem Länderbericht: „Tatsächlich stellt die Opposition in Syrien für viele Syrer keine vertrauenswürdige Alternative zu Assad dar“ (Präsidentschaftswahlen in Syrien, 9. Juni 2014). Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der „Islamische Staat in Irak und Syrien“ (ISIS) ist eine Terrororganisation und Miliz, deren Ziel die Errichtung eines islamischen Staats in den Gebieten des heutigen Irak, Syrien, Libanon, Jordanien und Israel ist. Ursprünglich ist ISIS eine im Irak entstandene Organisation, die auf das Terrornetzwerk von Abu Mus’ab Al-Zarqawi (Al-Qaida im Irak) folgte. Im Zuge ihrer Beteiligung am Konflikt in Syrien hat sie ihren Namen „Islamischer Staat im Irak“ (ISI) im April 2013 um „Syrien“ erweitert. Am 29. Juni hat ISIS die Errichtung eines islamischen Kalifats in den besetzten Gebieten verkündet und sich in „Islamischer Staat“ (IS) umbenannt. Als Kalif wurde ISIS-Anführer Abu Bakr Al-Baghdadi, ursprünglich aus Salah al-Din (Irak), ausgerufen. 1. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsichtlich der Stärke, Bewaffnung und Finanzierung der ISIS-Terroristen? Die Bundesregierung geht davon aus, dass der harte Kern an Kämpfern der Terrorgruppierung ISIS aus bis zu 15 000 Personen besteht. Schätzungen des USAußenministeriums beziffern die derzeitige Truppenstärke des ISIS im Irak mit bis zu 7 000. In Syrien werden die Kämpfer des ISIS je nach Quelle auf 3 000 bis 8 000 geschätzt. Die Fluktuation ist durch Neurekrutierungen, Tötungen und Gefangennahmen hoch. Zudem ist nicht trennscharf zu definieren, ab wann von einem vollintegrierten ISIS-Terroristen gesprochen werden muss und wo die Peripherie der Unterstützerszene beginnt. Mit zeitlichem Fortschreiten des bewaffneten Konflikts in Syrien und Irak setzt ISIS zunehmend schwere Waffen ein. ISIS demonstriert seine Waffen und vermeintliche militärische Stärke vor allem in seinen Foto- und Videoverlautbarungen . Daraus ist ersichtlich, dass ISIS über Handfeuerwaffen, leichte und schwere Panzer, Raketen- und Granatwerfer und Boden-Boden-Raketen verfügt. Zudem ist ISIS in der Lage, unkonventionelle Sprengvorrichtungen, Autobomben und Sprengstoffgürtel herzustellen. Nach Erkenntnissen der Bundesregierung erfolgt die Finanzierung des ISIS durch Einnahmen aus Ölfeldern, Entführungen, Enteignungen, Mautzahlungen, allgemeiner Kriminalität sowie Spenden aus dem In- und Ausland. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2369 2. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der Bundesregierung oder ihr unterstellten Behörden über die Zusammenarbeit zwischen Saudi-Arabien und Katar mit den islamistischen Terroristen vor? Der Bundesregierung liegen keine konkreten Erkenntnisse über eine Zusammenarbeit saudischer und katarischer Regierungsstellen mit ISIS vor. Gerade von der Regierung Saudi-Arabiens wird der islamistische Terror seit langer Zeit als schwerwiegende Bedrohung der eigenen Sicherheit gesehen. Anfang 2014 hat die saudische Regierung ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen, das u. a. die Listung zahlreicher Organisationen (darunter die diversen AlQaida -Organisationen inkl. der Al-Nusra-Front und ISIS) sowie das Verbot der Beteiligung saudischer Staatsangehöriger an Kämpfen im Ausland umfasst. Auch der Aufruf zur Teilnahme an Kämpfen im Ausland wurde unter Strafe gestellt . 3. Wie gelangte ISIS noch vor ihrer irakischen Offensive in den Besitz von schweren Waffen? Konkrete Erkenntnisse zu Herkunft und Lieferanten liegen nicht vor. Es gibt Hinweise, dass ISIS über Waffen und Ausrüstung verfügt, die durch Schwarzmarktgeschäfte erlangt oder im Rahmen von Kämpfen in Syrien und im Irak von der syrischen und irakischen Armee erbeutet wurden. Bereits bei der Eroberung des Militärflughafens Minnig bei Aleppo am 5. August 2013 konnte ISIS den Flughafen und die gesamte dort gelagerte Ausrüstung in Besitz nehmen . 4. Von welchen Ländern oder einflussreichen Privatpersonen erhält nach Kenntnis der Bundesregierung oder ihr unterstellter Behörden die Terrororganisation ISIS Unterstützung? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 5. Wusste die Bundesregierung von Waffenlieferungen an die Al-QaidaGruppe ISIS? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen, über die Herkunft von Waffenlieferungen an ISIS liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 6. Wurde auf den diversen Treffen der Gruppe der „Freunde Syriens“ über das Problem, das vom islamistischen Terrorismus ausgeht, geredet? Die Bundesregierung hat sich im Einklang mit den Partnern in der Freundesgruppe des Syrischen Volkes stets für die Unterstützung der moderaten Opposition in Syrien eingesetzt und ist dezidiert für eine Verurteilung radikalislamistischer Gruppen eingetreten. 7. Hat die Bundesregierung im Rahmen der Freundesgruppe Syrien die Initiative ergriffen, um mit ihren Partnern über das Problem des islamistischen Terrorismus zu reden? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Drucksache 18/2369 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Wenn ja, welche Position vertrat die Bundesregierung gegenüber ihren Partnern zu der Problematik des islamistischen Terrorismus in Syrien und im Irak? Die Bundesregierung hat das Vorgehen von ISIS in Syrien und Irak auf das Schärfste verurteilt und tiefste Besorgnis über die massiven Menschenrechtsverletzungen ausgedrückt. In Ratsschlussfolgerungen vom 23. Juni 2014 verurteilte die Europäische Union das Vorgehen von ISIS und anderen bewaffneten Gruppen, deren Ziel es sei, den demokratischen Prozess im Irak zum Scheitern zu bringen. Die Bundesregierung hat die Bedrohung Iraks durch den ISIS-Vormarsch bei vielen Gelegenheiten mit regionalen und internationalen Partnern besprochen. Die Bundesregierung vertrat dabei stets die Auffassung, dass die Problematik nicht allein militärisch gelöst werden kann, sondern ein inklusiver politischer Prozess und eine Aussöhnung notwendig sind. In Bezug auf Syrien hat die Bundesregierung stets die Auffassung vertreten, dass die auf Gewalt basierende Politik der syrischen Regierung seit Beginn des friedlichen Aufstands im Jahr 2011 in erheblichem Maße zur Radikalisierung und Destabilisierung in Syrien beigetraten hat. Zugleich hat die Bundesregierung daran festgehalten, dass eine umfassende politische Lösung Syriens angestrebt werden muss, zu welcher auch ein Ende radikalislamischer Gewalt und die Ausweisung radikalislamischer Kämpfer aus dem Ausland gehört. Die moderate Opposition hat sich mehrfach klar von den radikalislamischen Kräften distanziert . 9. Wenn nein, aus welchem Grund wurde diese Problematik bei den Gesprächen nicht angesprochen? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. 10. Hat die Bundesregierung von den Staaten Katar, Saudi-Arabien, Türkei öffentlich oder intern eine Stellungnahme wegen ihrer von den US-Journalisten aufgedeckten Informationen über deren Unterstützung für den terroristischen radikalen Islamismus verlangt (www.lrb.co.uk/v36/n08/ seymour-m-hersh/the-red-line-and-the-rat-line)? Die Bundesregierung thematisiert, teils auch kontrovers, Lösungsansätze für die Krisen in der Region regelmäßig mit der türkischen, katarischen und saudischen Regierung, z. B. beim Besuch des Bundesministers des Auswärtigen Dr. FrankWalter Steinmeier am 1. Juni 2014 in Katar. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 11. Hat die Bundesregierung mit den Regierungen von Katar und Saudi-Arabien über die Problematik möglicher Waffenlieferungen an die islamistischen Terroristen geredet (wenn nein, bitte begründen, wieso über ein solches Problem nicht mit den Regierungen geredet wird, die maßgeblich in die Auseinandersetzung in Syrien verwickelt sind und denen man eine Unterstützung der radikal islamistischen Kräfte nachsagt)? Die Bundesregierung steht in einem laufenden Dialog mit den Regierungen Saudi-Arabiens und Katars. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2369 12. Wenn ja, welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung daraus für ihre Politik gewonnen? Die Bundesregierung vertritt stets die Auffassung, dass die Krisen in der Region nicht allein militärisch gelöst werden können. Die Bundesregierung hat sich immer für eine politische Lösung des Bürgerkriegs in Syrien eingesetzt. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 2 und 11 verwiesen. 13. Liegen der Bundesregierung Informationen über eine mögliche Zusammenarbeit des NATO-Partners Türkei mit der islamistisch terroristischen Gruppierung ISIS vor? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Es wird darauf verwiesen, dass ISIS seit Anfang Juni 2014 weiterhin mehr als 40 türkische Staatsangehörige, darunter den Generalkonsul aus Mosul, in Geiselhaft hält. 14. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den medialen Vorwürfen einer Zusammenarbeit des NATO-Partnerstaates Türkei mit den islamistischen terroristischen Gruppierungen? Vor dem Hintergrund, dass Hauptquelle für die Vorwürfe der Zusammenarbeit zwischen der türkischen Regierung und der islamistischen Terrororganisation ISIS die Informationen sind, die die türkische oppositionelle sozialdemokratische Partei CHP erhoben hat, hat die Bundesregierung bzw. haben die ihr unterstellten Behörden Kontakte mit der CHP zur Überprüfung dieser Vorwürfe aufgenommen (www.spiegel.de/politik/ausland/ isis-im-irak-wie-sich-die-tuerkei-bei-der-terrorgruppe-verschaetzte-a- 975032.html), wenn nicht, bitte den Grund dafür angeben? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. Die Botschaft Ankara pflegt Kontakte zur AKP und auch zur CHP und hat auch diese Vorwürfe erörtert. 15. Wenn ja, über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung nach diesem Gespräch? Seit langem und verschärft im Wahlkampf gibt es seitens der Opposition – mitunter sehr scharfe – Kritik an der Syrienpolitik der Regierung Erdoǧan. Eine belastbare Substantiierung der Kritik am Umgang mit radikalen Gruppierungen ist in den erwähnten Kontakten nicht erfolgt. 16. Vor dem Hintergrund, dass der ehemalige US-Botschafter in Syrien, Irak und Afghanistan, Ryan Crocker, in einem Interview mit der „New York Times“ sagte: „Wir müssen eine Zukunft mit Assad akzeptieren“ (New York Times vom 13. Dezember 2013), welche politischen Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der islamistisch terroristischen Offensive in Syrien und dem Irak bezüglich ihrer Syrien-Politik? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Die Regierung von Präsident Bashar al-Assad ist für das Erstarken radikaler islamistischer Gruppen ganz erheblich mitverantwortlich. Aus Sicht der Bundesregierung verspricht nur eine umfassende politische Transformation auf Grundlage der Prinzipien des Genfer Kommuniqués vom Juni 2012 ein Ende der Gewalt. Aus diesem Grunde ist es aus Sicht der Bundesregierung wichtig, die Kräfte in der Opposition, die sich für dieses Ziel einsetzen, zu unterstützen. Drucksache 18/2369 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Hat die Bundesregierung bereits oder beabsichtigt sie, mit der syrischen Regierung wieder einen Gesprächspfad zu eröffnen? Die Bundesregierung besitzt sowohl zu Unterstützern als auch Gegnern der syrischen Regierung Kontakte. 18. Wenn nicht, bitte die Gründe dafür benennen? Auf die Antwort zu Frage 17 wird verwiesen. 19. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Präsidentschaftswahlen in Syrien? Mit den am 3. Juni 2014 abgehaltenen Präsidentschaftswahlen hat das Regime erneut signalisiert, dass es an einem inklusiven nationalen Dialog bislang noch nicht interessiert ist. Die Bundesregierung wird sich weiterhin für eine politische Lösung des Konfliktes einsetzen. 20. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den jüngst in Doha vom ehemaligen Präsidenten der Nationalen Koalition Syriens, Mouaz Al-Khatib, erhobenen Forderung, dass die Opposition in Syrien direkt mit der Regierung verhandeln müsse, ohne auf eine erneute internationale Konferenz abzuwarten („Wir sollten nicht auf internationale Konferenzen warten, die den Syrern die Zeit stiehlt und das Blutvergießen verlängert “, Al Monitor, www.al-monitor.com/pulse/originals/2014/06/syriaopposition )? Eine politische Lösung des Konflikts, auf den die Bundesregierung und ihre Partner in der Freundesgruppe des Syrischen Volkes seit Beginn der Auseinandersetzungen hinarbeiten, ist in Damaskus bisher nicht auf Resonanz gestoßen. 21. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die von „Al Monitor“ verbreitete Information vor, dass wichtige Teile der syrischen Opposition nach der Präsidentschaftswahl signalisiert haben sollen, sich an einer Regierung der Nationalen Einheit in Syrien auf der Grundlage der Beschlüsse von Genf I beteiligen zu wollen (Al Monitor, 4. Juni 2014)? Darüber liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. 22. Sollte diese Information zutreffen, welche Schlussfolgerungen gedenkt die Bundesregierung aus dieser veränderten Lage bezüglich ihrer SyrienPolitik zu ziehen? Auf die Antwort zu Frage 21 wird verwiesen. 23. Beabsichtigt die Bundesregierung, einen Prozess des Dialogs mit der syrischen Regierung einzuleiten, der in der Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen münden soll? Die diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Syrischen Arabischen Republik bestehen weiter. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2369 24. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den sunnitischen Aufstand im Irak? Die Lage im Irak ist unübersichtlich, gerade mit Blick auf Provinzen, in denen es zu Kampfhandlungen kam und kommt. Der Vorstoß von ISIS hat in Teilen auch die Unterstützung von lokalen Kräften (Alt-Baathisten und andere militante sunnitische Gruppierungen wie die Naqshbandiya) erhalten, jedoch kann nicht pauschal von einem sunnitischen Aufstand gesprochen werden. Die Zweckbündnisse anderer sunnitischer Akteure mit Terroristen entspringen dem primären Bedürfnis, Sicherheit und Einfluss der eigenen gesellschaftlichen Gruppierung zu sichern. Zwischen ISIS und den anderen militanten Gruppierungen sind jedoch grundlegende ideologische und methodische Unterschiede festzustellen. Verbindendes Element ist das gemeinsame Feindbild, insbesondere die Irakischen Sicherheitskräfte (ISF), wahrgenommen als Instrument der schiitischen Dominanz. Viele der sunnitischen Kräfte lehnen die jüngsten Gewaltakte strikt ab. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass der sunnitischen Bevölkerungsgruppe im Irak eine echte politische Alternative zur Unterstützung von islamistischen Organisationen aufgezeigt werden muss. Dies ist nur in einem inklusiven politischen Prozess möglich. 25. Worauf führt die Bundesregierung den gegenwärtigen sunnitischen Aufstand zurück? Die jüngsten Ereignisse im Irak haben verschiedene Ursachen. Neben den Einflüssen der instabilen Situation in Syrien spielen auch über Jahre gewachsene innenpolitische irakische Faktoren eine Rolle. Auf die Antwort zu Frage 24 wird verwiesen. 26. Welchen Anteil hat nach Auffassung der Bundesregierung der Einmarsch der USA in den Irak im Jahr 2003 an der jetzigen Bürgerkriegslage im Irak? Die Entwicklung in Irak seit dem Jahr 2003, die von unterschiedlichen Phasen geprägt gewesen ist, lässt eine abschließende Deutung der Geschehnisse weder möglich noch sinnvoll erscheinen. Deutschland hat sich an dem Irak-Einsatz aus klar formulierten Gründen nicht beteiligt. Angesichts der großen und wichtigen Herausforderungen bei der Stabilisierung des politischen Prozesses und beim Wiederaufbau des Landes besteht zwischen der Bundesregierung und allen Partnern einschließlich der Regierung der Republik Irak Einvernehmen, dass unser Blick nach vorne gerichtet sein sollte. Ziel ist und bleibt eine Stabilisierung und demokratische Entwicklung des Landes . Dafür setzt sich die Bundesregierung weiter nachhaltig ein. 27. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die USA militärisch in der jetzigen Auseinandersetzungen eingreifen sollten, obwohl sie nach Auffassung der Fragesteller Teil des Problems sind? Die amerikanische Regierung wirbt intensiv für eine politische Lösung der Krise durch die Bildung einer inklusiven Regierung, so auch Außenminister John Kerry bei einem Besuch in Bagdad Ende Juni 2014. Präsident Barack Obama hat klar gemacht, dass er keine Bodentruppen in den Irak entsenden wird. Drucksache 18/2369 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 28. Hat die Bundesregierung mit der irakischen Regierung über die Politik der Benachteiligung gegenüber der sunnitischen Minderheit im Lande gesprochen ? Die Bundesregierung hat in politischen Gesprächen mit der irakischen Seite, sowie mit regionalen Partnern immer wieder ihre Position deutlich gemacht, dass nur eine inklusive und alle irakischen Bevölkerungsgruppen umfassende Lösung die Krise im Land entschärfen kann. Hierzu zählen die sunnitischen Bevölkerungsgruppen , sowie alle anderen. 29. Plant die Bundesregierung diplomatische Initiativen, um gemeinsam mit den Krisen-Staaten des Nahen Ostens über Wege zur Beilegung des Konfliktes zu beraten? Die Bundesregierung steht in intensivem Austausch mit allen betreffenden Staaten , um Bemühungen zum Anstoß eines politischen Prozesses im Irak konstruktiv und im Verbund mit regionalen und internationalen Partnern zu unterstützen. 30. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus der Forderung zahlreicher Experten, die die Durchführung einer internationalen Konferenz unter Einbeziehung Syriens, des Irans und Iraks sowie des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Beilegung der Krise fordern (Jürgen Todenhöfer in der Frankfurter Rundschau vom 17. Juni 2014)? Es wird auf die Antwort zu Frage 29 verwiesen; geeignete Maßnahmen werden laufend geprüft. Der UN-Sicherheitsrat wird sich im Monat August 2014 unter britischer Präsidentschaft schwerpunktmäßig mit der Lage im Irak befassen. Gesamtherstellung: H. 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